Lebensdaten
1651 – 1716
Geburtsort
Lemgo (Lippe)
Sterbeort
Lieme bei Lemgo
Beruf/Funktion
Forschungsreisender in Persien und Japan
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118559168 | OGND | VIAF: 41858358
Namensvarianten
  • Kemper, Engelbert (Nachnamensform des Vaters)
  • Kämpfer, Engelbert
  • Kaempfer, Engelbert
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Zitierweise

Kaempfer, Engelbert, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118559168.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johannes Kemper (1610–82), Mag., Pastor in Lemgo, S d. Kaufm. Jobst u. d. Marg. Flörke;
    M Christina ( ca. 1656), T d. Pastors Joachim Drepper;
    B Joachim (1646–1706), Jurist, Dozent in Leiden;
    Halb-B Andreas (1658–1743), Pfarrer, Orientalist (s. ADB XV);
    - Stolzenau 1700 Sophia (1684–1761), T d. Wolrad Wilstach, braunschweig. Hoffaktor, Kauf- u. Handelsmann in Stolzenau;
    1 S, 2 T (früh †).

  • Biographie

    K. besuchte bis zum 15. Jahre die Schule seiner Heimatstadt, dann die Lateinschulen in Hameln, Lüneburg, Lübeck, das Athenaeum in Danzig, seit 1674 die Hohen Schulen in Thorn, Krakau, Königsberg und Uppsala. Die Wahl so entfernter Universitäten kennzeichnet sein Streben in die weite Welt. Er beschäftigte sich bis ins 30. Lebensjahr neben Sprachen, Geschichte, Erdkunde mit Naturkunde und Medizin. Wertvollen Bekanntschaften in schwed. Hof- und Universitätskreisen, so mit W. Pufendorf, verdankte er die Stelle als Sekretär und Arzt bei der Gesandtschaft, die 1683 an den russ. und pers. Hof ging. In seinem Reisetagebuch durch Finnland und Rußland fesselt besonders sein Aufenthalt in Moskau und die Audienz vor dem 11jährigen Zaren Peter. Die Wolga hinabfahrend, erreichte das Schiff Astrachan und nach 12tägiger Sturmfahrt über den Kaspisee das pers. Ufer bei Nisabad. Von Schemacha aus unternahm K. mit 3 Begleitern einen abenteuerlichen Ritt in die Halbinsel Apscheron, deren Erdölquellen, „ewige Feuer“ und Schlammvulkane er als erster Europäer zeichnete und beschrieb. In Baku wurde er als Spion verhaftet, entkam aber aus der Haft. 4 Jahre lebte K. in Persien. Das Ergebnis seiner umfassenden Forschungen legte er nieder in den „Amoenitates exoticae“, die eine glänzende Darstellung geben von der Residenz Isfahan und dem gesamten, dem Verfall zueilenden Perserreich unter dem schwachen Schah Sulayman.

    Der Forschungstrieb Ks war nicht gestillt. Er wollte nach Indien und trat als Oberchirurg in die Dienste der Holländ.-Ostind. Compagnie, mußte aber in deren Faktorei in Bender Abbas unter vielen Beschwerden zwei Jahre bis zur Weiterreise warten. Auf einer Dienstreise berührte er die Ruinen von Naksch-i-Rustem und Persepolis, die er in genauen Zeichnungen festhielt und beschrieb. Er vollendete seine Flora Persiens, die nie veröffentlicht wurde. Endlich brachte ihn das Schiff zur Malabarküste Vorderindiens. Aber das Land seiner Sehnsucht enttäuschte ihn, da er nur die kleinen Küstenplätze der Holländer kennenlernte. Er machte tropenärztliche Studien über die Elefantiasis, über Gifte und Gegengifte und über die Rauschmittel der Asiaten. – Java, das Paradies der Botaniker, von dem er nun alles erhoffte, brachte neue Enttäuschungen. Er gewann die Zuneigung hochgebildeter Handelsherren, aber der kleinsinnige Chefarzt des Hospitals verhinderte seine Anstellung. So griff er zu, als ihm die Stelle des Gesandtschaftsarztes für die Faktorei in Nagasaki angeboten wurde. Die Fahrt ging über Siam, wo K.|wertvolle topographische und historische Beobachtungen machte, besonders über die alte Residenz Ajudhja. Im Gelben Meer geriet das Schiff in einen Taifun, der auch K.s Handschriften zum Teil „zu Papp und Brei“ verwandelte. Japan war seit 100 Jahren allen Fremden verschlossen. Nur die Holländer durften dort Handel treiben, unter scharfer Aufsicht und beschränkt auf die winzige, vor Nagasaki liegende Insel Deshima. Da den Japanern jeder vertraute Umgang mit den Fremden, jede Mitteilung über Land und Volk bei Todesstrafe verboten war, hatte es bisher keine Forschungsmöglichkeiten gegeben. K. aber hat auf 470 Seiten eine noch heute grundlegende „Geschichte und Beschreibung Japans“ geschrieben: Er unterwies nämlich die Wißbegierigen ohne Entgelt in Arzneikunde, Astronomie und Mathematik und fragte sie dafür nach allem aus. Zwei Jahre weilte er in Japan. Zweimal durfte er die Reise an den Hof in Tokio mitmachen und konnte dabei wertvolle Beobachtungen anstellen.

    Im Okt. 1692 kehrte K. über Java und um das Kap der Guten Hoffnung nach Europa zurück, holte in Leiden sein Doktorexamen nach und ließ sich im Dorf Lieme bei Lemgo nieder. Seine Kisten und Ballen bargen vier fast vollendete wertvollste Werke. Er brannte darauf, sie der Welt bekannt zu machen. Aber man nötigte ihn zu ärztlicher Praxis, sein Landesherr, der Graf zur Lippe, machte ihn zum Leibmedikus. Vergebens mühte sich K., vom Zwang freizukommen. Eine reiche Heirat sollte ihm dazu verhelfen. Im 50. Lebensjahre heiratete er eine 16jährige um der Mitgift willen. Das mußte er mit Unfrieden büßen; die Ehe wurde zur Hölle. Nur ein einziges Werk konnte er zum Druck befördern, die „Amoenitates exoticae“, eine fesselnde Auswahl asiat. Beobachtungen aus allen Wissensgebieten. Die Herausgabe seines Hauptwerkes erlebte er nicht. Ein Neffe verkaufte das Japanwerk samt allen übrigen Handschriften nach England. 1727-29 erschien es dort in engl. Sprache, franz. und niederländ. Übersetzungen folgten. Erst 1777-79 gab Ch. W. Dohm den deutschen Urtext heraus. 1937 erschien eine japan. Übertragung – ein Beweis für die hohe Einschätzung des deutschen Gelehrten durch die Japaner, die er frei von Zivilisations- und Rassedünkel der europ. Welt als erster zutreffend dargestellt hat.

    K. hat in einer Zeit, als Deutschland an der Erschließung der unbekannten Welt wenig Anteil hatte, der Wissenschaft neue Provinzen erobert und europ. Berühmtheit erworben. A. v. Haller fällte über ihn 1772 das Urteil: „Keinem Forschungsreisenden nachstehend, zu jeglicher Mühe unverdrossen, nie sich schonend, sooft eine Aussicht bestand, die Wahrheit zu ergründen.“

  • Werke

    Amoenitatum Exoticarum … Fasciculi V, 1712;
    The History of Japan …, engl. Übers. v. I. G. Scheuchzer, 1727 (mit kurzer Biogr., franz. u. niederländ. Überss.);
    E. K.s … Gesch. u. Beschreibung v. Japan, hrsg. v. Ch. W Dohm, 1777–79, Neudr mit Einführung v. H. Beck, 1964;
    Die Briefe E. K.s, hrsg. v. K. Meier-Lemgo, 1965;
    Die Reisetagebücher E. K.s, bearb. v. dems., 1968.

  • Literatur

    ADB 15;
    K. Meier-Lemgo, in: Westfäl. Lb. II, 1931, S. 199-218 (W, L);
    ders., E. K., d. erste dt. Forschungsreisende, nach d. bisher unveröff. Hss. im Brit. Mus., 1937, Neubearb. u. d. T. E. K. erforscht d. seltsame Asien, 1960;
    ders., Das Stammbuch K.s, in: Mitt. a. d. lipp. Gesch. 21, 1952;
    ders., Die Wirkung u. Geltung E. K.s b. d. Nachwelt, ebd. 34, 1965;
    W. Hinz, E. K., Am Hofe d. pers. Großkönigs, Das erste Buch d. Amoenitates, 1940;
    H. Beck, E. K., d. größte Reisende d. Barockzeit u. Erschließer Japans, in: E. Kaempfer - Ph. F. v. Siebold, Gedenkschr. (= Mitt. d. Dt. Ges f. Natur- u. Völkerkde. Ostasiens, Suppl.bd. 28, dt. u. japan.), 1966;
    J. Numata, E. K. in Japan u. s. Einfluß auf Japan, ebd.;
    K. Meier-Lemgo, E. K. u. s. Umwelt, ebd.;
    ders., Bibliogr. d. Werke E. K.s, ebd.;
    ders., Bibliogr. d. Sekundärlit. z. E. K., ebd.

  • Autor/in

    Karl Meier-Lemgo
  • Zitierweise

    Meier-Lemgo, Karl, "Kaempfer, Engelbert" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 729-730 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118559168.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Kämpfer: Engelbert K., dessen berühmter Name unzertrennlich mit Japan verknüpft ist, wurde am 16. September 1651 in Lemgo als Sohn eines dortigen Pfarrers geboren. Er besuchte die Gymnasien zu Lemgo, Hameln, Lüneburg, Lübeck, die Universitäten Danzig, Krakau, Königsberg und bildete sich in Medicin, Chirurgie und den damals noch wenig beachteten Naturwissenschaften aus. Sein Wandertrieb führte ihn 1680 nach Upsala, wo die Brüder Pufendorf sich seiner annahmen, und bewog ihn, sich als Arzt einer Gesandtschaft anzuschließen, welche der König von Schweden 1683 in Handelsangelegenheiten nach Rußland und Persien schickte. Der aus 30 Köpfen bestehende Zug erreichte im Juli Moskau, zog weiter über Kasan, Astrachan, das Kaspische Meer und traf im März 1684 in Ispahan ein. K. war während dessen unablässig bemüht, sich naturwissenschaftliche, geographische, ethnographische und Sprachkenntnisse anzueignen, während er über seine Beobachtungen sorgfältig Tagebuch führte und Zeichnungen aufnahm. Insbesondere machte er eine Excursion nach der den Feueranbetern heiligen Stadt Baku mit ihren Naphtaquellen, welche er durch eine Schrift zuerst bekannt gemacht hat, besuchte die Ruinen von Persepolis und Pasargadä und durchreiste unermüdlich beobachtend ganz Persien. Nach Rückkehr der schwedischen Gesandtschaft blieb K. in Persien, begierig nach neuen Fahrten und Forschungen, zu welchen er sich überall die Mittel durch ärztliche Praxis erwarb. Eine Zeit lang finden wir ihn in Tiflis, wo er in großem Ansehen stand und Leibarzt des Fürsten von Georgien war, der ihn vergeblich durch Gunstbezeugungen zu fesseln suchte. Nach Ispahan zurückgekehrt, begab er sich mit einem holländischen Schiffe nach Ceylon, Cochin, Bengalen und langte im September 1689 in Batavia an, wo er sich längere Zeit mit dem Studium der javanischen Thier- und Pflanzenwelt beschäftigte. — Hier faßte K. den Entschluß (1690), eine Gesandtschaft der Holländer nach Japan zu begleiten, um dieses damals in Europa noch fast ganz unbekannte Reich, welches ausschließlich mit Holländern zu Nangasaki in Handelsverkehr stand, zum Gegenstand seiner Forschungen zu machen. Da die Gesandtschaft zunächst an der Küste von Siam landete und den Hof des dortigen Kaisers besuchte, so fand K. Gelegenheit, auch über dieses Reich, besonders über Religion und Sitten der Siamesen, Nachrichten zu sammeln. Nach heftigen Stürmen, wodurch er einen Theil seines Reisegepäcks verlor, erreichte das Schiff den Hafen von Nangasaki. Das Mißtrauen der Regierung gegen Fremde bannte den Verkehr der Holländer mit den Japanern in die engsten Schranken und bereitete dem Forscher überall Hindernisse und Gefahren, aber der glühenden Wißbegierde Kämpfer's gelang es dennoch, durch Schlauheit, Geschicklichkeit und unermüdliche Ausdauer diese Hindernisse zu besiegen und sich allmählich über das geheimnißvolle Land eine Fülle der interessantesten Nachrichten zu verschaffen, wie es vor ihm noch Niemanden, auch nicht den Missionaren der Jesuiten, gelungen war. Er begleitete die holländischen Gesandten zweimal an den Hof des Kaisers nach Jeddo und fand mehrmals Gelegenheit, tiefer in das Land einzudringen und dessen Staats- und Kulturzustände mit merkwürdiger Beobachtungsgabe zu erforschen. Nach einem Aufenthalte von mindestens zwei Jahren begab er sich wieder nach Batavia, verweilte eine Zeit lang am Cap der guten Hoffnung und traf im J. 1694 wieder in Holland ein. Nachdem er in Leyden die medicinische Doctorwürde erlangt, kehrte er endlich mit einem überreichen Schatze von Erfahrungen und Kenntnissen in seine Heimath zurück, ließ sich auf einem kleinen Gute in der Nähe von Lemgo (Steinhof zu Lieme) nieder, wurde vom Grafen zur Lippe zum Leibarzt ernannt, verheirathete sich um 1700 und starb zu Lieme am 2. November 1716. K. war ohne Zweifel einer der gelehrtesten und geistig bedeutendsten Männer seiner Zeit, der Humboldt des 17. Jahrhunderts. An universellem Wissen und Sprachenkunde stand er keinem Zeitgenossen nach. Außer Latein und Griechisch sprach oder verstand er Holländisch, Schwedisch, Portugiesisch, Französisch, Englisch, Russisch und Polnisch, Persisch, Malayisch, Japanesisch und andere asiatische Sprachen. Die Gründlichkeit und Zuverlässigkeit seiner Berichte werden von allen Sachkundigen, Deutschen, Franzosen und Engländern gerühmt. Um so mehr ist es zu beklagen, daß seine Schriften nur zum Theil und nur spät durch den Druck bekannt geworden sind. Das einzige von ihm selbst, Lemgo 1712, herausgegebene Werk sind die „Amoenitates exoticae“, eine Reihe ethnographischer, naturwissenschaftlicher und geschichtlicher Abhandlungen mit selbstgefertigten Abbildungen. Für alle anderen Manuscripte fand er keinen Verleger. Erst nach seinem Tode kam ein Engländer John Sloane nach Lemgo, kaufte von dem Neffen des berühmten Reisenden dessen litterarischen Nachlaß an und ließ 1727 ein zweites Werk in einer durch J. Kasp. Scheuchzer veranstalteten Uebersetzung: „History of Japan and Siam“ in zwei Foliobänden veröffentlichen, welches auch ins Französische, Holländische und demnächst zurück ins Deutsche übersetzt wurde. Nach Sloane's Tode gingen die Kämpfer’schen Manuscripte an das britische Museum über. Nur eine in Lemgo gebliebene Originalhandschrift wurde 1777 von dem bekannten Staatsrath v. Dohm mit|einer kurzen Biographie Kämpfer's unter dem Titel: „Geschichte und Beschreibung von Japan“ in 3 Quartbänden herausgegeben. Ein viertes Werk edirte der Naturforscher Sir Joseph Banks nach den Londoner Handschriften: „Icones plantarum, quae in Japonia collegit et delineavit Eng. Kaempfer“, Lond. 1791. Kämpfer's Hauptwerk aber, die Beschreibung seiner großen Reisen durch so viele unbekannte Länder, hat bis heute keinen Herausgeber und Verleger gefunden. Seine Vaterstadt Lemgo hat ihm ein Denkmal gesetzt.

  • Autor/in

    Falkmann.
  • Zitierweise

    Falkmann, Rudolf, "Kaempfer, Engelbert" in: Allgemeine Deutsche Biographie 15 (1882), S. 62-64 unter Kämpfer [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118559168.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA