Zobel
- Dates of Life
- erwähnt 16./17. Jahrhundert
- Occupation
- Augsburger Kaufmanns- und Patrizierfamilie
- Religious Denomination
- evangelisch
- Alternate Names
-
- Zobel
Linked Services
Relations
Life description (NDB)
- Geizkofler von Reiffenegg, Zacharias
- Georg Friedrich
- Hainhofer, Melchior
- Johann Friedrich
- Lauginger, Ott
- Mark Häberlein
- Paler, Wolfgang von
- Philipp Ludwig
- Rehlinger
- Retzer, Hans
- Stahel, Thomas
- Zobel, Adolf
- Zobel, Adolf
- Zobel, Anna/verheiratete
- Zobel, Anna/verheiratete
- Zobel, Felizitas/verheiratete
- Zobel, Helena/verheiratete
- Zobel, Martin
- Zobel, Martin
- Zobel, Martin
- Österreicher, Georg Sigmund
Places
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Zobel, Augsburger Kaufmanns- und Patrizierfamilie. (evangelisch)
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Biography
→Martin (I) (1530–84) aus Wertach (Allgäu) ließ sich 1559 in der Reichsstadt Augsburg nieder und erwarb durch die Heirat mit der aus einer prominenten lokalen Ärztefamilie stammenden →Helena Occo (1536–1603) das Bürgerrecht und die Mitgliedschaft in der Kaufleutestube. Er arbeitete mit dem Kaufmann →Thomas Stahel († 1565) zusammen, seit 1570 ist er als Leiter einer eigenen Handelsgesellschaft belegt, an der u. a. seine Schwäger →Georg Sigmund Österreicher († 1571) und →Hans Retzer († 1592) beteiligt waren. Die Gesellschaft „Martin Zobel und Mitverwandte“ handelte mit ital. Samt- und Seidenstoffen, investierte ab 1584 in den Zinnbergbau im sächs. Altenberg, war auf den Leipziger Messen und über Lübeck, Danzig, Krakau und Breslau im Ostseeraum sowie im Kgr. Polen präsent. Aufgrund seiner geschäftlichen Erfolge entrichtete Martin (I) ab 1583 die „Reiche Steuer“ von 600 fl., die auf ein Mindestvermögen von 120 000 fl. schließen läßt, ihn jedoch von der Deklarierung seines tatsächlichen Vermögens befreite. Einen Teil seines Reichtums investierte er in karitative und pädagogische Projekte in Augsburg: Er stiftete 1578 ein Pilgerhaus und war 1580 maßgeblich beteiligt an der Gründung des Prot. Kollegiums bei St. Anna, das arme ev. Gymnasiasten unterstützte. 1579 erwarb er das Dorf Pfersee vor den Toren Augsburgs und baute dessen Schloß repräsentativ aus. Die Z. versuchten mit Unterstützung des Augsburger Rats, die von der Markgrafschaft Burgau als Inhaberin der Landesherrschaft in Pfersee angesiedelten Juden zu vertreiben; dies wurde jedoch 1618 durch ksl. Intervention verhindert.
Nach dem Tod Martins (I) führte seine Witwe die Geschäfte vorübergehend weiter, übergab die Firmenleitung aber 1586 ihrem einzigen Sohn →Martin (II) (1566–1625), der seine kaufmännische Ausbildung in Lucca erhalten hatte und 1590 durch seine Heirat mit der Patriziertocher →Felizitas Haintzel (um 1566–1618) Mitglied der Herrenstube wurde. Enge verwandtschaftliche und geschäftliche Beziehungen verbanden ihn mit der Patrizierfamilie →Rehlinger sowie den Großkaufleuten →Wolfgang (II) Paler (1545–1622), →Ott Lauginger (um 1564–1636) und →Melchior Hainhofer (1560–1626). Nach dem Tod seiner ersten Frau ging Martin (II) 1618 eine zweite Ehe mit|der Patrizierin →Anna Herwart[h] (1575–1657) ein. Neben der Fortführung des Handels mit ital. Textilien verstärkte das Handelshaus unter seiner Leitung das Engagement in der Montanproduktion (Zinn, Quecksilber). Martins (II) Handelsnetz erstreckte sich von Norditalien bis in den Nord- und Ostseeraum (u. a. London, Kopenhagen, Livland, Litauen). 1607 organisierte er mit Kölner und Frankfurter Partnern einen großen Getreidetransport von Danzig nach Genua. Hinzu kamen Anleihegeschäfte: Ab 1596 nahm Reichspfennigmeister →Zacharias Geizkofler (1560–1617) wiederholt Darlehen bei Martin (II) auf. Die Tiroler Kammer und die Stände Innerösterreichs gehörten in den 1590er Jahren ebenfalls zu seinen Schuldnern. Später folgten Kredite an prot. süddt. Fürsten: 1607 an Mgf. →Georg Friedrich von Baden (1573–1638) und 1611 – vermittelt durch Geizkofler – an Hzg. →Johann Friedrich von Württemberg (1582–1628) sowie Pfalzgf. →Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg (1547–1614). Wie zuvor seine Eltern entrichtete Martin (II) von 1603 bis zu seinem Tod die „Reiche Steuer“ und zählte am Beginn des 30jährigen Kriegs zu den acht reichsten Augsburger Bürgern.
Martins (II) Söhne →Adolf (I) (um 1600–35) und →Martin (III) (1610–72) wurden während der Besetzung Augsburgs durch schwed. Truppen 1632–35 als führende Protestanten in das Patriziat aufgenommen (Schwed. Geschlechter), verloren diese Stellung aber nach der Einnahme der Stadt durch ksl. Truppen wieder. Zudem ging ihr Vermögen drastisch zurück, das Handelshaus mußte vermutlich aufgelöst werden. Der Grundbesitz in Pfersee konnte bewahrt werden, von dem →Adolf (II) (1631–89) zwei Drittel zufielen. Nach Einführung der konfessionellen Parität in Augsburg wurden die Z. 1649 erneut ins Patriziat aufgenommen, wovon Adolf (II) als Bürgermeister und Mitglied des Geheimen Rats profitierte.
Da seine Kinder vor ihm verstorben waren, veräußerte er seinen Grundbesitz gegen Ende seines Lebens: Sein Anteil an Pfersee ging 1682 an die St. Jakobspfründe, eine städtische Stiftung, über. Aus dem Nachlaß von Adolfs Witwe →Anna Regina Walther (um 1635 – n. 1678) ging die wohltätige „Anna Zobelsche Stiftung“ hervor, die im frühen 19. Jh. noch existierte.
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Literature
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O. Trautmann, Die Altenberger Binge, Urkundliches z. sächs. u. süddt. Wirtsch.gesch., in: Neues Archiv f. Sächs. Gesch. u. Altertumskde. 47, 1926, S. 204–36, bes. 219–30;
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L. Lenk, Augsburger Bürgertum in Späthumanismus u. Frühbarock, 1968, S. 93, 126, 132;
P. Warmbrunn, Zwei Konfessionen in e. Stadt, Das Zus.leben v. Katholiken u. Protestanten in d. parität. Reichsstädten Augsburg, Biberach, Ravensburg u. Dinkelsbühl v. 1548 bis 1648, 1983, S. 267, 280 u. 283;
B. Roeck, Eine Stadt in Krieg u. Frieden, Stud. z. Gesch. d. Reichsstadt Augsburg zw. Kal.streit u. Parität, 1989, Bd. 1, S. 514 u. Bd. 2, S. 608;
W. Reinhard (Hg.), Augsburger Eliten d. 16. Jh., bearb. v. M. Häberlein u. a. 1996, S. 1001–06;
R. Hildebrandt, Qu. u. Regg. zu d. Augsburger Handelshäusern Paler u. Rehlinger 1539–1642, Bd. 1, 1996, S. 33, 165, 266 f., 276 u. Bd. 2, 2004, S. 46;
C. Dalhede, Augsburg u. Schweden in d. Frühen Neuzeit, Europ. Beziehungen u. soz. Verflechtungen, 2 Bde., 1998, passim;
S. Ullmann, Nachbarschaft u. Konkurrenz, Juden u. Christen in Dörfern d. Mgfsch. Burgau 1650 bis 1750, 1999, S. 42, 60, 66 f., 70–73 u. 79 f.;
A. Sigelen, Dem ganzen Geschl. nützl. u. rühml., Reichspfennigmeister Zacharias Geizkofler zw. Fürstendienst u. Fam.pol., 2009, S. 38–41, 248 f., 251–54, 340, 342 u. 479 f.;
M. Häberlein u. a. (Hg.), Korr. d. Augsburger Patrizierfam. Endorfer 1620–1627, Briefe aus Italien u. Frankr. im Za. d. Dreißigj. Krieges, 2010;
Augsburger Stadtlex. -
Portraits
P Martin (I), Abb. in: Augsburger Stadtlex.;
Martin (II), Kupf. v. L. Kilian, 1626 (Hzg. August-Bibl., Wolfenbüttel). -
Author
Mark Häberlein -
Citation
Häberlein, Mark, "" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 740-741 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz143051.html#ndbcontent