Lebensdaten
1793 – 1863
Geburtsort
Pardubitz (Böhmen)
Sterbeort
Schwarzau bei Wiener Neustadt
Beruf/Funktion
österreichischer Polizeipräsident ; General ; Feldzeugmeister
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 126717397 | OGND | VIAF: 74853480
Namensvarianten
  • Kempen, Johann Franz (bis 1815)
  • Kempen von Fichtenstamm, Johann Franz Freiherr
  • Kempen, Johann Franz (bis 1815)
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Zitierweise

Kempen von Fichtenstamm, Johann Franz Freiherr, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd126717397.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Heinrich K. v. F. (österr. Adel 1815, 1743-1827), k. k. Rittmeister, Bauern-S aus Niedersfeld Kr. Brilon/Westf.;
    M Elisabeth Winterssohn;
    B Josef (1784–1860), k. k. Generalmajor;
    - 1) 1818 Klarisse (1790–1832), T d. Ignaz Edler v. Schwab (1750–1831), Großhändler u. Fabrikbes. in Graz u. Wien, u. d. Katharina v. Häring, 2) Wien 1836 Sophie (1814–1905), T d. Martin Pacher v. Theinburg (1778–1845), Dir. d. Österr. Nat.bank, u. d. Katharina Mußbrock;
    4 T.

  • Biographie

    Als Offizierssohn erhielt K. seine Ausbildung in der Theresianischen Militärakademie zu Wiener Neustadt (seit 1803) und nahm an den Feldzügen von 1809 und 1813/15 (Schlacht bei Dresden) teil. Rasch avancierend (1818 Hauptmann, 1836 Oberst), fand er danach teils in Generalstabsstellungen, teils bei der Truppe Verwendung und beschäftigte sich intensiv mit militärwissenschaftlichen und waffentechnischen Problemen. 1836 wurde er Kommandant des Infanterieregiments Nummer 8, das er bald zu einer Mustertruppe ausbildete. Sein Führungsstil, eine Mischung von Strenge und patriarchalischer Fürsorge, seine Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung (unter anderem Cholerakordon) und sein enger gesellschaftlicher Kontakt zum Bürgertum erwarben ihm so große Beliebtheit, daß ihn die Garnisonstädte Znaim und Iglau zum Ehrenbürger ernannten. 1843 wurde er Generalmajor und Brigadier zu Petrinja in der Militärgrenze, wo er mit dem Nationlitätengegensatz zwischen Magyaren und Südslawen in Berührung kam und sich mit dem späteren Banus Jellačić anfreundete. Als dieser im September 1848 gegen die aufständischen Ungarn zu Felde zog, focht K. als Divisionär unter ihm, unter anderem beim Entsatz von Wien. Bei der Einteilung Ungarns in 5 Militärbezirke erhielt K. zunächst Ende 1848 den Preßburger, im Juli 1849 den Ofener Bezirk. Auf Empfehlung Haynaus, dessen übertriebene Strenge gegen die gefangenen Rebellenführer K. zu mildern suchte, wurde er im September 1849 zum Generalinspektor der Gendarmerie ernannt. Von Kaiser Franz Joseph lebhaft gefördert, entwickelte sich die Gendarmerie unter K.s energischer Leitung rasch zu einem militärisch straff organisierten, nahezu allgegenwärtigen Machtapparat, der auf fast 19 000 Mann anwuchs und zuletzt 9 Millionen Gulden jährlich verschlang. Im Juni 1851 wurde K. zugleich Militärgouverneur von Wien, das noch unter Belagerungszustand stand (bis Ende 1855), und im Mai 1852 Chef der Obersten Polizeibehörde. Damit war praktisch der gesamte geheime und öffentliche Sicherheitsdienst in einer Hand konzentriert. K.s Behörde überwachte und lenkte die Presse, bespitzelte die Beamten bis hinauf zu den Ministern und bekämpfte neben den revolutionär eingestellten Demokraten auch den ständestaatlich orientierten „altkonservativen“ Adel. Die antirussische Außenpolitik des Graf Buol und den Konkordatskatholizismus vermochten K., sein Freund Karl Ludwig Graf Grünne und die gleichgesinnte höhere militärische Führung jedoch nicht zu verhindern. Diese Gruppe sah die Undurchführbarkeit des straffen Zentralismus, namentlich in Ungarn, zuletzt selbst ein, doch blieb zum Einlenken keine Zeit mehr. Mit dem Zusammenbruch des verhaßten neoabsolutistischen Systems infolge des unglücklichen Feldzuges von 1859 stürzte auch K. Die Verleihung des Feldzeugmeister-Charakters tröstete ihn kaum; er fühlte sich seitdem ungerecht behandelt. Als perfekter Bürokrat und zunächst überzeugter Zentralist hat K. das gescheiterte Experiment des Neoabsolutismus maßgeblich mitgetragen. Er half damit, ein Prinzip in fast allen Administrationszweigen, besonders in der Armee, strikt durchzusetzen, das als Reaktion auf den Schlendrian der vormärzlichen Behörden zu verstehen ist. Trotz relativ weitgespannten Interessenkreises konnte sich K. von der einseitig militärischen Betrachtungsweise nie frei machen; für Tragweite und Folgen des politischen und sozialen Umbruchs von 1848 fehlte ihm, wie der Mehrzahl seiner Standesgenossen, daher das Verständnis. Seine Tagebücher sind eine wertvolle Quelle für die Zeit von 1848-59.

  • Literatur

    ADB 51;
    Das Tagebuch d. Polizeimin. K. v. F. 1848–59, hrsg. v. J. K. Mayr, 1931;
    dass., Sept. -
    Dez. 1859, hrsg. v. dems., in: Hist. Bll. 4, 1931, S. 77-108;
    F. Neubauer, Die Gendarmerie in Österreich 1849-1924, 1925;
    Wurzbach XI;
    Jos. Karl Mayr, in: NÖB VIII (L);
    ÖBL (L);
    W. Schulte, in: Westfäl. Köpfe, 1963, S. 147 ff. (P, auch f. V Heinr., P). - Eigene Archivstud.

  • Autor/in

    Antonio Schmidt-Brentano
  • Zitierweise

    Schmidt-Brentano, Antonio, "Kempen von Fichtenstamm, Johann Franz Freiherr" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 484-485 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd126717397.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Kempen: K. von Fichtenstamm, Johann Franz Freiherr von, k. k. Feldzeugmeister, Sohn des im J. 1815 geadelten Rittmeisters Heinrich Kempen v. Fichtenstamm, geboren zu Pardubitz in Böhmen am 26. Juni 1793, trat 1803 in die Theresianische Militärakademie, aus welcher er am 5. Mai 1809 als Fähnrich zum Infanterieregiment Graf Bellegarde Nr. 44 ausgemustert wurde. — Am 1. Juli 1809 zum Unterlieutenant befördert, machte er als solcher 1813 den Feldzug in Deutschland mit und wurde wegen tapferen Benehmens bei Dresden öffentlich gelobt. Am 25. October 1813 avancirte er zum Oberlieutenant und wurde am 23. Juli 1815 zum Generalstab transferirt, in welchem er am 20. Februar 1818 zum Hauptmann vorrückte. Noch am 1. December desselben Jahres zum Infanterieregimente Freiherr v. Wimpffen Nr. 13 übersetzt, leistete er von 1824—1830 die Dienste eines Adjutanten bei dem Chef des Generalstabes Feldmarschalllieutenant Freiherrn v. Wimpffen, avancirte 1830 zum Major im Peterwardeiner-Grenz-Infanterie-Regimente Nr. 9 und wurde am 1. Januar 1833 zum Generalcommando-Adjutanten in Niederösterreich ernannt, welchen wichtigen Posten er mit seltenem Geschicke und mannichfachen Erfolgen versah. In dieser Stellung, in welcher er am 18. August 1834 zum Oberstlieutenant avancirte, war er es, der dem so wichtigen leichteren Pionierdienste in den Regimentern Eingang verschaffte. Am 2. März 1836 wurde er zum Obersten befördert und gleichzeitig zum Commandanten des Infanterieregiments Erzherzog Ludwig Nr. 8 ernannt und steigerte die taktische Ausbildung seines Regiments zu einer solchen Höhe, daß dasselbe bald als Musterregiment in der Armee galt. — Nach seiner Beförderung zum Generalmajor am 27. November 1843 erhielt er zuerst eine Brigade in Italien, 1844 aber in der Militärgrenze zu Petrinia, wo er energisch in die Verwaltung eingriff und insbesondere die Cultur der ausgedehnten Staatsforste in seinen Schutz nahm.

    Im J. 1848 commandirte er bei Beginn des ungarischen Feldzuges eine Division im Corps des Banus, machte die Erstürmung der St. Marxer-Linie und das Treffen bei Schwechat mit, wurde am 5. November zum Feldmarschalllieutenant befördert und übernahm das Districtscommando von Preßburg, später aber unter Feldzeugmeister Freiherrn v. Haynau jenes von Ofen und Pest. — Ende 1849 wurde Kempen zur Organisirung der gesammten Landesgendarmerie berufen. Gleichzeitig znm Generalinspector der Gendarmerie ernannt, versah er unter einem die Stelle des Militärgouverneurs von Wien und seit 1. Juni 1852 die Geschäfte des Chefs der obersten Polizeibehörde. — Bei der Gendarmerie bewährte sich das oft dargethane Organisationstalent in derart eminenter Weise, daß innerhalb denkbar geringster Zeit dieses ebenso wichtige als wohlthätige Institut, in allen Theilen gegliedert, seine Wirksamkeit in den Provinzen der Monarchie entfalten konnte. — Seine Majestät der Kaiser lohnte diese ausgezeichneten Verdienste schon 1850 durch die Verleihung der zweiten Inhaberstelle des Infanterieregiments Erzherzog Franz Ferdinand|d'Este Nr. 32, 1851 durch die Verleihung der geheimen Rathswürde, 1852 durch den Orden der eisernen Krone I. Classe, welcher Verleihung statutenmäßig im J. 1854 die Erhebung in den Freiherrnstand folgte, und 1859 durch das Großkreuz des Leopold-Ordens. — K. trat am 21. August 1859 als Feldzeugmeister in den Ruhestand. Aber auch auf anderen Gebieten als auf jenem seines ernsten Berufes begegnen wir dem erfolgreichen Wirken Kempen's. So verdankt die Neustädter Akademie seinen Bemühungen und Anregungen das im J. 1855 hergestellte Kinsky-Denkmal; Znaim und Iglau verdanken ihm die Errichtung humanistischer Wohlthätigkeitsanstalten, zweckmäßiger Bauten, freundlicher Anlagen und schöner Plätze; die Stadt Iglau errichtete ihm selbst ein Denkmal im Stadtparke; viele Stadte wie Wien, Erlau, Debreczin verliehen ihm das Ehrenbürgerrecht.

    Freiherr v. K. war auch ein fleißiger Mitarbeiter der von Schels redigierten Militär-Zeitschrift, und viele darin enthaltenen kriegsgeschichtlichen Artikel stammen aus seiner Feder. — Von fremden Monarchen haben ihn der Kaiser von Rußland mit dem weißen Adler-Orden mit den Schwertern, mit dem St. Annen-Orden I. und dem St. Wladimir-Orden IV. Classe, der König von Preußen mit dem rothen Adler-Orden I. Classe, der Herzog von Modena mit dem Estensischen Adler-Orden ausgezeichnet. Er starb zu Schwarzau bei Wiener Neustadt am 29. November 1863 und ist auf dem Akademiekirchhofe begraben.

    • Literatur

      Acten des k. und k. Kriegs-Archivs. — Svoboda, Theresianische Militär-Akademie. — Oesterreichischer Soldatenfreund 1854.

  • Autor/in

    Sommeregger.
  • Zitierweise

    Sommeregger, "Kempen von Fichtenstamm, Johann Franz Freiherr" in: Allgemeine Deutsche Biographie 51 (1906), S. 110-111 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd126717397.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA