Lebensdaten
1765 – 1848
Geburtsort
Alerheim bei Nördlingen
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Blindenlehrer ; Pädagoge
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 123475139 | OGND | VIAF: 30446046
Namensvarianten
  • Klein, Johann Wilhelm
  • Klein, J. W.
  • Klein, Johann
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Klein, Johann Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd123475139.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Philipp (1730–96), Oberamtspfleger u. Kammerrat;
    M Luise Regina Christine (1736–83), T d. Stefan Schäfer, Kammerrat u. Amtspfleger in A., u. d. Maria Elisabetha N. N.

  • Biographie

    K. bezog 1784 die Hohe Karlsschule, die er 1788 als ausgebildeter Verwaltungsjurist verließ. Seit 1793 als Sekretär beim Oberamt in Alerheim tätig, wurde er von diesem Posten auf eigenes Ansuchen entlassen und ging nach Wien. Hier wurde er 1803 zum kaiserlichen und königlichen Armenbezirksdirektor und zum Mitglied der Hofkommission in Wohltätigkeitsangelegenheiten ernannt. Am 13.5.1804 begann er planmäßigen Unterricht mit einem blinden Schüler. Dieser Tag gilt als die Begründung der institutionalisierten Blindenbildung im deutschen Sprachraum. Sein Versuch fand allgemeine Beachtung und Unterstützung durch die herrschenden Kreise, so daß seine Privatanstalt 1816 in das kaiserliche und königliche Blindenerziehungsinstitut umgewandelt werden konnte. In enger fachlicher Verbindung mit Pestalozzi suchte er dessen Ideen im Blindenunterricht in Form einer „Pädagogik vom blinden Kinde aus“ zu realisieren. Konsequent baute er dieses System in Form einer Volksschule und einer Berufslehranstalt aus, der 1829 auch noch eine Versorgungsanstalt angeschlossen wurde. K. verkörpert den pädagogischen Fortschrittsglauben Pestalozzis in bester Form. Auf dem Gebiete der Methodik leistete er zum Teil Unübertroffenes. Seine Ansicht, daß die Blindheit ein isoliertes körperliches Gebrechen darstelle, führte allerdings zur Ablehnung der um diese Zeit entstandenen und heute allgemein gebräuchlichen Punktschrift nach Braille: Nach seiner Ansicht müsse diese Schrift zu einer nicht erwünschten Trennung zwischen Sehenden und Blinden führen. Seine überragende Stellung innerhalb der gesamten Blindenlehrerschaft führte dazu, daß viele seiner Ansichten später als Pseudodogmen unkritisch übernommen worden sind. Dies betraf etwa die Ablehnung eines eigenen Unterrichts für Sehbehinderte. Die Grundzüge seiner Methodik des Blindenunterrichts gelten aber heute noch uneingeschränkt.|

  • Auszeichnungen

    Kaiserl. Rat (1840).

  • Werke

    u. a. Über Armuth, Abstellung d. Bettelns u. Versorgung d. Armen, 1792;
    Beschreibung e. gelungenen Versuches, blinde Kinder z. bürgert. Brauchbarkeit zu bilden, 1805;
    Über Eigenschaften u. Behandlung d. Blinden, 1808;
    Lehrb. z. Unterricht d. Blinden, 1819. Anleitung z. zweckmäß. Behandlung blinder Kinder v. d. frühesten Jugend an in d. Kreise ihrer Familien u. in d. Schulen ihrer Wohnorte, 1836;
    Gesch. d. Blindenunterrichts u. d. den Blinden gewidmeten Anstalten, 1837;
    Gymnastik f. Blinde, 1847.

  • Literatur

    ADB 16;
    J. Bauer, J. W. K. u. d. hist. Grundlagen d. dt. Blindenbildung, 1926;
    H. Garbe, Grundlinien e. Theorie d. Blindenpäd., 1959;
    A. Kaiser, Die Blindenanstalt in d. Josefstadt, 1960;
    A. Mell, Encyklopäd. Hdb. d. Blindenwesens, 1900, S. 410-15;
    ders., Gesch. d. k. k. Blindenerziehungsinst. in Wien, 1904;
    O. Wanecek, Gesch. d. Blindenpäd., 1969.

  • Porträts

    Lith. v. J. Kriehuber, 1831.

  • Autor/in

    Friedrich Benesch
  • Zitierweise

    Benesch, Friedrich, "Klein, Johann Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 742-743 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123475139.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Klein: Johann Wilhelm K., Humanist und Director einer Erziehungs- und Versorgungsanstalt für Blinde, ist 1765 zu Allerheim (bei Nördlingen) geboren. Nach Vollendung seiner wissenschaftlichen Ausbildung auf dem Gymnasium zu Stuttgart und auf der Karlsschule wurde ihm 1788 die Verwaltung eines Gerichtsamtes in seiner Heimath übertragen, er gab diese Stellung aber in Folge der Schwierigkeiten, welche ihm während der Kriegswirren in seinem Amte entgegentraten und durch welche sein wohlwollendes Gemüth aufs Tiefste verletzt wurde, im J. 1799 auf und siedelte nach Wien über, wo er juristischen und pädagogischen Studien oblag. — Auf eine von ihm über das Armenwesen verfaßte Schrift wurde er daselbst 1803 zum Armenbezirksdirector ernannt, und in diesem Wirkungskreise fand er Gelegenheit, die traurige Lage blinder, ohne Erziehung und Unterricht gebliebener Kinder kennen zu lernen. Mit der von Hauy in der Blindenanstalt zu Paris befolgten Methode des Blindenunterrichts unbekannt, entwarf er sich selbst einen Plan, nach welchem er einige Knaben, die er zu sich genommen hatte, unterrichtete. Vom J. 1808 an wurde er in diesen Humanitätsbestrebungen von der Regierung und von dem Publikum aufs großmüthigste unterstützt, so daß er ein Institut für den Blindenunterricht begründen konnte, welches im J. 1816 als Staatsanstalt erklärt, und zu dessen erstem Director er ernannt wurde. — Im J. 1826 regte er die Errichtung einer Versorgungs- und Beschäftigungsanstalt für erwachsene Blinde an, welche einige Jahre später ins Leben trat, und deren Verwaltung ihm ebenfalls anvertraut wurde. Körperliche Schwäche zwang ihn im J. 1842, in einem Alter von 77 Jahren dieses Amt niederzulegen, die Leitung des Blindenerziehungsinstitutes hat er dagegen bis zu seinem am 12. Mai 1848 erfolgten Tode fortgeführt.

    • Literatur

      Ueber sein Leben und seine Schriften vgl. Wiener Zeitung 1848 Nr. 142. Wurzbach, Biogr. Lexikon des Kaiserth. Oesterreich, XII, 51.

  • Autor/in

    A. Hirsch.
  • Zitierweise

    Hirsch, August, "Klein, Johann Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 16 (1882), S. 97-98 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd123475139.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA