Lebensdaten
1805 – 1892
Geburtsort
Wolmar (Livland)
Sterbeort
Halle
Beruf/Funktion
Philosoph
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118682261 | OGND | VIAF: 27144532
Namensvarianten
  • Erdmann, Johann Eduard
  • Erdmann, Eduard
  • Erdmann, Johann Eduard
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Zitierweise

Erdmann, Eduard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118682261.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wilhelm (1769–1824), aus Lyck, Pfarrer zu Wplmar;
    M Elis. Dor. Walter (* 1782), Arzttochter;Onkel mütterlicherseits Ferd. Walter (1801–69), Gen.Sup. v. Livland (s. ADB 41);
    Königsberg 1833 Emilie Bandau (1805–77, Wwe s. Om); kinderlos;
    N Carl s. (2).

  • Biographie

    E. ging nach abgeschlossenem Theologiestudium in Dorpat im Herbst 1826 nach Berlin und geriet in den Bann Hegels. 1828 ordiniert, war er bis 1832 Pfarrer in Livland. Er promovierte 1830 zum Dr. phil. in Kiel, habilitierte sich 1834 für Philosophie in Berlin und wurde 1836 außerordentlicher Professor, 1839 Ordinarius in Halle.

    Mit K. F. Göschel, G. A. Gabler, K. R. Köstlin, H. Leo und anderen gehörte E. zum rechten Flügel der Hegelschule. Mit größerem Recht als Hegel selbst ist er als „preußischer Staatsphilosoph“ bezeichnet worden. Zu dem vereinseitigten Hegelbild des späteren 19. Jahrhunderts hat er durch seine Charakterisierung der Hegelschen Lehre als „reiner Restaurationsphilosophie“ Erhebliches beigetragen. Als Systematiker wandelte er auf den Bahnen der Hegelschen Spätphilosophie, die Glauben und Wissen ausgesöhnt weiß; Forschungen und Fortschritte der empirischen Geschichtsforschung, der zergliedernden Philosophie und der exakten Naturwissenschaft hat er in seine Erkenntnistheorie und Wissenschaftslehre einzubauen verstanden. Seine spätere Auffassung, daß die systematische Philosophie sich überlebt habe und von der Geschichte philosophischer Systembildungen (Geistesgeschichte) abgelöst werde, ist von der Entwicklung bestätigt worden. Als Philosophiehistoriker, der sich von der Hegelschen Geschichtskonstruktion zu befreien suchte, hat E. besonders Verdienste um Leibniz und die Edition seiner Werke gehabt. Sein „Versuch“ und sein „Grundriß“ sind bedeutende Darstellungen der Philosophiegeschichte, die nur durch Kuno Fischers gefälligere Schreibart in den Schatten gestellt wurden. Seine „Philosophischen Vorlesungen über den Staat“ sind ein wichtiges theoretisches Zeugnis für die Ideenpolitik der preußischen Konservativen nach 1848; in den 60er Jahren erfolgte eine teilweise Revision seiner Ansichten, indem er sich öffentlich zu Bismarcks „Realpolitik“ bekannte. E. war ein beliebter Hochschullehrer und ein fesselnder Redner; in den für ein größeres Publikum bestimmten Vortragssammlungen (Ernste Spiele, Psychologische Briefe) hat er sich auch als geistreicher Plauderer vorgestellt.

  • Werke

    Versuch e. wiss. Darst. d. Gesch. d. neueren Philos., 3 Bde., 1834-53, faks. Neudruck, 7 Bde., 1931 ff.; Vorlesungen üb. Glauben u. Wissen, 1837;
    Leib u. Seele, 1837, ²1849;
    Natur od. Schöpfung, 1840;
    Grundriß d. Psychol., 1840;
    Grundriß|d. Logik u. Metaphysik, 1841;
    Vermischte Aufss., 1846;
    Philos. Vorlesungen üb. d. Staat, 1851;
    Psychol. Briefe, 1851;
    Ernste Spiele, Vortragsslg., 1855;
    Vorlesungen üb. ak. Leben u. Studium, 1858;
    Grundriß d. Gesch. d. Philos., 2 Bde., 1865, ⁵1930, bearb. v. F. Clemens;
    Slg. aller 1851-67 gehaltener Predigten, 1867;
    Sehr Verschiedenes, je nach Ort u. Zeit, 1871;
    Darwins Erklärung pathognom. Erscheinungen, 1874; Biogr. Hegels, in: ADB XI, 1888.

  • Literatur

    ADB 48;
    C. Rössler, in: Preuß. Jb., 1892;
    Benno Erdmann, in: Philos. Mhh. 29, 1893, S. 224-27 (W);
    H. Glockner, J. E. E., 1932 (Verz. d. ungedr. W);
    K. Larenz, Hegelianismus u. preuß. Staatsidee, Die Staatsphilos. J. E. E.s, 1940;
    K. Löwith, Von Hegel bis Nietzsche, ³1953, S. 83 ff.

  • Autor/in

    Hans Joachim Schoeps
  • Zitierweise

    Schoeps, Hans-Joachim, "Erdmann, Eduard" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 569-570 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118682261.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Erdmann: Johann Eduard E., Philosoph, war geboren am 5. Juni 1805 zu Wolmar in Livland als Sohn des dortigen Pfarrers und dessen Ehefrau Elisabeth Dorothea, geb. Walter, Schwester des Generalsuperintendenten von Livland Ferdinand Walter. Der Vater war von Geburt Ostpreuße und hatte in Königsberg studirt; der Sohn widmete sich in Dorpat und Berlin der Theologie und Philosophie und wurde an letzterer Universität für die Hegel’sche Lehre gewonnen, der er Zeit seines Lebens treu blieb. Von 1829 an war er in seinem Geburtsort Pfarrer, nachdem sein Vater schon 1824 gestorben war. Doch gab er dies Amt 1832 auf und verließ Livland,|da es ihm durch die dortigen Gesetze verboten war, sich mit der jungen Wittwe eines Onkels von ihm zu vermählen. Er wandte sich wieder nach dem ihm bekannten und liebgewordenen Berlin, wo er sich 1834 für Philosophie habilitirte. Ungern verließ er 1886 die Hauptstadt, um einem Ruf nach Halle als außerordentlicher Professor der Philosophie zu folgen. 1839 wurde er zum ordentlichen Professor daselbst ernannt und blieb bis an sein Lebensende, 12. Juni 1892, dieser Universität treu, eines der einflußreichsten Mitglieder der philosophischen Facultät, nur in den letzten Jahren durch Altersschwäche daran gehindert, Vorlesungen zu halten. Seine Gattin, seine treuste Begleiterin im Leben und auf den Reisen, die er zu machen liebte, war ihm schon 14 Jahre vorher in den Tod vorangegangen — er hat dann die Einsamkeit des Lebens, da die Ehe kinderlos geblieben war, empfunden.

    Auf dem Katheder kam Erdmann's Persönlichkeit schön zur Geltung und Wirkung. Voller Herrschaft über den Stoff übte er auf seine zahlreichen Zuhörer durch die Gewalt und den Glanz seiner Diction, durch die geistreiche, witzige, zum Theil sarkastische, mit Analogien leicht spielende Art des Vortrags einen bedeutenden Einfluß aus. Wer ihn hörte, wurde von ihm gefangen und mußte sich der eigenartigen Behandlung der verschiedensten Gegenstände hingeben, konnte die Zeit, wo er zu Erdmann's Füßen gesessen, nicht wieder vergessen. Hinter dem Rednerischen trat allerdings das eigentlich Lehrhafte bei ihm zurück; so ist es erklärlich, wie er zwar vielfachst anregte, für die Philosophie im allgemeinen gewann, aber eigentliche Schüler nicht heranbildete, auch sich nicht für geeignet hielt, sogenannte philosophische Uebungen mit Studirenden anzustellen. Am beliebtesten und besuchtesten waren wol seine Vorlesungen über Geschichte der Philosophie. Seine Begabung, eindrucks- und überzeugungsvoll seine Gedanken, die ihn im Innersten bewegten, mitzutheilen, sowie seine tief religiöse Gesinnung, veranlaßten ihn auch in Halle, öfter auf die Kanzel zu steigen und namentlich zu der akademischen Jugend anders zu sprechen als vom Katheder. 62 Predigten von ihm sind einzeln und in Sammlungen gedruckt. — Im Verkehr war E. liebenswürdig anregend, witzig, bisweilen auch scharf, sogar schroff, wenn es galt, seine Ueberzeugung zu wahren — ein zuverlässiger fester Charakter, eine vornehme Natur.

    E. bekannte sich als zur rechten Seite der Hegel’schen Schule gehörig und glaubte, nur in untergeordneten Punkten von dem Meister abzuweichen. Geschichtliche und systematische Werke hat er verfaßt, die zum Theil große Verbreitung gefunden haben. Als eins seiner bedeutsamsten muß gelten der „Grundriß der Geschichte der Philosophie“ (2 Bde., Berlin 1865—67), während seines Lebens noch in 2. und 3. Auflage erschienen, nach seinem Tode in 4. Auflage herausgegeben von Benno Erdmann (Berlin 1896). Hervorzuheben ist aus dem Werke als besonders gelungen und durchaus objectiv gehalten der längere Abschnitt über die Auflösung der Hegel’schen Schule. Vorausgegangen war diesem Grundriß das größere Werk „Versuch einer wissenschaftlichen Darstellung der Geschichte der neuesten Philosophie“ (3 Bde., Leipzig 1834—51), das den verdienten Erfolg nicht in vollem Maaße gehabt hat. In der Entwicklung der Philosophie sieht E. eine doppelte Nothwendigkeit, nämlich einmal die welthistorische, nach der das Auftreten eines Systems durch den Charakter der Zeit und sein Verdrängtwerden durch das Anderswerden der Zeit bedingt ist, sodann die philosophiegeschichtliche, indem das System als Conclusion erwiesen wird, zu der die früheren Systeme die Prämissen sind, und dargethan wird, daß weitergegangen werden mußte, um nicht der Halbheit zu verfallen. Der Psychologie wandte er sich zu in seinen Schriften:|"Leib und Seele“ (Halle 1837, 2. Aufl. 1849), „Grundriß der Psychologie“ (Leipzig 1840, 5. Aufl. 1873), „Psychologische Briefe“ (Leipzig 1851, 7. Aufl. 1897), in welchen er nach seiner eigenen Angabe nicht strenge Wissenschaft bieten, sondern nur deren Ergebnisse in unterhaltender Form mittheilen will. Ferner schrieb er: „Grundriß der Logik und Metaphysik“ (Halle 1841, 5. Aufl. 1875), „Philosophische Vorlesungen über den Staat“ (Halle 1851), „Vorlesungen über akademisches Leben und Studium“ (Leipzig 1858). Auf Verschiedenes gehen „Vermischte Aufsätze“ (Leipzig 1845), worin er auch seine religionsphilosophischen Ansichten niedergelegt hat, „Ernste Spiele“ (Berlin 1871, 4. Aufl. 1890), geistvolle, meist in Berlin und Halle gehaltene Vorträge, die große Verbreitung erfahren haben, „Sehr Verschiedenes, je nach Zeit und Ort“ (Berlin 1874). Um Leibniz hat er sich durch eine vortreffliche Ausgabe von dessen philosophischen Schriften sehr verdient gemacht: „G. G. Leibnitii opera philosophica quae exstant“ (Berolini 1840).

    • Literatur

      Ueberweg-Heinze, Grundriß der Gesch. d. Philos., 4. Bd., 9. Aufl., S. 149 f. — Benno Erdmann, Joh. Ed. Erdmann, Philos. Monatshefte, Bd. 29, 1893, S. 219—227, wo sich auch ein wol ziemlich vollständiges Verzeichniß der Schriften Erdmann's findet. — Persönliche Bekanntschaft.

  • Autor/in

    M. Heinze.
  • Zitierweise

    Heinze, Max, "Erdmann, Eduard" in: Allgemeine Deutsche Biographie 48 (1904), S. 389-391 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118682261.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA