Lebensdaten
1578 – nach 1622
Geburtsort
Bolheim bei Herbrechtingen (Württemberg)
Sterbeort
Tübingen.
Beruf/Funktion
Wundarzt ; Reiseschriftsteller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 140222014 | OGND | VIAF: 103762415
Namensvarianten
  • Ultzheimer, Andreas Josua
  • Ulsheimer, Andreas Josua
  • Ulßhaimer, Andreas Josua
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Zitierweise

Ultzheimer, Josua, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd140222014.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jacob ( 1607), 1571–78 Pfarrer in B., dann in Heubach, zuletzt in Gerstetten, S d. Jacob(us), aus Münsingen, Mag., 1555–66 Stadtpfarrer u. Dekan in Hornberg;
    M N. N.;
    3 B Sebastian, dt. Schulmeister in Schorndorf, später in Winterbach, zudem Ger.schreiber ebd., Johann Jacob, Präzeptor in Meersburg, Johann Cornelius, Forstknecht in Grafeneck, reisiger Schultheiß v. Haubersbronn;
    Pfullingen 1610 Anna, T d. Hans Losch ( 1614), reisiger Forstknecht in Grafeneck (s. W. Pfeilsticker, Neues württ. Dienerbuch, 1963); Verwandter Konstantin Krüger, Trabant am ghzgl. toskan. Hof in Florenz.

  • Biographie

    Nachdem U. in Ulm die Lateinschule besucht und eine Ausbildung als Barbier und Wundarzt absolviert hatte, begleitete er 1596/97 schwäb. Regimenter im Türkenkrieg nach Ungarn. 1598 ging er über Wien nach Italien, wo er auf Vermittlung seines Vetters Konstantin Krüger in Livorno eine Anstellung als Garnisonsfeldscher erhielt. Aus Abenteuerlust reiste er 1599 als Schiffschirurg an Bord eines niederl. Schiffes nach Amsterdam. In der Folgezeit war U. in derselben Funktion auf verschiedenen niederl. Schiffen an Handels- und Kaperfahrten nach Übersee beteiligt. Nach vier Reisen, die ihn 1599/1600 nach Guyana, 1600/01 und 1601/02 jeweils nach Westindien und 1602/03 nach Brasilien führten, folgte 1603 eine Reise nach Guinea (d. h. in das Gebiet zwischen dem heutigen Ghana und Gabun). Neben seiner Tätigkeit als Chirurg war U. auf dieser Reise auch an militärischen Unternehmungen, wie dem erfolglosen Angriff auf die portugies. Festung Elmina und einem Kriegszug des Königs von Benin gegen einen unbotmäßigen Vasallen beteiligt. Nachdem er 1604–09 an einer Expedition nach Bantam (Java) teilgenommen hatte, ließ sich U. 1610 in Tübingen als Wundarzt nieder.

    1616 diktierte U. einem Schreiber seine Erinnerungen an die Aufenthalte in Amerika, Asien und Afrika; eine Abschrift entstand 1622. Erstmals in der zweiten Hälfte des 19. Jh. veröffentlicht, wurde U.s Reisebeschreibung in den 1970er Jahren durch populärwissenschaftliche Editionen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. U., ein naiver, aber lebendiger Erzähler, war ein aufmerksamer Beobachter, der während seiner Reisen stets Notizen und Zeichnungen anfertigte. In seiner Darstellung beschreibt er Geographie, Natur, Wirtschaft sowie gesellschaftliche und politische Verhältnisse der bereisten Gebiete ausführlich. In einigen Punkten, wie etwa dem immer wiederkehrenden Topos des Kannibalismus und der pauschalen Beschreibung afrikan. Religionen als Teufelsbeschwörung, zeigte sich U. stark zeitgenössischen, durch die humanistische Tradition vermittelten Stereotypen verhaftet. Da er sich in seinem Bericht allerdings in hohem Maße auf eigene Beobachtungen stützte, ist besonders seine Beschreibung von Handel und Kultur in Guinea noch heute eine wichtige Quelle zu Westafrika am Beginn des 17. Jh.

  • Werke

    W Wahrhafftige Beschreibung ettlicher Raysen (…) (1616, Württ. Landesbibl., Stuttgart, Cod. hist. 8 o 116);
    Warhaffte u. gründliche Beschreibung […] (1622, Bürgerschule Schwelm, beide Mss. seit d. 2. Weltkrieg verschollen); W. Crecelius (Hg.), U.s Reisen n. America, in: Alemannia 6, 1878, S. 90–126; ders.: J. U.s Reisen n. Guinea u. Beschreibung d. Landes, ebd. 7, 1879, S. 97–120; S. Werg (Hg.), Beschreibung etlicher Reisen, 1596–1610, 1971; H. Sellke (Hg.), Schwäb. Weltenbummler (Kiechel, U., Mauch), 1971, S. 49–94; A. Jones (Hg.), German Sources for West African Hist. 1599–1669, 1983, S. 340–56.

  • Literatur

    L ADB 54;
    C. A. Vulpius, Hist. Curiositäten, 1817, S. 77–80;
    V. Hantsch, Dt. Reisende d. 16. Jh., 1895, S. 123 ff.;
    W. Greß, in: Lb. Schwaben II, 1941, S. 453–62;
    A. Jones, Double Dutch? A Survey of Seventeenth-Century German Sources for West African Hist., in: Hist. in Africa 9, 1982, S. 141–153;
    ders., German Sources for West African Hist. 1599–1669, 1983, S. 18–43; ders., Semper Aliquid Veteris, Printed Sources for the Hist. of the Ivory and Gold Coasts, 1500–1750, in: Journ. of African Hist. 27, 1986, S. 215–35

  • Autor/in

    Roman Siebertz
  • Zitierweise

    Siebertz, Roman, "Ultzheimer, Josua" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 618-619 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd140222014.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Ultzheimer: Andreas Josua U. (Ulsheimer, Ulßhaimer), Weltreisender, wurde 1578 als Sohn des evangelischen Pfarrers Jacob U. zu Gerstetten im württembergischen Amte Heidenheim geboren. Er besuchte die Lateinschule zu Ulm und erlernte dann daselbst die Wundarzneikunst. Um sich in seinem Fache weiter auszubilden und zugleich fremde Länder und Völker kennen zu lernen, nahm er 1596 bei einem nach Ungarn ziehenden Fähnlein schwäbischer Landsknechte einen Dienst als Feldchirurg an. Er fuhr die Donau abwärts bis Waitzen und betheiligte sich wiederholt an Kämpfen gegen die Türken, namentlich an der Belagerung und Eroberung von Hatvan. Als aber seine Truppe in der unglücklichen Schlacht bei Erlau in die Flucht geschlagen und zersprengt worden war, kehrte er in die Heimath zurück und ging den Winter über in Ulm seinem Berufe nach. Doch bereits im Frühjahr 1597 ließ er sich abermals für den Türkenkrieg anwerben und wohnte der Erstürmung von Papa, sowie mehreren kleinen Gefechten im oberungarischen Tieflande bei. Nachdem er den Winter in Wien zugebracht hatte, wanderte er im folgenden Frühling in Gesellschaft seines jüngeren Bruders Johann Cornelius U. nach Italien. In Livorno erhielt er durch Vermittlung eines Vetters, der dem Großherzog von Toscana als Trabant diente, eine Stellung als Wundarzt der Garnison. Da ihm aber das wenig abwechslungsreiche Leben in dieser Stadt nicht gefiel, entwich er 1599 auf ein im Hafen liegendes friesisches Handelsschiff, das ihn zunächst nach Sicilien und Candia und endlich nach Amsterdam brachte. Daselbst fand er schon nach wenig Wochen Gelegenheit, auf einem Westindienfahrer unterzukommen, der nach Cayenne und den Kleinen Antillen segelte, um Tabak und andere Colonialwaaren einzuhandeln und daneben auch reichbeladene spanische Schiffe zu kapern. Auf der Rückreise litt er bei den Azoren Schiffbruch, rettete sich aber ans Land und kam im Frühjahr 1600 glücklich wieder nach Amsterdam. In den folgenden Jahren fuhr er auf holländischen Schiffen noch zweimal nach Westindien, hauptsächlich nach S. Domingo, einmal nach Brasilien und einmal nach der afrikanischen Westküste. Hier widmete er sich dem Elfenbeinhandel, kämpfte gegen die Spanier auf der Goldküste und unterstützte den schwarzen König von Benin in einem Feldzuge gegen aufständische Häuptlinge. Am Gabunfluß hatte er das Unglück, in die Hände der eingeborenen Menschenfresser zu fallen, doch gelang es seinen Gefährten, ihn durch eine List zu retten. In Amsterdam eingetroffen, trat er in den Dienst der Niederländisch-Ostindischen Compagnie und nahm an einer Fahrt nach Goa theil. Im October 1609 kam er wieder in Holland an. Da er nun der Beschwerden und Gefahren des Seelebens überdrüssig war, begab er sich in die schwäbische Heimath zurück. Zunächst verweilte er einige Zeit bei seinem Bruder, damals deutschem Schulmeister in Schorndorf. Dann verheirathete er sich mit Anna Hosch, der Tochter eines Forstknechts, und ließ sich 1610 in Tübingen als Wundarzt nieder. Hier verfaßte er zwölf Jahre später eine „Warhaffte Beschreibung etlicher Raisen … in Europa, Africa, Ostindien und America …“, die seinen Namen auf die Nachwelt gebracht hat. Das Werk ist in zwei Handschriften in der königlichen öffentlichen Bibliothek zu Stuttgart (Cod. hist. F 116) und in der|Büchersammlung der Bürgerschule zu Schwelm in Westfalen erhalten. Nach der letzteren hat es W. Crecelius wenigstens theilweise in Birlinger's Alemannia VI (1878), S. 90—126 und VII (1879), S. 97—120 herausgegeben. Es zeichnet sich namentlich durch seine völkerkundlichen Nachrichten aus, die durch Inhalt und Alter gleich bedeutsam sind. Ueber Ultzheimer's fernere Schicksale und das Jahr seines Todes ist nichts bekannt.

  • Autor/in

    Viktor Hantzsch.
  • Zitierweise

    Hantzsch, Viktor, "Ultzheimer, Josua" in: Allgemeine Deutsche Biographie 54 (1908), S. 733-734 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd140222014.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA