Lebensdaten
um 1410 – 1473
Geburtsort
Nürnberg
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Organist ; Lautenist ; Komponist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 115497374 | OGND | VIAF: 305407764
Namensvarianten
  • Baumann, Conrad
  • Baumann, Konrad
  • Paumann, Konrad
  • mehr

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Paumann, Conrad, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd115497374.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Kunz ? ( Juli 1444), Sporenmacher in N.;
    M N. N.; Verlobung 1446 mit Margarethe Weichser;
    S Paul (* Nürnberg, 1517 München).

  • Biographie

    Der wohl von Geburt an blinde P. erhielt in jungen Jahren wahrscheinlich Unterstützung durch den Nürnberger Patrizier Ulrich Grundherr, seit 1423 durch dessen Sohn Paul; über seine musikalische Ausbildung ist jedoch nichts bekannt. Spätestens 1446 hatte er die Organistenstelle an St. Sebald inne, wo 1440/41 durch Heinrich Traxdorff aus Mainz ein neues Instrument errichtet worden war. Anläßlich seiner Verlobung verpflichtete sich P., seine Heimatstadt nicht ohne Wissen und Erlaubnis des Rates und des Sebalder Pfarrers zu verlassen; bei seiner Bestallung zum Stadtorganisten am 11.8.1447 leistete er dieses Versprechen auch dem Bürgermeister. Nunmehr war P. für alle Orgeln in der Reichsstadt verantwortlich und hatte bei offiziellen Anlässen zur Verfügung zu stehen. 1450 verließ P. entgegen allen Versprechungen heimlich die Stadt und begab sich an den Hof der Herzöge von Oberbayern in München, nachdem Hzg. Albrecht III. (1401–60) bereits 1449 ergebnislos mit dem Rat der Stadt Nürnberg über einen Wechsel P.s nach München verhandelt hatte. 1451 verlor der Meister sein Nürnberger Bürgerrecht. Den Grund für den Weggang P.s aus Nürnberg bildeten vermutlich finanzielle Erwägungen. In München erhielt er mit 80 Gulden jährlich wesentlich höhere Einkünfte, dazu regelmäßig Naturalien und genoß Steuerfreiheit. Außerdem schenkte ihm Hzg. Albrecht III. ein|Haus, vermutlich in der vorderen Schwabinger Gasse (heute Residenzstraße). In den beiden folgenden Jahrzehnten unternahm P. zahlreiche Reisen in verschiedene deutsche Städte, so 1451 nach Augsburg und 1452 nach Wien. 1454 spielte er in Landshut vor Hzg. Philipp dem Guten von Burgund, 1457 in Augsburg, 1458 in Salem und Überlingen/Bodensee sowie 1459 in Regensburg. Auch als Orgelfachmann genoß er weites Ansehen. Vor 1464 wurde er deshalb nach Salzburg gerufen, 1466 gelang es dem Rat der Stadt Nördlingen, P. für die Abnahme der neuerbauten Kaschendorff-Orgel in der St. Georgskirche zu gewinnen. Das Organistenamt an St. Georg übernahm anschließend sein Schüler Sebald Grave. 1470 begleitete ihn sein Sohn Paul auf einer Reise nach Italien, wo der blinde Organist in Mantua als „Cieco miracoloso“ bestaunt und reich beschenkt wurde. Einladungen nach Mailand und Neapel lehnte P. jedoch ab. 1471 kam er zum Reichstag nach Regensburg, wo er am 25. Juli im Schottenkloster vor Ks. Friedrich III. und den versammelten deutschen Fürsten spielte. Eine letzte Reise führte P. 1472 erneut nach Nördlingen zu einer Überprüfung der Orgel. Nach seinem Tod in München wurde er an der Südseite der Frauenkirche in der Nähe des Brauttores beigesetzt.

    P. gilt als der Hauptmeister der Orgelkunst in der zweiten Hälfte des 15. Jh., von höchstem Ansehen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Bereits 1447 hebt der Nürnberger Meistersinger Hans Rosenplüt in seinem Spruch von Nürnberg die herausragende Kunst P.s lobend hervor. Noch bis zum Beginn des 17. Jh. scheint er berühmt gewesen zu sein (H. Canisius, Lectiones antiquae, 1601-04). Sebastian Virdung (Musica getutscht, 1511) nennt P. als Erfinder der deutschen Lauten-Tabulatur. Diese Angabe könnte trotz der Blindheit P.s zutreffen, da sich mit dieser Schrift nach Diktat Musikstücke gut niederschreiben lassen. Dennoch sind von den Kompositionen P.s nur wenige in schriftlicher Überlieferung erhalten geblieben, darunter vier Fundamenta (Orgel-Spielanweisungen) und ein dreistimmiges Tenorlied. Typisch für seine Orgelbearbeitungen ist die reich verzierte Oberstimme, die von der rechten Hand gespielt wird. In den Aufzeichnungen ist sie als einzige in Noten wiedergegeben, während die anderen Stimmen in Buchstaben festgehalten sind (ältere dt. Orgeltabulatur).

  • Werke

    Dreistimmiges Tenorlied „Wiplich figur“, in: München, Bayer. Staatsbibl., cgm 810, olim Mus. Ms. 3232 bzw. Cim 351a (Schedel Liederbuch); 4 Fundamenta, in: Erlangen, Univ.bibl., Ms. 554; Berlin, Staatsbibl., Hs. 40613 (Lochamer Liederbuch); Mus. Ms. 3725 bzw. Cim 352b (Buxheimer Orgelbuch, 2 Fassungen) in: München, Bayer. Staatsbibl.; 3 Liedbearbeitungen, ebd., Mus. Ms. 3725 bzw. Cim 352b.

  • Literatur

    ADB 25;
    F. W. Arnold u. H. Bellermann, Das Locheimer Liederbuch nebst d. Ars organisandi v. C. R, in: Jbb. f. musikal. Wiss. II, 1863, S. 1-234. L. Schrade, Die hs. Überlfg. d. ältesten Instrumental-Musik, 1931;
    A. Bertolotti, Musici alle corte dei Gonzaga in Mantova, 1890, Reprint 1969;
    B. A. Wallner, K. R, in: Münchner Charakterköpfe d. Gotik, hg. v. A.-H. Bolongaro Crevenna, 1938, S. 21-36;
    Ch. Petzsch, Das Lochamer-Liederbuch, Studien, 1968;
    Ch. Wolff, C. Rs Fundamentum organisandi u. seine versch. Fassungen, in: Archiv f. Musikwiss. 25, 1968, S. 196-222;
    F. Krautwurst, in: Fränk. Lb. 7, 1977, S. 33-48;
    MGG;
    New Grove;
    Lex. MA;
    BBKL.

  • Porträts

    Grabstein in d. Münchner Frauenkirche (heute unter d. Orgelempore), Abb. in: MGG u. F. Krautwurst (s. L).

  • Autor/in

    Franz Körndle
  • Zitierweise

    Körndle, Franz, "Paumann, Conrad" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 138-139 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd115497374.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Paumann: Konrad P. Die Orgelkunst, oder genauer gesagt das Orgelspiel feierte schon in einer Zeit Triumphe, in denen die übrigen Instrumente sich noch in dem Zustande ihrer Kindheit befanden. Schon die Verwendung|der Orgel in der Kirche gab ihr eine höhere Weihe und stellte sie als das bevorzugteste aller Instrumente hin. Dazu kam ihr lang gehaltener edler Ton, der sich der menschlichen Stimme am meisten näherte. Alle diese Umstände, vereint mit den rapiden Fortschritten ihrer technischen Verbesserung, spornten jeden Künstler an sie mit Meisterschaft behandeln zu lernen und schon vom 14. Jahrhunderte an nennt die Geschichte Männer, die trotz des allgemein verbreiteten Bestrebens sich auf diesem Instrumente auszuzeichnen, doch alle Anderen weit überragten und deren Ruhm bis auf unsere Zeit fortgetragen wurde. Gin Francesco Landino zu Florenz, der 1390 starb (blind geboren), wurde von seinen Zeitgenossen als unübertreffbarer Künstler hoch gefeiert. Ihm schloß sich Antonio Squarcialupi, ebenfalls ein Florentiner an, der 1475 starb. Deutschland blieb nicht zurück, und wenn es auch etwas später als jener Landino die Bahn des Ruhmes betrat, so reihte sich dann ununterbrochen Meister an Meister, denen In- und Ausland unbedingt die Palme zuerkannten. Der Alt-Vater deutscher Orgelkunst ist unser Konrad P., ein Zeitgenosse Squarcialupi's. Um 1410 in Nürnberg blind geboren, erhielt er seine Erziehung daselbst durch Unterstützung hochgestellter Männer, wie ein uns glücklich erhaltenes Document mittheilt. 1446 war er bereits Organist an der St. Sebalduskirche daselbst und verheirathete sich in demselben Jahre mit Margarethe Weichserin. Dieses Ehebündniß wird uns durch ein von P. ausgestelltes Document bezeugt. (Abgedruckt in Dr. Lochner's neuer Ausgabe von Rosenplüt's Spruchgedicht, Nürnberg 1854 und daraus wieder in Chrysanders Jahrbüchern II, 75.) P. wurde nicht nur in Nürnberg hochgefeiert, sondern auch der deutsche Kaiser Friedrich III. zeichnete ihn aus und auf einer Reise nach Italien ward er, wie uns berichtet wird, besonders von den Herzögen von Mantua und Ferrara durch reiche Geschenke geehrt. Auch den Rittertitel, den er führte, wird er wohl auf dieser Reise vom Papste erhalten haben. Der Dichter Rosenplüt feiert ihn in seinem im J. 1447 abgefaßten Spruchgedichte auf die Stadt Nürnberg mit folgenden Worten (B. 257 ff,):

    „Noch ist ein mayster in disem gedichte, der hat mangel an seynem gesigt, der heyst meyster Cunrat pawman, dem hat got solche genad gedan, das er ein meyster ob allen maystern ist, wan er tregd yn seinen sinen list dy musica mit yrm süssen don. solt man durch kunst einen meister kron, Er trug wol auf von golt ein kron. mit contra tenor vnd mit faberdon, mit primi tonus tenorirt er, auf e lamy so sincopirt er“ etc.

    Auch seine Leistungen als Componist sind wir im Stande einigermaßen zu beurtheilen, die freilich nach dem Maßstabe damaliger Kunstanschauungen und deren wissenschaftlichem Stande zu würdigen sind. Das Locheimer Liederbuch, Hds. des 15. Jahrhunderts auf der gräfl. Bibliothek zu Wernigerode, von Fr. Wilh. Arnold in Chrysander's Jahrbüchern II, 1 herausgegeben, ferner das von der Münchener Hof- und Staatsbibliothek erst jüngst erworbene Buxheimer Orgelbuch und das Münchener Liederbuch, Hds. des 15. Jahrhunderts, ebenfalls in der Münchener Hof- und Staatsbibliothek, herausgegeben vom Unterzeichneten im 2. Bd. des deutschen Liedes. Monatshefte für Musikgeschichte, enthalten eine Anzahl Orgelcompositionen und ein dreistimmiges deutsches Lied über den Text: „Wiblich figur, in deine schur“. Dies letztere Lied zeigt uns P. als einen für seine Zeit außerordentlich melodisch und wohlklingend schreibenden Contrapunctisten, der mit der Fertigkeit in der Behandlung des mehrstimmigen Satzes, einer Kunst, die damals noch in der Jugend ihrer Ausbildung stand, zugleich zarte Empfindung verband, Eigenschaften, die sich in jener Zeit selten zusammen finden und selbst bei den damals bedeutendsten Komponisten Italiens, der Niederlande und Frankreichs nur selten vereint waren. Weniger anmuthend berühren uns seine Orgelstücke, die mehr der damaligen virtuosen Technik huldigen als hervorragend in der Composition sind. Aber als die ersten Documente alter Orgeltechnik haben sie für uns einen höheren Werth, als manche spätere Erzeugnisse die, wenn auch bereits auf höherer Stufe der Kunst stehend dennoch gegen die gleichzeitige Gesangsmusik merklich zurücktreten, so daß sie mehr das historische Interesse in Anspruch nehmen als daß sie uns einen Kunstgenuß gewährten. Schlick's Orgelstücke, Hoffheimer's Compositionen für die Orgel, auch die der Italiener des 16. Jahrhunderts, tragen mehr oder weniger noch das Gepräge, was uns bereits bei P. entgegentritt. Rob.

  • Autor/in

    Eitner.
  • Zitierweise

    Eitner, Robert, "Paumann, Conrad" in: Allgemeine Deutsche Biographie 25 (1887), S. 298-300 unter Paumann, Konrad [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd115497374.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA