Lebensdaten
1913 – 1991
Geburtsort
Bad Godesberg
Sterbeort
Lyon (Frankreich)
Beruf/Funktion
Gestapo-Chef von Lyon ; Agent ; Nationalsozialist
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 118653121 | OGND | VIAF: 42631588
Namensvarianten
  • Barbie, Nikolaus
  • Altmann, Klaus
  • Barbie, Klaus
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Barbie, Klaus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118653121.html [29.03.2024].

CC0

  • Der mehrfach verurteilte NS-Kriegsverbrecher Klaus Barbie war 1942 bis 1944 Gestapo-Chef von Lyon. 1951 floh er mithilfe des US-Heeresgeheimdienstes CIC nach Bolivien, wo er unter dem Namen „Klaus Altmann“ als Militärberater und Waffenhändler tätig war. Zudem war er kurzzeitig Informant des Bundesnachrichtendienstes. Bereits 1970 enttarnt, wurde Barbie erst 1983 an Frankreich ausgeliefert und 1987 zu lebenslanger Haft verurteilt.

    Lebensdaten

    Geboren am 25. Oktober 1913 in Bad Godesberg
    Gestorben am 25. September 1991 in Lyon (Frankreich)
    Grabstätte keine
    Konfession römisch-katholisch
    Klaus Barbie (InC)
    Klaus Barbie (InC)
  • Lebenslauf

    25. Oktober 1913 - Bad Godesberg

    1925 - 1927 - Trier

    Schulbesuch

    Bischöfliches Internat Aloisianum

    1927 - 1934 - Trier

    Schulbesuch

    Bischöfliches Konvikt

    1934 - Trier

    Abitur

    Friedrich-Wilhelm-Gymnasium

    1934 - 1934 - Niebüll (Schleswig-Holstein)

    Reichsarbeitsdienst

    Reichsarbeitsdienst

    1935 - 1936 - Berlin

    Mitarbeiter im SD-Hauptamt

    Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS

    1936 - 1939 - Düsseldorf

    Mitarbeiter im SD-Oberabschnitt West

    Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS

    1940 - 1942 - Amsterdam

    Mitarbeiter im SD Den Haag (Außenstelle Amsterdam)

    Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS

    1942 - 1942 - Gex (Frankreich)

    Mitarbeiter im SD Dijon (Außenstelle Gex)

    Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS

    1942 - 1944 - Lyon

    Gestapo-Chef

    Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS

    1944

    SS-Hauptsturmführer

    SS

    1947 - 1951 - Memmingen; Augsburg

    Agent der US-Army

    Counter Intelligence Corps

    1951 - La Paz (Bolivien)

    Flucht

    1957 - 1983

    bolivianischer Staatsbürger

    1964 - 1969 - La Paz

    Militärberater der bolivianischen Regierung

    1966 - 1966 - La Paz

    nachrichtendienstliche Verbindung

    Bundesnachrichtendienst (BND)

    1983

    Auslieferung nach Frankreich

    1983 - 1987 - Lyon

    Untersuchungshaft

    Gefängnis Montluc

    1987 - 1991 - Lyon

    Inhaftierung

    Gefängnis Montluc

    25. September 1991 - Lyon (Frankreich)
  • Genealogie

    Vater Nikolaus Barbie 1888–1933 Bürogehilfe; Volksschullehrer aus Merzig (Saar)
    Großvater väterlicherseits Johann Barbie geb. 1858 Vollziehungsbeamter aus Merzig (Saar)
    Großmutter väterlicherseits Katharina Barbie, geb. Heimüller
    Mutter Anna Barbie, geb. Hees geb. 1886 Volksschullehrerin aus Mehren (Daun)
    Großvater mütterlicherseits Nikolaus Hees Landwirt aus Mehren (Daun)
    Großmutter mütterlicherseits Eva Hees, geb. Marthen
    Bruder Kurt Johann Barbie 1915–1933 früh verstorben infolge von Epilepsie
    Heirat 25.4.1940
    Ehefrau Regina Margaretha Maria Barbie, geb. Willms 1915–1982
    Schwiegermutter Margarete Willms, geb. Mergens
    Sohn Klaus-Jörg Barbie 1946–1981 Unternehmer
    Tochter N. N.
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Barbie, Klaus (1913-1991)

    • Vater

      Nikolaus Barbie

      1888–1933

      Bürogehilfe; Volksschullehrer aus Merzig (Saar)

      • Großvater väterlicherseits

        Johann Barbie

        geb. 1858

        Vollziehungsbeamter aus Merzig (Saar)

      • Großmutter väterlicherseits

        Katharina Barbie

    • Mutter

      Anna Barbie

      geb. 1886

      Volksschullehrerin aus Mehren (Daun)

      • Großvater mütterlicherseits

        Nikolaus Hees

        Landwirt aus Mehren (Daun)

      • Großmutter mütterlicherseits

        Eva Hees

    • Bruder

      Kurt Johann Barbie

      1915–1933

      früh verstorben infolge von Epilepsie

    • Heirat

      • Ehefrau

        Regina Margaretha Maria Barbie

        1915–1982

  • Biografie

    Nach dem Abitur am humanistischen Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Trier meldete sich Barbie im April 1934 freiwillig zu einem halbjährigen Einsatz beim Reichsarbeitsdienst. Seit Ende 1934 ehrenamtlich in der Trierer NSDAP-Zentrale und Hitlerjugend tätig, wurde er im Februar 1935 persönlicher Adjutant des NSDAP-Ortsgruppenleiters für Trier Mitte, Karl Horrmann, auf dessen Vermittlung er im September 1935 im Hauptamt des Sicherheitsdienstes (SD) des Reichsführers-SS in Berlin angestellt wurde. Nach Lehrgängen an der Führerschule des SD in Bernau sowie der Führerschule der Sicherheitspolizei (SiPo) und des SD in Berlin-Charlottenburg übernahm Barbie im Oktober 1936 die Referate II/122 und II/123 des SD-Oberabschnitts West in Düsseldorf und wurde im September 1939 Hilfsreferent im Referat III C des SD-Abschnitts Dortmund. Hier konzentrierte sich seine Tätigkeit auf die Infiltration kommunistischer und sozialdemokratischer Verbände (Bereich III/C). Am 1. Mai 1937 wurde er Mitglied der NSDAP.

    Im April 1940 zum SS-Untersturmführer befördert, war Barbie von Mai 1940 bis März 1942 in den besetzten Niederlanden in der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam eingesetzt und hier dem Befehlshaber der SiPo und des SD Niederlande Wilhelm Harster (1904–1991) unterstellt. In dieser Funktion war Barbie an der Verfolgung und Deportation niederländischer Juden beteiligt.

    Nach dem deutschen Einmarsch in Südfrankreich wurde Barbie im November 1942 nach Lyon versetzt und von SS-Obersturmführer Rolf Mühler (1910–1967) zum dortigen Chef der Gestapo ernannt. In dieser Funktion für die Bekämpfung französischer Widerstandsgruppen verantwortlich, trug ihm seine extreme Brutalität den Beinamen „Schlächter von Lyon“ ein. Zu seinen Opfern gehörten u. a. Jean Moulin (1899–1943), Galionsfigur der französischen Résistance, sowie 44 im April 1944 auf seinen Befehl aus dem Waisenhaus in Izieu verschleppte und nach Auschwitz deportierte jüdische Kinder.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Barbie in Frankreich mehrfach in Abwesenheit der Prozess gemacht und u. a. die Razzia in der Rue Sainte-Catherine (Februar 1943), das Massaker in Saint-Genis-Laval (August 1944) und zahlreiche Erschießungen im Gefängnis Fort Montluc zur Last gelegt. 1947 wurde Barbie vom Ständigen Militärgericht in Lyon zum Tode verurteilt; ebendort ergingen 1951 und 1954 weitere Todesurteile.

    Barbie entzog sich der Strafverfolgung, indem er Ende 1945 in Nordhessen untertauchte, wo er unter mehreren Tarnnamen (Becker, Mertens, Spier) Kontakte zu ehemaligen NS- und SS-Funktionären unterhielt. Im April 1947 warb ihn der Counter Intelligence Corps (CIC) der US-Army als Agent an, für den er nach subversiven kommunistischen Tendenzen in der US-amerikanischen und französischen Besatzungszone spionierte. Als die französische Regierung in Person des französischen Botschafters in Washington, DC, Henri Bonnet (1888–1978), mit Nachdruck Barbies Auslieferung verlangten, ermöglichten die Verantwortlichen des CIC und der Alliierten Hohen Kommission ihm die Flucht nach Lateinamerika. Ende März 1951 floh Barbie über Genua und Buenos Aires (Argentinien) nach La Paz (Bolivien) und fand als Klaus Altmann zunächst Arbeit in einem Sägewerk in den Yungas. 1954 nach La Paz zurückgekehrt, erhielt Barbie im Oktober 1957 die bolivianische Staatsbürgerschaft und arbeitete von 1964 bis 1969 unter René Barrientos Ortuño (1919–1969) als Militärberater im Bereich der Aufstandsbekämpfung (Counterinsurgency). Zudem fungierte er ab 1966 für die von Gerhard Mertins (1919–1993) geleitete Firma Merex AG als Waffenhändler.

    Im Mai 1966 warb der BND Barbie unter dem Decknamen „Adler“ als nachrichtendienstliche Verbindung an, schaltete ihn jedoch bereits im Dezember desselben Jahres wieder ab, als ein bei der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg laufendes Ermittlungsverfahren gegen den Agenten bekannt wurde. Barbie versorgte den BND mit Informationen über die kommunistische Infiltration bolivianischer Verbände und Parteien sowie über militärische Bedarfsfälle der bolivianischen Regierung.

    Aufgrund der Recherchen von Serge Klarsfeld (geb. 1935) und Beate Klarsfeld (geb. 1939) wurde Barbie 1970 identifiziert, doch verweigerte die bolivianische Militärdiktatur unter Hugo Banzer Suárez (1926–2002) seine Auslieferung. 1980 erhielt er mit der Ernennung zum Oberstleutnant des bolivianischen Heeres „ehrenhalber“ den höchsten militärischen Rang, den der Staat Bolivien für Eingebürgerte vorsah. Erst die demokratisch gewählte Regierung unter Präsident Hernán Siles Zuazo (1914–1996) ließ Barbie im Januar 1983 in La Paz verhaften und lieferte ihn im Februar 1983 an Frankreich aus.

    In seinem am 11. Mai 1987 vor dem Schwurgericht des Départements Rhône in Lyon begonnenen Prozess wurde Barbie am 4. Juli 1987 in mehreren Anklagepunkten der „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, die von einer Verjährung ausgeschlossen waren, für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Verteidigung durch den französischen Rechtsanwalt Jacques Vergès (1925–2013) wurde u. a. von dem Schweizer Bankier und Holocaust-Leugner François Genoud (1915–1996) finanziert. Der Prozess löste in Frankreich eine heftige Kontroverse über das Thema der Kollaboration mit dem NS-Regime aus und gilt als Meilenstein der strafrechtlichen Ahndung von in Frankreich begangenen NS-Verbrechen.

  • Auszeichnungen

    1980 Oberstleutnant des bolivianischen Heeres „ehrenhalber“
  • Quellen

    Nachlass:

    Privatbesitz. (Memoiren)

    Bundesarchiv, Koblenz, N 1586. (Teilnachlass)

    Weitere Archivmaterialien:

    Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, Berlin, Bde. 3151-3158; 2079; 20243; 16744-16746: Barbie, Klaus.

    Bundesarchiv, Koblenz, B206, Bundesnachrichtendienst, Bde. 1979-1986; B122: Bundespräsidialamt, Bd. 12605. (Ermittlungsverfahren gegen Klaus Barbie 1972/73)

    Bundesarchiv, Außenstelle Ludwigsburg, Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen, 162/ Bde. 3395 – 3404 (Ermittlungsverfahren der Zentr. Stelle); Bde. 30162-30163 (Ermittlungsverfahren der StA München I).

    Bundeszentrale für den Beauftragten der Stasi-Unterlagen, Berlin, MfS-HA IX/11 AV, Nr. 20/80; MfS-HA XVIII, Nr. 16476; MfS-HA XXII, Nr. 19658.

    National Archives and Records Administration (NARA), Washington, DC, RG 319 (Records of the Army Staff, Barbie Klaus, File: AC848664WJ, Box: 694); RG 263 (Records of the Central Intelligence Agency, Barbie, Klaus, Box 007, Location: 230/86/22/01 (2 Bde.); RG 59 (Records of the Department of State, Name-File: Barbie, Klaus: Entry: ZZ-1004, Box 19); RG 65 (Records of the Federal Bureau of Invesigation, Name-File: Barbie, Klaus, Section 001, Box 2, File: 105-221892-14); RG 498 (Headquarters European Theater of Operations, US-Army, World War II, French Misc 16/ Interrogation Reports: Barbie, Klaus, File: NND 745001, Entry DU 207, Box: 1377).

    Gedruckte Quellen:

    Allan A. Ryan, Klaus Barbie and the United States Government. A Report to the Attorney General of the United States, 1983. (Onlineressource)

  • Literatur

    Tom Bower, Klaus Barbie. Lyon, Augsburg, La Paz. Karriere eines Gestapo-Chefs, 1984.

    Horst J. Andel, Kollaboration und Résistance. Der Fall Barbie, 1987.

    Karin Urselmann, Die Bedeutung des Barbie-Prozesses für die französische Vergangenheitsbewältigung, 2000.

    Jennifer Striewski, Klaus Barbie, in: Internetportal Rheinische Geschichte, o. J. (P) (Onlineressource)

    Thomas Schnitzler, Klaus Barbie in Trier. Auf den Spuren einer NS-Kriegsverbrecherkarriere, in: Neues Trierisches Jahrbuch 45 (2005), S. 101–126.

    Peter Hammerschmidt, „Die Tatsache allein, daß V-43 118 SS-Hauptsturmführer war, schließt nicht aus, ihn als Quelle zu verwenden“. Der Bundesnachrichtendienst und sein Agent Klaus Barbie, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 4 (2011). S. 333–349.

    Peter Hammerschmidt, Deckname Adler. Klaus Barbie und die westlichen Geheimdienste, 2014.

    Peter Hammerschmidt, Der Prozess gegen Klaus Barbie, Frankreich 1987, in: Kurt Groenewold/Alexander Ignor/Arnd Koch, Lexikon der Politischen Strafprozesse, 2017. (Onlineressource)

  • Onlineressourcen

  • Autor/in

    Peter Hammerschmidt (Ramstein-Miesenbach)

  • Zitierweise

    Hammerschmidt, Peter, „Barbie, Klaus“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.03.2022, zuletzt geändert am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118653121.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA