Lebensdaten
um 1285 – 1328
Geburtsort
Pressath (Oberpfalz)
Sterbeort
in oder bei Rom
Beruf/Funktion
kaiserlicher Protonotar
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 139112367 | OGND | VIAF: 100419501
Namensvarianten
  • Wild, Ulrich
  • Ulrich der Wilde
  • Wildo, Ulrich
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Zitierweise

Ulrich Wild, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd139112367.html [26.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Über U.s Ausbildung ist nichts bekannt, seine Bezeichnung als „magister“ läßt aber den Besuch einer Universität annehmen. In einem Schreiben Papst Nikolaus’ (V.) vom 14. 5. 1328 werden seine „litterarum sciencia“ und „morum elegancia“ gepriesen. 1314 war U. als Procurator des Regensburger Bf. Nikolaus von Ybbs ( 1340) tätig; 1315 stieg er zu dessen Protonotar auf, leitete die Regensburger Kanzlei und siegelte mit eigenem Siegel. Bis Mitte 1318 ist er im Umkreis des Regensburger Bischofs nachweisbar, der gute Verbindungen zum kgl. Hof unterhielt, von denen U. möglicherweise profitierte. In der Folgezeit erlangte er zahlreiche Pfründen, u. a. in Pressath, Otzingen (Lkr. Deggendorf) und Thalkirchen, verschiedene in Regensburg, Bamberg, Eugenbach (Lkr. Landshut) und Fahlbach (Lkr. Pfaffenhofen) sowie in Freising, die er größtenteils alle gleichzeitig besaß, ohne je einen höheren Rang als den des Subdiakons bekleidet zu haben.

    1319 wurde U. in einer zwiespältigen Wahl gegen Konrad, Dompropst von Bamberg, zum Bischof von Bamberg gewählt. Über längere Zeit konnte sich keiner der beiden in diesem „Bamberger Bistumsstreit“ durchsetzen. Nach dem Tod des Kontrahenten versuchte Papst Johannes XXII., U. zum Verzicht auf das Amt zu bewegen, und verlieh ihm, wohl als Entschädigung, im Aug. 1322 die Pfründe des Propstes von St. Stephan in Bamberg sowie ein Kanonikat am Bamberger Dom. In dieser Zeit muß U.s Dienst für Ludwig IV. begonnen haben. Im Aug./Sept. desselben Jahres reiste er für den König mit einer Gesandtschaft nach Avignon, wo ihm Johannes XXII. auch die genannte Präpositur verlieh. Unter dem Siegel des Propstes von St. Stephan beglaubigte U. am 18. 12. 1323 Ludwigs Nürnberger Appellation, am 5. 1. 1324 die Frankfurter und am 22. 5. 1324 die Sachsenhäuser, in der er erstmalig „protonotarius regis“ genannt wird. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war er von der bischöflichen in die königliche Kanzlei gewechselt – und erschien seither häufiger als Zeuge in Urkunden.

    Für Ludwigs Königszeit (1314–28) war U. der einzige Protonotar der Hofkanzlei, weshalb anzunehmen ist, daß er diesen Titel aufgrund seines Ansehens erhalten hatte; über eine besondere Aufgabenverteilung geben die Quellen keine Auskunft. In seiner Funktion als oberster Schreiber, d. h. des nach dem Kanzler höchsten Beamten der Hofkanzlei, oblag ihm vermutlich die Verantwortung über das kgl. Sekretsiegel. Im Frühjahr 1324 war er maßgeblich an der Redaktion der Sachsenhäuser Appellation beteiligt, die im Vergleich zu den vorangegangenen Prozeßschriften deutliche Kritik an der Stellung des Papstes hinsichtlich der durch die Minoriten aufgeworfenen Diskussion um die Armut Christi enthielt und den Papst der Häresie bezichtigte. Die Antwort des Papstes war die endgültige Verhängung des Kirchenbanns über Ludwig und seine Anhänger. Am 5. 9. 1325 erscheint U. als Zeuge des Münchener Vertrages zwischen den Habsburgern und den Wittelsbachern, der ein Doppelkönigtum zwischen Friedrich dem Schönen und Ludwig dem Bayern besiegelte. Zu dieser Zeit gehörte U. zum engeren Kreis der Ratgeber des Königs, der ihn als „familiaris“ bezeichnete. U. begleitete Ludwig zur Kaiserkrönung 1327/28 nach Rom und wurde von Johannes XXII. dafür aller seiner geistlichen Würden enthoben. Der neue Kaiser setzte am 12. 5. 1328 einen Gegenpapst, Nikolaus (V.), ein, der U. umgehend alle ehemaligen Würden erneut verlieh und ihm sowie einigen seiner Verwandten zusätzlich lukrative Pfründen übertrug. Nicht lange danach, im Spätsommer 1328, muß U. gestorben sein, denn am 23. Aug. übertrug Papst Nikolaus das ledig gewordene Propstamt von St. Stephan in Bamberg an Hadubrant von Haydech.

    In der Rezeption ist eine Unterscheidung von seinem gleichnamigen Amtsnachfolger Ulrich (Hofmaier) ( 1346) nicht immer eindeutig möglich. Die Einschätzung der Nachwirkung U.s wird entscheidend von der Kontroverse um seine Redaktion der Sachsenhäuser Appellation bestimmt: Wohl aufgrund der Abwesenheit des Kanzlers Hermann v. Lichtenberg ( 1335) hatte er 1324 an der Prozeßschrift mitgearbeitet; wie umfangreich sein Eigenanteil war, läßt sich jedoch nicht sicher beurteilen. Anzunehmen ist, daß das Redaktionskollegium ältere Schriften ähnlicher Stoßrichtung und den schon früher entstandenen sog. minoritischen Exkurs verwendete. Ks. Ludwig distanzierte sich am 28. 10. 1336 in einem Delegationsschreiben an Papst Benedikt XII. von der Appellation, beteuerte seine Unparteilichkeit in dem religiösen Streit zwischen Papst und Minoriten und beschuldigte U., die kritischen Passagen ohne sein Wissen in das Schreiben aufgenommen zu haben, um – wie U. auf dem Sterbebett bekannt hatte – sich für eine frühere Zurücksetzung an seinem lateinunkundigen Kaiser zu rächen. Diese Darstellung erhielt bereits 1372 im „Chronicon de ducibus Bavariae“ eine legendenhafte Ausgestaltung und auf deren Grundlage eine weitreichende Verbreitung.

  • Quellen

    Qu J. F. Böhmer, Fontes rerum Germanicarum, Gesch.qu. Dtld.s, Bd. 1, 1843; S. Riezler, Vatikan. Akten z. dt. Gesch. in d. Zeit Ks. Ludwigs d. Bayern, 1891; MGH Const. 5 u. 6/1, 1909–27, 6/2, 1989–99.

  • Literatur

    L ADB 39;
    S. Riezler, Ks. Ludwig d. Baier, Meister U. d. Wilde u. Meister Ulrich d. Hofmaier v. Augsburg, in: Forsch. z. dt. Gesch. 14, 1874, S. 1–17;
    ders., Die lit. Widersacher d. Päpste z. Zt. Ludwigs d. Baiers, 1874;
    F. Ehrle, Olivi u. d. ‚spiritualistische‘ Excurs d. Sachsenhäuser Appellation Ludwigs d. Bayern, in: Archiv f. Lit. u. KGesch. d. MA 3, 1887, S. 540–52;
    K. Zeumer, Zur Kritik d. Appellationen Ludwigs d. Bayern, in: NA 37, 1912, S. 219–72;
    J. Hofer, Zur Gesch. d. Appellationen Kg. Ludwigs d. Bayern, in: HJb. 38, 1917, bes. S. 499–531;
    F. Bock, Die Prokuratorien Ks. Ludwigs IV., in: QFIAB 25, 1933/34, S. 251–91;
    ders., Die Appellationsschrr. Kg. Ludwigs IV. in d. J. 1323/24, in: DA 4, 1940/41, S. 179–205;
    H. Bansa, Stud. z. Kanzlei Ludwigs d. Bayern, 1968, S. 239–41;
    A. Schütz, Die Appellationen Ludwigs d. Bayern aus d. J. 1323/24, in: MIÖG 80, 1972, S. 71–112;
    ders., Die Prokuratorien u. Instruktionen Ludwigs d. Bayern f. d. Kurie (1331–1345), 1973;
    H. Thomas, Ludwig d. Bayer, Ks. u. Ketzer, 1993; E. Wittneben, Bonagratia v. Bergamo, in: Pol. Reflexion in d. Welt d. späten MA, FS Jürgen Miethke, hg. v. M. Kaufhold, 2004, S. 247–67

  • Autor/in

    Mirjam Eisenzimmer
  • Zitierweise

    Eisenzimmer, Mirjam, "Ulrich Wild" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 610-611 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139112367.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Ulrich der Wilde, Protonotar Kaiser Ludwig's des Baiern, im Sommer 1328 in Rom oder dessen Nähe. „Der Wilde“, latinisirt in Wildo, Guildo, ist als Familienname aufzufassen: U. entstammte dem oberpfälzischen Rittergeschlechte der Wild von Pressat. Als Kaiser Ludwig 1336 den Versuch machte, sich mit Papst Benedict XII. auszusöhnen, gab er seinen Gesandten an die Curie, dem Pfalzgrafen Rupert und dem Grafen Wilhelm von Jülich, ein ausführliches Entschuldigungsschreiben mit, worin sich unter anderem folgende Erklärung findet. Als es sich um die Redaction der Sachsenhäuser Appellation (A. D. B. XIX, 464) handelte, habe der Kaiser ausdrücklich erklärt, in den rein religiösen Streit, welcher zwischen dem Papste und den Minoriten über die Armuth Christi geführt wurde, sich nicht mengen zu wollen. Trotzdem habe sein Notar Ulrich „Guildonis“ (d. h. der Sohn Wild's), wie er nach mehrseitiger Versicherung auf dem Sterbebette bekannte, um eine vermeintliche Beleidigung zu rächen, und verführt durch die Einflüsterungen gewisser Leute, welche den Zwist zwischen Kaiser und Papst unheilbar machen wollten, diesen Punkt in die Appellationsurkunde aufgenommen. Da der Kaiser später in wiederholten officiellen Erklärungen die dogmatische Opposition der Minoriten doch auf seine eigene Rechnung genommen hat, konnte es ihn gegenüber der Curie nicht wesentlich entlasten, wenn sein erster Uebergriff in dieser Richtung als das Werk eines Fälschers hingestellt wurde. Aus diesem und anderen Gründen wird man der Erklärung des Kaisers kaum Glauben versagen können. Dagegen sind weitere Angaben der 1372 verfaßten bairischen Herzogschronik theils unerweislich, theils unverkennbar sagenhaft. Nach dieser Quelle sei U. beim Könige von einigen Vornehmen, denen es Ludwig nickt abschlagen konnte, dem Rechte freien Lauf zu lassen, eines ehrlosen Verbrechens bezichtigt worden. Der König habe einige Tagsatzungen in der Sache abgehalten, und U. sei zu Nürnberg genöthigt worden, sich durch die Zeugnisse von fünfzig (!) Prälaten von der Anschuldigung zu reinigen. Hernach sei er zwar wieder in seine Würden und Aemter eingesetzt worden, aber in seinem Herzen sei Groll gegen seinen Herrn zurückgeblieben und habe ihn zu der erwähnten treulosen Handlungsweise getrieben. Auf dem Sterbebette habe er dem Kaiser persönlich gestanden, daß er so gehandelt habe, weil der Kaiser seine Ankläger nicht sofort zurückwies, sondern es zu gerichtlicher Verhandlung kommen ließ. Da Ludwig von den Aerzten erfuhr, daß dem Schwerkranken nur mehr wenige Lebenstage beschieden seien, habe er, wiewol durch das Geständniß aufs höchste erregt, die Sühne Gott überlassen.

    Ulrich's Name tritt zuerst bei dem Bamberger Bisthumsstreite von 1319 hervor. Damals wurden nach dem Tode des Bischofs Wülfing vom Capitel in zwiespältiger Wahl U., der die Würde des Propstes von St. Stephan in Bamberg bekleidete, und der Bamberger Dompropst Konrad gewählt. Beide Erwählte reisten an die Curie, um ihre Bestätigung zu betreiben, doch keiner vermochte sie durchzusetzen. Konrad starb nach einigen Processen, und U. ließ sich, wie Papst Johann XXII. am 16. Juni 1322 beurkundet, zum Verzicht bewegen. In der vom Papste am 24. August 1322 ausgesprochenen Verleihung eines Canonicats am Dome von Bamberg an U., der nebenbei die Propstei bei St. Stephan behielt, wird man eine Entschädigung für diesen Verzicht zu suchen haben. Die neue Verleihung erfolgte, wiewol U. damals auch schon ein Canonicat an der Alten Capelle in Regensburg und die Pfarrei Eugenbach im Regensburger Sprengel, auch die Anwartschaft auf die Kirche Komberg inne hatte. U. weilte damals in Avignon als Mitglied einer Gesandtschaft König Ludwig's des Baiern, welche dessen Bestätigung betreiben und wegen der Besetzung einiger Bischofsstühle unterhandeln sollte, und wird als Ludwig's „familiaris“ bezeichnet. Als Meister, d. i. Magister Ulrich der Wilde, oberster Schreiber oder Protonotar des Königs, redigirte und unterzeichnete er die Sachsenhauser Appellation (22. Januar 1324) und war Zeuge des Münchener Vertrages vom 5. September 1325 zwischen Ludwig und dem Gegenkönige Friedrich. 1327 begleitete er seinen Herrn nach Italien, einer der wenigen litterarisch gebildeten einheimischen Diener, die dem Wittelsbacher zur Verfügung standen. Während Papst Johann U. als Anhänger des gebannten Kaisers aller seiner kirchlichen Pfründen verlustig erklärte, überhäufte ihn in Rom, wie wir annehmen dürfen, infolge kaiserlicher Empfehlung, der Gegenpapst Nikolaus V. (24., 25., 28. Mai 1328) mit Gnaden. Aus dem ersten von Nikolaus' Breven, worin Ulrich's litterarische Bildung und Sitten gerühmt worden, erfahren wir, daß U. die Pfarrei in seiner Heimath Pressat viele Jahre als Subdiacon inne hatte, ohne an die höheren Weihen zu denken, daß er dann auch eine Reihe von anderen Pfarreien und Canonicaten erlangte, ohne die höheren Weihen zu erwerben. Da er seine Pfründen deshalb von Rechts wegen verwirkt hatte, ließ er sich dieselben nun von Papst Nikolaus neuerdings übertragen und Dispens ertheilen. Ueberdies verlieh ihm Nikolaus ein Canonicat und drei Tage darauf die Propstei am Freisinger Dom. Wolfhard und Eberhard „Wildonis“ von Pressat, Söhne des Ritters Wolfhard Wildo von Pressat, denen gleichzeitig vom Gegenpapste Domherrenstellen in Regensburg und Bamberg verliehen wurden, waren wahrscheinlich Brüder, jedenfalls nahe Verwandte Ulrich's. U. scheint zu den damals wie im Mittelalter unter Deutschen stets zahlreichen Opfern des römischen Klimas gehört zu haben: am 23. August 1328 erwähnt eine Urkunde seinen kurz vorher erfolgten Tod. Sein Andenken war schon nach fünfzig Jahren so gut wie ausgelöscht, da seine Persönlichkeit mit der seines Namenvetters und Amtsnachfolgers, Meister Ulrich des Hofmaiers von Augsburg, vermengt wurde.

    • Literatur

      Riezler, K. Ludwig d. Baier, Meister Ulrich d. Wilde u. Meister Ulrich der Hofmaler v. Augsburg (Forschungen zur deutschen Geschichte XIV, 1 ff.). — Vatikanische Akten z. Gesch. K. Ludwigs d. Baiern, s. die auf S. 924 verzeichneten Stellen.

  • Autor/in

    Riezler.
  • Zitierweise

    Riezler, Sigmund Ritter von, "Ulrich Wild" in: Allgemeine Deutsche Biographie 39 (1895), S. 245-246 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139112367.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA