Lebensdaten
1752 – 1833
Geburtsort
Engelberg Kanton Obwalden
Sterbeort
Engelberg Kanton Obwalden
Beruf/Funktion
schweizerischer Topograph
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118585010 | OGND | VIAF: 69722003
Namensvarianten
  • Müller, Joachim Eugen
  • Müller, Joachim Eugen
  • Müller, Joachim E.

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Zitierweise

Müller, Joachim Eugen, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118585010.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Justus Simeon (1711–93), Zimmermann in E., S d. Johann Ignaz (* 1660) u. d. Anna Barbara Amrhein (1665–1715);
    M Maria Plazida Veronika (1729–1800), T d. Johann Melk Töngi (1689–1751) u. d. Maria Plazida Amrhein (1696–1751);
    1) Engelberg 1774 Katharina Hess ( 1812), 2) 1813 Katharina Agata Amstutz (1791–1860);
    2 K (1 früh †), u. a. Joseph Friedrich (1823–1901), Talammann in E., Reg.rat d. Kt. Obwalden.

  • Biographie

    M. arbeitete seit seinem 9. Lebensjahr als Gehilfe seines Vaters und erlernte so den Beruf des Zimmermanns. Seine Arbeitsstätten lagen in den Tälern und Gebirgen der Zentralschweiz. Um 1770 ist seine Mitarbeit an der spätbarocken Kirche von Schwyz bezeugt. In den Jahren bis 1787 erwanderte sich M. die Gebirgswelt der Schweizer Alpen und lernte während seiner Arbeit als Zimmermann, mit Gips umzugehen, zu modellieren und Abgüsse herzustellen. Er muß über eine ungewöhnliche Begabung für das Erfassen geographisch-räumlicher wie im besonderen auch geometrischer Zusammenhänge verfügt haben. 1787 änderte sich M.s Leben vollständig. Der Aargauer Seidenfabrikant Johann Rudolf Meyer kam nach Engelberg, heuerte M. als Bergführer auf den Titlis an und erkannte seine ungewöhnliche Kenntnis der schweizer. Gebirge. M. wurde von Meyer angestellt, um an dem in Aarau zu schaffenden dreidimensionalen Modell der Schweiz mitzuarbeiten. Meyer sorgte für eine Ausbildung M.s zusammen mit J. H. Weiss, u. a. durch J. G. Tralles aus Bern. Während dieser Unterweisung lernte M., mit Meßinstrumenten umzugehen, aber auch mit Hilfe der Vegaschen Logarithmentafeln Rechnungen auszuführen. 1788-96 arbeitete M. nun ausschließlich für Meyer in Aarau. Im Sommer topographierte er mit einem eigens für ihn konstruierten, heute leider nicht mehr erhaltenen Instrument die schweizer. Hochgebirge. Die Methode, mit der er das Gelände kartographisch aufnahm, beschreibt man am besten als „graphische Triangulation“. M. durchreiste die Hochgebirge der Schweiz, vom Mont Blanc bis an den Bodensee, die Berner und Walliser Alpen, das Tessin und Graubünden. Er beschrieb seine Meßstationen, notierte die gemessenen und errechneten Werte, zeichnete Ansichten und Panoramen, ja er fertigte sogar während dieser Reisen an Ort und Stelle kleine Gipsmodelle. Im Winter modellierte er nach seinen Aufzeichnungen in Aarau ein großes Relief. Es umfaßte wahrscheinlich nur die alpinen Gebiete der Schweiz und nicht das ganze Land, wie gelegentlich angenommen. Dieses Relief entsprach dem Maßstab 1: 60 000, maß etwa 150x450cm und stellte den Raum zwischen Lausanne-Chamonix und Bregenz-Schuls dar. Es wurde später nach Paris verkauft und ist seit etwa 1900 verschollen. Dieses Relief, ursprünglich Hauptanliegen von Meyer, diente später als Vorlage für die Kartenzeichnung von dessen „Atlas Suisse“ (1: 108 000). Die noch heute in der Schweiz vorhandenen Reliefs von M., wie auch der „Atlas Suisse“, beweisen die große Genauigkeit, mit der M. seine topographischen Aufnahmen ausgeführt hat.

    1797, nach Beendigung der Arbeiten für Meyer, kehrte M. nach Engelberg zurück und befaßte sich weiterhin mit der Anfertigung topographischer Reliefs. Diese zeichneten sich aus durch Meßgenauigkeit und Naturtreue in Form und Bemalung sowie durch eine solide Materialbehandlung und gute Abgußtechnik. Sie wurden in Engelberg und anderen Orten ausgestellt und konnten gegen Eintrittsgeld besichtigt werden, andere wurden an die Kunstkammer des preuß. Königs in Berlin und an ein Museum in Paris verkauft, das Winterthurer Relief diente der Schulung von Kartographen. Diese Verbreitung und Verwendung entspricht der Forderung nach einer besseren Unterrichtung der Allgemeinheit über fremde Landschaften, wie sie auch A. v. Humboldt in seinem „Kosmos“ ausspricht. Bis heute sind in der Schweiz hervorragende Stücke von M.s Reliefkunst in den Museen von Luzern, Winterthur, Engelberg, Stans und Bern erhalten. Seine topographischen Aufnahmedokumente wurden von dem schweizer. Astronomen und Wissenschaftshistoriker Rudolf Wolf (1816–93) gesammelt und sind heute Teil der Wissenschaftshistorischen Sammlungen der ETH Zürich. – Der Gemeinde Engelberg und dem Kanton Obwalden diente M. in verschiedenen Funktionen sowohl als Ingenieur bei der Aufsicht über Straßen und Brücken wie auch als Statthalter und Säckelmeister, vor allem zeichnete er sich aus bei der Hilfe für seine Landsleute während der Hungerjahre 1816/17.

  • Werke

    Gebirgsmodelle: Engelberg, 1: 20 000, 1788 u. 1811;
    Schweizer Alpen, 1: 60 000, etwa 1789-96 (verloren);
    Berner u. Walliser Alpen, 1: 120 000, 1789, 1803 od. 1820;
    Lungernsee, 1: 8 500, 1810-15;
    Großes Relief d. Schweizer Alpen, 1: 38 000, 1815-18;
    Zentralschweiz, 1: 20 000, um 1820;
    Gotthardgebiet, 1: 29 000, 1829;
    Baden u. Umgebung, 1: 34 000, 1832;
    versch. Reliefs d. Innerschweiz, 1: 120 000;
    Vierwaldstättersee, 1: 40 000. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Talmus., Engelberg.

  • Literatur

    ADB 22;
    B. Studer, Gesch. d. Phys. Geogr. d. Schweiz bis 1815, 1863;
    R. Wolf, Gesch. d. Vermessungen in d. Schweiz, 1879, S. 123-41;
    F. Odermatt, J. E. M. 1752-1833, in: Die Alpen 5, 1929, S. 15-26 (P);
    E. Imhof, Ein großer Alpen-Topograph u. ein vergessenes Gotthard-Relief, ebd. 1946, S. 52-59, 81-85 (P);
    ders., Bildhauer d. Berge, Ein Ber. üb. alpine Gebirgsmodelle in d. Schweiz, 1981 (franz. 1981), auch in: Die Alpen 57, S. 103-66 (W-Verz., P);
    G. Dufner, Ing. J. E. M., 1752-1833, Engelberger Dokumente H. 8, 1980 (P);
    ders., Relief-Ausst. Engelberg, Kat., ebd. H. 13, 1982 (P);
    HBLS, Suppl. 1934, S. 117 f. (P).

  • Porträts

    Gem. v. Moos, 1804 (Engelberg);
    Bleistiftzeichnung v. G. L. Vogel, 1824 (Talmus., Engelberg).

  • Autor/in

    Viola Imhof
  • Zitierweise

    Imhof, Viola, "Müller, Joachim Eugen" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 419-420 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118585010.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Müller: Joachim Eugen M., Topograph, geb. 1752 zu Engelberg, Anfang 1833 daselbst. Der Sohn eines armen Zimmermanns im schweizerischen Hochthale Engelberg, das damals noch einen kleinen selbständigen Gotteshausstaat des Abtes von Engelberg unter dem Schirme der vier Waldstätte ausmachte, ergriff M. schon von Jugend auf den Beruf des Vaters und wanderte mit demselben vielfach auswärts auf Arbeit, versuchte sich auch, doch mit nicht viel Glück, auf anderen Feldern der Thätigkeit. 1781 trat er in klösterlichen Dienst, und dazu versah er das Amt eines Gemeindeweibels. Ein Kenner und Liebhaber der Berge, dazu ein Gemsjäger, eignete er sich völlig dazu, die großartigen Arbeiten des Aarauers Joh. Rudolf Meyer (vgl. Bd. XXI, S. 588), von 1787 an, zu unterstützen. Bei Anlaß einer Besteigung des Titlis hatte Meyer zuerst M. kennen gelernt, und dieser schlichte Gebirgsmann vermochte gleich anfangs schon die Skizzen, welche der Meyer in dessen Auftrage begleitende Topograph Joh. Heinr. Weiß aus Straßburg angefertigt, zu prüfen und zu verbessern. Nach einem Aufenthalte in Aarau arbeitete nun M. den ganzen Winter auf 1788 zu Hause in Engelberg, skizzirte und modellirte, und bis zum Frühjahre hin konnte er schon eine von ihm ausgeführte plastische Darstellung der Umgegend von Engelberg zu Meyer bringen. So schloß derselbe am 3. März mit M., als mit „einem erfahrenen Bergmanne, der laut dargestellten Probestücken die Kenntniß besitzt, dergleichen Berggegenden in Gips darzustellen“, einen Vertrag ab, welchem zufolge M. zunächst am ein Jahr zum Behufe der Förderung der Absichten Meyer's gänzlich in dessen Dienste trat. M. also, und nicht Weiß, wie dieser, ungetreu der Wahrheit, die Sache gerne darstellte, brachte Meyer's schöpferischen Gedanken, eine Reliefkarte der ganzen Schweiz anlegen zu lassen, der Ausführung näher. Schon bis Frühling 1789 war dann nach Arbeiten an Ort und Stelle ein Relief des Berner Oberlandes erstellt, welches die Berner Regierung von Meyer, unter ausdrücklicher Anerkennung der Anregungen desselben, als Geschenk annahm. In den nächsten Jahren dehnte M. seine Arbeiten weiter aus, von den Walliser Alpen durch das ganze Centralgebirge bis nach Vorarlberg hinein, unter immer selbständigerer Gestaltung seiner Stellung zu Meyer, da sich M. mit Weiß bei dessen wenig berechtigten Anmaßungen stets schlechter vertrug. Meyer übertrug jetzt die Reliefarbeiten ganz an M., welcher sie über ungefähr die Hälfte der Schweiz, vom Genfersee zum Bodensee, im Maßstabe von 1/60000, bis 1797 vollendete, und eben nach diesem Relief zeichnete nun Weiß den sogenannten Meyer’schen Schweizer Atlas, dessen Blätter nur lobenswerth sind, soweit sie auf M. beruhen. Leider mußte Meyer nachher 1803 in Folge Nöthigung der französischen Regierung dieses Original-Relief um einen wahrhaft lächerlich geringen Preis abgeben (seit 1811 steht dasselbe im Invaliden-Hotel zu Paris). Aber außerdem hatte M., zunächst wieder für seine Reliefs, abgesehen von geometrischen Bestimmungen, auch als Panoramenzeichner, „mit richtigem Blick, aber ungeübter Hand“, sehr fleißig sich bethätigt. Vom Jahre 1797 an trat M. aus Meyer's fortdauerndem Dienste aus, blieb aber mit seinem früheren Auftraggeber in immerwährender freundschaftlicher Verbindung und führte auch noch später einzelne Arbeiten für ihn aus. Sonst arbeitete er nun für eigene Rechnung. So verfertigte er insbesondere das 1817 für die Zürcher Stadtbibliothek erworbene etwas über 800 Quadratstunden darstellende Relief eines großen Theiles der schweizerischen Alpen und Voralpen, das durch seine ausgezeichnete Genauigkeit den überraschendsten Eindruck noch heute erweckt; ganz vorzüglich gelungen ist auch das eben daselbst stehende Relief des Engelberger Thales. Andere Arbeiten schenkte M. an Kloster Engelberg, an die Regierung von Obwalden, oder sie kamen durch Ankauf nach Berlin, Stuttgart, Sigmaringen, u. s. f. — Der bescheidene Mann hatte inzwischen in seiner Heimath bedeutende Achtung erlangt. 1798 wurde er Engelberger Thalammann, 1800 in der helvetischen Epoche Oberaufseher der Straßen und Brücken im Kanton Waldstätte, und auch nachher, als Engelberg erst zum Halbkanton Nidwalden, seit 1816 zu Obwalden geschlagen worden war, wurden ihm ansehnliche kantonale und Gemeindeämter|übertragen. — M. ist in seinen Arbeiten noch jetzt kaum übertroffen. „Für alle Zeiten ist er als großartiger Förderer der schweizerischen Topographie in dankbarstem Andenken zu bewahren": so urtheilt über ihn Rudolf Wolf.

    • Literatur

      Vgl. eben Rudolf Wolf's Geschichte der Vermessungen in der Schweiz (1879), S. 123—141, besonders S. 126, sowie die darauf beruhende Abtheilung der Abhandlung von Dr. J. H. Graf, Johann Rudolf Meyer und dessen Reliefs der Schweiz (im Archiv des histor. Vereins des Kantons Bern, Bd. XI. S. 1—28, 1883).

  • Autor/in

    Meyer von Knonau.
  • Zitierweise

    Meyer von Knonau, "Müller, Joachim Eugen" in: Allgemeine Deutsche Biographie 22 (1885), S. 562-564 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118585010.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA