Lebensdaten
1499 – 1538 oder 1537
Geburtsort
Bietigheim (Württemberg)
Sterbeort
Berlin (?)
Beruf/Funktion
Astrologe ; Mathematiker ; Historiker
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 119026376 | OGND | VIAF: 22942245
Namensvarianten
  • Nägelin, Johannes
  • Gewürznägelin, Johannes
  • Caryophyllus, Johannes
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Carion, Johannes, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119026376.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    C., der nicht in Wittenberg studierte, ist wohl identisch mit Johannes Nägelin aus Bietigheim, der 1514 an der Universität Tübingen immatrikuliert wurde. In Tübingen lehrte der Professor der Mathematik und Astronom Johannes Stoeffler, der seinem Leben die Richtung gab, und hier knüpften sich wohl schon die Beziehungen zu Melanchthon, die sich später erneuerten. Als Magister wurde er 1522 Hofastronom und Mathematicus Kurfürst Joachims I. von Brandenburg. Seine Prophezeiung einer großen Wasserflut in Berlin für 1524 wurde in neuerer Zeit mehrfach literarisch behandelt, so von W. Bergengruen („Am Himmel wie auf Erden“, 1940). Neben der Anfertigung von astrologischen Kalendern (Practica, Nürnberg 1531 folgende) und allgemeinen Voraussagen wirkte er vor allem als ständiger Berater des Kurfürsten und seit 1527 auch Herzog Albrechts von Preußen, die den gewandten und weltkundigen Mann auch zu diplomatischen Missionen verwendeten, so unter anderem bei der Eheanbahnung zwischen Joachim II. und Hedwig von Polen. Weiter bekannt wurde C. durch eine knappe deutsche Weltchronik, die Melanchthon überarbeitete und mit einer Jahrestafel versah. Georg Sabinus verlieh als comes palatinus C. 1535 die Doktorwürde, wozu Luther ihm Glück wünschte. Sein früher Tod war Folge der Trunksucht.

  • Werke

    Weitere W Prognosticatio u. Erklerung d. großen Wesserung … 1524, Leipzig 1522;
    Weissagung u. Offenbarung aus himml. Influenz …, 1525;
    Bedeutnus u. Offenbarung warer himml. influentz … v. jare zu jare werende bis … 1540, Berlin 1529 (fortgeführt bis 1550, vielfach nachgedr. u. erw.);
    Chronica …, Wittenberg 1532, lat. Übers. 1538 (auch in andere Sprachen übers. u. vielfach nachgedr.); unter C.s Namen erschienen dann auch d. selbständ. Arbb. Melanchthons u. Peucers 1558 ff.

  • Literatur

    ADB III (L);
    D. W. Moller, Disputatio de J. C., Altdorf 1697;
    Europ. Staatswahrsager, Bremen ²1742;
    (J. Ch. Adelung ?) J. C., ein Sterndeuter.|in: Gesch. d. menschl. Narrheit, T. 3, Leipzig 1787, S. 110-47;
    J. Voigt, Briefwechsel d. berühmtesten Gel. … mit Hzg. Albrecht v. Preußen, 1841;
    Corp. Ref. XII, S. 707-10;
    H. Ziegler, Chron. Carionis, 1898;
    O. Tschirch, J. C., kurbrandenburg. Hofastrolog, in: Jber. d. Hist. Ver. zu Brandenburg, 1906;
    Jöcher;
    Dict. Hist. Géogr. XI, 1949, Sp. 1044.

  • Porträts

    Gem. v. C. Herrant, 1533 (mit Sohn) (Kunstslg. Königsberg).

  • Autor/in

    Johannes Schultze
  • Zitierweise

    Schultze, Johannes, "Carion, Johannes" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 138-139 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119026376.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Carion: Johann C., geb. 1499 zu Bietigheim i. W., 1537, studirte in Wittenberg, wurde 1522 als Hofmechanikus des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg nach Berlin berufen, wirkte am dortigen Hofe als Lehrer der Mathematik und Astrolog, wie er auch in der Medicin, deren Doctor-Würde er erhielt, erfahren war. Obgleich von seinem Uebertritt zum Protestantismus nichts bekannt ist, stand er doch mit Luther, Melanchthon, Sabinus auf bestem Fuß. Er war als lustiger Gesellschafter von mächtiger Statur bekannt, und sein Tod scheint durch die Freuden der Tafel beschleunigt worden zu sein. — Seine astrologischen Schriften, die zu seiner Zeit sehr verbreitet waren, sind heute vergessen. Aber seine „Chronica,“ zuerst erschienen 1532, Wittenberg bei Rhaw, erhält seinen Namen. Dieser kurze Abriß der Weltgeschichte, mit der gangbaren Eintheilung in die vier Monarchieen, bis auf die Zeit der Abfassung, wenn auch höchst skizzenhaft fortgeführt, zeichnet sich aus durch ziemlich gute Benutzung der zugänglichen Quellen, nicht zu verachtende Ansätze zur Kritik der Ueberlieferung, vaterländischen Sinn, reines kräftiges Deutsch. Neben den politischen Ereignissen ist auch das Gebiet der Culturgeschichte nicht ganz unberücksichtigt gelassen. Hie und da sind mündliche Berichte hervorragender Zeitgenossen verwerthet. Eingeflochtene Denkverse, moralische Betrachtungen, astrologische Auslassungen trugen dazu bei, das Werk allgemein beliebt zu machen. Ein besonderes Interesse erhält es dadurch, daß das, ursprünglich wol lateinische Ms. von C. dem Melanchthon zur Begutachtung übersandt und von diesem vollständig umgearbeitet und mit zahlreichen Verbesserungen und einigen Zusätzen versehen wurde, von denen sich mehrere unschwer erkennen lassen. Auch die tabula annorum mundi am Schluß rührt von ihm her. Das Werk erlebte zahlreiche Auflagen, Fortsetzungen, von welchen die von Funck besonders bedeutsam, sowie Uebersetzungen in mehrere Sprachen, von welchen die ins Lateinische von H. Bonn beachtenswerth ist. — Historische Vorlesungen, bei denen Melanchthon das Werk zu Grunde legte, veranlaßten ihn, mit Beibehaltung von Carion's Namen, die Herausgabe eines ganz selbständigen lateinischen „Chronicon“ (1558, 1560) zu beginnen, das von Peucer (1562, 1566) fortgesetzt wurde und sich gleichfalls der größten Verbreitung erfreute.

    • Literatur

      G F. Strobel, Miscellaneen litterarischen Inhalts, sechste Sammlung, Nürnberg 1782, S. 139—206 „Von Carion's Leben und Schriften“. Corpus Reformatorum XII. p. 707—710.

  • Autor/in

    Alfred Stern.
  • Zitierweise

    Stern, Alfred, "Carion, Johannes" in: Allgemeine Deutsche Biographie 3 (1876), S. 781 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119026376.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA