Lebensdaten
1847 – 1931
Geburtsort
Tübingen
Sterbeort
Stuttgart
Beruf/Funktion
Politiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118592300 | OGND | VIAF: 69722128
Namensvarianten
  • Payer, Friedrich (bis 1906)
  • Payer, Friedrich von
  • Payer, Friedrich (bis 1906)
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Zitierweise

Payer, Friedrich von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118592300.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Tübinger Univ.pedellenfam.;
    V Louis (1812–61), Buchbindermeister u. Univ.pedell, S d. Univ.-oberpedells (ohann Friedrich (1775–1851) u. d. Christine Katharina Heckenhauer ( 1858);
    M Nannette Louise Reinhard (1813–1902);
    Stuttgart 1876 Alwine Louise Katharine (1854–1936), T d. Adolf Schöninger, Kaufm. in St., als Freund Friedrich Heckers an d. Rev. in Baden 1848 beteiligt (s. H. Raab, Revolutionäre in Baden 1848/49, 1998), u. d. Marie Adolfine Klett;
    1 S Fritz (1877–1961), RA in St., 1901-12 N.s Socius, 1 T Ella (1879–1957, Albert Emil Müller, seit 1927 Müller-P., aus Göppingen, Dr. iur., RA u. Notar in St., 1901-12 N.s Socius), DDP-Mitgl. d. württ. Vfg.gebenden Landesverslg. 1919/20;
    E Hans Georg Müller-P. (1902-72), Dr., Schriftleiter d. Landeskundl. Beil. d. Staatsanz. f. Baden-Württ. (s. L).

  • Biographie

    P. studierte nach dem Besuch des Tübinger Gymnasiums und des Theol. Seminars in Blaubeuren seit 1865 Rechtswissenschaften in Tübingen. Ende 1869 bestand er sein 1., im Frühjahr 1871 sein 2. juristisches Staatsexamen Seither lebte er als Rechtsanwalt und (seit 1899) Notar in Stuttgart. Daneben betätigte er sich als Redakteur der Parteizeitung „Der Beobachter“. Sein populär gehaltenes Buch „Neues Recht in Württemberg“ erlebte drei Auflagen (1873/79/84).

    Als Schriftführer des Demokratischen Volksvereins nahm P. 1868 an der Gründung der großdeutsch-demokratischen „Deutschen Volkspartei“ in Stuttgart teil. 1877-1917 vertrat er – von zwei Wahlperioden abgesehen – den Wahlkreis Tübingen-Rottenburg-Reutlingen im Reichstag, 1893-1912 Reutlingen im württ. Landtag, als dessen Präsident er seit 1895 fungierte. 1892-95 gehörte er außerdem dem Stuttgarter Gemeinderat an. Eine enge Freundschaft verband P. mit den Brüdern Friedrich (1857–1907) und Conrad Haußmann (1857–1922) und mit Theodor Liesching (1865–1922), dem Finanzexperten der Volkspartei. 1910 erfolgte unter intensiver Mitwirkung P.s der Zusammenschluß der drei linksliberalen Parteien (Freisinnige Volkspartei, Dt. Volkspartei, Freisinnige Vereinigung) zur „Fortschrittlichen Volkspartei“. Deren Reichstagsfraktion wählte ihn 1912 zu ihrem Vorsitzenden. Bei Ausbruch des Weltkriegs gehörte P. zu den Befürwortern der Kriegskredite, in der Folgezeit zu jenen einer bewußten Demokratisierung. Als Vorsitzender des „Interfraktionellen Ausschusses“, der sich aus Mitgliedern der SPD, des Zentrums und der Fortschrittlichen Volkspartei (zeitweilig auch der Nationalliberalen) zusammensetzte, vermittelte er zwischen dem Parlament und der Regierung Bethmann Hollweg. Auf P. ist es zurückzuführen, daß in der Resolution vom 19.7.1917 der Krieg als Verteidigungskrieg deklariert wurde; außerdem setzte er sich für die Beseitigung des preuß. Dreiklassen-Wahlrechts ein. Am 12.11.1917 wurde P. in Nachfolge Kurt Theodor Helfferichs zum Stellvertreter des Reichskanzlers Georg Gf. Hertling (1843–1919) ernannt. Im Frühjahr 1918 wurde dem Reichsvizekanzler die neugeschaffene „Zentrale für Heimatdienst“, eine Art Propagandaabteilung für das Inland, unterstellt, deren technische Leitung jedoch Oberst Deutelmoser versah. Ende August 1918 besuchten Hertling und P. die Oberste Heeresleitung in Spa und Avesnes, wo vor allem der (seit der päpstl. Intervention 1917 geforderte) Verzicht auf das noch besetzte „Faustpfand“ Belgien erörtert und gegenüber den Militärs durchgesetzt wurde. Jedoch kam die von P. am 12.9.1918 in Stuttgart proklamierte Verzichterklärung angesichts der sich verschlechternden militärischen und politischen Lage zu spät, weshalb ihr eine nachhaltige Wirkung versagt blieb. Als Vertreter des Reichskanzlers Prinz Max von Baden (1867–1929) konnte er am 25.10.1918 Hindenburg, Ludendorff, Scheer und Scheuch davon abhalten, die beginnenden Waffenstillstandsverhandlungen abzubrechen. Infolge der Revolution mußte P. am 9.11.1918 von seinem Amt zurücktreten. Anfang 1919 kandidierte er auf der Liste der DDP für die Wahl zur Weimarer Nationalversammlung, in der er sich mit Carl Petersen (1868–1933) den Fraktionsvorsitz teilte und für die Annahme des Versailler Vertrags votierte. Danach zog er sich aus der Reichspolitik ganz, aus der Landespolitik weitgehend zurück. Er befürwortete – nachdem er seinen Wunschkandidaten Conrad Haußmann nicht hatte durchsetzen können – die Wahl Johannes Hiebers zum württ. Staatspräsidenten sowie – erfolglos – einen Zusammenschluß der Länder Baden und Württemberg mit dem preuß. Regierungsbezirk Hohenzollern’sche Lande. Aus Verärgerung über den Eintritt Reinhold Maiers (1889–1971) als Wirtschaftsminister in die Regierung Eugen Bolz trat P. im Jan. 1930 aus dem württ. Landesparteiverband aus, verblieb jedoch in der DDP.|

  • Auszeichnungen

    Geh. Rat mit Prädikat „Exzellenz“ (f. Württ. 1912, f. d. Dt. Reich 1917);
    Ehrenbürger v. Reutlingen (1912);
    Ehrenvors. d. „Jungdemokrat. Partei“ (1930);
    Aufsichtsrat d. Württ. Hypothekenbank Stuttgart, d. Vereinigten Filzfabriken in Giengen/Brenz, d. Frankfurter Societätsdruckerei, d. Dresdner Bank in Berlin u. d. Kriegshilfe Württ.

  • Werke

    Weitere W u. a. Von Bethmann Hollweg bis Ebert, Erinnerungen u. Bilder, 1923;
    Mein Lebenslauf, in: Jb. Der eiserne Steg, 1924 (auch in: Stuttgarter Neues Tagbl. Nr. 101 v. 5.3.1924);
    Mein Lebenslauf, 1932 (als Ms. vervielfältigt). |

  • Quellen

    Qu Prinz Max v. Baden, Erinnerungen u. Dok., 1927 (neu hg. v. G. Mann u. A. Burckhardt, 1968); E. Matthias u. R. Morsey (Bearb.), Der interfraktionelle Ausschuß, 1959; dies. (Bearb.), Die Reg. d. Prinzen Max v. Baden, 1962; G. Bradler, Pol. Unterhaltungen F. P.s mit Theodor Heuss, in: ZWLG 32, 1974, S. 161-92; ders. (Bearb.), F. P. (1847-1931), Autobiograph. Aufzeichnungen u. Dok., 1974. |

  • Nachlass

    Nachlaß: BA Koblenz, HStA Stuttgart.

  • Literatur

    K. Simon, Die württ. Demokraten, Ihre Stellung u. Arbeit im Parteien- u. Vfg.system in Württ. u. im Dt. Reich 1890-1920, 1969;
    H. G. Müller-Paver, in: Lb. Schwaben XI, 1969, S. 344-67;
    H. Kluck, F. P. z. Gedenken, 1997;
    ders., Vom Schrecken d. Mächtigen z. Vizekanzler, in: Schwäb. Tagbl., Tübingen, v. 12.6.1997;
    Max-Weber-Gesamtausg. I/15. – Zu Hans Georg Müller-Payer: R. Unland, in: Staatsanz. f. Baden-Württ. Nr. 92 v. 18.11.1972.

  • Autor/in

    Günther Bradler
  • Zitierweise

    Bradler, Günther, "Payer, Friedrich von" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 145-146 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118592300.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA