Lebensdaten
1670 – 1731
Geburtsort
Flensburg
Sterbeort
Königsberg
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe ; Pädagoge
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119100126 | OGND | VIAF: 59886739
Namensvarianten
  • Lysius, Heinrich
  • Lysijus, Heinrichas
  • Lysius, Heinrich J.
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Zitierweise

Lysius, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119100126.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johannes ( 1694), Pastor u. Propst in F., Assessor d. Oberkonsistoriums;
    M Brigitte Lorentz;
    1696 Gertrud Paulsen;
    3 S, 4 T, u. a. Joh. Heinrich (1704–45), Prof. d. Theol., Joh. Christian (1708–40), Prof. d. Rechte, Brigitta ( Christian Langhansen, 1660–1727, Pastor, Dozent f. Philos. u. Mathematik in K., s. ADB 17; Pogg. I).

  • Biographie

    L. begann sein Studium 1687 in Jena, wo er sich vor allem mit der Philosophie von Descartes befaßte. 1688 nahm er in Leipzig bei dem pietistisch eingestellten Johannes Olearius (1639–1713) auch das Studium der Theologie auf, dem er sich fortan widmete. Er wechselte 1690 nach Königsberg, der Hochburg des Aristoteles-Studiums, ging dann 1692 nach Kopenhagen und kehrte 1693 nach Flensburg zurück. Johann Arndts Bücher „Vom wahren Christenthum“ veranlaßten ihn, 1694 sein Studium in Halle fortzusetzen; hier lernte er Ph. J. Spener, A. H. Francke und J. J. Breithaupt kennen. 1695 war er wieder in Flensburg und bemühte sich um eine Anstellung, die ihm aber verweigert wurde. Der Generalsuperintendent für Schleswig, Josua Schwartz, beschuldigte ihn der „chiliastischen Pietisterey“ und ließ sich auch durch ein Gutachten (1695) der Theol. Fakultät der Univ. Kopenhagen („plenum et illimitatum orthodoxiae testimonium“) von seinem Urteil nicht abbringen. L. sah sich gezwungen, als Kaufmann tätig zu werden. 1701 ging er nach Berlin, wo sein jüngerer Bruder Johannes Pastor war. Durch Vermittlung Speners wurde L. noch im selben Jahr in Königsberg Direktor der später „Collegium Fridericianum“ genannten königl. Schule und Prediger. Den theol. Doktorgrad erwarb er 1702 in Halle. An der Univ. Königsberg wurde er gegen den Widerstand der an Aristoteles orientierten Theologen 1709 ao. Professor und 1714 o. Professor (Rektorat 1720, 1724, 1728). 1715 erhielt er das Amt eines Hofpredigers und den Rang eines Konsistorialrats, 1717 wurde er mit der Inspektion der Kirchen und der Reorganisation der Schulen im litauischen Preußen („Retablissement Litauens“, 1722) betraut, durch die die Kluft zwischen den Deutschen bzw. der Geistlichkeit und den Litauern vermindert werden sollte. L.s Maßnahmen scheiterten zunächst an der Nachlässigkeit der Verwaltung und am Widerstand der orthodox ausgebildeten Pfarrer. 1729 wurden wenigstens seine Vorschläge, die Universität nach dem Muster Halles umzugestalten, vom König per Dekret|vollzogen und erst nach seinem Tod 1735 die Reform des gesamten Bildungswesens aufgrund seiner Pläne verordnet. L.s Dissertation wurde von J. Lange im „Antibarbarus orthodoxiae dogmatice hermeneuticus“ (1709/11) empfohlen. Als Dekan der Theol. Fakultät hat L. zahlreiche „Programmata Festivalia, nomine Academiae“ verfaßt. In Streitschriften und Predigten verteidigte er die pietistische Position gegen katholische, orthodoxe und enthusiastische Bestrebungen. In seiner großen Schluß- und Bußpredigt (1709) beim Ausbruch der Pest übte er heftige Kritik an der Universität und ihren Lehrern sowie am Formalismus des herrschenden Aristotelismus. Dem Antitrinitarismus der Sozinianer trat er in einer „Disputatio de Filio DEI unigenito“ (1703) entgegen. In einer „Synopsis Controversiarum, Veritatis, pacisque ac pietatis“ (1712) erfaßte L. die Auseinandersetzungen zwischen den Religionsparteien und die dabei von den Pietisten Spener und Lange gegen den luth.-orthodoxen Samuel Schelwig vertretenen Standpunkte, nachdem dieser bereits 1701 eine „Synopsis Controversiarum pietisticarum“ veröffentlicht hatte. L. war der erste Vertreter eines Pietismus Hallescher Prägung, der den Aristotelismus, der auf die Kontroversen zwischen Orthodoxie und Synkretismus gefolgt war, an der Theol Fakultät der Univ. Königsberg ablöste und dadurch dort eine neue Richtung des geistigen Lebens mitbegründete und durchsetzte.

  • Werke

    Weitere W u. a. Programma de Christo in nobis formando, ex Gal. IV, 19 & 2. Cor. III, 18, 1705;
    Danck- u. Eröfnungs-Predigt, als nach d. Pest, d. Collegii Fridericiani zu Königsberg Kirche u. Schule wieder eröfnet wurden, aus Gen. VIII, 15-22, 1710.

  • Literatur

    ADB 19;
    W. Borrmann, Das Eindringen d. Pietismus in d. ostpreuß. Landeskirche, Diss. Königsberg 1913;
    G. Sommerfeldt, Die Übertragung d. Pietismus v. Halle/S. nach Löbenicht - Königsberg, in: Zs. f. KG 34, S. 106-10, 36, S. 123-53, 37, S. 443-63;
    G. v. Selle, Gesch. d. Albertus - Universität zu Königsberg in Preußen, ²1956;
    Zedler;
    J. Moller, Cimbria literata, 1744, T. 1, S. 374 f;
    RGG³;
    Altpr. Biogr.

  • Autor/in

    Jendris Alwast
  • Zitierweise

    Alwast, Jendris, "Lysius, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 592-593 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119100126.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Lysius: Heinrich L., geb. am 24. October 1670 zu Flensburg, am 16. October 1731 zu Königsberg, ein lutherischer Theolog und Pädagog. Sein Vater Joh. L. war Propst, Assessor des Oberconsistoriums und Pastor zu St. Marien in Flensburg, und war im Stande, seinen Kindern eine gründliche gelehrte Bildung zu verschaffen. Im J. 1687 bezog L. zuerst die Universität Jena, darauf im folgenden Jahre Leipzig. Dort 1689 durch Krankheit am weiteren Studium gehindert, mußte er dann im Hause seines Vaters die Genesung abwarten, bis er im Stande war, im J. 1690 seine Studien in Königsberg fortzusetzen. Hier blieb er bis 1693; nur einmal durch einen längeren Aufenthalt bei seinem Vater unterbrach er die hier zugebrachte Studienzeit. Der Einfluß, den die damaligen Lehrer in Königsberg, v. Sander, Dreier, Pfeiffer, welche der synkretistischen Schule zuneigten, auf ihn ausübten, war nicht nachhaltig. Dagegen ergriff er die andere geistige Bewegung, welche damals in steigendem Maße die Gemüther aller Vorwärtsstrebenden mit sich zog, den Pietismus mit der vollen Entschiedenheit seines tiefen und charaktervollen Gemüths. Schon im elterlichen Hause war ihm von väterlicher wie mütterlicher Seite das Erbtheil lebendiger Frömmigkeit zu Theil geworden, und da sich zu dem widrige Erfahrungen mit einem ihm vorgesetzten, streng orthodoxen Geistlichen gesellten, so war es erklärlich, daß er sich zur Gemeinschaft der im Lande wie in ganz Norddeutschland zerstreuten Pietisten hingezogen fühlte. Eine im J. 1694 unternommene Reise über Berlin nach Halle zur Inauguration der neugestifteten Universität Halle führte ihn in die Bekanntschaft mit den Häuptern der neuen Richtung, Spener, Francke, Breithaupt, ein, und er wurde von diesen als Bundesgenosse und Mitarbeiter anerkannt und für weitere Wirksamkeit ins Auge gefaßt. Diese fand sich nach einigen Jahren. Durch den Tod seiner beiden Eltern 1694 und 1695 ward ihm die Pflicht auferlegt, für seine jüngeren Geschwister Sorge zu tragen. Er ging deshalb nach Flensburg zurück 1695, verheirathete sich daselbst und mußte verschiedene Reisen nach Danzig, Schweden, Norwegen und Dänemark 1695—98 in häuslichen Angelegenheiten unternehmen. Da traf ihn ein Ruf Spener's zur Uebernahme eines Pfarramtes in der Altmark 1701. Schon war er, eingedenk eines Gelübdes seines Vaters, der ihn zum geistlichen Amte bestimmt hatte, zu diesem Zwecke 1701 nach Berlin gegangen, als sich zwar diese Berufung wegen Uneinigkeit der Patrone zerschlug, dagegen ihm auf Empfehlung von Spener ein anderes, viel bedeutenderes Amt angeboten wurde, nämlich das eines außerordentlichen Professors der Theologie in Königsberg. Damit war zugleich die Direction einer vor wenigen Jahren aus privaten Anfängen neu gegründeten königlichen Schule verbunden, die seit der Krönung 1701 den Namen des Collegium Fridericianum erhalten hatte. Gern nahm er diese Berufung an, und nachdem er in Halle unter Breithaupt 1702 den Grad eines Doctors der Theologie erlangt hatte, siedelte er noch in demselben Jahre nach Königsberg über und trat sein schwieriges Doppelamt an. Mehr als 31 Jahre|hat er hier gewirkt und nach Ueberwindung zahlloser Schwierigkeiten und Hindernisse, die ihm die Ungunst der Verhältnisse, der Neid seiner Collegen und die geringe Dotation der neuen Anstalt verursachten, endlich das Ziel erreicht, das Collegium Fridericianum zu einer der besuchtesten und angesehensten höheren Schulen Königsbergs zu erheben. Noch jetzt besteht diese Anstalt in Segen. Obwol ihm als einem Fremdling und Pietisten von Seiten der Geistlichkeit und des Consistoriums nur gehässige Anklagen und stete Opposition entgegen gebracht wurden, so fehlte es ihm doch nicht an treuen Freunden und Förderern seines Werkes. In der Ferne unterstützten ihn A. H. Francke und Spener mit Rath und Zusendung von geeigneten Hülfsarbeitern. Vornehmlich war für ihn von vorzüglichem Werth die treue Mithülfe seines Freundes und Geistesgenossen, des Holzkämmerers Theodor Gehr, eines Anhängers von Spener (der die erste Anregung zu der neuen Schule gegeben hatte). Auch in der Regierung fanden sich einzelne Gönner der neuen Anstalt, und insbesondere war es der König Friedrich I., der diese seinen Namen führende Anstalt nicht fallen ließ, und ihm selbst vielfache Beweise seines Vertrauens schenkte. So gelang es ihm, eine Kirche, verbunden mit der Schule, zu erbauen und hier in dem sonntäglichen Gottesdienste eine zahlreiche, ihm ergebene Gemeinde um sich zu versammeln. Der Einfluß, der hierdurch auf die Stadt Königsberg und weiterhin auf die ganze Provinz ausgeübt wurde, war ein nachhaltiger und bis in die Gegenwart noch fühlbar. Auch seine äußere Stellung wurde nach und nach durch Beförderung zu höheren Aemtern eine gesichertere und ehrenvolle. Im J. 1707 wurde er ordentlicher Professor, 1715 Consistorialrath und dritter Hofprediger an der Schloßkirche, und erhielt er zugleich die Inspection über die Schulen und Kirchen in dem litthauischen District des Königreichs Preußen. Der König Friedrich Wilhelm I., der ihn hatte predigen hören, hat ihm persönlich dies Amt übertragen. Zweimal wählte ihn der Senat zum Rector, zehnmal verwaltete er das Decanat seiner Facultüt. Im J. 1721, als er zum Primarius und Senior der theologischen Facultät avancirt war, wurde er zum Pastor der Stadtkirche und Inspector bei den Schulen im Löbenicht ernannt. Allen diesen Aemtern hat er mit seltener Treue und Ausdauer bis an sein Ende vorgestanden. Seine Feinde waren inzwischen gestorben, seine Freunde und Schüler an ihre Stelle getreten, und trotz vieler Enttäuschungen, die er an seinen eigenen Anhängern erleben mußte, konnte er doch bei seinem Tode mit Befriedigung auf sein reichgesegnetes Tagewerk zurückblicken.

    • Literatur

      Vgl. Acta Borussica III. 1, 3; 1731. Hier seine Biographie. — Arnoldt's Historie der Königsbergischen Universität, II, 1746. —
      Horkel, Der Holzkämmerer Theodor Gehr und die Anfänge des Königl. Friedrichs-Collegiums zu Königsberg. (Königsberg 1855.) — Evangel. Kirchenzeitung 1881, Nr. 34.

  • Autor/in

    Erbkam.
  • Zitierweise

    Erbkam, Wilhelm Heinrich, "Lysius, Heinrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 19 (1884), S. 741-742 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119100126.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA