Lebensdaten
1832 – 1864
Geburtsort
Köln
Sterbeort
Braunsberg (Ostpreußen)
Beruf/Funktion
Philosoph
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 101760191 | OGND | VIAF: 2688160668291103560009
Namensvarianten
  • Gerkrath, Ludwig Joseph Sigismund Hubert
  • Gerkrath, Ludwig
  • Gerkrath, Ludwig Joseph Sigismund Hubert
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Zitierweise

Gerkrath, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd101760191.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Anton Aug. (1788–1860), Rechlsanwalt, S d. Franz Sigismund, Suppleant beim Friedensger. Erkelenz, u. d. Adelgunde Christine Mertens;
    M Elisabeth (1799–1839), T d. Peter Jos. Köhler, Bierbrauer in Mülheim/Rhein u. d. Maria Cath. Forsbach; Vt 2. Grades Franz (s. 1);
    1862 Josephine Hebestreit.

  • Biographie

    G. studierte in Bonn (1850, 1851 und 1853) und Berlin (1852) Philosophie und Theologie, promovierte 1854 als Schüler Peter Knoodts mit einer „Expositio critica doctrinae quam Kantius de categoriis proposuit“ (Bonn 1854), worin er Kant eine Unterbewertung des Ichgedankens vorwarf. Im gleichen Jahr begab er sich zu Anton Günther nach Wien und erhielt dort die entscheidende wissenschaftliche Ausrichtung. Er wandte sich der Geschichte der Philosophie zu, untersuchte die Scholastik auf ihre philosophische Tragfähigkeit, diagnostizierte die „Zeiten nach dem Zerfalle der Scholastik“, verurteilte aus güntherscher Sicht den Thomismus der aufkommenden Neuscholastik, vermied aber jeden literarischen Kampf, „um ja mit der Theologie und mit Rom in keine Berührung zu kommen“. G. war seit 1855 Privatdozent in Bonn und ging 1861 als außerordentlicher Professor der Philosophie an das Lyceum Hosianum nach Braunsberg. In der Monographie über „Franz Sanchez“, einem „Beitrag zur Geschichte der philosophischen Bewegungen im Anfange der neueren Zeit“ (1860), zeigte er, daß jene Zeit reif war für eine „durchgreifende positive Umgestaltung der Wissenschaft“, wie sie dann von Descartes und Pascal in Angriff genommen wurde. 1863 verfaßte G. die Broschüre „De connexione, quae intercedit inter Cartesium et Pascalium“ (1863). Weitere Arbeiten über Montaigne, Campella, Descartes, Pascal und Kant blieben unausgereift liegen, denn er starb im Alter von 32 Jahren.

  • Literatur

    ADB IX;
    F. Hipler, Lit.gesch. d. Bistums Ermland, 1872;
    P. Wenzel, Das wiss. Anliegen d. Güntherianismus, 1961;
    Altpreuß. Biogr.

  • Autor/in

    Paul Wenzel
  • Zitierweise

    Wenzel, Paul, "Gerkrath, Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 292 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd101760191.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gerkrath: Ludwig G., geb. zu Köln den 22. Juni 1832. Nach absolvirtem Gymnasium betrieb G. von 1850—52 an der Bonner Universität theologische, philologische, naturwissenschaftliche und ganz besonders philosophische Studien. 1852—53 hörte er in Berlin die Vorlesungen der dortigen verschiedenen Docenten der Philosophie, mit besonderem Interesse die Trendelenburg's. Im Herbste 1853 kehrte er zur Fortsetzung seiner Studien nach Bonn zurück und promovirte hier im Juli 1854. Seine philosophische Dissertation führt den Titel: „Expositio critica doctrinae quam Kantius de categoriis proposuit“. Das Resultat seiner bisherigen Studien war, daß er sich ganz der Günther’schen Philosophie zuwendete, weshalb er, um noch tiefer und allseitiger in dieselbe einzudringen, im Herbste 1854 zu Günther selbst nach Wien reiste. Hier waren es namentlich die Schriften des Aristoteles, Thomas von Aquin, Kant, Hegel und Trendelenburg, die er unter Günthers Leitung studirte. Bei dem Studium des Thomas leuchtete ihm (wie er mir, sein Urtheil ausführlich motivirend, schrieb) immer mehr ein, „daß diejenigen, welche das Rad der Philosophie wieder zu Thomas zurücktreiben möchten, denselben niemals mit rein philosophischem Interesse und unbefangenem kritischem Auge gelesen haben könnten“. Seine Militärpflicht nöthigte ihn im August 1855 (früher, als er vorgehabt) nach Köln zurückkehren. Da er für dienstunfähig erklärt wurde, so setzte er in Köln das Studium der mittelalterlichen Philosophie fort. Ostern 1855 habilitirte er sich als Privatdocent der Philosophie an der Bonner Universität und las hier mit nicht geringem Erfolge über verschiedene philosophische Disciplinen bis 1861, in welchem Jahre er einem Rufe an das Lyceum Hosianum zu Braunsberg als außerordentlicher Professor folgte. 1860 erschien sein „Franz Sanchez. Ein Beitrag zur Geschichte der philosophischen Bewegungen im Anfange der neuern Zeit. Wien, Braumüller“. Diese Schrift beschränkt sich nicht auf Leben, Schriften und Lehre des Sanchez, sondern verbreitet sich über alle bedeutendsten Vorläufer des Cartesius, auf Männer, wie Rabelais, Cardano, Montaigne, Telesius, Nic. Taurellus, Charron, Campanella u. a. m. Wir erhalten so ein lebendiges Bild der gewaltigen Gährung und Bewegung jener Zeiten, in denen die mittelalterliche Bildung zerfällt und eine neue Entwickelung vorbereitet wird. Günther urtheilt über diese Schrift: „Sie gibt einen bedeutenden Aufschluß über eine Periode der Geschichte der Philosophie, welche Viele, weil sie denselben ein spanisches Dorf ist, nicht zum rechten Verständnisse des Cartesius kommen läßt“. In Braunsberg übte G. eine segensreiche Wirksamkeit aus, indem er nicht nur in seinen Vorlesungen das Interesse für Philosophie in seinen Zuhörern wach rief, sondern dieselben auch näher an sich heranzog und in die wichtigsten philosophischen Probleme dadurch einführte, daß er sie anleitete, die Hauptschriften der Philosophen selbst zu lesen. 1864 erschien|von ihm eine Abhandlung „De connexione, quae intercedit inter Cartesium et Pascalium“. Immer entschiedener wendete er sich dem Studium der Geschichte der Philosophie zu, zum Theil deshalb, weil er glaubte, daß dem von Tag zu Tag erfolgreicher hervortretenden Streben der Jesuiten, der thomistischen Philosophie durch gewaltsame Niederschlagung jeder anderen Richtung zur Herrschaft innerhalb der katholischen Kirche zu verhelfen, am erfolgreichsten begegnet würde durch Darlegung des objectiven Urtheils der Geschichte. Zunächst waren es Montaigne, Campanella und Pascal, über die er eine größere Schrift vorbereitete. Allein schon im Anfange des J. 1863 verfiel er in eine schwere Krankheit, und kaum wiederhergestellt und mit neuem Lebensmuthe arbeitend starb er am 1. Januar 1864, nachdem er nur etwas über ein Jahr in glücklicher Ehe mit Josephine Hebestreit verlebt hatte. Ihn zeichnete ein reines und ernstes, nur auf Wahrheit im Wissen und im Leben gehendes Streben aus, und er war so glücklich es zum vollen Einklange seines Wissens und Glaubens zu bringen. Bezeichnend sind die Worte eines kurz vor seinem Tode geschriebenen Briefes: „Wir sind Christen und unsere Hoffnung ist nicht auf diese kurze Spanne Zeit beschränkt“. In ihm hat die Philosophie eine hoffnungs- und charaktervolle Kraft verloren.

  • Autor/in

    Knoodt.
  • Zitierweise

    Knoodt, "Gerkrath, Ludwig" in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 3-4 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd101760191.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA