Lebensdaten
1832 – 1879
Geburtsort
Zörbig Kreis Bitterfeld
Sterbeort
Alt-Scherbitz bei Schkeuditz
Beruf/Funktion
Psychiater
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117529451 | OGND | VIAF: 50005419
Namensvarianten
  • Koeppe, Johann Moritz
  • Köppe, Johann Moritz
  • Köppe, Moritz
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Quellen(nachweise)

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Koeppe, Moritz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117529451.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Peter Gottfr., Bgm. in Z.;
    M Elisabeth Christiane Sonntag aus Lobejün.

  • Biographie

    Nach der Schulzeit in Halle (Franckesche Stiftungen) studierte K. in Leipzig und Halle Medizin (Promotion 1856, Approbation 1857) und war zunächst Assistent der Medizinischen Klinik in Halle bei J. Vogel; seinen psychiatrischen Neigungen entsprechend, wurde er 1858 Assistent an der Provinzial-Irrenanstalt Nietleben bei Halle unter H. Damerow, nach dessen Tod (1866) er 1867 die Leitung der Anstalt übernahm. 1869 habilitierte sich K. in Halle für Psychiatrie und richtete in Verbindung mit der Anstalt eine „psychiatrische Klinik“ ein; 1874 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt. – K.s Lebenswerk sollte die Errichtung der neuen Provinzial-Irren-Heil- und Pflegeanstalt auf dem ehemaligen Rittergut Alt-Scherbitz bei Schkeuditz werden. Sie wurde vorbereitet durch eine Studienreise (1875) nach Belgien, England und Frankreich. Damit verbunden war die Fortführung des von England ausgehenden, in Nietleben schon erprobten „no restraint“ - zum „open door“ - und Kolonie-System unter Abschaffung nicht nur aller Zwangsmittel, sondern auch der Einschließung der Geisteskranken; landwirtschaftliche Arbeit sollte als Therapie genutzt werden. 1876 wurde die neue Anstalt provisorisch eröffnet; K. starb jedoch vor Fertigstellung der Neubauten an einer Morphin-Vergiftung. Er gehört zu den richtungweisenden Anstaltspsychiatern, die im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts menschenwürdigere Methoden in die Behandlung der Geisteskranken einführten.

  • Literatur

    ADB 16;
    Chronik d. kgl. vereinigten Friedrichs-Univ. Halle-Wittenberg 1879, S. 7 f.;
    Allg. Zs. f. Psychiatrie 36, 1880, S. 128-34;
    H. Laehr u. M. Lewald, Die Heil- u. Pflege-Anstalten f. Psychisch-Kranke d. dt. Sprachgebietes am 1.1.1898, 1899, S. 9-11;
    A. Paetz, Die Kolonisirung d. Geisteskranken in Verbindung mit d. Offen-Thür-System, ihre hist. Entwickelung u. d. Art ihrer Ausführung auf Rittergut Alt-Scherbitz, 1893;
    ders., Landes-Heil- u. Pflegeanstalt d. Prov. Sachsen Rittergut Alt-Scherbitz, in: Dt. Heil- u. Pflegeanstalten f. Psychischkranke in Wort u. Bild, red. v. J. Bresler, I, 1910, S. 344 f.;
    ders., in: Dt. Irrenärzte, hrsg. v. Th. Kirchhoff, II, 1924, S. 104-09 (P);
    H.-H. Eulner u. W. Glatzel, Die Psychiatrie an d. Univ. Halle, in: Wiss. Zs. d. Univ. Halle, Math.-nat. R., 7, 1958, S. 197-218 (P);
    BLÄ.

  • Autor/in

    Hans-Heinz Eulner
  • Zitierweise

    Eulner, Hans-Heinz, "Koeppe, Moritz" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 370 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117529451.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Köppe: Joh. Moritz K., Irrenarzt, geb. am 26. Mai 1832 in Zörbig, preuß. Sachsen, zu Altscherbitz bei Halle a. d. S. am 30. Januar 1879. Nach den vorbereitenden humanistischen Studien in Halle bezog K. zu Ostern 1852 die Universität Leipzig, wo er zwei Jahre lang sich der Medicin widmete, um darauf in Halle seine Studien fortzusetzen. Hier wurde er im Sommer 1856 zum. Doctor promovirt (Diss. „De cholerae epidemicae propagationis natura ac ratione") und absolvirte im folgenden Wintersemester die medicinischen Staatsprüfungen. Anderthalb Jahr war er dann an der internen Universitätsklinik als Assistent thätig, worauf er sich der Psychiatrie zuwandte und am 1. Oct. 1858 als Hülfsarzt an der unter Damerow's Leitung stehenden Irrenanstalt Nietleben bei Halle eintrat. Schon nach 8 Monaten wurde er mit der Stelle des zweiten Arztes betraut. Der Krieg 1866 unterbrach für kurze Zeit seine Thätigkeit, daraus zurückgekehrt, stellte ihn der Tod Damerow's auf dessen Posten, welcher ihm dann am 18. Juni 1867 auch definitiv übertragen wurde. Nun entfaltete K. eine großartige organisatorische Thätigkeit, welche sich im Wesentlichen den Griesinger’schen Reformplänen anschloß. Trotz großer Schwierigkeiten führte er die Abschaffung des bisherigen Zwangssystems durch und trachtete dahin, die Irren so viel als möglich in freierer Weise zu verpflegen. Die Ueberfüllung und bauliche Unzulänglichkeit der Anstalt, welche letztere er übrigens in mannigfacher Weise zu verbessern wußte, gaben ihm Gelegenheit, im Sinne der agricolen Verpflegung der Geisteskranken zu wirken. Es gelang ihm, das Vertrauen der Provinzialstände Sachsens für seine weitgehenden Pläne zu gewinnen und diese stellten ihm das Rittergut Altscherbitz im Werthe von circa 1 Million Mark zur Verfügung. Sein Plan war, daraus eine Anstalt für 4—500 Kranke zu schaffen, von welchen jedoch nur ein kleiner Theil in einer|central gelegenen, allen neueren Anforderungen entsprechenden Irrenanstalt untergebracht werden sollte, während die Mehrzahl in einfachen, billig herzustellenden, zerstreut liegenden Häusern wohnte. Die Bewirthschaftung des großen Gutes von 1500 Morgen sollte den Kranken eine ausgiebige geregelte Beschäftigung bieten, welche als Cur- und Conservationsmittel auf dieselben einwirkte, während gleichzeitig beträchtliche finanzielle Vortheile daraus erwuchsen. Andererseits konnte eine solche Anstalt den Pfleglingen das größte Maß von Freiheit, sowie den Comfort und das Behagen eines kleinen bürgerlichen Hauses gegenüber den einengenden Verhältnissen der großen geschlossenen Anstalten gewähren. 1876 begannen die nöthigen baulichen Umänderungen, im Juni zog zugleich ein kleiner Bestand von 40 Patienten aus Nietleben auf das Gut. Leider sollte es K. nicht vergönnt sein, die Vollendung seines Werkes und die praktische Erprobung des hier angewendeten Prinzipes zu erleben, welches sowol wegen der Vortheile für die Kranken, wie der viel geringeren Belastung der öffentlichen Mittel für die fernere Entwicklung des Irrenwesens von eminenter Tragweite ist. Mitten im Schaffen ereilte ihn der Tod, als er eben im Begriffe stand, die Direction von Nietleben und die psychiatrische Professur in Halle niederzulegen, um sich ganz seiner neuen Schöpfung zu widmen. K. hatte nämlich neben seiner ärztlichen und organisatorischen Thätigkeit auch Zeit gefunden zur wissenschaftlichen Förderung der Psychiatrie. Seine Arbeiten über Reflexepilepsie, Gehörsstörungen und Psychosen, Kopfverletzungen als periphere Ursachen reflectirter Psychosen sind werthvolle Beiträge zur Aetiologie der Seelenstörungen. 1869 habilitirte er sich mit einer Arbeit über das Rhinhämatom als Docent der Psychiatrie und entwickelte auch in dieser Berufsthätigkeit ein erfolgreiches Wirken, 1875 fand er in der Ernennung zum außerordentlichen Professor die wohlverdiente Anerkennung.

    • Literatur

      Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, Bd. XXXVI. S. 128.

  • Autor/in

    Bandorf.
  • Zitierweise

    Bandorf, "Koeppe, Moritz" in: Allgemeine Deutsche Biographie 16 (1882), S. 697-698 unter Köppe, Johann Moritz [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117529451.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA