Lebensdaten
1616 – 1655
Geburtsort
Nürnberg
Sterbeort
Nürnberg
Beruf/Funktion
Organist ; Komponist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116172169 | OGND | VIAF: 276217
Namensvarianten
  • Kindermann, Johann Erasmus
  • Kinderman, Johannes Erasmus
  • Kindermann, Erasmus
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Kindermann, Johann Erasmus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116172169.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hans ( 1662), Kammacher;
    M Ursula Gebel ( 1034), aus Kammacherfam. in N.;
    Nürnberg 1637 Susanna Ditzlin ( 1653);
    4 S, 8 T.

  • Biographie

    Um die Mitte des 17. Jahrhunderts war K. die auffälligste Erscheinung des Nürnberger Musiklebens. Die Versuche, aus dem heimatlichen Kreis herauszutreten, schlugen fehl. Abgesehen von einer 2monatigen Anstellung in Schwäbisch Hall (1640) und einem Studienaufenthalt in Italien, blieb sein Wirken auf Nürnberg beschränkt und wurde von den dortigen Gegebenheiten bestimmt. So begegnen in seinen Kompositionen neben Opitzschen Dichtungen vornehmlich Werke der Nürnberger Poeten und Theologen Johann Vogel, Johann Klaj, Georg Philip Harsdörffer und Johann Michael Dilherr.

    Seine musikalische Ausbildung erhielt K. bei Johann Staden, dem Organisten von Sankt Sebald; er gehörte bereits 1631 zu den Musikern der Frauenkirche. Ein 2jähriges Stipendium der Stadt eröffnete ihm im Herbst 1634 die Möglichkeit, italienische Musik bei ihren Meistern zu studieren. Es ist anzunehmen, daß er nach Venedig zu Monteverdi oder Cavalli reiste; auch an Rom (Carissimi, Frescobaldi) ist zu denken. Aber schon im Januar 1636 wurde er als Vizeorganist an die Frauenkirche zurückberufen. 1640 übernahm er die 1. Organistenstelle an Sankt Egidien, die er bis zu seinem Tode innehatte. Von seinen zahlreichen Schülern sind besonders Johann Caspar Wecker und Heinrich Schwemmer hervorgetreten, welche die von Konrad Paumann ausgehende Organistentradition bis Johann Pachelbel weiterführten.

    K.s Lebenswerk repräsentiert jenes Stadium der musikalischen Entwicklung, in dem sich die Mischungen von deutscher kontrapunktischer Kunst und italienisch monodischen beziehungsweise konzertierenden Neuerungen zu den Gattungen der Suite und Kantate, des Vokalkonzerts und des Oratoriums abzuklären beginnen. Die traditionelle Motette wandelt sich bei ihm zur konzertierenden Motette mit in sich geschlossenen Soloeinlagen und zunehmend selbständiger geführten Instrumenten, die sich nicht nur vom Vokalpart lösen, sondern auch mit ihren teilweise gar dominierenden Vor- und Zwischenspielen das Ganze gliedern. Derartig chorisch-solistische Werke sowie geistliche Solokonzerte, instrumentiert mit 2 Violinen und Generalbaß, ebnen den Weg zur vorbachischen Kantate. In ähnlicher Weise lassen instrumental begleitete Dialoge in ihren betrachtenden Chören das spätere Oratorium ahnen. Beim geistlichen Lied bevorzugt K. den ein- oder mehrstimmigen, volkstümlich choralmäßigen Sologesang mit oder ohne Instrumentalritornell.

    Dem Vordringen instrumentaler Elemente in den vokalen Gattungen entspricht die wachsende Bedeutung der selbständigen Instrumentalmusik. Die 1645 erschienene „Harmonia organica“ besteht aus 25 Fugen, die in ihrer obligaten Behandlung des Pedals einen spezifischen Orgelstil entwickeln. Dieser Druck markiert einen Wendepunkt in der Überlieferungstechnik: einerseits ist er eine der letzten Orgeltabulaturen, andererseits sind die Zeichen erstmals gestochen („aere incisa“). Nur handschriftlich erhalten sind 30 Tanzstücke von klavieristischem Stil (freie Stimmenzahl, Spielfiguren, Akkordbrechungen), die mit ihrer tonartlichen Gruppierung auf Frobergers Suiten vorausweisen. Das Ensemble von Streichern oder Bläsern hat K. mit Canzonen und Sonaten bedacht, die zur Orchestersuite und zur Violinsonate hinführen. Neben Heinrich Schütz ist K. der bedeutendste Vermittler italienischer Musikpraxis im Deutschland des 17. Jahrhunderts.

  • Werke

    u. a. Cantiones παϑητιϰαί, 1639;
    Dialogus Mosis Plag, Sünders Klag, Christi Abtrag, 1642;
    |Musica Catechetica, 1643;
    Harmonia organica, 1645;
    Musical. Friedens Freud, 1650;
    Erster T. Herrn J. M. Dilherrns Predigers … Ev. Schlußreimen, 1652;
    Canzoni, Sonatae, 1653. -
    Neuausgg.: Ausgew. Werke I, hrsg. v. F. Schreiber, DTB XIII, 1913;
    II, hrsg. v. B. A. Wallner, DTB XXI-XXIV, 1924;
    Tanzstücke für Klavier, hrsg. v. R. Baum = Hortus musicus 61, 1950.

  • Literatur

    ADB 15;
    F. Schreiber, Der Nürnberger Organist J. E. K. (1616-55), Diss. München 1913, = DTB XIII (W, P);
    G. Frotscher, Gesch. d. Orgelspiels u. d. Orgelkomp., 1935, ³1966;
    H. J. Moser, Corydon, 1933, ³1966;
    MGG VII (W, L, P).

  • Porträts

    Kupf. v. J. F. Fleischberger n. (nicht erh.) P v. D. Preisler, Abb. in DTB XIII u. MGG VII.

  • Autor/in

    Martin Just
  • Zitierweise

    Just, Martin, "Kindermann, Johann Erasmus" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 617-618 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116172169.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Kindermann: Johann Erasmus K., geb. zu Nürnberg den 29. März 1616, war einer der berühmtesten Organisten seiner Zeit und an der St. Egidienkirche seiner Geburtsstadt angestellt. Er starb daselbst bereits am 14. April 1655, erst 39 Jahre alt. Von seinen Compositionen, die in der Zeit von 1630 bis 1653 erschienen, sind uns sowol Gesangswerke mit Begleitung von einigen Instrumenten als Orgelstücke erhalten. v. Winterfeld widmet dem Autor einen besonderen Platz in seinem evangelischen Kirchengesange (II. 447). Er schreibt daselbst: Kindermann's Satzweise strebt nach einfacher Sangbarkeit und sucht Mannigfaltigkeit und Reiz in rhythmischen Gegensätzen und wohleingeführten Mißklängen; zuweilen freilich verfällt er in einen Wortausdruck, der an das Barocke streift und den man bei dem ernsten Gegenstande nicht billigen kann. v. Winterfeld bringt dann im Anhange drei Compositionen Kindermann's, die aber durch ihre Kürze nicht geeignet sind auch nur annähernd ein Bild der Leistungen desselben zu geben. Die königliche Bibliothek in Berlin besitzt mehrere Druckwerke von ihm. Das älteste trägt die Jahreszahl 1630, die in folgenden Versen verborgen liegt: „NVrnberg VMbgesetzt heIst frIsCh grVn Rebn, | seIn WeInberg Werth Er IeDe traVbn thV gebn.“ Es sind „musikalische Friedens-|Freuden in 14 Liedern zu ein und zwei Stimmen mit Violinen und Generalbaß begleitet, dann 1642 geistliche Concerte, die Sprüche Salomonis, deutsch von Martin Opitz enthaltend, zu 2 Singstimmen, 2 Violinen, 1 Violon und Generalbaß. Die Dedication ist mit Nürnberg den 26. April 1642 unterzeichnet. Ferner die von v. Winterfeld beschriebenen und beurtheilten „Evangelischen Schlußreime der Predigten des Herrn H. M. Dilherrn“, mit drei singenden Stimmen und einem Baß für ein „Positiv, Regal, Spinet, Clavicymbel oder Theorbe“, 1650—1652 in drei Theilen erschienen. Leider fehlt dem Exemplar eine Stimme.

  • Autor/in

    Rob. Eitner.
  • Zitierweise

    Eitner, Robert, "Kindermann, Johann Erasmus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 15 (1882), S. 762-763 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116172169.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA