Lebensdaten
um 1060 – 1103 oder 1119
Geburtsort
Lautenbach bei Gebweiler (Elsaß)
Sterbeort
Marbach (Elsaß)
Beruf/Funktion
Augustinerchorherr ; Philosoph
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118576992 | OGND | VIAF: 13099563
Namensvarianten
  • Manegold
  • Mangold
  • Lautenbach, Manegold von
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Zitierweise

Manegold von Lautenbach, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118576992.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    M. trat in jungen Jahren – jedenfalls vor 1084 – in das Augustinerchorherrenstift Lautenbach b. Gebweiler im Elsaß ein. Einer anderen Tradition zufolge soll M. um 1060 das Elsaß verlassen haben, wo er zuerst als Lehrer aufgetreten sei, um in Frankreich, vor allem in Paris, zu lehren, begleitet von seiner Frau und seinen Schule haltenden Töchtern. Nach dem Tod seiner Frau habe sich M. – einem Brief Ivos von Chartres zufolge – („post multos circuitus“) von der Welt zurückgezogen und sei in das Stift Lautenbach eingetreten.

    Dort wurde er als Anhänger Papst Gregors VII. 1085 oder wenig später vertrieben, das Stift Lautenbach wurde von der königlichen Partei zerstört. M. führte nun ein Wanderleben, bis er 1086 Aufnahme im oberbayer. Stift Rottenbuch fand, einer Stiftung Hzg. Welfs I. und Bischof Altmanns von Passau. In Rottenbuch wirkte er als Dekan. Nachdem er 1090 Bayern verlassen hatte, gründete er zusammen mit Burchard von Gebweiler, einem Ministerialen der Straßburger Kirche, in der Nähe Lautenbachs 1094 das Chorherrenstift Marbach, dessen erster Propst M. wurde. Papst Urban II. ernannte ihn zum Poenitentiarius. 1096 begab er sich zu Urban II. nach Tours, von dem er am 24.3. d. J. ein Privileg für Marbach erhielt, in dem er selbst bereits als Propst bezeichnet wird. Beim Papst vermittelte er auch im Streit zwischen den Kongregationen Schaffhausen und Rottenbuch, wie aus einem Brief des Papstes an Bischof Gebhard III. von Konstanz hervorgeht, in dem M. als „magister scolarum“ bezeichnet wird. In Marbach setzte er sich entschieden für die monastische Reform ein. 1098 fiel er Kaiser Heinrich IV. in die Hände, der ihn für längere Zeit gefangen setzte. Das letzte Mal wird M. in einer Bulle Papst Paschalis' II. vom 2.8.1103 als Propst von Marbach genannt. Als Papst Calixt am 30.10.1119 die Freiheiten Marbachs erneut bestätigte, taucht bereits ein anderer Propst auf, so daß M. wohl zwischen 1103 und 1119 starb.

    Bekannt wurde der entschiedene Anhänger Gregors VII. durch seine beiden Streitschriften im Kampf zwischen Kaiser- und Papsttum. Der „Liber contra Wolfelmum“ behandelt – obgleich dies die nachweislich frühere Schrift ist – Papst Gregor VII. als eben gestorben, während dieser im „Liber ad Gebehardum“ als lebend erscheint. Deshalb ist anzunehmen, daß M.s Schriften mit einem gewissen Phasenverzug entstanden sind. Im „Liber contra Wolfelmum“ bekämpft M. die Ansicht Abt Wolfhelms von Brauweiler, daß die Lehren der heidnischen Philosophen mit dem Christentum vereinbar seien. Nur die beiden letzten Kapitel (23 und 24), in denen die Anhänger Heinrichs IV. den (häretischen) Anhängern der heidnischen Philosophie gleichgesetzt werden, nehmen zum Konflikt Königtum-Papsttum Stellung. M. stellt bereits hier in Aussicht, den Brief Wenrichs von Trier zu beantworten.

    Erst nach längerem Zögern kam er – wie er selbst in der Vorrede seines „Liber ad Gebehardum“ ausführt – dem Verlangen des Lautenbacher Propstes Hermann nach, eine Gegenschrift auf den weit verbreiteten Brief des Trierer Scholasticus Wenrich zu verfassen. Gewidmet hat M. sein Werk, das er wohl auf der Flucht von Lautenbach nach Rottenbuch mit sich führte, Erzbischof Gebhard von Salzburg. M. geht davon aus, daß die Absetzung Heinrichs IV. durch Papst Gregor VII. rechtmäßig war, weil der Papst Strafgewalt über alle Christen habe und das Urteil gegen den König als Einzelperson und nicht gegen das Amt gerichtet sei. Damit könne auch die Lösung der Untertaneneide rechtmäßig erfolgen, da ihre Gültigkeit vom pflichtgemäßen Verhalten des Königs abhängig sei. Seit Otto v. Gierke sah die Forschung auf Grund dieser Schrift in M. einen Vertreter der Lehre von der „Volkssouveränität“ und vom „Herrschaftsvertrag“. Einerseits gesteht M. dem „Volk“ zwar das Recht zur Absetzung des Königs zu, andererseits behält er dieses Recht ausdrücklich dem Papst vor und möchte dem Volk auch in der Kirche kein Mitspracherecht einräumen. – Sah die Forschung früher in M. aufgrund seiner oft heftig verunglimpfenden Polemik einen „Hitzkopf“ (C. Mirbt) oder gar eine „chaotische Persönlichkeit“ (A. Fauser), so erkennt man hinter dem stark polemisch gefärbten Gedankengut des Investiturstreits in jüngster Zeit, daß sich die Thesen M.s im Hinblick auf die weitere geistige Entwicklung originell ausnehmen (H. Fuhrmann).

  • Werke

    Krit. Edition: Manegoldi Ad Gebehardum Liber, hrsg. v. K. Francke, in: MGH Libelli de lite 1, 1891, S. 308-430;
    M. v. L., Liber Contra Wolfhelmum, hrsg. v. W. Hartmann, in: MGH Qu. z. Geistesgesch. d. MA 8, 1972;
    Editio princeps d. Liber Contra Wolfhelmum v. A. Muratori, in: Anecdota latina 4, 1713, S. 163-208;
    Kapitelübersicht sowie d. Kap. 22 u. 23 d. Liber Contra Wolfhelmum, hrsg. v. K. Francke, in: MGH Libelli de lite 1, 1891, S. 303-08.

  • Literatur

    ADB 20;
    W. v. Giesebrecht, Ueber Magister M. v. L. u. s. Schr. gegen d. Scholasticus Wenrich, in: SB|d. Bayer. Ak. d. Wiss., Jg. 1868, Bd. 2, S. 297-330;
    P. Ewald, Chronol. d. Schrr. M.s v. L., in: Forschungen z. dt. Gesch. 16, 1876, S. 383 ff.;
    C. Mirbt, Die Publizistik im Za. Gregors VII., 1984;
    J. A. Endres, in: Hist.-pol. Bll. f. d. kath. Dtld. 127, 1901, S. 389-401, S. 486-95;
    ders., M. v. L., „modernorum magister magistrorum“, in: HJb. 25, 1904, S. 168-76;
    G. Koch, M. v. L. u. d. Lehre v. d. Volkssouveränität unter Heinrich d. Vierten, 1902;
    A. Fauser, Die Publizisten d. Investitur-Streites, Diss. München 1935;
    F. Chatillon, Recherches critiques sur les différents personnages nommés Manegold, in: Revue du moyen âge latin 9, 1953, S. 153 ff.;
    W. Hartmann, M. v. L. u. d. Anfänge d. Frühscholastik, in: DA 26, 1970, S. 47-149;
    H. Fuhrmann, „Volkssouveränität“ u. „Herrschaftsvertrag“ b. M. v. L., in: St. Gagnér, H. Schlosser u. W. Wiegand (Hrsg.), Festschr. f. Hermann Krause, 1975, S. 21-42;
    D. Schwab, in: HRG III, 1984, Sp. 240-42.

  • Autor/in

    Johannes Laschinger
  • Zitierweise

    Laschinger, Johannes, "Manegold von Lautenbach" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 21-22 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118576992.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Manegold von Lautenbach, einer der heftigsten Gegner Heinrichs IV. und eifrigsten Verehrer Gregors VII. führt seinen Beinamen von der kleinen Propstei Lautenbach im Elsaß, etwas oberhalb Gebweiler gelegen, wo er in jungen Jahren als Chorherr eingetreten ist und die uns erhaltenen Schriften verfaßt hat, deren umfangreichste, um 1085 verfaßt, gegen die im Namen des Bischofs Dietrich von Verdun vom Trierer Scholasticus Wenrich im J. 1082 ausgegebene Schrift gerichtet und Erzbischof Gebhard von Salzburg gewidmet ist. Großentheils aus Stellen älterer Autoren zusammengesetzt, und sehr weitschweifig, ist sie von einem Fanatismus erfüllt, der selbst Gesinnungsgenossen anstößig war. Eine zweite Schrift gegen Wolfhelm, Abt von Brauweiler, bekämpfte dessen Ansicht von der Vereinbarkeit von Lehrsätzen der heidnischen Philosophen mit den Lehren der Kirche. Da Lautenbach von den Gegnern zerstört war, begab sich M. in das Stift Raitenbuch, wo er um 1086 Decan geworden ist, kehrte aber um 1094 nach dem Elsaß zurück, wo er bei der Begründung des Stiftes Marbach thätig war, dessen erster Propst er geworden ist, und für welches er 1096 in Tours von Urban II. ein Privileg erwirkte. Im J. 1098 ist er in der Gefangenschaft der Kaiserlichen gewesen, 1103 wird er noch einmal als Propst von Marbach genannt, weiter aber wissen wir nichts von ihm. Er ist häufig verwechselt worden mit einem Philosophen und gefeierten Lehrer Manegold, der um 1060 nach Frankreich gegangen ist und dort gelehrt hat, unterstützt von seiner Frau und zwei Töchtern, um 1090 aber in den geistlichen Stand eingetreten ist.

    • Literatur

      Die Lebensumstände beider sind untersucht von W. v. Giesebrecht in den Sitzungsberichten der Münchener Akademie 1868, II, S. 297—330.

  • Autor/in

    Wattenbach.
  • Zitierweise

    Wattenbach, Wilhelm, "Manegold von Lautenbach" in: Allgemeine Deutsche Biographie 20 (1884), S. 183 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118576992.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA