Lebensdaten
1554 oder 1555 – 1619
Geburtsort
Stuttgart
Sterbeort
Linz
Beruf/Funktion
Geschichtsschreiber ; Sprachgelehrter ; Polyhistor
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 116992514 | OGND | VIAF: 22268544
Namensvarianten
  • Megiser, Hieronymus
  • F. M.
  • M., F.
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Zitierweise

Megiser, Hieronymus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116992514.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hieronymus (um 1525–95), Lehrer in Calw u. Wildberg, Konrektor am Gymnasium in S. 1554–57, danach Leiter d. Realgymnasiums in Cannstatt, zuletzt in Klagenfurt;
    M Judith, T d. Alexander Märklin, Leiter d. Gymnasiums in S., u. d. Anna Könlin;
    1) Frankfurt/Main um 1593 Katharina (1577–1612), T d. Buchdruckers Johann Spiess ( 1623) in Oberursel b. Frankfurt u. d. Anna N.N., 2) Linz 1614 Susanna ( 1623), T d. Johann Memhart, Schulrektor in Linz; Schwager Martin Spiess, Buchdrucker in Gera, verlegte Werke M.s: 3 S (1 früh †), 4 T aus 1), u. a. Corona (* um 1610, Jonas Schrimpf v. Berg, kaiserl. Hofpfalzgf).

  • Biographie

    Der sprachbegabte M. studierte Latein und Griechisch in Tübingen bei Nikodemus Frischlin und Martin Crusius. Nach dem Magisterexamen erhielt er seine erste Erzieherstelle in der Gegend von Laibach, ein Ergebnis der Verbindungen, die er zu jungen Protestanten aus Österreich geknüpft hatte. Anschließend lebte er fast ein Jahrzehnt in Padua, zunächst als Jurastudent, dann als Erzieher sowie als Bibliothekar. Mehrfach bereiste er von dort aus Italien und kam bis Sizilien und Malta. 1590 ließ er sich in Graz nieder, wo ihm Erzhzg. Karl den Titel eines „Ordinarius Historiographus“ verlieh. Doch die nach dem Tode seines Gönners einsetzende Gegenreformation vertrieb M. aus der Steiermark. Die Abfindung, die er von dessen Nachfolger, Erzhzg. Ernst, erlangte, ermöglichte ihm Reisen nach Norddeutschland, England und in die Niederlande. 1593 erhielt er einen Ruf an die Landschaftsschule in Klagenfurt, wo er das Rektorat übernahm. Aber auch hier wurde er 1601 – als einer der letzten Protestanten – des Landes verwiesen. Der sächs. Kf. Christian II. ernannte ihn zu seinem Historiographen und zum ao. Professor für Geschichte an der Univ. Leipzig. 1611/12 baten ihn die Stände in Oberösterreich, Italienisch und Französisch an der Landschaftsschule in Linz zu unterrichten und die Bibliothek zu betreuen. Dadurch wurde er Kollege von Johannes Kepler. Dieser war es auch, der nach M.s Tod mit der Nachlaßverwaltung betraut wurde und dafür eintrat, daß M.s umfangreiche, wertvolle|Bibliothek im Landhaus zu Linz aufgestellt wurde.

    M. galt jahrhundertelang als Autor der ersten großen und zusammenfassenden Landesgeschichte Kärntens. Die „Annales Carinthiae“, in zwei Bänden 1612 in Leipzig erschienen, erwiesen sich jedoch (1949) als Bearbeitung der Collectaneen des prot. Predigers Michael Gotthard Christalnik. M., der nach dem Tode Christalniks 1595 von den Ständen um die Vollendung des ungedruckten Werkes gebeten worden war, übernahm das meiste wörtlich, gliederte den Stoff aber neu und führte die Chronik für die Zeit 1578-1611 selbständig fort. Seine Vorlage nennt er im Titel, im Werk selber nicht mehr – eine Arbeitsmethode, die auch für viele andere seiner in rascher Folge erschienenen Druckwerke bezeichnend ist. Neben den Annalen verfaßte M. eine Reihe kleinerer historischer Werke: Genealogien, Kaiser- und Papstviten und Geschichten einzelner Adelshäuser. Historische Abrisse und genealogische Tabellen enthalten auch seine Reiseberichte und Landesbeschreibungen, von denen er manche bald zum zweiten Mal auflegen konnte. M. war es auch, der als erster die Reise Marco Polos (Chorographia Tartariae, 1610) und die Indienfahrt des Ritters Varthema (1609) aus dem Italienischen übertrug.

    Seine überragende Sprachbegabung befähigte M., grammatische und lexikalische Werke, die heute besonders von Sprachwissenschaftlern hochgeschätzt werden, abzufassen. Sein Erstlingswerk auf diesem Gebiet, das „Dictionarium quattuor linguarum“ (1592), ein deutsch-lat.-slowen.-ital. Wörterbuch mit einer kurzen viersprachigen Grammatik im Anhang, gilt als das erste größere Wörterbuch mit slowen. Wortschatz und gehört damit zu den wichtigsten Quellen für die Untersuchung der slowen. Sprache. Gleichzeitig erschien die Sprichwörtersammlung „Paroimologias“ (1592), in der sinngemäß gleiche Sentenzen nach Schlagworten geordnet in verschiedenen Sprachen gesammelt sind. Das Vaterunser gab er zunächst in 40, dann in 50 Sprachen heraus (1593, 1603). Besonders hinzuweisen ist auf die in der deutschsprachigen Literatur erste türk. Grammatik (Institutiones linguae Turcicae, 1612), die bisher wenig Beachtung gefunden hat. Darin behandelt M. die türk. Schrift sowie die Grammatik und fügt eine Sprichwörtersammlung und ein Wörterbuch hinzu.

  • Werke

    Neue Nachdr. v. Einzelwerken: A. Lägreid, H. M., Sloven.-dt.-lat. Wörterbuch, Neugestaltung u. Faks. d. ersten Ausg. aus d. J. 1592, 1967;
    B. Berčič, V letu 1593 natisnjeni slovenski očenaš, in: Knijžnica XI, 1967, S. 125-28;
    R. Trofenik, H. M., Das Vaterunser in 40 Sprachen, 1968;
    J. Stabéj, H. M., Thesaurus polyglottus, 1977 (P).

  • Literatur

    ADB 21 (W-Verz.);
    M. Doblinger, H. M.s Leben u. Werke, in: MIÖG 26, 1905, S. 431-78 (W-Verz.);
    K. Großmann, M., Christalnik u. d. Annales Carinthiae, ebd. 57, 1949, S. 359-73;
    S. Stachowski, Wyrazy serbsko-chorwackie w „Thesaurus polyglottus“ H. Megisero (1603), 1969;
    Benzing, Buchdrucker;
    J. Kepler, Ges. Werke, Bd. 18, 1959, S. 268, Nr. 1028, Bd. 19, 1975, S. 130 f., Nr. 15.

  • Autor/in

    Friederike Boockmann
  • Zitierweise

    Boockmann, Friederike, "Megiser, Hieronymus" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 619-620 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116992514.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Megiser: Hieronymus M., ein tüchtiger Schulmann, Polyhistor und Schriftsteller, geb. um 1553 zu Stuttgart, Sohn des gleichnamigen dortigen Gelehrten (1554—1557 Conrector und Lehrer an der obersten Klasse des Gymnasiums daselbst), studirte seit 1571 in Tübingen, wo er ein Lieblingsschüler und Amanuensis Nicodemus Frischlin's war, und magistrirte hier 1577. Dann ward er Erzieher im Hause des Herrn Hans Kisl, Freiherrn zu Kaltenbrunn bei Laibach in Krain, wo er Veranlassung gab, daß Nicod. Frischlin 1582 hierher als Rector des landschaftlichen evangelischen Gymnasiums berufen ward. Um Jurisprudenz zu studiren, ging er 1582 nach Padua und nochmals 1584—88 als Präceptor der Freiherren Hans Jakob und Karl v. Kisl und zweier jungen Freiherren v. Stubenberg aus Steiermark und ward während dieses Aufenthalts von den Rechtshörern deutscher Nation in Padua 1588 zu ihrem ersten Bibliothekar erwählt. Im J. 1588—89 durchreiste er mit Herrn Barthol. Zwickel von Weyern Italien bis nach Neapel und besuchte selbst Malta, wie in späteren Jahren die Niederlande, England und Norddeutschland. In den J. 1590—91 lebte er zu Graz in Steiermark, wo ein älterer Landsmann von ihm, Dr. Wilh. Zimmermann, Superintendent der evangelischen Kirche war und wo ihm Erzherzog Karl 1590 proprio motu den Titel seines ordinarius historiographus verlieh. Auch mit seinem jungen Landsmann Johannes Kepler, dem nachher so berühmten Astronomen, welcher 1594 als Lehrer der Mathematik an das landschaftliche evangelische Gymnasium zu Graz kam, stand er späterhin in wissenschaftlichem und freundschaftlichem Verkehr. Von 1592—98 war M. selbst Rector des landschaftlichen evangelischen Gymnasiums zu Klagenfurt in Kärnthen. Von hier 1598 durch die Gegenreformation Vertrieben, ging er mit seiner Familie|nach Deutschland, lebte 1602 in Frankfurt a. M. und ward dann außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität in Leipzig. Auf einer wissenschaftlichen Reise begriffen, starb er 1618 zu Linz in Oberösterreich. Er war kaiserlicher Pfalzgraf, Historiograph des Erzherzogs Karl von Oesterreich, wie auch der oberösterreichischen Landschaft und kurfürstlich sächsischer Historicus. Sein Wappen zeigt einen goldnen Schwan im blauen Felde. Eine der letzten Zeilen seiner Kaiser-Biographieen (1616) lautet: „Miti Mente Memor Minimi Maneas Megiseri“. — Ein Gelehrter von tüchtigem und vielseitigem Wissen und reicher Reiseerfahrung zeichnete er sich als Verfasser historischer, geographischer, philologischer und poetischer Werke aus. Ihm verdankt man die erste Ausgabe von Enenkel's Fürstenbuch, die erste deutsche Ausgabe von Marco Polo's Reisen, die ersten Reisehandbücher (Venedig, Neapel), die erste türkische Grammatik. Er hinterließ mehr als 36, zum Theil in mehreren Ausgaben erschienene Druckschriften, welche jetzt zu den seltenen Schätzen unserer Bibliotheken gehören, und von welchen folgende genannt werden mögen: „Epithalamium in nuptias Sthelini", Tub. 1579; „Catechesis carmine heroico graeco-latino conversa“. 1584; „Strena propemptica“, Graecii 1590; ein musikalisches Werk des Freiherrn H. J. v. Kisl, ohne dessen Vorwissen von M. mit einer italienischen Vorrede desselben „Di Graz alli 20 Gennaro 1591“ herausgegeben, Venet. 1591; „Παροιμολογίας Pars I“, Graec. s. a. (1592); „Dictionarium quatuor linguarum“ (deutsch-lateinisch-illyrisch-italienisch), Graec. 1593; 2. Ausg.: Francof. ad Moen. 1603; 3. Ausg.: Clagenfurti 1744; „Ein Tractat vom dreifachen Ritterthum“, Frankfurt a. M. 1593; 2. Ausg.: „Deliciae ordinis equestris“, mit Kupfern, Leipz. 1617; „Nomenclator latino-germanicus", Francof. 1599; „Anthologia“, Francof. 1602; „Icones et vitae Paparum“, Francof. 1602; deutsche Ausgabe: „Päpstlicher Chroniken Auszug, von Georg Beatus“, mit Kupfern, Frankf. 1604; „Venediger Herrlichkeit“, Frankf. 1602; 2. sehr vermehrte Ausgabe: „Paradisus Deliciarum“, mit Kupfern, Leipz. 1610; 3. Ausg.: Frankf. 1616; „Hebraeomastyx", Francof. 1602; „Speculum Alchymiae", Francof. 1602; „Artis memoriae libri IV", Francof. 1602; „Disquisitiones Angeli Caninii in locos N. T. obscuriores", Francof. 1602; „Paraphrasis Nic. Frischlini in II libros Aeneidos P. Virgilii (ed. Megiser)“, Francof. 1602; „Thesaurus polyglottus“, Francof. 1603; 2. Ausg.: Francof. 1613; „Prophetia anglicana“, Francof. 1603; „Specimen 50 linguarum“, Francof. 1603; „Keyser Chroniken Außzug“, Frankf. 1603; „Nic. Frischlini Rhetorica (ed. Megiser)“, Lips. 1604; „Paroemiologia Polyglottes“, Lips. 1605; wieder abgedruckt in: „Henr. Decimator, Sylva vocabulorum“, Lips. 1605. Witteb. 1606; „Deliciae Napolitanae“, mit Kupfern, Lips. 1605; 2. Ausg.: mit Kupfern, Lips. 1610; „Propugnaculum Europae“, Beschreibung der Insel Malta, mit Sprachproben und Kupfern, Leipz. 1606; 2. Ausg.: Leipz. 1610; „Catechismus polyglottus“, Gerae ad Elystrum 1607; „Hodoeporicon Indiae Orientalis, Reißbeschreibung des Ritters Barthema“, aus dem Italienischen mit Kupfern, Leipz. 1608; „Beschreibung der Insel Madagaskar“, mit Sprachproben und Kupfern, Altenburg 1609; 2. Ausg.: Leipzig 1623; „Landhandveste von Kärnthen“, o. O. 1610; „Chorographia Tartariae“, Beschreibung der Reise des Marco Polo, aus dem Italienischen mit Kupfern, Leipz. 1610; „Stemma gentilitium“ (Sachsen), 1610; „Institutiones linguae turcicae“, Lips. 1612; „Annales Carinthiae“, Lips. 1612; „Septentrio novantiquus, oder die newe Nortwelt“, mit isländischen Sptrachproben und Kupfern, Leipz. 1613; „Diarium Austriacum“, lateinische Ausgabe, Augsburg 1614; deutsche Ausgabe Augsburg 1614; „Theatrum Caesareum“, mit Kupfern, Lentiis ad Istrum 1616; 2. Ausg.: Regenspurg 1657; „Jansen des Enenkels Fürstenbuch von Oesterreich und Steiermark“, Lintz 1618; „Stemma Caesareum D. Matthiae“, Lentiis ad Istrum 1618; „Stemma Imperatricis D. Annae“, Lent. ad Istr. 1618.

    • Literatur

      Vgl. Th. Elze, Die Universität Tübingen und die Studenten aus Krain, Tübingen 1877, S. 13.

  • Autor/in

    Th. Elze.
  • Zitierweise

    Elze, Theodor, "Megiser, Hieronymus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 21 (1885), S. 183-185 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116992514.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA