Lebensdaten
1655 – 1734
Geburtsort
Augsburg
Sterbeort
Augsburg
Beruf/Funktion
Augsburger Goldschmied ; Zeichner ; Kupferstecher
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 122941659 | OGND | VIAF: 20576431
Namensvarianten
  • Thelott, Johann Andreas
  • Thelot, Johann Andreas
  • Thelott, Johann Andreas
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Zitierweise

Thelot, Johann Andreas, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122941659.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Hugenottenfam., d. aus Dijon emigrierte u. seit 1585 mit d. Handelsmann Philipp d. Ä. in A. nachweisbar ist;
    V Israel (1616–96), Goldschmied, Silberhändler in A., S d. Israel u. d. Anna Maria Matsberger;
    M Euphrosyna ( 1696), T d. Daniel Frey ( 1632), Goldschmied in A.;
    1) Augsburg 1690 Anna Veronica Mair ( 1705), 2) Augsburg 1705 Barbara Regina (1690-n. 1751, 2] Christian Holeisen, städt. Münzmeister in A.), T d. Franz Andreas Essich (1655–1713), Pastor in A. (s. Augsburger Pfarrerbuch), u. d. Marianna Machtolf (1660–1710);
    8 K aus 1) u. 2) u. a. S Jakob Gottlieb (1708–60), Johann Gottfried (um 1711–75), beide Kupferstecher in A.;
    E Johann Paul (1758–1840), Kupferstecher in A., Ernst Carl Gottlieb (1760–1834), beide aus A., Prof. d. Kupferstecherkunst an d. Kunstak. in Düsseldorf;
    Ur-E Carl Franz Joseph (1793–1830), Kupferstecher, Porträtmaler (s. NND VIII, 1832), Ernst Joseph (1802–33), Bildnismaler.

  • Biographie

    T. begann im Alter von zwölf Jahren eine sechsjährige Goldschmiedelehre, sicherlich bei seinem Vater. Danach folgte eine Gesellen- und Wanderzeit, die weit länger als die üblichen sechs Jahre währte. T.s frühestes bekanntes Werk, ein Relief, ist 1670 datiert und stellt die Dreifaltigkeit dar (London, British Mus.), eine getreue Kopie des Gnadenstuhlreliefs von Paulus van Vianen (1570–1613, Mus. Gotha) nach Albrecht Dürers „Gnadenstuhl in Wolken“. Es trägt ein Beschau- und Meisterzeichen und sein Monogramm „IA“ und dürfte wohl aus der Gesellenzeit in der väterlichen Werkstatt stammen. Das Victoria and Albert Museum in London besitzt ein achteckiges Relief mit dem Triumphzug eines Fürsten, signiert von „J. A. Thelot/Inv. ac. Fec.“, außerdem mit Beschau- und Meistermarke und mit „1684“ versehen. Ein Relief „Majestas et Amor“ (Wien, Kunsthist. Mus.) trägt die Signatur „J. A. Thelot. 1687 Roma“, woraus zu schließen ist, daß Rom eine Station auf seiner Wanderschaft war. In diese Phase gehören auch eine „Kampfszene“ (Augsburg, Städt. Kunstslg.) und ein Deckelpokal mit den Türkenkriegen (Cleveland, Mus. of Art). Charakteristisch für seinen Stil ist eine starke Bewegtheit und kleinteilige Bearbeitung der Silberfläche.| T. hätte als Augsburger Goldschmiedesohn bereits 1679 im Mindestalter von 24 Jahren die Meisterprüfung in Augsburg absolvieren können. Diese fand jedoch erst 1689 statt. Das Meisterstück mit eigens von T. verfaßter Beschreibung (Augsburg, Städt. Kunstslg.), ein singulärer Deckelpokal mit mythologischen Szenen, vollendete T. innerhalb von nur vier Wochen statt der angesetzten vier Monate. Ebenfalls 1689 datiert ist die anspruchsvolle Allegorie „Prodigium der Livia“ (Wien, Kunsthist. Mus.). Nach der Heirat 1690 konnte T. selbst eine Werkstatt eröffnen und ein eigenes Meisterzeichen verwenden.

    T.s Schaffenszeit kann aufgrund der Beschau- und Meisterzeichen auf die Jahre 1670–1732 eingegrenzt werden. Wie sein Vater schuf auch T. Humpen, Pokale, Becher, Kannen und Bucheinbände, entwickelte sich jedoch darüber hinaus zum Spezialisten für figürliche Reliefarbeiten. Insbesondere bei seinen selbständigen bildmäßigen Treibarbeiten zeigt er eine starke Reliefhöhe. Er lötete sogar vollplastische Einzelteile an das Relief, um mehr Tiefenwirkung zu erzielen.

    In seiner Frühzeit orientierte sich T. an der niederl. Kunst des Paulus van Vianen oder an Vorlagen, die durch den Augsburger Stecher Elias Hainzelmann (1640–93) vermittelt wurden. Drei Reliefs von 1705 aus dem Zyklus der vier Elemente haben ihr Vorbild im ital. Hochbarock des Francesco Albani (1578–1660). Als sich um 1700 in Augsburg der Einfluß der franz. Kunst verstärkte, verwendete T. für seine beiden Reliefs „Kreuztragung“ und „Kreuzigung Jesu“ (Kassel, Landesmus.) Vorlagen von Pierre Mignard und Nicolas Poussin. Erwähnenswert ist auch ein Relief mit der „Büßenden Magdalena“ (Augsburg, Städt. Kunstslg.) nach Charles Le Brun. Mit dieser Hinwendung zur franz. Kunst erreichte T. den Höhepunkt seines Schaffens. In seiner Spätzeit seit 1722 wandte er sich dem Genre der Jagdszenen von Johann Elias Ridinger (1698–1767) zu, in denen die Landschaft größeres Gewicht erhielt. Sein spätestes datiertes Relief, eine Jagdszene von 1730 (Augsburg, Städt. Kunstslg.), brilliert durch einen rokokohaft-graziösen Charakter.

    Im Vergleich zu seinen profanen Werken schuf T. nur relativ wenige religiöse, deren Aufträge, seiner Konfession entsprechend, von ev. Seite kamen. Die Silberreliefs mit mythologischen oder historischen Themen waren vorwiegend für eine aristokratische Schicht bestimmt. Als Folge seiner Spezialisierung pflegte T. eine Zusammenarbeit mit verschiedenen Augsburger Goldschmieden.

    Seine getriebenen figürlichen Reliefs unterschiedlicher Größe wurden in den Spiegel von Prunkplatten, auf Kassetten und Prunkmöbeln angebracht. Sieben Uhrenkabinette des Silberkistlers Heinrich Eichler d. Ä. (1637–1719) wurden mit Reliefs von T. geschmückt.

    T. war ein äußerst produktiver Künstler mit virtuoser Meisterschaft. Als einer der berühmtesten Augsburger Goldschmiede fügte er an etwa siebzig seiner Werke selbstbewußt seine Signatur hinzu. Seine Arbeiten, heute weltweit verbreitet, befinden sich u. a. in den Museen von Berlin, Dresden, Frankfurt/M., Kassel, München, Kopenhagen, Krakau, New York, St. Petersburg und Wien.

    T. wurde von seinen Zeitgenossen für seine „schönen Erfindungen“ gerühmt. Dies wird nicht zuletzt in seinem umfangreichen graphischen Œuvre deutlich. Populär wurde seine Kupferstichfolge „Der reisende Cupido“ (1703): Die Blätter illustrieren Verse aus einem Hochzeitsgedicht von Christian Hoffmann v. Hoffmannswaldau (1616–79). Bekannt wurde vor wenigen Jahren, daß diese als Vorlagen für die Augsburger Emailmalerei dienten. Daneben erregte „Der Augsburger Vergil“ (um 1688) mit Illustrationen zur Aeneis das Interesse der Zeitgenossen.

  • Werke

    W H. Praël-Himmer, Der Augsburger Goldschmied J. A. T., 1978 (W-Verz. d. Goldschmiede-Œuvres u. Händescheidung Vater/Sohn).

  • Literatur

    L ADB 37;
    P. v. Stetten, Kunst- Gewerb- u. Handwerks-Gesch. d. Reichs-Stadt Augsburg, 2 Bde., 1779–88;
    M. Rosenberg, Der Goldschmiede Merkzeichen, 3. Aufl., Bd. 1, 1922;
    E. Grünenwald, Reliefdarstellungen auf Augsburger Goldschmiedearbb. v. d. Mitte d. 16. bis z. Mitte d. 18. Jh., Diss. masch. Frankfurt/M. 1945;
    W. L. Hildburgh, Two Silver Reliefs by J. A. T., in: The Burlington Mag. for Connoisseurs 86, 1945, S. 121–25;
    S. Rathke-Köhl, Gesch. d. Augsburger Goldschmiedegewerbes v. Ende d. 17. bis z. Ende d. 18. Jh., 1964;
    Augsburger Barock, hg. v. B. Bushart, Ausst.kat. Augsburg 1968;
    H. Seling, Die Kunst d. Augsburger Goldschmiede 1529–1868, Bd. I-III, Nr. 1593 u. 1846, 1980;
    E. Toepfer, Zwei bisher unbek. Silberreliefs, Zum Werk d. Augsburger Goldschmieds J. A. T. (1655–1734), in: Weltkunst 61, 1991, S. 13–15;
    L. Seelig, Silber u. Gold, Augsburger Goldschmiedekunst f. d. Höfe Europas, hg. v. R. Baumstark u. H. Seling, 2 Bde., Ausst.kat. Nat.mus. München 1994;
    U. Weinhold, Emailmalerei an Augsburger Goldschmiedearbb. v. 1650 bis 1750, 2000;
    Ch. Kowalski, Die Augsburger Prunkkabinette mit Uhr v. Heinrich Eichler d. Ä. (1637–1719) u. seiner Werkstatt, 2011;
    ThB (W-Verz.); U. Wilke, W. Suerbaum u. P. Grau, Der „Augsburger Vergil“ v. J. A. T. (1655–1734), 2013.

  • Autor/in

    Heidi Schnackenburg-Praël
  • Zitierweise

    Schnackenburg-Praël, Heidi, "Thelot, Johann Andreas" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 93-94 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122941659.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Thelot: Johann Andreas Th., berühmter Augsburger Silberschmied „aus einer im 16. Jahrhundert von Frankreich eingewanderten Familie stammend“, nach Buff 1654 geboren und laut Ausweis der Wappentafel der Augsburger Goldschmiede|1734 gestorben. In seiner Thätigkeit als Silberschmied unterscheidet man zwei deutlich von einander zu trennende Richtungen. Einerseits macht er Pocale und Kannen, welche er, wie bei der Zunft üblich, mit einer Figur aus seinem Wappen, einem Anker, stempelt. Andererseits pflegt er die figurale Treibarbeit, und diese hat er in einer ganz besonderen Weise auszubilden verstanden. Ohne über die Elemente hinauszugehen, welche in den Traditionen der Werkstatt lagen, versteht er dieselben in einer Weise zu verwenden, die seinen Arbeiten einen persönlichen Charakter verleihen. Er umgeht die großen Finessen der Treibtechnik, um sie in verblüffender Weise durch frei aufgelöthete Figuren zu ergänzen. Er stuft die Erhebungen der Hintergründe nicht bis zur letzten Consequenz ab, aber er hilft sich in sehr geschickter Weise durch stärkere oder geringere Punzierungen. Er arbeitet ohne Pedanterie auf die Wirkung und weiß in einer Zeit, da man in Frankreich ganze Vermögen in das Silbergewicht der Geräthe steckt, einer alten deutschen Tradition folgend, ein ganzes Büffet mit Platten zu garniren, welche zusammengenommen nicht mehr wiegen, als ein einzelner Weinkühler von Ballin oder Du Tel. Diese decorativen Treibarbeiten, zu welchen noch Kalender, Uhrschilder und dergleichen zu rechnen sind, bezeichnet er meistens mit seinem vollen Namen. Man findet Arbeiten seiner Hand in Dresden und München, bei Fürst Fugger in Augsburg und dem Baron Rothschild in Frankfurt a. M. Ein Stück im kunsthistorischen Museum zu Wien ist laut Inschrift im J. 1687 zu Rom gefertigt. 40 andere beglaubigte Werke sind in meinem Werke: „Der Goldschmiede Merkzeichen“ aufgezählt. Die Arbeiten, welche Paul v. Stetten (Kunstgeschichte der Stadt Augsburg S. 476—477) anführt, haben bisher nicht nachgewiesen werden können, nur der Meisterbecher soll sich noch in Augsburger Privatbesitz befinden.

  • Autor/in

    M. Rosenberg.
  • Zitierweise

    Rosenberg, Marc, "Thelot, Johann Andreas" in: Allgemeine Deutsche Biographie 37 (1894), S. 678-679 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122941659.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA