Lebensdaten
1753 – 1821
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Kunern (Schlesien)
Beruf/Funktion
Chemiker ; Physiker ; Begründer der Rübenzuckerindustrie
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 118643622 | OGND | VIAF: 5724344
Namensvarianten
  • Achard, Franz Karl
  • Achard, Franz Carl
  • Achard
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Achard, Franz Karl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118643622.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus französischer Emigrantenfamilie;
    V Guilleaume Achard (1716–55), seit 1743 Pfarrer an der Werder Kirche in Berlin;
    M Marie Eleonore Henriette Rouppert ( 1795), aus Metzer Geschlecht;
    1) 1776 Caroline Repper, 2) Henriette, T des Kochs Daniel Koeppen; aus 1) 1 S, aus 2) 1 S, 2 T.

  • Biographie

    A., der Physik und Chemie studierte, wurde 1776 Kollaborator des Akademie-Direktors Andreas Sigismund Marggraf, der 1747 als erster Zucker aus der Runkelrübe mittels Ausscheidung durch Alkohol dargestellt hatte. Seit 1780 befaßte sich A. auf Anregung Friedrichs des Großen mit der Verbesserung der inländischen Tabakkultur. Wegen der auf diesem Gebiete erzielten Erfolge erhielt A. vom König eine lebenslängliche Pension von 500 Talern jährlich. Nach Marggrafs Tod wurde A. 1782 als dessen Nachfolger Direktor der physikalischen Klasse der Akademie der Wissenschaften in Berlin, beschäftigte sich mit Galvanismus, Experimentalphysik und Elektrizität, baute einen optischen Telegraphen, der seine praktische Erprobung vorzüglich bestand, und befaßte sich seit 1784 auf seinem Gute Kaulsdorf bei Berlin und später in Französisch-Buchholtz im Sinne der Ideen seines Lehrers mit der Züchtung möglichst zuckerhaltiger Runkelrüben. Nach Entdeckung eines brauchbaren Verfahrens zur industriellen Gewinnung des Rübenzuckers wandte er sich am 11.1.1799 in einer Immediateingabe an König Friedrich Wilhelm III., der den „unschätzbaren Wert“ der Erfindung erkannte, in einer Order vom 15.1.1799 in allen Provinzen mit Zuckersiedereien Versuche im großen mit dem Bau der Runkelrübe und der Bereitung des Zuckers anordnete und A. ein Hypothekardarlehen von 50 000 Talern zum Erwerb des Gutes Kunern einräumte. Dort entstand 1801 unter A.s Leitung die erste deutsche Rübenzuckerfabrik, die einige Jahre in Betrieb stand, bis sie am 21.3.1807 abbrannte. 1810 wurde die auf dem Gute eingetragene Darlehenshypothek als Zeichen der äußeren Anerkennung für A.s erfolgreiches Wirken gelöscht, Friedrich Wilhelm III. verpflichtete jedoch A. zur Umwandlung seiner Fabrik in eine Lehranstalt, in der dieser von 1812-14 an zahlreiche Eleven Unterricht in seiner Methode zur Herstellung des Rübenzuckers erteilte. Wegen körperlicher Gebrechlichkeit mußte er dann den Lehrbetrieb aufgeben. A. starb in vollem Vertrauen auf den endgültigen Sieg seiner Entdeckung, aber von aller Welt vergessen. Welche Bedeutung den wissenschaftlichen und praktischen Arbeiten A.s auch weltwirtschaftlich zukommt, erhellt schon daraus, daß ihm 1800 und 1802 von Seiten anonymer Kontinentalraffinerien, hinter denen die englischen Kolonialzuckerinteressen steckten, zweimal hohe Geldsummen (50 000 und 200 000 Taler) angeboten wurden, um ihn zur Einstellung seiner Arbeiten zu bewegen, eine Zumutung, die A. zurückwies. Auch in Frankreich ist A. der geistige Urheber der Rübenzuckerindustrie. Zur Zeit der Napoleonischen Kontinentalsperre haben zahlreiche französische Chemiker, darunter Isnard, persönlich seinen Rat eingeholt. Der um das Wiedererwachen der europäischen Zuckerindustrie hochverdiente französische Fabrikant Crespel-Dellise (1789–1865) arbeitete seit 1809 nach der Methode A.s. Die Zuchterfahrungen A.s beim Anbau der Zuckerrüben sind bis heute noch nicht übertroffen, sein Verfahren der Rübenzuckergewinnung wurde wohl durch die moderne Technik verbessert, aber in seinen wesentlichen Grundzügen nicht verändert. Erst durch die europäische Rübenzuckerindustrie wurden die früher hohen Zuckerpreise gesenkt und der Zucker ein Volksnahrungsmittel. In den Vereinigten Staaten wurde die Rübenzuckerindustrie 1838 eingeführt und hatte seit 1870 Bestand, in Kanada besteht sie seit 1901, in England seit 1913. Überall ist A. der letzte Urheber. In vollem Umfang wurden sein Werk und seine Bedeutung erst von der späten Nachwelt gewürdigt.

  • Werke

    u. a. Vorlesungen üb. Experimentalphysik, 4 Bde., 1790–92;
    Die europ. Zuckerfabrikation aus Runkelrüben in Verbindung mit d. Bereitung d. Branntweins, d. Rums, d. Essigs u. eines Kaffee-Surrogats aus ihren Abfällen, beschrieben u. mit Kupfern erläutert durch ihren Urheber F. C. A., 1809, ²1812; s. a.
    ADB I.

  • Literatur

    ADB I;
    O. Köhnke, Gesamtregister üb. d. in d. Schrr. d. Ak. v. 1700-1899 erschienenen wiss. Abhh. u. Festreden, 1900, S. 1-7, = A. Harnack, Gesch. d. Kgl. preuß. Ak. d. Wiss., Bd. 3;
    R. E. Grotkaß, F. C. A.s Beziehungen z. Auslande, Seine Anhänger u. Gegner, in: Centralbl. f. d. Zuckerind., 1929/30;
    W. Stieda, F. K. A. u. d. Frühzeit d. dt. Zuckerind., 1928;
    K. Groba, F. K. A., in: Schlesier d. 16. bis 19. Jh.s IV, 1931, S. 200-18 (P);
    J. Baxa, Größe u. Tragik A.s, in: Festschr. 50 Jahre Ver. dt. Zuckertechniker, 1941;
    ders., in: Zucker, 1953, Nr. 6 (L);
    G. Tannenberg, F. K. A., der Wegbereiter d. Rübenzuckers, 1943;
    F. K. A., in: Bildnisse berühmter Mitgll. d. dt. Ak. d. Wiss. Berlin, 1950, S. 9 (P);
    A. Bartens, F. C. A. u. d. Anfänge d. Rübenzuckerfabrikation in Cunern, in: Ztschr. f. d. Zuckerind., 1952;
    H. Hirschmüller, Die erste Kampagne in Cunern, ebenda, 1952.

  • Porträts

    Im Mus. d. Französ. Doms Berlin;
    K. Stammer. Lehrb. d. Zuckerfabrikation, ²1887;

    Jb. d. Ges. f. d. Gesch. u. Lit. d. Landwirtschaft, 19, 1920, S. 18;
    Stich in: Porträtslg. d. Dt. Mus. München u. v. F. W. Bollinger in: Gr. Deutsche im Bild, hrsg. v. A. Hentzen u. N. v. Holst, 1937. S. 201.

  • Autor/in

    Jakob Baxa
  • Zitierweise

    Baxa, Jakob, "Achard, Franz Karl" in: Neue Deutsche Biographie 1 (1953), S. 27-28 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118643622.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Achard: Franz Karl A., Chemiker, berühmt als Begründer der fabrikmäßigen Gewinnung von Zucker aus Runkelrüben, Sohn des Genfer Mathematikers François A., der als Oberjustizrath und Mitglied der Akademie in Berlin lebte, wurde daselbst am 28. April 1753 geboren, auf Cunern den 20. April 1821. Schon mit 20 Jahren begann er seine schriftstellerische Thätigkeit (vgl. Meusel, G. T.), welche eine große Anzahl von Aufsätzen besonders in den Memoiren der Berliner Akademie geliefert hat, deren physikalische Classe ihn 1782 zu ihrem Director erwählte. Er behandelte höchst verschiedenartige Gegenstände, Elektricität, Verdunstungskälte, Adhäsion, Meteorologie, aber auch die Natur der fixen Luft, des Sauerstoffs, die Eigenschaften der Legirungen, die Zusammensetzung der Edelsteine etc. Die Bedeutung dieser Arbeiten steht hinter den praktischen Leistungen Achard's zurück. Wenige Jahre nach Chappe's Erfindung des optischen Telegraphen construirte er einen solchen zwischen Spandau und Bellevue, der auf Pontonwagen beweglich und leicht aufstellbar war und verfaßte ein telegraphisches Lexikon in deutscher und französischer Sprache. Daß Chappe bereits 1792 der französischen Nationalversammlung die Beschreibung seiner Maschine einreichte und 1793 den Auftrag zur Errichtung der ersten Linie erhielt, während Achard's Arbeiten aus dem Jahre 1794 datiren, ist für die Prioritätsansprüche des Ersteren, deren Verkennung vermuthlich ihn 1805 zum Selbstmord trieb, entscheidend. — Um so unbestreitbarer sind die Verdienste Achard's um die Zuckerindustrie. Auf seinem Gute Caulsdorff bei Berlin baute er seit 1789 verschiedene zuckerhaltige Pflanzen, besonders auch Runkelrüben, deren Zuckergehalt Marggraf 1747 entdeckt hatte. Wegen ihrer Ausgiebigkeit und der verhältnißmäßigen Leichtigkeit ihrer Verarbeitung zog A. sie den übrigen einheimischen Gewächsen vor. Das zweite Jahr seiner Versuche gab|ihm eine geringere Ausbeute an Zucker als das erste und führte so zu entscheidenden Untersuchungen über Rübenspecies und Einfluß des Düngers. Brand seiner Gebäude und Verkauf seines Gutes unterbrach die Arbeiten, die erst mehrere Jahre darauf, nach Ankauf des Gutes Französisch-Buchholz bei Berlin wieder aufgenommen wurden. Häufig traten der Ausführung im Großen Schwierigkeiten entgegen, die im Kleinen verborgen geblieben waren. Im J. 1796 wurde deshalb auf seinem Gute Cunern in Schlesien mit königlicher Unterstützung eine Fabrik errichtet: nach weiteren 6jährigen Mühen der Schauplatz seiner endlichen Erfolge. Die wesentlichsten Züge der betreffenden Industrie, was die Gewinnung des Zuckers und die Verwerthung der Rückstände anlangt, sind dieselben geblieben, welche A. damals festgestellt hat. Seine Methoden veröffentlichte er in verschiedenen Schriften: „Anleitung zur Bereitung des Rohzuckers aus Rüben", Berl. 1800; „Kurze Geschichte der Beweise der Ausführbarkeit im Großen der Zuckerfabrication aus Runkelrüben", ebenda 1800; „Anleitung zum Anbau der Runkelrüben", Breslau 1803; „Ueber den Einfluß der Runkelrübenzuckerfabrication auf die Oeconomie“, Glogau 1805, und besonders in seinem auch biographisch werthvollen Hauptwerke: „Die Europäische Zuckerfabrication aus Runkelrüben“, neue Auflage, Leipz. 1812. Die Regierung unterwarf Achard's Fabrication genauer Prüfung. Es wurde auf Cunern eine Lehranstalt errichte. Nathusius und Frhr. von Koppy waren Achard's erste Schüler und errichteten auf Neuhaldensleben und auf Krain bei Strehlen größere Fabriken. Um 1802 finden sich solche in Böhmen, bald nachher in Augsburg und seit 1811 durch Unterstützung der Regierung, während zuerst eine Commission des Instituts sich zu Ungunsten der Erfindung ausgesprochen hatte, auch in Frankreich. Hier durch Geldprämien der Regierung und die Continentalsperre unterstützt gewann diese Industrie anhaltenden Aufschwung, während sie in Deutschland eine Zeit lang erlahmte und erst seit 1830 wieder zu kräftigem Leben gelangte. Daß englische Colonialzuckerfabrikanten A. im Anfang seiner Thätigkeit große Summen (bis 200,000 Thaler) boten, wenn er erklären wolle, daß ihn sein Enthusiasmus zu weit geführt und die Erfahrung im Großen das Nichtige der Versuche im Kleinen klar bewiesen hätten, erwähnt Louis Napoleon Bonaparte, aus dessen Schriften diese für die Festigkeit von Achard's Charakter und sein Selbstvertrauen bezeichnende Angabe von Scheibler citirt wird (Zeitschr. des Vereins für Runkelrübenzuckerindustrie 1867 S. 305)

  • Autor/in

    Oppenheim.
  • Zitierweise

    Oppenheim, Alphons, "Achard, Franz Karl" in: Allgemeine Deutsche Biographie 1 (1875), S. 27-28 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118643622.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA