Lebensdaten
um 1545 oder 1556 – 1626
Geburtsort
Den Haag
Sterbeort
Prag
Beruf/Funktion
Bildhauer
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118770454 | OGND | VIAF: 285928785
Namensvarianten
  • Fries, Adrian
  • Vries, Adrian de
  • Adriano de Fries
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Zitierweise

Vries, Adriaen de, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118770454.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Pieter Willemsz ( 1594, ev.), Apotheker, Hausbes., 1565–76 Ratsherr, 1571–72 u. 1576–77 Alderman in D. H. ;
    M Margrietje Snouck, T e. Anwalts am holländ. Ger.hof;
    3 B Willem ( v. 1594), Dirk ( v. 1594), Cornelis ( 1635 / 41), Schuhmacher, 4 Schw Florentina Pieters ( Symon Adriaensz Rottermont, 1547–1614, Goldschmied in D. H.), Soetgen ( 1632, Arent de Paep), Aechgen ( v. 1594, Adriaen Snouck, aus Delft), Beatrix ( v. 1635, Jan van Cats, Förster auf d. Grafelikheid in D. H.).

  • Biographie

    V.s Geburtsdatum ist strittig, laut einer Medaillenaufschrift ist er vor 1545, nach anderer Quelle gut zehn Jahre später, als Sohn eines Apothekers in Den Haag, geboren. Die erste Lehre könnte er bei seinem Schwager, dem Goldschmied Symon Adriaensz Rottermont absolviert haben.

    Vor 1581 reiste V., wie zahlreiche Künstler seiner Heimat, nach Italien. Im März 1581 ist er als „orefice“ im Dienst Giambolognas in| Florenz bezeugt und goß zwei Kruzifixe in Silber. 1585 ließ er in der Gießerei von Domenico Portigiani bei San Marco, die auch für Giambologna arbeitete, „un gruppo di figurine“ gießen; hier erlernte er vermutlich die Grundlagen des figürlichen Bronzegusses, den er später perfekt beherrschte.

    Im Frühjahr 1586 wurde V. von Kg. Philipp II. von Spanien (1527–98) als Mitarbeiter Pompeo Leonis nach Mailand berufen. 1586 / 87 hatte er großen Anteil an drei kolossalen vergoldeten Apostelstatuen für den Hochaltar des Escorial. Dies muß die Aufmerksamkeit von Philipps Schwiegersohn Carlo Emanuele I., Hzg. von Savoyen, auf sich gezogen haben. Im März 1588 wurde V. savoy. Hofbildhauer (Planung eines Reiterdenkmals?), doch fehlen aus der kurzen Turiner Epoche genauere Nachrichten.

    Im Juni 1589 reiste V. auf Veranlassung Ks. Rudolfs II. (1552–1612) von Turin nach Prag, wo der Kaiser ihn, entgegen Abmachungen mit Carlo Emanuele, mehrere Jahre festhielt.

    Aus dieser Zeit sind zwei überlebensgroße Bronzegruppen erhalten, die in ihrer gewagten Balance und elegant-glatten Körperlichkeit sichtlich mit Giambologna wetteifern: „Merkur und Psyche“ (1593, Paris, Louvre) und „Psyche, von Putti in den Himmel getragen“ (um 1590 / 92, Stockholm, Nat.mus). Ihr ursprünglicher Aufstellungsort im Hradschin ist unbekannt. Kupferstiche von Jan Muller überliefern weitere Kompositionen dieser Zeit; vermutlich alle, wie der „Raub der Sabinerin“, Wachsmodelle. Der Aufenthalt in Prag endete spätestens 1594, als V. in familiären Angelegenheiten nach Den Haag reiste.

    1595 hielt sich V. in Rom auf, von wo er 1596 nach Augsburg aufbrach, um im Auftrag der Stadt zwei monumentale Brunnen herzustellen, den Merkur- (1596–99) und den Herkulesbrunnen (1597–1602, die Originalskulpturen jeweils im Maximilianmus. Augsburg). Merkur, dem Amor die Sandalen abnimmt, variiert die Merkurbronzen von Giambologna; der Herkulesbrunnen folgt im vielfigurigen Aufbau ital. Vorbildern, wie sie z. B. Tommaso Laureti für Bologna entworfen hatte. Beide zählen zu den frühesten öffentlichen Brunnenanlagen dieser Art nördlich der Alpen; in ihrer klassischen Ausgewogenheit scheinen sie ebenso den in Rom gesehenen Antiken angenähert wie der Malerei z. B. eines Correggio.

    Seit 1601 erscheint V. in den ksl. Hofakten als Kammerbildhauer; er blieb auch nach Rudolfs II. Tod 1612 in Prag. Rudolf war, im Unterschied zu den Medici oder den Wittelsbachern in München, nicht interessiert an Großbronzen im Außenbereich oder in Gärten. So schuf V. für die Kunstkammer Kleinbronzen und mittlere Formate wie die Gruppe „Herkules, Nessus und Deianira“ oder „Imperium triumphiert über Avaritia“. Repräsentation und Propaganda diente ein Portrait des Kaisers (1609, London, Victoria and Albert Mus.) – zwischen zwei Reliefs, „Allegorie der siegreichen Türkenkriege“ (nach 1603 / 04, vor 1607, Wien, Kunsthist. Mus.) und „Rudolf II. als Patron der Künste in Böhmen“ (1609, Slg. d. Kgn. v. England); ebenso die große Büste des Kaisers (1603, Wien, Kunsthist. Mus.), die dem Vorbild derjenigen von Leone Leoni folgt. Ein Relief wie die „Schmiede des Vulkan“ (1611, München, Bayer. Nat.mus.) könnte hingegen einen Kamin des Hradschin dekoriert haben. Für dessen Neuen Saal schuf V. bis 1611 zehn Statuen in Hartstuck. Der Stukkateur Giovanni Battista Quadri hatte Figuren meist erotischer Stimmung von ihm in Stuck abzuformen, teils farbig. Auch das Modell eines großen Stuckreliefs, „Anbetung der Könige“ (1615, Prag, Burggal.), aus der Sommerresidenz Schloß Brandeis in Böhmen (Brandýs nad Labem) geht im Modell auf V. zurück.

    Auch hohe Hofbeamte und Adlige erteilten Aufträge für Bronzestatuen oder ganze Ensembles. Für Karl v. Liechtenstein schuf V. zwei eindrucksvolle geistliche Sujets, „Christus im Elend“ (1607) und „Hl. Sebastian“ (um 1615, beide Wien, Slgg. d. Fürsten v. Liechtenstein), für Adam von Hannawald „Christus an der Geißelsäule“ (1604, Warschau, Nat.mus.). Albrecht v. Waldstein/ Wallenstein erhielt für seinen Prager Palastgarten eine Serie Großbronzen mit meist antiken mythologischen Themen und einen Brunnen (1623–26). Sie wurden, wie Bronzen aus dem Hradschin, 1648 von schwed. Truppen geraubt; eine Psychegruppe (1593, s. o.) gelangte in den Louvre, die andere (um 1590 / 92, s. o.) sowie die Waldsteinbronzen (Drottningholm, Mus. De Vries) blieben in Schweden. Nach dem Tod Ks. Rudolfs erhielt V. auch Aufträge von auswärtigen Fürsten. Für Kg. Christian IV. von Dänemark entstand 1615–17 ein Brunnen mit 16 Bronzen für Schloß Frederiksborg; er wurde 1659 nach Schweden entführt (Drottningholm, Mus. De Vries). Gf. Ernst v. Schaumburg-Holstein bestellte ein Taufbecken für die Stadtkirche Bückeburg (1615) und die Bronzegruppe des auferstehenden Christus mit Grabwächtern (1618–22) für sein Mausoleum im nahen Stadthagen nach Entwurf des sächs. Hofarchitekten Giovanni Maria Nosseni (1544–|1620). Für die Schaumburger Residenz folgten 1621 zwei große Gruppen, „Venus und Adonis“ und eine „Raubgruppe“ (beide Berlin, Skulpturenslg.). Zwei Spätwerke, „Merkur mit Amor“ (um 1620 / 26) in Schloß Karlskrone (Karlova Koruna, Böhmen) und ein zum Atlas ergänzter Bacchus (1626, Rijksmus. Amsterdam), wurden erst in jüngster Zeit entdeckt. Die neuere Zuschreibung eines Bacchus mit Silensmaske muß dagegen abgelehnt werden.

    Das weite Spektrum der stilistischen Entwicklung innerhalb V.s Lebenswerk verlief von anatomisch präzisen, klassischen Figuren zu einer immer skizzenhafteren und expressiveren Modellierung, deren Konturen und Anatomien sich im Spätwerk aufzulösen scheinen. Diese seit den 1610er Jahren sich verstärkende Tendenz hat sicher nichts zu tun mit frühbarocken Entwicklungen andernorts, sondern verlief individuell. Zumindest teilweise ist ihre Bandbreite mit verschiedenen Vorbildern zu erklären. V. konnte sich für den Escorial Leonis Stil anpassen, um 1590 kopierte er Giambolognas scheinbar schwerelose Inventionen; in Augsburg hat er, von seinem röm. Aufenthalt inspiriert, eine klassische Formensprache gepflegt. Seit dem Umzug nach Prag macht sich der Einfluß des „rudolfinischen“ Stils der Malerei von Bartholomäus Spranger (1546–1611) oder Hans von Aachen (1552–1615) bemerkbar, den er offenbar in Skulptur umzusetzen versuchte, ohne daß daraus auf eine Konkurrenz Bildhauer-Maler zu schließen wäre. Für seine spätesten, Detailgenauigkeit und Proportion verlierenden Werke bleibt umstritten, ob diese Skizzenhaftigkeit tatsächlich noch gewollt war.

    Technische Untersuchungen haben gezeigt, daß V. seine Figuren meistens direkt aufbaute. Die Legierung seiner Güsse blieb über die Jahrzehnte gleichartig, er muß auf den Gußvorgang selbst Einfluß genommen haben. Fast alle Details seiner oft im Millimeterbereich kleinteilig gestalteten Oberflächen – Haare, Pflanzen, Schuppenpanzer – sind schon im Wachs eingetragen; daraus wie aus der oft improvisiert wirkenden Modellierung ist zu schließen, daß V. die Wachsform stets selbst gestaltete. Modelle oder Bozzetti aus Wachs müssen existiert haben, sind aber nicht erhalten. Die Zuschreibung einiger Zeichnungen, nur z. T. Skulpturenentwürfe, geht stilistisch von einem signierten Stammbuchblatt (Dresden, Staatl. Kunstslgg., Kupferstichkabinett) aus. V. hat seine Bronzen häufig signiert, auch datiert, „Adrianus Fries Hagiensis Batavus“ oder ähnlich; die niederl. Herkunft hatte unter den Bildhauern der Giambologna-Generation einen guten Klang.

    Von der Größe der Werkstatt hat man wenig Kenntnis; zweifellos gab es Gehilfen, in Augsburg sind Goldschmiede für die Kaltarbeit dokumentiert, und kurz vor seinem Tod bestimmte V., daß seine Mitarbeiter in seinem Haus angefangene Bronzen beenden durften. Den Guß selbst besorgten professionelle Gießer wie Wolfgang Neidhart (1575–1632) in Augsburg oder Martin III. Hilliger (1565–1620) in Prag.

  • Werke

    Weitere W u. a. Großbronzen: Portraitbüste Kf. Christians II. v. Sachsen, 1603 (Dresden, Skulpturenslgg.);
    Kl. Portraitbüste Ks. Rudolfs II., 1607 (Wien, Schatzkammer);
    Herkules, 1626 / 27 (Prag, Nat.gal./ Národní Gal. v Praze);
    Kleinbronzen u. mittlere Formate: Brunnenjüngling f. einen d. Augsburger Wassertürme, 1601 (Augsburg, Maximilianmus.);
    Apollo, um 1595 / 1600 (New York, Metropolitan Mus.);
    Herkules, Nessus u. Deianira, um 1603 / 05 (Paris, Louvre);
    Theseus u. Antiope, um 1610 (Slg. d. Kgn. v. England);
    Kain u. Abel, 1612 (Univ. Edinburgh);
    Fliegender Merkur (Benediktinerstift Lambach, Oberösterr.);
    Reiterstatuette Hzg. Heinrich Julius v. Braunschweig-Lüneburg, um 1610 (Braunschweig, Hzg. Anton Ulrich-Mus.);
    Imperium triumphans, 1610 (Washington, Nat. Gallery);
    Christus an d. Geißelsäule, um 1613 (Wien, Kunsthist. Mus.);
    Der Farnesische Stier, freie Kopie n. d. Antike, 1614 (Gotha, Schloßmus.);
    Tanzender Faun, freie Kopie n. d. Antike, um 1610 / 20 (Los Angeles, J. Paul Getty Mus.);
    Schreitendes Pferd, 1607 (Drottningholm, Mus. De Vries);
    Steigendes Pferd, wohl v. 1607 (Los Angeles, J. Paul Getty Mus.);
    Reliefs: Bacchus findet d. schlafende Ariadne (Amsterdam, Rijksmus.);
    Martertod d. hl. Vinzenz, 1614 (Breslau, Dom);
    Stuckrelief: Neuzuschreibung: Anbetung d. Hirten, um 1600 (?) (Fiesole, Museo Bandini).

  • Literatur

    |ADB 40;
    A. Ilg, Adrian de Fries, in: Jb. d. kunsthist. Slgg. d. Allerhöchsten Ks.hauses 1, 1883, S. 118–48;
    C. Buchwald, A. d. V., 1898;
    E. v. Strohmer, Bemm. zu d. Werken d. A. d. V., Nationalmusei Årsbok 1947 / 48, Nr. 62, S. 93–138;
    L. O. Larsson, A. d. V., Adrianus Fries Hagiensis Batavus 1545–1626, 1967;
    Prag um 1600, Kunst u. Kultur am Hofe Rudolfs II., 2 Bde., Ausst.kat. Wien 1988;
    European Bronzes 1450–1700, Swedish Nat. Art Museums, hg. v. L. O. Larsson, 1992;
    F. Scholten, A. d. V. 1556–1626, Imperial Sculptor, Ausst.kat. Amsterdam, Stockholm, Los Angeles 1998;
    R. Mulcahy, A. d. V. in the workshop of Pompeo Leoni, ebd., S. 46–51;
    A. d. V. 1556–1626. Augsburgs Glanz – Europas Ruhm, Ausst.kat. hg. v. Ch. Emmendörffer u. B. R. Kommer, 2000;
    D. Diemer, A. d. V., Neue Forschungen u. e. bed. Ausst., aus Anlaß d. Ausst. A. d. V. (1556–1626) (…), in: Kunstchronik 52, 1999, S. 242–59;
    E. Fuč íková, A. d. V., Prague and the Waldstein Palace, in: Art Bull. of Nat.mus. Stockholm 12, 2005 (2006), S. 81–90;
    Neue Btrr. zu A. d. V., Vortrr. d. A.-de-V.-Symposiums v. 16. bis 18. April 2008 (…), red. v. S. Adelmann u. D. Diemer, 2008;
    J. Bassett, The Craftsman Revealed, A. d. V., Sculptor in Bronze, 2008;
    S. Michalski, Zur Ikonologie d. Waldsteingartens in Prag, Der neu entdeckte Atlas d. A. d. V., in: Libellus amicorum, FS Beket Bukovinska, hg. v. L. Koneč ný u. L. Slavíč ek, 2013, S. 248–69;
    Bella Figura, Europ. Bronzekunst um 1600, Ausst.kat. München 2015;
    – Augsburger Stadtlex.;
    ThB;
    Dict. of Art;
    NNBW IX;
    The Enc. of Sculpture, III, 2004.

  • Autor/in

    Dorothea Diemer
  • Zitierweise

    Diemer, Dorothea, "Vries, Adriaen de" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 138-141 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118770454.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Vries *)Zu S. 375.: Adrian de V. oder Fries, Bildhauer, wurde im J. 1560 im Haag geboren. Ueber seine künstlerische Erziehung sind wir nicht unterrichtet. Jedenfalls verließ er seine Heimath schon in jungen Jahren. Wir finden ihn nämlich bereits im J. 1576 in Augsburg bei Max Fugger, durch den er den Auftrag erhielt, für Herzog Albrecht V. von Baiern ein Reliquienkästchen anzufertigen. Im J. 1582 erscheint er in Prag, damit beschäftigt, Spranger bei der Ausschmückung seines Familienaltars zu helfen. In den nächsten Jahren ging er nach Italien, besuchte Rom und Florenz und ließ sich in dieser Zeit durch Giovanni da Bologna beeinflussen, dessen Schüler er möglicherweise war. Im J. 1588 trat er in die Dienste des Herzogs Karl Emanuel I. von Savoyen. Bald darauf scheint er Beziehungen mit Kaiser Rudolf II. angeknüpft zu haben. Für ihn fertigte er im J. 1590 eine Gruppe an: „Mercur, der Psyche zum Olymp emporträgt“. Vermuthlich wandte er sich von Italien direct nach Augsburg. Durch einen Vertrag vom 12. August 1596 verpflichtete er sich zur Ausführung eines monumentalen Brunnens. Es ist dies der im J. 1599 vollendete Mercurbrunnen, der ursprünglich auf dem Fischmarkt errichtet, später aber auf den Jacobsplatz versetzt wurde. Im J. 1602 wurde ein zweiter, von V. entworfener Brunnen errichtet, der prächtige Herkulesbrunnen auf dem Weinmarkte vor dem Siegelhaus, der zu den großartigsten Werken dieser Art in Deutschland gehört. Schon vor Vollendung dieses Brunnens war V. durch ein Patent vom 16. Mai 1601 von Kaiser Rudof II. zum kaiserlichen „Wachspossirer und Bildschnitzer“ ernannt worden. Er siedelte daher nach Prag über und war die nächsten Jahre hindurch hauptsächlich für seinen kaiserlichen Gönner thätig. Zunächst schuf er in den Jahren 1603, 1607 und 1609 drei Broncebüsten des Kaisers in verschiedener Auffassung, von denen die beiden ersten im kunsthistorischen Hofmuseum zu Wien aufbewahrt werden, während sich die dritte im Besitz des South-Kensington-Museums zu London befindet. Im J. 1607 entstand ferner ein lebensgroßer sitzender Heiland, den der Oberhofmeister des Kaisers, Fürst Karl von Liechtenstein, bei V. bestellt hatte. Diese im Geschmacke der Zeit etwas manierirt gehaltene Statue gehört gleichwol zu den besten Arbeiten des Künstlers. In Prag schuf V. ferner noch ein Broncerelief auf die Einnahme von Raab durch die Christen im J. 1597, auf die Schlacht bei Sissek und auf andere Siege Rudolf's II., für das dieser selbst die nöthigen Angaben gemacht hatte. Ebenso dürfte die kostbare Broncebüste des Kurfürsten Christian II. in der Dresdener Sculpturensammlung, die Rudolf II. dem Kurfürsten zum Geschenke machte, von V. in Prag angefertigt worden sein. In der Collection Seillière zu Paris befinden sich zwei nackte Frauengestalten von der Hand des Künstlers aus dem Jahre 1610, welche den Triumph des Ruhmes über den materiellen Gewinn darstellen. Im Gothaer Museum kann man eine freie Nachbildung des Farnesischen Stieres vom Jahre 1614 sehen. Verkleinerte Wiederholungen dieser Gruppe werden in der Galerie Liechtenstein in Wien und im Grünen Gewölbe in Dresden aufbewahrt. Aus demselben Jahre rührt die gegossene Platte in der Kathedrale St. Johann zu Breslau her, die den heiligen Johann auf dem Roste darstellt. Nach dem Ableben Rudolf's II. blieb V. auch unter Matthias noch kurze Zeit in kaiserlichen Diensten; seine Wohnung auf dem Prager Hradschin aber behielt er sogar bis zum Jahre 1626 bei, obwol er in jenen Jahren hauptsächlich mit Arbeiten für auswärtige Besteller beschäftigt war. Er unterhielt nämlich enge Beziehungen zu dem Grafen Ernst zu|Schauenburg und Pinnenberg, dem er möglicher Weise in Italien nahegetreten war. Schon im J. 1613 bestellte Ernst bei ihm ein silbernes Taufbecken, das heute in der Pfarrkirche zu Bückeburg aufbewahrt wird. Später übernahm V. die Herstellung eines Mausoleums in Stadthagen, das sich Ernst noch bei Lebzeiten errichten ließ. Im J. 1622 beginnen die Arbeiten, die V. für das Palais des Herzogs Albrecht von Wallenstein ausführte. Im Hofe desselben befand sich ein colossaler quadratischer Brunnen. Die ebenfalls colossalen Erzfiguren, mit denen er geschmückt war, sind jedoch nicht mehr in Prag, sondern sie wurden von den Schweden als Beute entführt und im Parke von Drottningholm aufgestellt, wo man im ganzen achtzehn plastische Arbeiten von V. sehen kann. Die letzte derselben, ein lebensgroßer Neptun mit zwei Störchen, trägt die Jahreszahl 1627. Bis zu diesem Zeitpunkt können wir das Wirken des Künstlers verfolgen; doch fehlen uns bis jetzt die Nachrichten darüber, wann und wo er gestorben ist.

    • Literatur

      Vgl. G. Rathgeber, Aufbau der niederländischen Kunstgeschichte und Museologie = Niederländische Münzen und Medaillen des herzogl. Museums zu Gotha. Hrsg. von J. Leitzmann. Weißensee 1839. S. 111—120. — Jahrbuch der kunsthistor. Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses. Wien 1883. II, 118—148. —
      J. und A. Erbstein, Das königl. grüne Gewölbe zu Dresden. Dresden 1884. S. 4. —
      Zeitschr. für bildende Kunst. Leipzig 1882. XVII, 8—10 u. 37—42; 1884 XIX, 224—226. — C. van Mander, Le livre des peintres. Traduction par H. Hymans. Paris 1885. III, 232 bis 234. —
      G. Galland, Gesch. der holl. Baukunst u. Bildnern. Frankfurt a. M. 1890. S. 270. —
      (A. Ilg.) Führer durch die Sammlung d. kunstindustriellen Gegenstände. Wien 1891. S. 132. Nr. 14; S. 214, Nr. 39; S. 216, Nr. 56; S. 217, Nr. 70, 71. —
      Kunstgeschichtl. Charakterbilder aus Oest.-Ungarn. Hrsg. von A. Ilg. Prag, Wien, Leipzig 1893. S. 216 bis 218. — A. Buff, Augsburg in der Renaissancezeit. Bamberg 1893. S. 95.

  • Autor/in

    H. A. Lier.
  • Zitierweise

    Lier, Hermann Arthur, "Vries, Adriaen de" in: Allgemeine Deutsche Biographie 40 (1896), S. 407-408 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118770454.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA