Lebensdaten
1838 – 1899
Geburtsort
Pernau (Livland)
Sterbeort
Leipzig
Beruf/Funktion
Nationalökonom
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 11701298X | OGND | VIAF: 54510035
Namensvarianten
  • Miaskowski, August von
  • Miaskowski, A. von
  • Miaskowski, August Karl von
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Zitierweise

Miaskowski, August von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11701298X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus poln. Adelsfam.;
    V Carl (1810–78), Wirkl. Staatsrat, Beamter im Postmin. in St. Petersburg;
    M Auguste (1812–70), T d. Heinrich v. Seeberg, auf Tammist b. P., u. d. Henriette Stael v. Holstein (1776–1848), Erbin v. Tammist;
    Praulen 1866 Pauline (Ina) v. Staden.

  • Biographie

    M., der einer in die russ. Ostseeprovinzen ausgewanderten poln. Familie entstammte, besuchte das deutsche Gymnasium der St. Annenschule in St. Petersburg. Er studierte 1857-62 in Dorpat Rechtswissenschaften und schloß sein Studium in Berlin und Heidelberg ab. In Heidelberg promovierte er 1864 zum Dr. iur. Nach seiner Rückkehr in die Heimat wurde er als Vertreter der estländ. Städte Narwa und Reval Mitglied der Zentraljustizkommission, die eine Reform der gemeinrechtlichen Zivil- und Kriminalprozeßordnung durchführte. 1866 legte er in Dorpat das Magisterexamen ab und ließ sich in Riga als Hofgerichtsadvokat nieder. Hier bekleidete er zugleich die Stellung eines Sekretärs in der Kanzlei des Generalgouverneurs der Ostseeprovinzen. Seit 1868 lehrte er zudem am balt. Polytechnikum Handels-, Wechsel- und Seerecht. Die verwaltungsrechtlichen Aufgaben bildeten den Schwerpunkt seiner Tätigkeit in Riga; in der Kanzlei des Generalgouverneurs oblag ihm das Dezernat für Agrar- und Gemeindeangelegenheiten.

    Diesem Fachgebiet blieb er treu, wenn auch nicht mehr als Verwaltungspraktiker, sondern als nationalökonomischer Theoretiker. Er verließ 1871 Riga und wandte sich in Deutschland der Nationalökonomie zu. Nach Studien bei Ernst Engel, dem Direktor des Preuß. Statistischen Büros in Berlin, und Bruno Hildebrandt, einem der Begründer der älteren historischen Schule der Nationalökonomie und Leiter des Thüring. Statistischen Büros in Jena, habilitierte er sich 1873 in Jena mit der Schrift über Familienfideikommisse. Bereits 1874 erhielt er einen Ruf an die Univ. Basel, wo er bis 1881 wirkte. Seine Tätigkeit in der Schweiz wurde nur durch einen kurzen Aufenthalt 1876/77 an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim unterbrochen. Während seiner Baseler Zeit befaßte er sich mit der Agrargeschichte der Schweiz und den gemeinnützigen Anstalten der Stadt Basel. Über den Gründer der „Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen“, Isaak Iselin, verfaßte er 1875 eine Biographie. 1881 folgte er einem Ruf nach Breslau, wo er seine bedeutendste Arbeit, „Das Erbrecht und die Grundeigenthumsvertheilung im Deutschen Reiche“ (2 Bde., 1882/84), anfertigte. Diese Untersuchung trug ihm die Mitgliedschaft im Preuß. Landesökonomiekollegium und im Deutschen Landwirtschaftsrat ein. Aus dem letzteren trat er 1887 aus Protest gegen die hohen Schutzzölle aus. 1889 wurde er nach Wien, 1891 als Nachfolger Lujo Brentanos nach Leipzig berufen, wo er bis 1897 lehrte. 1889 erschien eine Sammlung seiner Vorträge, die er im Deutschen Landwirtschaftsrat, im Preuß. Landesökonomiekollegium und im Verein für Socialpolitik gehalten hatte.

    M. begriff Agrarpolitik nicht als konservative Interessenpolitik, sondern als Teil einer am Allgemeinwohl ausgerichteten Sozialpolitik. So ging es vor allem auf seine Initiative zurück, daß der Verein für Socialpolitik, dessen Ausschußmitglied er war, sich diesem Thema in den 1880er Jahren zuwandte. Er stellte seine agrarwissenschaftlichen Untersuchungen und agrarpolitischen Ziele auf den Generalversammlungen des Vereins 1882 und 1888 vor. Als sozialpolitisches Ideal verfolgte er dabei eine Mischung von Bauern- und Landgütern aller Größenklassen mit dem mittleren Bauernstand als Grundstock. Die Stabilität des Bauernstandes sah er aber gefährdet durch das seit Beginn des 19. Jh. gültige Erbrecht (Pflichtteilsrecht); er strebte daher eine Wiederbelebung des Anerbenrechts an, d. h. der ungeteilten Weitergabe des Besitzes an nur einen Erben bei Abfindung der Miterben. Das Anerbenrecht sollte im Bürgerlichen Gesetzbuch für landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutztes Grundeigentum festgeschrieben werden. Die Länder und Provinzen sollten sich in diesem Rahmen entweder für das Anerbenrecht als Intestaterbrecht oder das System der Höfe- oder Landgüterrolle entscheiden. Im ersten Fall wäre das Anerbenrecht das allgemeingültige, nur durch testamentarische Erklärung zu umgehende Erbrecht geworden; im zweiten Fall hätte der Erblasser die Gültigkeit des Anerbenrechts erst durch den Eintrag in eine Höfe- oder Landgüterrolle für sein Gut erlangt, so wie es in der Provinz Hannover seit 1874 der Fall war. Diese weitreichenden Bestrebungen konnten freilich nur regional bzw. partiell durchgesetzt werden, stellten sie doch einen erheblichen Eingriff in das individuelle Eigentumsrecht dar. Das Anerbenrecht als Intestaterbrecht wurde 1896 gesetzlich bei mit staatlicher Hilfe errichteten Ansiedlungs- und Rentengütern eingeführt, bei denen die individuelle Verfügungsgewalt des Besitzers ohnehin eingeschränkt war. Im BGB fanden dagegen M.s Vorstellungen keinen Niederschlag. – M. galt als einer der besten Kenner der deutschen Agrargeschichte und, auch wenn seine zentralen Ziele nicht verwirklicht wurden, als einer der maßgeblichen Agrarpolitiker seiner Zeit.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Sächs. Ak. d. Wiss. u. d. Internat. Statist. Inst.;
    Geh. Hofrat.

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Gebundenheit d. Grund u. Bodens durch Familienfideicommisse, in: Jbb. f. Nationalökonomie u. Statistik 21, 1873, S. 129-226;
    Agrarpol. Zeit- u. Streitfragen, 1889;
    Die Anfänge d. Nationalökonomie, 1891 (Leipziger Antrittsrede, franz. in: Revue d'économie politique 6, 1892, S. 36-54);
    zahlr. Btrr. zu Zss. u. Sammelwerken, u. a. d. Hdwb. d. Staatswiss.Hrsg.: Staats- u. soz.wiss. Btrr., 1892-97.

  • Literatur

    ADB 52;
    E. Blenck, in: Zs. d. Kgl. Preuß. Statist. Bureaus 39, 1899, S. 219;
    K. Bücher, Nekrolog, in: Berr. üb. d. Verhh. d. Kgl. Sächs. Ges. d. Wiss. zu Leipzig, Philolog.-Hist. Cl., 52, 1900, S. 351-58;
    Ina v. Miaskowski, A. v. M., Ein Lb. u. Fam.buch, 1905;
    R. Wittram, Liberalismus balt. Literaten, 1931, S. 37, 53;
    Professoren d. Univ. Basel aus fünf Jhh., hrsg. v. A. Staehelin, 1960 (P);
    BJ IV, Tl.;
    Hdwb. d. Staatswiss. VI, ³1910, S. 683 f. (W-Verz.);
    Dt.balt. Biogr. Lex.

  • Autor/in

    Rita Aldenhoff
  • Zitierweise

    Aldenhoff, Rita, "Miaskowski, August von" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 415-416 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11701298X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Miaskowski: August von M., Nationalökonom, insbesondere Agrarpolitiker, geboren am 26. Januar 1838 zu Pernau in Livland, am 22. November 1899 zu Leipzig. Der Vater Karl v. M., der Postdirector und wirklicher Staatsrath war, entstammte einer polnischen Familie, die zwei Generationen früher nach Arensberg auf der Insel Oesel eingewandert war. August v. M. besuchte in Petersburg, wohin sein Vater versetzt worden war, die von der dortigen deutschen protestantischen Gemeinde unterhaltene Annenschule, widmete sich 1857—1862 in Dorpat und 1863/4 in Heidelberg juristischen Studien und wurde an letzterer Universität am 6. August 1864 zum Dr. jur. promovirt.

    In die Heimath zurückgekehrt, wurde er noch vor Ablegung der juristischen Magisterprüfung zum Vertreter der Städte Reval und Narwa in der zur Reform des gemeinrechtlichen Civil- und Criminalprocesses eingesetzten Centraljustizcommission bestellt. Im J. 1866 verheirathete er sich mit Ina v. Staden aus einer weitverzweigten baltischen Familie, ließ sich in Riga als Hofgerichtsadvocat nieder und wurde durch Vermittlung von A. v. Tideböhl zugleich Secretär in der Kanzlei des Generalgouverneurs der Ostseeprovinzen (1866 bis 1871). Von 1868 ab lehrte er auch am baltischen Polytechnikum Handels-, Wechsel- und Seerecht. Da ihm in der obersten Civilverwaltung die Bauernsachen anvertraut waren, so war er genöthigt, sich mit der Agrar- und Gemeindeverfassung näher zu beschäftigen, und dies wurde für seine spätere Laufbahn entscheidend. Nachdem er 1872 im statistischen Seminar Ernst Engel's zu Berlin und später bei Bruno Hildebrand in Jena seine staatswissenschaftliche Ausbildung vervollständigt hatte, habilitirte er sich an letztgenannter Universität 1873 (Hab.-Schrift: „Die Gebundenheit des Bodens durch Familienfideikommisse") und wurde 1874 als Professor der Nationalökonomie und Statistik an die Universität Basel berufen. Von dort ging er auf nur kurze Zeit nach Hohenheim, kehrte aber dann wieder nach Basel zurück, um 1881 einem Rufe nach Breslau zu folgen; 1889—1891 wirkte er an der Universität Wien, um darauf in Leipzig Nachfolger L. Brentano's zu werden.

    In diesen Stellungen bewies er eine nicht geringe Anpassungsfähigkeit, die ihn in Basel zur Beschäftigung mit der reich entwickelten socialen Hülfsthätigkeit der Stadt und mit der Agrar- und Gemeindeverfassung der Schweiz führte. Aus diesen Interessen gingen folgende Schriften hervor: 1. „Isaak Iselin. Ein Beitrag zur Geschichte der volkswirthschaftlichen, socialen und politischen Bestrebungen der Schweiz im 18. Jahrh.“, Basel 1875; 2. „Die Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen während der ersten hundert Jahre ihres Bestehens“, 1877; 3. „Das Kranken- und Begräbnißversicherungswesen der Stadt Basel“, 1880; 4. „Die Verfassung der Land-, Alpen- und Forstwirthschaft in der deutschen Schweiz in ihrer geschichtl. Entwicklung", 1878; 5. „Die schweizerische Allmend", 1879. Die beiden letztgenannten Schriften waren durch E. de Laveleye's „Ureigenthum“ angeregte rechts- und wirthschaftsgeschichtliche Monographien. In die agrarpolitischen Fragen der Gegenwart führten ihn seine Breslauer Arbeiten, von denen die wichtigste unter dem Titel: „Das Erbrecht und die Grundeigenthumsvertheilung im Deutschen Reiche“ in 2 Abtheilungen 1884 und 1886 in den Schriften des Vereins für Socialpolitik erschienen ist. Dieses Werk wurde die Veranlassung, daß v. M. zum Mitgliede des preußischen Landesökonomie-Collegiums und des Deutschen Landwirthschaftsraths ernannt wurde. In diesen Körperschaften war er eifrig um die weitere Ausbreitung und rationelle Ausgestaltung des Anerbenrechts bemüht, betheiligte sich aber auch hier wie im Verein für Socialpolitik mit Referaten und Denkschriften an der Erörterung anderer agrarpolitischer Tagesfragen (Rentengüter, Wucher- und Verschuldungsfrage, Creditorganisation, Genossenschaftswesen, Agrarschutzzölle). Ein Niederschlag dieser Thätigkeit ist die Sammlung: „Agrarpolitische Zeit- und Streitfragen. Vorträge, Referate und Gutachten“, Leipzig 1889. Außerdem gehört hierher seine Wiener Antrittsvorlesung: „Das Problem der Grundeigenthumsvertheilung in geschichtlicher Entwicklung“, 1890.

    Auch in den Seminararbeiten seiner Schüler, die er später in einer Sammlung ("Staats- und socialwissenschaftliche Beiträge“, erschienen 3 Bde. 1892—1897) vereinigte, überwiegt die agrar- und communalpolitische Richtung seiner Specialstudien. Von kleineren Arbeiten sind noch seine Nekrologe auf|Th. Graß, A. v. Tideböhl, G. Haussen, Lor. v. Stein und W. Roscher zu nennen, endlich seine Leipziger Antrittsvorlesung: „Die Anfänge der Nationalökonomie“, 1891.

    Als Agrarpolitiker hat v. M. während seiner Breslauer Wirksamkeit in Preußen einen nicht geringen Einfluß ausgeübt. Freilich erlebte er manche Enttäuschung: sein Hauptwunsch, die Aufnahme des Anerbenrechts in das deutsche bürgerliche Gesetzbuch ging nicht in Erfüllung, und beim Deutschen Landwirthschaftsrath erklärte er 1887 seinen Austritt, als hier extrem agrarschutzzöllnerische Bestrebungen die Herrschaft erlangten. In Oesterreich hat er während der zwei Jahre seines Wiener Lehramts nicht festen Fuß zu fassen vermocht, obwol die von ihm vertretene Form des bäuerlichen Erbrechts in Cis- und Transleithanien einflußreiche Fürsprecher fand. Maßgebend für seine Richtung in der Agrarpolitik sind immer die Erfahrungen und Anschauungen seiner baltischen Verwaltungsthätigkeit geblieben. Seine Schriften charakterisiren sich durch die enge Verbindung von rechts- und wirthschaftsgeschichtlichen Kenntnissen mit rechts- und wirthschaftspolitischen Gesichtspunkten, wie sie ihm einerseits die ständische Gliederung der Ostseeprovinzen, anderseits das caritative Basler System an die Hand gegeben haben. Abstractem Doctrinarismus abhold, wollte er „die Theorie im Zusammenhang mit dem Leben, seinen wechselnden Erscheinungen und Forderungen erhalten und dieselbe doch zugleich nach Möglichkeit davor bewahren, daß sie zum Tummelplatz der Parteileidenschaft werde“. Reiche Lebenserfahrung, viel natürliche Beobachtungsgabe, praktischer Blick und ein feines Empfinden für das zur Zeit Durchsetzbare machten seine Mitwirkung bei der Lösung von Problemen der wirthschaftlichen Tagespolitik besonders fruchtbar.

    • Literatur

      Vgl. Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 2. Aufl., Bd. V, S. 761 f., wo auch ein Verzeichniß seiner kleineren Arbeiten; außerdem den Nekrolog des Unterzeichneten in den Berichten der philol.-histor. Classe der kgl. sächs. Ges. der Wissenschaften LII (1900), S. 351—358.

  • Autor/in

    K. Bücher.
  • Zitierweise

    Bücher, Karl, "Miaskowski, August von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 52 (1906), S. 372-374 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11701298X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA