Lebensdaten
1810 – 1884
Geburtsort
Breslau
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Publizist
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117433640 | OGND | VIAF: 17999951
Namensvarianten
  • Wollheim de Fonseca, Anton Eduard
  • Wollheim da Fonseca, Anton Eduard
  • Wollheim de Fonseca, Anton Eduard
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Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Wollheim da Fonseca, Anton Eduard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117433640.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Wollheim: Anton Eduard W. da Fonseca, Schriftsteller, wurde als Sohn des Lotteriecollecteurs Hirsch Jacob W. und seiner Gattin Henriette, geb. Goldschmidt, am 12. Februar 1810 in Hamburg geboren, wohin der Vater aus Breslau eingewandert war. Er besuchte von seinem 13. bis zum 16. Jahre das Gymnasium in Breslau und dann das Hamburger, studirte darauf von 1828—31 in Berlin Philosophie, Philologie (namentlich orientalische), Geschichte und Staatswissenschaften und promovirte daselbst im September 1831 mit der Dissertation „De nonnullis Padma-Purani capitibus“ zum Doctor der Philosophie. In Paris, wohin er sich nun begab, setzte er seine Studien fort und war zugleich journalistisch thätig, trat aber dann, um die Hand einer jungen Portugiesin zu gewinnen, die mit ihrem Vater, einem hochgestellten Officier, in Paris im Exil lebte, in Kriegsdienste des Dom Pedro. Einige schwere Verwundungen aber nöthigten ihn, diese Carrière aufzugeben, die durch den Tod seiner Braut auch zwecklos geworden war. W. kehrte über England nach Hamburg zurück und begab sich, als hier bald darauf sein Vater gestorben war, nach Kopenhagen, wo ihm alsbald der Auftrag wurde, die kostbaren Palimanuscripte der königl. Bibliothek zu ordnen und zu katalogisiren. Kurz darauf lernte ihn auch der König Friedrich VI. kennen und stellte ihn als Secretär in seinem Privatcabinet an, wo W. mehrere politische und völkerrechtliche Abhandlungen ausarbeiten sollte. Während einer vertraulichen Mission an den damaligen Kronprinzen von Preußen eröffnete dieser ihm Aussicht auf eine günstige Stellung in russischen Diensten, worauf W. sogleich seinen Abschied in Kopenhagen erbat; doch erhielt er diese Stelle nicht und lag nun in Berlin wieder seinen Studien ob. In dieser Zeit übertrug er auch Dumas' Schauspiel „Kean“, das dann in Wollheim's Bearbeitung am 6. December 1836 im Königstädtischen Theater mit gutem Erfolg über die Bühne ging. Bald darauf übernahm er die Redaction der „Lesefrüchte“ in Hamburg, gab diese ihm nicht zusagende Thätigkeit jedoch nach kurzer Zeit wieder auf und ging nun 1838 nach Wien, wo er zunächst litterarisch thätig war, auch ein Schauspiel „Andrea“ schrieb, das die Abenteuer des französischen Marschalls Andrea Masséna behandelte und am Wiedener Theater zur Aufführung kam. 1840 kehrte W. nach Hamburg zurück, wo ihm die Leitung eines neuen litterarischen Unternehmens übertragen wurde. Am 20. November 1842 vermählte er sich mit Dorothea Alexandrie Marie verw. Goldschmidt, geb. Leffmann, fungirte in dieser Zeit (bis 1848) auch als Dramaturg am Hamburger Stadttheater und entfaltete eine fruchtbare schriftstellerische Thätigkeit. 1848 ging er von neuem nach Wien, um hier ein Journal ins Leben zu rufen, wohnte auch der ersten Aufführung seines Schauspiels „Raphael Sanzio“ bei, das ebenso wie sein politisch-satyrisches Märchenspiel „Rosen im Norden oder des Teufels Wette“ in Hamburg und Berlin sehr gut aufgenommen wurde. Im November 1849 ließ sich W. in Berlin nieder und habilitirte sich an der dortigen Universität für orientalische und neuere Sprachen; er war dann auch als Berliner Correspondent des Londoner Journals Morning Chronicle thätig, gab aber schon 1852 seine Wirksamkeit hier wieder auf, um in Paris ein französisches Blatt in deutschem Interesse zu gründen, was jedoch nicht glückte, so daß W. sehr bald nach Deutschland zurückkehrte und nach Wien ging, wo es ihm nach verschiedenen neuen Irrfahrten endlich 1854 gelang, mit der Regierung in Verbindung zu kommen, für die er nun zunächst bis 1858 sowol publicistisch wie in diplomatischen Angelegenheiten wirkte (vgl. hierüber Bd. 1 seiner „Neuen Indiscretionen") und vielfache Missionen nach Paris, Italien und Norddeutschland übernahm. Daneben war W. fortgesetzt schriftstellerisch thätig, wie seine zahlreichen politischen Broschüren und poetischen Werke zeigen, und stand mit vielen meist conservativen Zeitungen als Correspondent und Mitarbeiter in Verbindung. Vom Januar 1858 an gab er dann in Hamburg in österreichischem Interesse die politisch-belletristische Wochenschrift „Controle“ heraus und übernahm zugleich die Direction des Stadttheaters daselbst, die er Anfang 1862 wieder aufgab, um von neuem in den Dienst der österreichischen Regierung zu treten. Im Januar 1864 siedelte er sodann wieder nach Paris über, wo er nun bis zum November 1867 blieb, in der Hauptsache journalistisch thätig war und unter anderem für die Agence Havas die fremdländischen Correspondenzen und Journale zu übertragen hatte, wozu ihn seine Kenntniß von mehr als 30 alten und modernen, morgen- und abendländischen Sprachen besonders befähigte. Während der Pariser Ausstellung fungirte er als Generaldolmetscher der im Ausstellungsraume errichteten kaiserlichen Post. Nachdem er das Jahr 1868 in Hamburg verlebt und daselbst ein Sommertheater in der Vorstadt St. Georg errichtet hatte, das aber bald wieder aufhörte, ging W. im December wieder nach Berlin und gab hier bis Mai 1870 seine Wochenschrift, die „Controle“, jetzt in preußisch-deutschem Interesse und zwar mit Unterstützung der Regierung heraus. Als ihm dann Ende September 1870 eine Anstellung bei der Presse im Militärgouvernement zu Rheims angeboten wurde, reiste W. sofort dahin ab und übernahm hier alsbald die Redaction des „Moniteur officiel du Gouvernement général“, dessen Hauptzweck es war, die von französischen Blättern verbreiteten unwahren Angaben durch authentische Berichte zu ersetzen. Das Streben aber, die Unterstützung der Regierung zur Gründung eines französischen Journals in deutschem Interesse zu erlangen, das W. jetzt und noch viele Jahre mit Eifer verfolgte, hat keinen Anklang gefunden. Nach dem Aufhören des „Moniteur“ am 1. April 1871 erhielt W. auf eine Empfehlung seines alten Jugendfreundes, des Hofrathes Louis Schneider, eine Stellung als Beirath des Grafen Waldersee, der bis zur Ernennung eines Botschafters die deutschen Geschäfte in Paris führen sollte, eine Stellung, die W. neben mancherlei journalistischer Thätigkeit auch unter dem Grafen Arnim beibehielt, bis sie ihm im Sommer 1872 plötzlich ohne Angabe eines Grundes gekündigt wurde, sei es nun, weil, wie Graf Arnim behauptete, einige ihm mißgünstig Gesinnte in Berlin gegen ihn gehetzt hätten, sei es, daß die damals stark hervortretende Abneigung Bismarck's gegen alle Beamten katholischer Confession daran schuld war; W. selbst ist sich darüber nie klar geworden. Er hat sich nach seiner Entlassung fortgesetzt mit wissenschaftlichen (so einer „National-Litteratur der Skandinavier“, die 1876—77 in 3 Bänden erschien), staatsrechtlichen (z. B. „Der deutsche Seehandel und die französischen Prisengerichte") und dramatischen Arbeiten beschäftigt, sowie mit verschiedenen Journalen correspondirt, wozu ihn nach dem Tode seiner Gattin ( 1873) der Verlust seines Vermögens um so mehr nöthigte. Er hat dann theils in Berlin, theils in Hamburg, Wien, Petersburg etc. gelebt. Ein Versuch, seine Vorlesungen an der Berliner Universität wieder aufzunehmen, scheiterte 1881 an dem Widerspruche des dortigen akademischen Senats. Wollheim's überaus bewegtes Leben endete am 24. October 1884 im St. Hedwigskrankenhause zu Berlin.

    Als Schriftsteller und Publicist hat W. eine außerordentliche Thätigkeit entfaltet, wie seine zahlreichen, theilweise anonym herausgegebenen Bücher und Broschüren über alle möglichen Tagesfragen, seine dem praktischen Bedürfnisse dienenden Wörterbücher und Grammatiken der verschiedensten Sprachen, seine litterarhistorischen, dramatischen und novellistischen Arbeiten und Uebersetzungen zeigen, die sich zum Theil in der 4. Auflage von Brümmer's Dichterlexikon, in Schröder's Lexikon der Hamburgischen Schriftsteller (Bd. 8), bei Wurzbach (Bd. 58) und namentlich vielfach Zerstreut in seinen „Indiscretionen“ (1883) und „Neuen Indiscretionen“ (2 Bde. 1884) verzeichnet finden. Das Wenige, was mir trotz meiner Bemühungen von seinen belletristischen Werken vor Augen gekommen ist, muß ich für herzlich unbedeutend erklären, über Weiteres aber auf R. v. Gottschall's Urtheil in seiner „Deutschen Nationallitteratur des 19. Jahrhunderts“, Bd. 3 und 4 verweisen, der besonders Wollheim's Streben nach einer zeitgemäßen Wiederbelebung der Romantik hervorhebt. Den erfahrenen Theaterleiter bekundete seine nicht ungeschickte Bühnenbearbeitung des 2. Theiles von Goethe's Faust. Zu seinen interessantesten Werken sowol in Hinsicht auf seine eigenen Schicksale wie auf die Zeitgeschichte aber gehören zweifellos die drei Bände Indiscretionen, in denen W. lebendig und. wie mir scheint, im ganzen wahr und freimüthig offen Personen und Verhältnisse, die sein Leben berührten, schilbert, zum Theil weit abschweifend Dinge erzählend, die nicht mit dem Uebrigen in Zusammenhang stehen, aber durch ihre Eigenart immer bezeichnende Lichter auf ihren Gegenstand werfen.

  • Autor/in

    Max Mendheim.
  • Zitierweise

    Mendheim, Max, "Wollheim da Fonseca, Anton Eduard" in: Allgemeine Deutsche Biographie 44 (1898), S. 146-148 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117433640.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA