Lebensdaten
1903 – 1987
Geburtsort
München
Sterbeort
Königstein im Taunus
Beruf/Funktion
Publizist ; Politikwissenschaftler ; Hochschullehrer ; Schriftsteller ; Politologe
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 118713566 | OGND | VIAF: 56612025
Namensvarianten
  • Kogon, Eugen
  • Kogon, Eugen M.
  • Cogon, Eugen
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Zitierweise

Kogon, Eugen, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118713566.html [28.03.2024].

CC0

  • Eugen Kogon zählte zu den bedeutendsten Intellektuellen der Bundesrepublik. In der Zwischenkriegszeit Verfechter einer konservativen katholischen Weltsicht, wandelte sich seine politische Einstellung in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Nach 1945 wurde er mit Walter Dirks (1901–1991) zu einem führenden Vertreter des Linkskatholizismus.

    Lebensdaten

    Geboren am 2. Februar 1903 in München
    Gestorben am 24. Dezember 1987 in Königstein im Taunus
    Konfession römisch-katholisch
    Eugen Kogon, Imago Images (InC)
    Eugen Kogon, Imago Images (InC)
  • Lebenslauf

    2. Februar 1903 - München

    1914 - 1920 - Schweiklberg (Niederbayern)

    Schulbesuch

    Stiftsgymnasium

    1920 - 1922 - Vechta bei Bremen

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Dominikanerschule St. Thomas

    1922 - 1927 - München; Florenz; Wien

    Studium der Soziologie

    Universität

    1927 - Wien

    Promotion (Dr. rer. pol.)

    Universität

    1928 - 1934 - Wien

    Redakteur; stellvertretender Schriftleiter

    Schönere Zukunft (katholische Wochenschrift)

    1934 - 1938 - Wien

    Vermögensverwalter der Adelsfamilie Sachsen-Coburg-Kohary

    März 1938 - Wien

    Verhaftung und Inhaftierung

    1938 - 1945 - Buchenwald bei Weimar

    Inhaftierung

    Konzentrationslager

    1945 - Frankfurt am Main

    Mitbegründer

    CDU (Frankfurt)

    1946 - 1983 - Frankfurt am Main

    Mitherausgeber

    Frankfurter Hefte

    1949 - 1954

    Präsident

    Europa-Union Deutschland

    1951 - 1968 - Darmstadt

    Professor für Wissenschaftliche Politik

    Technische Hochschule

    24. Dezember 1987 - Königstein im Taunus
  • Genealogie

    Vater wahrscheinlich Alexander Michael Ssemjonoff russischer Diplomat; Gesandtschaftsrat an der Kaiserlich-Russischen Gesandtschaft in München
    Mutter Sophie Kogon jüdisch
    Heirat 1927 in Wien
    Ehefrau Margarete Kogon, geb. Lang 1902–1989
    Sohn Alexius Kogon
    Sohn Michael Kogon geb. 1928 Diplom-Volkswirt, Dr. rer. pol.; Autor, Übersetzer
    Tochter Cornelia Kogon
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Kogon, Eugen (1903 – 1987)

    • Vater

      Alexander Michael Ssemjonoff

      russischer Diplomat; Gesandtschaftsrat an der Kaiserlich-Russischen Gesandtschaft in München

      • Großvater väterlicherseits

      • Großmutter väterlicherseits

    • Mutter

      Sophie Kogon

      jüdisch

      • Großvater mütterlicherseits

      • Großmutter mütterlicherseits

    • Heirat

      in

      Wien

      • Ehefrau

        Margarete Kogon

        1902–1989

  • Biografie

    alternativer text
    Eugen Kogon, BArch / Bildarchiv (InC)

    Über die leiblichen Eltern Kogons ist nur wenig bekannt. Seine Mutter war Jüdin und verließ das Kind wenige Tage nach der Geburt. Der wahrscheinliche Vater, ein russischer Diplomat, hat seinen Sohn nie gesehen. Kogon kam in eine katholisch geprägte Pflegefamilie und besuchte die Stiftsschule in Schweiklberg und die Dominikanerschule St. Thomas in Vechta. Nach dem Abitur 1922 begann er in München ein Studium der Soziologie, das er 1925 abschloss. Daraufhin ging Kogon für ein Jahr nach Florenz und setzte anschließend seine Studien in Wien fort, wo er den Nationalökonomen und Vordenker des österreichischen „Ständestaats“ Othmar Spann (1878–1950) kennenlernte, bei dem er 1927 mit der Studie „Faschismus und Korporativstaat“ zum Dr. rer. pol. promoviert wurde.

    Anschließend schlug Kogon eine journalistische Laufbahn ein und publizierte erste Artikel in katholischen Zeitungen und Magazinen. 1928 wurde er Redakteur und einige Jahre später stellvertretender Schriftleiter der von Joseph Eberle (1884–1947) herausgegebenen katholischen Wochenschrift „Schönere Zukunft“, die ein konservatives Publikum ansprach und die meisten Leser im Deutschen Reich hatte. Anfangs v. a. für Kulturthemen verantwortlich, schrieb Kogon bald zu politischen und gesellschaftlichen Fragen. In dieser Zeit unterstützte er die staatsautoritären und antisozialistischen Tendenzen der österreichischen Regierungen unter Engelbert Dollfuß (1892–1934) und Kurt Schuschnigg (1897–1977).

    1934 verließ Kogon die „Schönere Zukunft“, versuchte sich in Wien erfolglos als Publizist und begann im selben Jahr als Vermögensverwalter des Adelsgeschlechts Sachsen-Coburg-Cohary zu arbeiten. In der Folgezeit entwickelte er eine zunehmend kritische Distanz zum „Dritten Reich“, verurteilte den Nationalsozialismus v. a. aufgrund von dessen Gegnerschaft zum Katholizismus öffentlich und unterstützte Regimekritiker finanziell, darunter den klerikal-konservativen Publizisten Klaus Dohrn (1909–1979). Infolgedessen geriet Kogon in den Tagen des „Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich in Gefahr. Am 11. März 1938 versuchte er, in die Tschechoslowakei zu fliehen, wurde aufgegriffen und in ein Wiener Gefängnis gebracht.

    Seit September 1938 Häftling im KZ Buchenwald, arbeitete Kogon hier als Schreiber des Lagerarztes, SS-Sturmbannführer August Bender (1909–2005), und erhielt im Zuge dieser Tätigkeit umfassende Einblicke in das Lagerleben. Während der Haft baute er Verbindungen zu anderen politischen Gefangenen auf, v. a. aus dem Kontext des christlichen Widerstands. Eine Freundschaft verband ihn zu dem ehemaligen Zentrumspolitiker und späteren hessischen Finanzminister Werner Hilpert (1897–1957).

    Als das KZ Buchenwald am 11. April 1945 von US-amerikanischen Truppen befreit wurde, erhielt Kogon den Auftrag, einen Bericht über seine dortigen Erfahrungen zu schreiben. Dieser Bericht bildete die Grundlage von Kogons erstmals 1946 publizierter Studie „Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager“, die in den folgenden Jahrzehnten in mehreren hunderttausend Exemplaren große Verbreitung fand und in dieser Ausführlichkeit zum ersten systematisierten Bericht über die Zustände in den deutschen Konzentrationslagern wurde. In der Folgezeit galt Kogon als einer der wichtigsten Experten in den Prozessen über die Verbrechen des Nationalsozialismus; in den späten 1940er Jahren erhielt er aus ganz Deutschland Anfragen und Vorladungen von Staatsanwaltschaften und Gerichten, um über die Zustände und Abläufe eines Konzentrationslagers zu berichten.

    Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs zog Kogon in den Taunus und wirkte an der Gründung der Frankfurter CDU mit, in der Hilpert zu einer führenden Figur wurde. Kogon hatte bedeutenden Einfluss auf die Erstellung früher, oft noch weit links stehender programmatischer Texte, v. a. auf die „Frankfurter Leitsätze“ vom September 1945, die u. a. einen „wirtschaftlichen Sozialismus auf demokratischer Grundlage“ forderten und sich an der Idee eines „christlichen Sozialismus“ orientierten, der für große Teile der frühen CDU noch eine zentrale Forderung war.

    Bereits 1946 beendete Kogon die politische Parteiarbeit, um sich auf seine journalistische und publizistische Karriere zu konzentrieren. Mit Walter Dirks (1901–1991) gründete er 1946 die „Frankfurter Hefte“, die zu einem der zentralen Blätter über Politik und Gesellschaft der frühen Bundesrepublik avancierten. Kogon trat darin als Kritiker der Regierung Konrad Adenauers (1876–1967) hervor, deren Bekenntnis zu Wiederbewaffnung und wirtschaftsfreundlicher Politik er vehement ablehnte. In der Folgezeit näherte er sich immer mehr dem Kurs der SPD.

    Von 1949 bis 1954 Präsident der Europa-Union, die sich für einen europäischen Bundesstaat stark machte, war Kogon ein bedeutender Protagonist der frühen Europäischen Bewegung, obschon er mehrfach an den Sitzungen des Präsidiums nicht teilnehmen konnte. Als der Verband 1954 in ernste Finanzschwierigkeiten geriet, verzichtete Kogon auf sein Amt. Von 1951 bis 1953 amtierte er zudem als Präsident des Deutschen Rats der Europäischen Bewegung, einem Verband proeuropäischer Initiativen.

    Von 1951 bis zu seiner Emeritierung 1968 war Kogon Inhaber des neu gegründeten Lehrstuhls für Wissenschaftliche Politik an der Technischen Hochschule Darmstadt. Mehrere seiner Assistenten, darunter Ernst-Otto Czempiel (1927–2017) und Peter Graf von Kielmansegg (geb. 1937), erhielten später Professuren. Neben seiner Lehrtätigkeit baute sich Kogon in Presse und Fernsehen eine erhebliche Medienpräsenz auf. Seit Anfang 1964 arbeitete er als Redaktionsleiter, dann als Moderator des ARD-Magazins „Panorama“, beendete dieses Engagement jedoch bereits 1965. Auch im Ruhestand publizistisch aktiv, verlebte Kogon seine letzten Lebensjahre in Königstein im Taunus.

  • Auszeichnungen

    1950 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt
    1967–1969 Vorsitzender der Vereinigung deutscher Politikwissenschaftler
    1982 Hessischer Kulturpreis
    2002 Eugen-Kogon-Preis der Stadt Königstein im Taunus
  • Quellen

    Nachlass:

    Archiv der sozialen Demokratie, Bonn.

    Weitere Archivmaterialien:

    Archiv der sozialen Demokratie, Bonn, 1/WDAC (Nachlass Walter Dirks); 4/EUUD (Unterlagen der Europa-Union Deutschlands).

    Briefe:

    Lieber Vati! Wie ist das Wetter bei Dir? Erinnerungen an meinen Vater Eugen Kogon. Briefe aus dem KZ Buchenwald, hg. v. Michael Kogon, 2014.

  • Werke

    Monografien und Herausgeberschaften:

    Faschismus und Korporativstaat, 1927. (Diss. rer. pol.)

    Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager, 1946, 3. erw. Aufl. 1948, 4., vollst. überarb. u. erw. Aufl. 1958, 5. erw. Aufl. 1959, 462015.

    Die unvollendete Erneuerung. Deutschland im Kräftefeld 1945–1963. Politische und gesellschaftspolitische Aufsätze aus zwei Jahrzehnten, 1964.

    Die Stunde der Ingenieure. Technologische Intelligenz und Politik, 1976.

    Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas. Eine Dokumentation, 1983, franz. 1984, engl. 1994, durchges. Neuausg. 2003. (Hg.)

    Bibliografie:

    Gesammelte Schriften, hg. v. Michael Kogon/Gottfried Erb, 8 Bde., 1995–1999.

  • Literatur

    Karl Prümm, Walter Dirks und Eugen Kogon als katholische Publizisten der Weimarer Zeit, 1984.

    Walter Mühlhausen, Eugen Kogon. Ein Leben für Humanismus, Freiheit und Demokratie, 2006, 22013.

    Dennis Beismann, Eugen Kogon in der frühen Bundesrepublik. Ein öffentlicher Intellektueller zwischen Lehrstuhl und Fernsehstudio, 2020.

    Gabriel Rolfes, „Der Ort der neuen Anfänge, so sagte ich, werde die Zeitschrift sein müssen“. Eugen Kogon und Walter Dirks als Herausgeber der Frankfurter Hefte in der frühen Bundesrepublik, in: Alexander Gallus/Sebastian Liebold/Frank Schale (Hg.), Vermessungen einer Intellectual History der frühen Bundesrepublik, 2020, S. 333–350.

  • Onlineressourcen

  • Autor/in

    Björn Höfer (Berlin)

  • Zitierweise

    Höfer, Björn, „Kogon, Eugen“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118713566.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA