Lebensdaten
1886 – 1956
Geburtsort
Thann (Elsaß)
Sterbeort
Rom
Beruf/Funktion
Philologe ; Romanist ; Kulturkritiker
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118523058 | OGND | VIAF: 49241741
Namensvarianten
  • Curtius, Ernst Robert
  • Curtius, E. R.
  • Curtius, Ernst
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Curtius, Ernst Robert, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118523058.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich (1851–1933), Dr. iur., D. theol., Geh. Reg.rat u. Kreisdirektor in Straßburg, Präs. des Direktoriums u. des Oberkonsistoriums der Kirche Augsburg. Konf. in Elsaß-Lothringen, erregte den Mißfallen Wilhelms II. durch Herausgabe der Denkwürdigkeiten Chlodwigs Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst (1906), S des Ernst s. (1);
    M Louise (1857–1919), T des Gg. Rob. Gf. v. Erlach-Hindelbank (1818–84) aus Bern, Maschineningenieur der badischen Staatsbahn in Freiburg (Breisgau), u. der Sophie Maria v. May (1819–1911); Großonkel väterlicherseits Theodor s. (3);
    B Friedrich (* 1896), Prof., Chefarzt in Lübeck;
    Schw Olympia (* 1887, Viktor Frhr. v. Weizsäcker [ 1957], Prof. der Med. in Heidelberg), Greda (⚭Dr. Werner Picht [* 1887], Soziologe);
    Mannheim 1930 Ilse (* 1907, kath.), T des Josef Gsottschneider (1867–1936), Brauereidirektor in Mannheim, u. der Anna Vornehm; kinderlos.

  • Biographie

    Der offene deutsch-französische Kultur-Durchdringungsraum des Elsaß vor dem ersten Weltkrieg hat früh des künftigen Romanisten Geist und Herz geprägt: hier ist ihm seine Lebensaufgabe zugewachsen, verstehender und verständnisweckender Interpret zu sein zwischen den des Interpreten so sehr bedürfenden europäischen Kulturteilräumen Deutschland und Frankreich. Die mit fortschreitenden Jahren immer bewußter erfaßte und sich auf Gesamteuropa weitende Lebensaufgabe führte ihn zu philologischer Akribie, zu ausgedehnter kritisch-wägender Belesenheit in antiker, mittelalterlicher und moderner Literatur Gesamteuropas (und zu starken Sympathien für die angelsächsische Welt), zu einer nuancenbewußt nachdichtenden Übersetzertätigkeit, zu historischer und philosophischer Grundfragenstellung und deren kulturpolitischer Aktualisierung, zu humanistischer Freundschaft mit geistesverwandten Zeitgenossen (Stefan George, Charles Du Bos, T. S. Eliot, André Gide, Valery Larbaud, Ortega y Gasset, Max Rychner, Max Scheler, Albert Schweitzer, Sven Stolpe), zu kulturkritischer und pädagogisch-publizistischer Wirksamkeit in beschwörender Werbung und in offenem Kampf. C., ebenso geschichtsbewußter und gegenwartoffener Philologe des europäischen Literaturbereichs wie selbst geradezu europäischer Autor deutschen Geistes, ist im tiefsten ein politischer Humanist umweltaufgeschlossener und umweltüberlegener christlicher Weite gewesen.

    Nach anfänglichem Studium des Sanskrits und der vergleichenden Sprachwissenschaft in Straßburg und Berlin wandte sich C. in Straßburg, Berlin und Heidelberg dem Studium der neueren Philologie zu.

    Seinem Straßburger Lehrer, dem Systematiker der romanischen Philologie, Gustav Gröber, verdankt C. seine philologische Grundbildung: C. promovierte bei ihm 1910 mit der „Einleitung zu einer neuen Ausgabe der Quatre livre des reis“ (1911). Gröber weckte in ihm das Interesse für das Mittelalter (in dessen Erforschung C. seit 1930 die zentrale Aufgabe seines Faches erkannte) und ermutigte seine mit der Elsässer Atmosphäre gegebene Aufgeschlossenheit für das moderne Frankreich: die frankreichkundlichen Gedanken, die C. später (1913/14 in Bonner Vorlesungen, seit 1919 in Publikationen) entwickelte, wurden bereits in den Straßburger Jahren konzipiert. - Der Elsässer Heinrich Schneegans habilitierte 1913 in Bonn den jungen Gelehrten, der sich mit der Habilitationsschrift „Ferdinand Brunetière“ (1914) als Literarhistoriker und Literarkritiker auswies. Nach dem Ersten Weltkrieg (den C. als Frontoffizier mitmachte) betrachtete C. (außerordentlicher Professor Bonn 1919, ordentlicher Professor Marburg 1920, Heidelberg 1924, Bonn 1929, emeritiert 1951, abgelehnte Rufe: Frankfurt 1927, Hamburg 1930 und 1946, Tübingen 1946) das Bemühen um eine deutsch-französische Kulturverständigung und um die Schaffung eines gemeineuropäischen Klimas als seine Aufgabe: er warb mit seinen Werken über die französische Kultur und Literatur 1919-30 leidenschaftlich um ein Verständnis des geistigen Frankreich in Deutschland. Einen compendiösen Abschluß findet diese Schaffensperiode mit dem Bande „Frankreich“ (1930).

    Die nach 1929 über Deutschland hereinbrechende innerpolitische und kulturelle Verdüsterung bewog ihn zur Kampfschrift „Deutscher Geist in Gefahr“ (1932), in der er die heraufkommende Kulturfeindlichkeit anprangerte und ein das Mittelalter einschließendes humanistisches Bildungsprogramm entwarf, das er in den Jahren 1933-45 in unübersehbarem Protest gegen die herrschende Barbarei durch Forschung und Unterricht für seine Person verwirklichte, so daß er 1948 das Werk „Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter“ vorlegen konnte, dessen Verdienst der Nachweis der über die mittellateinische Literatur gehenden Tradition zwischen antiker und volkssprachlicher mittelalterlicher (sowie neuzeitlicher) Literatur ist. Die Kontinuität der Tradition wird insbesondere nachgewiesen an den ‚Topoi', geprägten Gedankenmustern, die im Traditionsstrom weitergegeben werden und der Umprägung durch die einzelnen Autoren fähig sind. Aus einem an den Autoren nachgewiesenen literarhistorischen Phänomen wird die ‚Topik' so zu einem notwendigen philologischen Hilfsmittel der Autoreninterpretation selbst. - Dr. iur. honoris causa Glasgow 1951, Dr. phil. honoris causa Sorbonne 1954 (als dritter Deutscher seit 1914, als erster Deutscher seit 1933), Lessing-Preis Hamburg 1950, Friedensklasse des Ordens Pour le Mérite 1952, Korrespondierendes Mitglied der Medieval Academy of America, der Akademien Göttingen, München und Stockholm.

  • Werke

    Weitere W Li quatre livre des reis, 1911;
    Die lit. Wegbereiter d. neuen Frankreich, 1919, ²1920, ³1923, ⁴u. d. T.: Franz. Geist im 20. Jh., 1952 (Autobiographisches S. 513 ff.);
    Maurice Barrès u. d. geistigen Grundlagen d. franz. Nationalismus, 1921;
    Balzac. 1923, ²1951 (franz. Übers. Paris 1933);
    Franz. Geist im neuen Europa, 1925 (daraus in franz. Übers.: Marcel Proust, Paris 1928, in dt. Fassung: Marcel Proust, 1952);
    James Joyce, 1929 (wieder in: Krit. Essays, ²1954);
    Frankreich, Bd. I: Die franz. Kultur, 1930 (franz. Übers. Paris 1931);
    Europ. Lit. u. lat. Mittelalter, 1948, ²1954 (Autobiographisches S. 9 ff), (engl. Übers., London 1953, span. Übers., Mexico-Buenos Aires 1955);
    Krit. Essays z. europ. Lit., 1950, ²1954 (Autobiographisches S. 7 ff. u. ö.);
    Übersetzungen u. a.: André Gide, Theseus, 1949;
    Jorge Guillén, Lobgesang, 1952;
    Jorge Manrique, Strophen auf den Tod seines Vaters, = Roman. F 58, 1944.

  • Literatur

    W. Boehlich u. M. Rychner, Freundesgabe, 1956 (P);
    Sven Stolpe, in: Der christl. Sonntag, 7. Jg., 23.10.1955;
    W. Ross, in: Rhein. Merkur, 6.4.1956;
    F. Sieburg, in: Die Zeit, 12.4.1958 (mit Zeichnung v. Merveldt);
    G. R. Hocke, in: Rhein. Post, 14.4.1956;
    K. A. Horst, in: Merkur 10, 1956;
    F. Schalk, in: Arbeitsgemeinschaft f. Nordrhein-Westfalen, Mitt.bl., H. 7, 1956 (P);
    G. Rohlfs, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1956, S. 208-16 (P).

  • Autor/in

    Heinrich Lausberg
  • Zitierweise

    Lausberg, Heinrich, "Curtius, Ernst Robert" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 447-448 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118523058.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA