Lebensdaten
1702 – 1765
Geburtsort
Sachsen
Sterbeort
Knönitz (Mähren)
Beruf/Funktion
österreichischer Staatsmann
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118773437 | OGND | VIAF: 52485440
Namensvarianten
  • Haugwitz, Friedrich Wilhelm von (bis 1733)
  • Haugwitz, Friedrich Wilhelm Graf von
  • Haugwitz, Friedrich Wilhelm von (bis 1733)
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Haugwitz, Friedrich Wilhelm Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118773437.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gg. Karl Gf. (böhm. Gf. 1733, 1674-1745), auf Pannwitz, kursächs. Gen.feldwachtmeister, S d. Tobias Wilh. (1628–91), auf Tschistey usw., Landesältester, u. d. Anna Barbara v. Stößel;
    M Anna Helena (1687–1741), T d. Nik. Heinr. v. Haugwitz (1651–1701), auf Klein-Obisch usw., Landesältester im Hzgt. Liegnitz, u. d. Sophie Elisabeth Freiin v. Zahradek;
    1) 1731 Maria Eleonora Gfn. v. Nostitz ( 1736), 2) 1738 Hedwig Theresia, d. Joh. Wolfgang Gf. v. Frankenberg (1654–1719), kaiserl. GR u. Landeshauptm. zu Glogau;
    1 S aus 1) Otto Karl (1734–61), mähr. Gubernialrat;
    N Christian (s. 2).

  • Biographie

    H. trat um 1725, nachdem er vom evangelischen zum katholischen Glauben übergetreten war, als Beamter der schlesischen Landesverwaltung in den österreichischen Staatsdienst ein und erwarb sich hier, seine Laufbahn auf den untersten Stufen beginnend, gründliche Kenntnisse in den verschiedenen Verwaltungszweigen. Er war erst kurze Zeit durch Betrauung mit der Leitung des schlesischen Kontributionssystems in eine führende Stellung eingerückt, als der Einmarsch König Friedrichs II. und der Verlust des größten Teiles Schlesiens seiner Tätigkeit ein jähes Ende setzte. In Wien fand ihn Maria Theresia, zu der ihm hochadelige Freunde den Weg|eröffneten, trotz seiner keineswegs gewinnenden Erscheinung „nach ihrem Humor“ und sandte ihn 1742 als Präsidenten der zentralen Landesverwaltung nach Restschlesien zurück. Die schwere Aufgabe des Wiederaufbaues der auf einen verhältnismäßig schmalen Streifen Landes zusammengeschrumpften und durch den Krieg hart mitgenommenen Provinz zwang H., an die Lösung des Kernproblemes des staatlichen Lebens dieser Zeit, an die Beseitigung der zwar schon stark eingeschränkten, aber die Entwicklung immer noch hemmenden Machtpositionen der adeligen Landstände, heranzugehen, vor allem, um die schweren Versäumnisse in der Kriegsrüstung und laufenden Heeresversorgung aufzuholen, zumal die in den ersten Jahren der Regierung Maria Theresias unternommenen Reformen gezeigt hatten, daß ein reiner Verwaltungsumbau die Diskrepanz zwischen den Erfordernissen des modernen Machtstaates und der aus der ständestaatlichen Epoche im Wesentlichen unverändert übernommenen Steuerleistung nicht zu beseitigen vermochte. Die von H. Ende 1743 Maria Theresia erstmalig vorgelegten Reformpläne zielten auf die Ausschaltung des ständischen Einflusses auf die „politica et cameralia“, die der ausschließlichen Verfügungsgewalt des Landesfürsten vorbehalten bleiben sollten. Die theoretische Grundlage dafür boten H. die Lehren der deutschen Kameralisten, vornehmlich Wilhelm von Schröders, der alle „Capitulationes und Limitationes“ der fürstlichen Macht bekämpfte. Das praktische Vorbild für den diese Absicht verwirklichenden, die politische und finanzielle Verwaltung in sich vereinigenden Behördentypus – das „Camerale“ sollte selbst „das brachium in Händen haben“, um die finanziellen Bedürfnisse des Staates befriedigen zu können – hatte der Graf in Preußen gefunden. Doch ein Wiedererstarken Österreichs war nur möglich, wenn die vorgesehene Reform auf alle Erbländer erstreckt wurde, und die Erfolge, die H. in Schlesien erreichte und die in einer bedeutenden Steigerung der finanziellen Leistungen dieser Provinz zum Ausdruck kamen, bestimmten Maria Theresia, „das kleine Landel“ zu einem „sichern und guten Model“ für den Umbau des ganzen Reiches zu nehmen. Nachdem H. 1747 noch der Mißwirtschaft der Stände in Krain und Kärnten durch Einrichtung neuer, ihrem Einfluß entzogener Landesstellen ein Ende gesetzt hatte, ging Maria Theresia daran, das von ihm ausgearbeitete, alle Provinzen außer Ungarn, die Niederlande und Italien umfassende „Hauptsystem“ durchzuführen, das neben der Verwaltungsreform auch eine Erhöhung der ständischen Kontribution von rund 9 auf 15 Millionen zur Erhaltung einer Armee von 108 000 Mann vorsah. Natürlich trachteten die Vertreter der adeligen Stände, die ihnen drohende doppelte Gefahr politischer Entmachtung und wirtschaftlicher Schwächung mit allen Mitteln abzuwehren, doch Maria Theresia beharrte in dem dramatisch verlaufenden Kronrat vom 29.1.1748 auf dem von ihr bereits genehmigten System H.. Und die Errichtung des „Directoriums in publicis et cameralibus“, der die politische und die Finanzverwaltung in sich vereinigenden Zentralstelle, brachte nicht nur dank dem Ausschluß des ständischen Einflusses auf die gesamte zentrale Verwaltung der absoluten fürstlichen Gewalt einen entscheidenden Sieg, sondern legte auch die die Länder der böhmischen Krone von den deutschen Erbländern trennende Scheidewand um, indem außer der Hofkammer und der österreichischen auch die böhmische Hofkanzlei in die neue Zentralbehörde eingebaut wurde, und schuf so den „Kernstaat“ Österreich; und vielleicht dokumentiert nichts die große Bedeutung dieser Maßnahme eindrucksvoller als die „Tatsache, daß das staatsrechtliche Programm der Tschechen im 19. Jahrhundert in der Staatsreform von 1749 den eigentlichen Bruch mit ihrer Eigenstaatlichkeit erblickte“ (O. Brunner, in: HZ 154, 1936, S. 358). Allerdings war H. nicht ein ebenso großer Administrator wie Organisator, und dieser Umstand und die schwere Überlastung des „Directoriums“ im Siebenjährigen Krieg führten dann, da Kaunitz, wenngleich völlig zu Unrecht, die Verwaltung mit der Schuld an den Mißerfolgen im Kampf gegen Preußen belastete, zur Auflösung des „Directoriums“ und zum Sturz H., der als Staatsminister in den 1760 gegründeten Staatsrat abgeschoben und damit kaltgestellt wurde. Die politischen Auswirkungen der Staatsreform von 1749 – die Ausschaltung der Stände und die Beseitigung der staatsrechtlichen Sonderstellung der Länder der Wenzelskrone – wurden jedoch von dieser rein administrativen Veränderung nicht berührt, und daß Maria Theresia sich ihrem großen Minister stets dankbar verpflichtet fühlte, bezeugt ihr nach Eintreffen der Todesnachricht an die Witwe H. gerichteter Brief, in dem sie betont, daß „er allein den staatt 1747 aus der confusion in eine Ordnung gebracht habe“ und daß sie „einen solchen wahren eyffrigen freünd“ kaum mehr finden werde.

  • Literatur

    ADB XI;
    F. Walter, Die Gesch. d. österr. Zentralverwaltung in d. Zeit Maria Theresias, 1938;
    Wurzbach VIII.

  • Porträts

    Gem. v. M. Millitz, 1763, Abb. b. F. Walter, 1951.

  • Autor/in

    Friedrich Walter
  • Zitierweise

    Walter, Friedrich, "Haugwitz, Friedrich Wilhelm Graf von" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 95-96 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118773437.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Haugwitz: Friedrich Wilhelm Graf v. H., wurde um das J. 1700 geboren als ältester Sohn des sächsischen Generals Georg Karl Freiherrn (seit 1733 Grafen) von H., aus dessen Ehe mit seiner Nichte Anna Helena von H. — Er trat schon in seiner Jugend zum Katholicismus über. Seit dem Jahre 1725 in österreichischem Staatsdienste, zeichnete er sich als Beisitzer (— seit 1736 —) des Breslauer Amtes und nachher als Oberamtsrath von Schlesien vor seinen Genossen dadurch aus, daß er selbst arbeitete und nicht wie Andere nur die Arbeiten eines Secretärs mit seinem Namen versah. Bald wurde er bei jedem wichtigen Geschäfte in der Provinz zu Rathe gezogen und endlich mit der Leitung des neuen Contributionssystems betraut, das noch Karl VI. in Schlesien einführen wollte. Der Sache Oesterreichs blieb H. auch dann noch treu, als Schlesien von den Preußen besetzt wurde. Arm an Geld und Hoffnungen ging er nach Wien. Dort lebte er anfangs in sehr gedrückten Verhältnissen, bis Maria Theresia durch ihren Gemahl und durch den Grafen Tarouca auf ihn aufmerksam gemacht, ihn aus seiner Verborgenheit emporhob, und nach dem Frieden von Breslau und Berlin — 1742 — zum Präsidenten des ihr gebliebenen Theiles von Schlesien ernannte. Rasch gelangte er in den Ruf eines bedeutenden finanziellen und organisatorischen Talentes und wurde am 18. Jan. 1743 in Anerkennung seiner „durch 18 Jahre lang mit unwandelbarer Integrität, treuem Eifer und ungemeiner Activität gleichmäßig geleisteten Dienste“ mit der geheimen Rathswürde bekleidet. Schon im Hochsommer des vorhergegangenen Jahres — kurz nach dem Abschlusse der Breslauer Friedenspräliminarien — hatte H. behauptet: König Friedrich werde sich, wenn man ihm drei oder vier Jahre Zeit und Ruhe lasse, mit der Eroberung Schlesiens nicht begnügen, sondern sich auch Böhmens zu bemächtigen suchen. Der zwei Jahre später wirklich erfolgte Einbruch Friedrichs in Böhmen gab den Vorhersagungen des Grafen Recht und trug nicht wenig dazu bei, der Kaiserin auch großes Vertrauen in seine politische Voraussicht einzuflößen. Er fand daher auch mit seinen wiederholten Vorstellungen, wie dringend nöthig es sei für Erhöhung der Wehrkraft des Reiches bei Zeiten vorzusorgen, wenn nicht in kürzester Zeit Böhmen und Mähren das Schicksal Schlesiens unrettbar theilen sollten, geneigtes Gehör bei Maria Theresia, welche ihn endlich beauftragte, einen Plan auszuarbeiten, dessen Verwirklichung die Unterhaltung einer Heeresmacht von 108000 Mann ermögliche. H. entledigte sich dieser Aufgabe in kürzester Zeit und in einer Weise, die ihm stets einen ehrenvollen Namen in der österreichischen Verwaltungsgeschichte sichert. Er ging hiebei von der Ueberzeugung aus, Schlesien sei nur darum verloren gegangen, weil sich nicht genug Truppen im Lande befunden hätten,|während die übrigen Streitkräfte in die am weitesten entfernten Gegenden Ungarns verlegt gewesen wären, und es monatelanger Märsche bedurft hätte, um sie von dort auf den Kriegsschauplatz zu ziehen. Die Ursache davon sei der kurzsichtige Egoismus der böhmischen Stände gewesen, die ohne Rücksicht auf das Staatsganze, nur um ihrem Lande die Militärlasten zu erleichtern, nicht die Summen bewilligen wollten, welche zur Erhaltung einer genügenden Heeresmacht in ihrem — doch zunächst und zumeist bedrohten — Lande erforderlich gewesen wären. Der Wiederholung solcher Uebelstände vorzubeugen, sei es nothwendig, alle Verfügungen, welche auf das Militärwesen sich bezögen, aus den Händen der Landstände zu nehmen und in die des Staates zu legen. Der zur Unterhaltung von 108000 Mann erforderliche Betrag von jährlichen 14 Millionen sollte aus den österreichischen Ländern — ausgenommen Lombardei und Niederlande — aufgebracht werden. An die Stelle der jährlichen Bewilligungen von Truppen und Geld durch die Stände sollte ein Vertrag treten, demzufolge diese sich auf 10 Jahre verpflichteten, den Betrag von 14 Millionen zu bezahlen. Zwar sei diese Summe um 5 Millionen höher als die bisher jährlich von den Ständen regelmäßig bewilligte. Dafür sollten sie aber — mit alleiniger Ausnahme der Einquartierung — aller anderer Leistungen (Rationen, Fourage, Pferdelieferungen etc.) für die Truppen enthoben sein. Die Steuerlast sollte namentlich dadurch gleichmäßiger vertheilt werden, daß auch die Gutsherren zur Theilnahme an der Steuerzahlung herangezogen und überhaupt alle Steuerbefreiungen des Adels, der Geistlichkeit und einzelner Städte aufgehoben würden. Diese Vorschläge Haugwitz's stimmten in wesentlichen Punkten mit den eigenen Anschauungen Maria Theresia's überein und fanden ihren und ihres Gemahls ungetheilten Beifall. Mit alleinigem Vorwissen Bartensteins genehmigte die Kaiserin alsbald den Haugwitz’schen Entwurf, ehe er noch den Ministern zur Berathung vorgelegt wurde. Im Schoße des Ministeriums ward allerdings mancher Widerspruch laut, mancher Einwand dagegen erhoben. Da aber keiner der Minister bessere Wege zu weisen vermochte um die Absichten der Kaiserin durchzuführen, wurde der Haugwitz’sche Entwurf endlich angenommen. Nun galt es aber die Stände zur Eingehung des vorgeschlagenen Vertrages zu bewegen. Die Grafen Harrach und Kinsky waren die Häupter der dem „neuen System“ Widerstrebenden. Sehr schwierig zeigten sich namentlich die Stände von Böhmen und Mähren. Im Auftrage der Kaiserin begab sich H. selbst in diese zwei Provinzen, und es gelang ihm in der That zunächst in Mähren, dann auch in Böhmen, die Stände zum Abschlusse des zehnjährigen Rezesses zu bewegen. Gleichzeitig wußte er auch die Kaiserin zu milderem Verfahren gegen die Juden in Böhmen und Mähren zu bewegen. Den meisten Widerstand fanden die Haugwitz’schen Pläne aber bei den Ständen Niederösterreichs, an deren Spitze die beiden Brüder Harrach standen. Erst nach dem Rücktritte des Grafen Friedrich Harrach brachte H. — zum landesfürstlichen Kommissär bei den Ständen ernannt — den zehnjährigen Receß auch mit dem Lande Niederösterreich zu Stande. Hand in Hand mit dieser Ordnung der directen Besteuerung gingen andere große Reformen in der inneren Verwaltung, deren Durchführung nach seinem von der Kaiserin genehmigten Plane H. als Chef der Hofdeputation zur Organisirung der Central-Hofstellen leitete. Die Justiz wurde von der Verwaltung getrennt und eine „Oberste Justizstelle“ geschaffen. Es wurden selbständige vom landständischen Regimente unabhängige Landesregierungen und zur einheitlichen Leitung der gesammten politischen und finanziellen Verwaltung der deutschslavischen Erbländer das „Directorium in politicis et cameralibus“ geschaffen. H. selbst wurde an die Spitze dieses Directoriums gestellt, da er — wie Maria Theresia erklärte — das neue Werk mit eben so viel Unerschrockenheit begonnen, als durchgeführt habe, ohne sich an dem Hasse zu stoßen, den er sich dadurch allgemein zugezogen. Die Kaiserin war von der Vortrefflichkeit dieser großen in den Jahren 1748 und 1749 durchgeführten Reformen völlig überzeugt. Sie empfahl das „neue System“ in einer Denkschrift eigens ihren Nachfolgern und legte ihnen an das Herz, diese Einrichtungen nicht zu verändern, sondern sie „wie einen Augapfel“ sorgsam zu bewahren. — Mochten auch diesem ersten Versuche einer einheitlichen Leitung des österreichischen Staates manche Mängel anhaften und namentlich die dem Directorium aufgebürdete Last der Geschäfte zu groß erscheinen, so waren doch die centralisirenden Bestrebungen des Grafen H. nützlich und segensreich für Oesterreich. Es wurden nicht nur die Einkünfte vermehrt, sondern auch die Ausgaben verringert, das Schuldenwesen des Staates geordnet, die Schuldentilgung angebahnt. Das Heer wurde verstärkt und regelmäßig besoldet und verpflegt. — Am 8. Juni 1750 nahmen die niederösterreichischen Stände den Grafen aus eigenem Antriebe in die alten Herrenstandsgeschlechter auf. Mit Lehensbrief vom 10. August 1754 erlangte H. für sich und seine Mannssprossen das Erbland-Thürhüteramt in Niederösterreich und wurde am 29. November 1759 von dem Kaiser durch Verleihung des goldenen Vließes ausgezeichnet. Am 30. Decbr. 1760 wurde H. seines bisher bekleideten Postens als oberster Kanzler enthoben und als Staatsminister in inländischen Geschäften in den neu errichteten Staatsrath berufen. Mit den inneren Verhältnissen der österreichischen Monarchie innig vertraut, brachte er seinen Einfluß in den Berathungen über die Reform der obersten Staatsverwaltung, welche im J. 1761 im Staatsrathe stattfanden, zu maßgebender Geltung. An denselben centralisirenden Grundsätzen, von denen er in seinem in den Jahren 1748—1749 ausgearbeiteten „neuen System“ sich leiten gelassen hatte, — die Staatsgewalt zu stärken und alle Theile des weiten Reiches nach möglichst gleichen Principien zu regieren — hielt er auch jetzt noch unverrückt fest. Mit aller Entschiedenheit trat er für Beibehaltung der von ihm eingeführten Trennung der Justiz von der Verwaltung ein. Mit der Errichtung eines unabhängigen obersten Rechnungshofes — einer Hofrechenkammer — zur Prüfung der Geldgebahrung aller Verwaltungszweige war H. allerdings einverstanden. Die vorgeschlagene Sonderung der politischen von der finanziellen Verwaltung aber bekämpfte er und nahm sich der Vereinigung der ganzen Verwaltung der deutschslavischen Länder in der Hand Einer Behörde, des Directoriums in politicis et cameralibus, — das ja den Schlußstein, die Krönung seines Systems von 1749 bedeutete — warm und erfolgreich an. In einigen dem staatsräthlichen Protocolle vom 2. Mai 1763 eigenhändig beigefügten Zeilen sprach Maria Theresia ihre Befriedigung aus, daß „nach so vielen Ausstellungen und Contradictionen doch nach reifer Ueberlegung für das Beste erkannt wurde, was durch den Eifer, die Einsicht und Activität des Grafen H. allein vor 15 Jahren geschehen; welches auch noch in übrigen Sachen wird gefunden werden.“ — H. starb im September 1765. Maria Theresia bezeugt in mehreren Briefen, wie schmerzlich sie den Verlust dieses „redlichen und getreuen Ministers“ empfinde, der „durch die besondere Vorsehung Gottes und zum Heile dieser Länder“ ihr bekannt geworden, „aus Treue und Eifer für mich Alles in Schlesien verlassen und hier üble Zeiten mit mir ausgestanden hat." Sie schildert ihn als einen Mann, der „ehrlich, ohne Nebenabsicht, ohne Voreingenommenheit, ohne Ehrgeiz und Anhang“ war, der „das Gute, weil er es als gut erkannte“ unterstützte, der die größte Uneigennützigkeit mit unerschütterlicher Anhänglichkeit an seinen Landesfürsten, die umfassendste Begabung mit Freude und Fleiß zur Arbeit verband, der das Licht nicht scheut und noch weniger sich fürchtet vor dem ungerechten Hasse derjenigen, welche durch ihn ihre Privatinteressen gefährdet|glauben. Er allein habe 1747 den Staat „aus Confusion in Ordnung gebracht." Seinem unausgesetzten Diensteifer seien alle Verbesserungen zu danken, die in der obersten Staatsverwaltung und in den einzelnen Provinzen eingeführt worden. Sie habe einen „großen Minister und wahren Freund“ an ihm verloren, wie sie wol keinen mehr finden werde, „indem er mir meine Fehler mit aller Klarheit öfter vorgestellt“ und vieles Schädliche verhindert habe. Gewiß das schönste Denkmal, das die große Kaiserin ihrem um den Staat und das Herrscherhaus so hochverdienten Staatsminister setzen konnte, gleich ehrend für Beide! — Die äußere Erscheinung des Grafen H. war nicht einnehmend, deutete jedoch auf die stete rastlose Arbeit seiner Geisteskräfte. — Seine erste Gemahlin (vermählt 1731) Maria Eleonora, geborene Gräfin von Nostitz, war am 27. Octbr. 1736 kinderlos gestorben. Seiner zweiten Ehe mit Hedwig Therese geb. Gräfin von Frankenberg (vermählt am 7. Jan. 1738) war ein Sohn — Otto Karl — entsprossen, der zwar vermählt aber kinderlos am 30. Mai 1761 als Gubernialrath in Mähren starb. — Die nach dem Tode seines Vaters ihm angefallene Erbschaft in Preußisch-Schlesien hatte H., den die preußischen Behörden mit vieler Härte behandelten, veräußern müssen. Am 30. Juni 1752 kaufte er die Grafschaft Namiest sammt dem Gute Knönitz in Mähren und stiftete hier ein zweites Fideicommiß (eines bestand zu Krappitz). — Dieses gelangte durch Haugwitz's Testament an seine Nichte, die Gräfin von Frankenberg und deren Gemahl, den Generalmajor Karl Wilhelm von H.

    • Literatur

      Nach Acten des kaiserl. und königl. Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien. — Ferner wurde benützt Ranke (Leop.), Histor.-politische Zeitschrift, Bd. 2. (Berlin 1833—1836). —
      Wurzbach, Biogr. Lex., Theil 8, S. 65 bis 69 (und die dort angegebene Litteratur). —
      v. Hock, Der österreichische Staatsrath (Wien 1868). — v. Arneth (Alfred), Geschichte Maria Theresia's, 10 Bde. (Wien 1863—1879). Bd. 4. 5. 6. 7. und 9.

  • Autor/in

    Felgel.
  • Zitierweise

    Felgel, Anton Victor, "Haugwitz, Friedrich Wilhelm Graf von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 66-69 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118773437.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA