Lebensdaten
1689 – 1751
Geburtsort
Prag
Sterbeort
Prag
Beruf/Funktion
Baumeister ; Architekt
Konfession
katholisch?
Normdaten
GND: 118671871 | OGND | VIAF: 86660363
Namensvarianten
  • Dinzenhofer, Kilian Ignaz von
  • Dinzenhofer, Kilian Ignaz
  • Dienzenhofer, Kilian Ignaz
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Zitierweise

Dientzenhofer, Kilian Ignaz von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118671871.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Christoph s. (1);
    1) 1718 Anna NN. ( 1727), 2) Prag 1.11.1729 Maria Ther. Heinrich;
    6 S, 7 T aus 2) u. a. Wenzel (1750–1805), Jesuit, 1780-82 Prof. der Rechte an der Univ. Innsbruck, dann in Prag, böhmischer Geschichtsforscher (s. ADB V, Wurzbach [W,L]).

  • Biographie

    Trotz des großen Ruhms, den D. schon in seiner Zeit erntete, wissen wir über Leben und Ausbildung nicht allzuviel. Überliefert wird seine ungewöhnliche Bildung. D. sprach 6 Sprachen. Er besuchte das Gymnasium und die Universität. Offenbar wollte er ursprünglich den geistlichen Beruf erwählen und kam erst dann zur Architektur. Als 20jähriger war er in Wien bei Fischer von Erlach. Reisen führten ihn weit umher, erst 1722 blieb er in Prag. In Wien erhielt er seine Ausbildung. Er arbeitete wohl auch bei Johann Lucas von Hildebrandt, jedenfalls ist sein Einfluß deutlich zu spüren. Nicht ausgeschlossen erscheint, daß er auch Paris kennen lernte. Seit 1720 hat er eine fast unübersehbare Zahl von Kirchen in Böhmen, Mähren und Schlesien gebaut. Im Gegensatz zur Architektur seines Vaters, die noch aus dem Bauhandwerk in die Sphäre der hohen Kunst hinaufgewachsen war, hat die seine höfisch-internationales Gepräge. Ein Zug kühler, gelehrter Reflexion haftet seinen Werken zunächst an. Vor allem ist das an seinen frühesten Bauten zu spüren, die er 1720-25 in Prag ausgeführt hat (Villa Amerika, 1720; Ursulinerinnenkirche auf dem Hradschin, 1720-28; Sankt Thomas, Kleinseite, Umbau um 1725). Die barocken Formen treten zurück oder wirken als dekorative Zutaten. Seine Kloster- und Palastbauten behalten immer eine gewisse höfisch-kosmopolitische Eleganz. Trotzdem hat er aber in seinen späteren Kirchenbauten die heimisch-böhmische Formensprache seines Vaters und des Santini Aichel in außerordentlich glücklicher Weise mit dem höfisch-wienerischen Stil verschmolzen. Erscheint D. anfänglich als ein unpersönlicher Eklektizist, so gewinnen allmählich die auf der Linie Guarinis liegenden Formen die Oberhand in seinen Bauten, und es entstehen so großartige Werke wie die Klosterkirche in Wahlstatt (Schlesien) 1730 bis 1732; Sankt Johann „na skalce“, Prag-Neustadt um 1730; Maria-Magdalenenkirche in Karlsbad 1732; als Vorläufer um 1725 Sankt Bartholomäus in Prag und die Pfarrkirche Počapl, die beide von der einheitlichen Bewegung aller Teile bestimmt sind. Es ist nicht leicht, das Eigene in der Kunst des D. zu fassen. Proteushaft wandelt sich seine Architektur innerhalb der verschiedenen Einflußbereiche, und doch kann man ihr die persönliche Größe nicht absprechen. Die bevorzugte Grundform seiner Kirchen ist der Zentralbau, während sein Vater von den heimischen Bautypen: Wandpfeilerbau und Emporenhalle ausging. Dieser bestimmt auch die beiden großen Kirchenbauten seiner späteren Jahre in Prag, in denen die lokalböhmischen Elemente wieder zurücktreten zugunsten der übernationalen: den Chorbau von Sankt Niklas auf der Kleinseite mit der großen beherrschenden Kuppel und die Sankt Niklaskirche in der Altstadt. An Adelspalästen baute D. in Prag das Palais Sylva-Tarouca am Graben, das Palais Kinsky am Altstädter Ring, den Pavillon im alten botanischen Garten und den Portheimschen Pavillon in Smichov.

  • Werke

    W-Verz. bei H. G. Franz, in: Wiener Jb. f. Kunstgesch. XIV (XVIII), 1950, S. 126, Anm. 164;
    dazu kommen noch d. Zeichnungen u. Entwürfe D.s.

  • Literatur

    ADB V (unter Dinzenhofer);
    H. Schmerber, Christoph u. Kilian Ignaz D., Prag 1902 (L);
    M. Korecky, Dienzenhoferový plány schodů svatohorských, in: Památky archeologické a místopisné 43, 1938, S. 75 ff.;
    ders., Tvorba Kiliána Ign. Dienzenhofera, in: Zprávy památkové péče 11-12, 1951/52, S. 45 ff.;
    ders., Ein neuentdecktes Werk K. J. D.s (die Pfarrkirche St. Martin in Chwalenic), in: Volné Směry 38, 1943, S. 112-14;
    ders., Poznámky k Pražskému Dienzenhoferovu prostoru a klenbám, in: Uměni I, 1953, S. 261-87;
    H. G. Franz, Stud. z. Barockarchitektur in Böhmen u. Mähren, Brünn 1943, S. 13-84 (L);
    ders., Gotik u. Barock im Werk d. Joh. Santini Aichel, in: Wiener Jb. f. Kunstgesch. XIV (XVIII), 1950, S. 65 bis 130 (L);
    ders., Joh. Mich. Fischer u. d. Baukunst d. Barock in Böhmen, in: Zs. f. Ost-F 4, 1955, S. 220-232;
    B. Menzel, Der Klosterbau in Braunau, e. Werk K. I. D.s, in: Zs. f. d. Gesch. d. Sudetenländer 6, 1943, S. 174-85.

  • Porträts

    Kupf. v. Ignaz Bendel;
    Plakette v. Balzer.

  • Autor/in

    Heinrich Gerhard Franz
  • Zitierweise

    Franz, Heinrich Gerhard, "Dientzenhofer, Kilian Ignaz von" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 650-651 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118671871.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Dinzenhofer: Kilian Ignaz D., Architekt, geb. zu Prag 1. Sept. 1690, 17. Dec. 1752. Sein Vater, der Baumeister Christoph D., erfreute sich in Prag eines großen Ansehens und hat eine beträchtliche Anzahl von Kirchen und Privatgebäuden ausgeführt. Die Familie stammte aus Bamberg; hier waren Justus, Johann und Johann Leonhard D. bereits um die Mitte des 17. Jahrhundert als Baumeister thätig und bekleideten verschiedene Aemter. Der heranwachsende Kilian gedachte sich erst dem geistlichen Stande zu widmen, legte das Gymnasium zurück und besuchte dann an der Prager Universität die Vorträge über Philosophie und Naturwissenschaften. Allmählich sich den mathematischen Studien zuwendend wurde er zuletzt fast gegen den eigenen Willen dem Fache der Architektur zugeführt, worauf ihn sein Vater, welcher damals die Kirche des Benedictinerstiftes Brzewnow von Grund aus neu erbaute, in den Anfangsgründen der Kunst unterrichtete. In seinem zwanzigsten Jahre begab sich der junge D. nach Wien und arbeitete dort unter Leitung des berühmten Fischer von Erlach längere Zeit als Polier, bereiste sodann Italien, Frankreich und England und ließ sich um 1722 nach dem Tode seines Vaters dauernd in Prag nieder. Das erste Gebäude, welches Kilian nach Rückkehr von seinen Reisen ausführte, war ein noch bestehendes Gartenhaus in der obern Neustadt zu Prag, ein in der Manier des Hardouin Mansard gehaltenes, zwar malerisches aber barok verschnörkeltes Werk. Diese Arbeit fand ungemessenen Beifall, der Künstler sah sich in kurzer Zeit mit den großartigsten Aufträgen überhäuft und übte fortan, obwol seine Thätigkeit zunächst dem Lande Böhmen gewidmet war, einen so entschiedenen Einfluß auf die architektonische Entwicklung in Oesterreich, daß ohne seine Zustimmung kaum ein größerer Bau begonnen wurde. Die Anzahl der von D. im Laufe seines dreißigjährigen Wirkens ausgeführten Gebäude ist unübersehbar, wozu noch kommt, daß er unzählige Entwürfe für auswärtige Bauten fertigte und mit seiner Erfindungsgabe andern Baumeistern aushalf. Eine bestimmte künstlerische Richtung hat er nicht eingehalten, doch wurde der französische Rococostil von ihm mit Vorliebe cultivirt. Seine Dispositionen sind immer schön und zweckmäßig, in dieser Beziehung hat er sich den Palladio zum Vorbilde genommen, sonst aber dessen reinen Stil nur ausnahmsweise befolgt. Mehrere seiner Bauten dürfen den edelsten Leistungen der Renaissance beigezählt werden, wie die Stiftskirche zu Braunau mit einer prachtvollen korinthischen Pilasterstellung, dann das ehemals fürstlich Piccolomini’sche, jetzt gräflich Nostitz’sche Palais am Graben zu Prag, dessen Treppenhaus und Höfe einem Baldassare Peruzzi oder Galeazzo Alessi Ehre machen würden. Ueberhaupt war D. in der Anordnung von Prachttreppen, Balkonen, Vestibulen und Sälen viel glücklicher, als im Façadenbau, wo er seinem Hange zu Künsteleien nur allzugern den Zügel schießen ließ. Als Hauptwerk des Meisters wird die Kuppel der St. Nikolauskirche in Prag genannt, ein höchst imposantes, mit seltener Virtuosität durchgeführtes und von Ueberladungen noch ziemlich freies Gebäude. Mit zunehmendem Alter neigte sich D. mehr und mehr dem eigentlichen Barokstil zu, erging sich nicht selten, um neues zu bieten, in den bizarrsten Formen, wobei jedoch seinen Anlagen immer jene Einfachheit und Größe eigen blieb, welche der Künstler unter allen Bedingungen einzuhalten verstand. Von seiner ungewöhnlichen Begabung und Vielseitigkeit spricht unter anderm die Thatsache, daß er sich sogar im gothischen Stil mit Glück versuchte.|So entwarf er für den Abt Maurus von Kladrau, welcher die abgebrannte Kirche seines Klosters wieder in Stand setzen wollte, den Plan zu einem gothischen über der Kreuzverzierung aufzustellenden Kuppelbau, ein ebenso eigenthümliches als in Anbetracht der Zeitverhältnisse bewunderungswürdiges Werk. Ausgeführt wurde diese Kuppel nach Dinzenhofer's Plan von dem Italiener Giovanni Santini, welcher im Jahre 1726 den Bau vollendete. Mit den Einzelnheiten darf man es allerdings nicht genau nehmen; die Maßwerke erscheinen in der Nähe plump und das Krönungsgesimse abenteuerlich, aber der Gesammteindruck ist so überwältigend und einzig in seiner Art, daß man nur den Dom von Mailand mit der Kladrauer Stiftskirche vergleichen kann.

    D. arbeitete außerordentlich leicht und besaß ein so ungewöhnliches Gedächtniß und solche Uebung, daß er aus freier Hand die Pläne für ein großes Gebäude anfertigen und durch eingeschriebene Maße aufs genaueste erklären konnte. Entwürfe von seiner Hand finden sich zu Prag und Wien in mehreren Sammlungen: sie sind mit breiten Strichen flüchtig hingeworfen, indem nur die Hauptpartien mit Zirkel und Lineal aufgetragen, alle Einzelheiten aus dem Augenmaße augegeben wurden. Wenige Künstler erfreuten sich einer so angenehmen und sorgenlosen Existenz als D.: von seinem ersten Auftreten an bis zu seinem Tode war er ununterbrochen mit Aufträgen der glänzendsten Art beschäftigt und jedes seiner Werke wurde mit Beifall aufgenommen. Er starb mit Ehren und Glücksgütern überhäuft, umgeben von einem blühenden Familienkreise, nachdem er zweiundzwanzig große Kirchen und wenigstens eben so viele Paläste ausgeführt hatte, abgesehen von zahlreichen Wohnhäusern, Pavillons und Luxusgebäuden, die sich in allen Theilen Böhmens finden.

    • Literatur

      Dobrowsky, Abbildungen und Lebensbeschreibungen böhmischer und mährischer Gelehrten und Künstler. J. Schaller, Topographie von Böhmen. B. Grueber, Charakteristik der Baudenkmale Böhmens.

  • Autor/in

    B. Grueber.
  • Zitierweise

    Grueber, Bernhard, "Dientzenhofer, Kilian Ignaz von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 245-246 unter Dinzenhofer [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118671871.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA