Lebensdaten
1580 – 1622
Geburtsort
Danzig
Sterbeort
Leiden
Beruf/Funktion
Geograph ; Historiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119150867 | OGND | VIAF: 29833013
Namensvarianten
  • Cluverius, Philipp
  • Klüwer, Philipp
  • Clüver, Philipp
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Zitierweise

Clüver, Philipp, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119150867.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Familie ist kein Zweig des Bremer Adelsgeschlechts gleichen Namens, dem Alverich der Clüver (1464–1557), Führer der Ritterschaft b. den Zwistigkeiten der bremischen Stände mit EB Christoph v. Bremen ( 1558), angehört (s. ADB IV);
    V Phil. ( 1610), Münzmeister in Danzig;
    M geb. Kersten ( nach 1622); Großonkel väterlicherseits Simon (um 1540-24.4.1598, 1) 1586 Cäcilia [ 1591], T des nürnbergischen Stadtphysikus Melch. Ayrer, 2) 1593 Anna, T des Heinr. C. aus Clüverswerder aus dem bremischen Adelsgeschlecht), Diplomat im Dienst der Stadt Thorn, dann Advokat am Reichskammergericht in Speyer, in Basel Dr. jur., seit 1586 juris practicus in Nürnberg, zuletzt Syndikus der Stadt, führte dasselbe Wappen wie die erzbischöfliche bremische Uradelsfamilie C.;
    B Daniel, Münzmeister in Danzig;
    1613 Engländerin ( vor 1623);
    1 S, 1 T.

  • Biographie

    Zum Juristen und Diplomaten bestimmt, kam C. noch als Knabe an den polnischen Königs- und wohl auch an den Prager Kaiserhof, ging dann aufs Danziger Gymnasium und wurde 1600 vom Vater zum Rechtsstudium nach Leiden geschickt, wo er sich jedoch unter dem Einfluß Joseph Justus Scaligers der Altertumswissenschaft, zumal der antiken Geographie, zuwandte und im übrigen, ein gutaussehender, leichtsinniger junger Mann, ein lustiges Studentenleben führte. Der Vater brach mit ihm. Er wurde in Böhmen Soldat und kämpfte in Ungarn gegen die Türken. Seine Apologie für den von Kaiser Rudolf II. eingekerkerten böhmischen Oberstlandhofmeister Georg Popel von Lobkowitz - vielleicht ein Gönner seiner Prager Knabenzeit|- in Verbindung mit dessen Tochter Eva Eusebia Maria verfaßt, brachte ihn, nach Leiden zurückgekehrt, 1606 ins Gefängnis. Durch seine holländischen Beziehungen freigekommen, bereiste er 1607/13, mit geheimer Unterstützung der Mutter, einen großen Teil Europas und hielt sich dann vor allem in England auf, wo er mit Isaak Casaubonus bekannt wurde und ein armes englisches Mädchen heiratete. 1615 ließ er sich endgültig in Leiden nieder. 1616 auf Grund seiner Holland und die Schweiz besonders berücksichtigenden, aber mit Tacitus' Germania eingeleiteten und von deutschem Edelmannsstolz erfüllten „Germania antiqua“ - einer bebilderten deutschen Altertumskunde - zum Geographus Academicus mit 500 Gulden Gehalt ernannt, unternahm er 1617/18 zusammen mit dem jungen Hamburger Lukas Holste noch einmal eine Studienreise zu Fuß durch ganz Italien und Sizilien. Selbst gesundheitlich geschädigt, fand er daheim seine Frau schwer leidend, und mitten in häuslicher Not und eigener Krankheit verarbeitete er die Ergebnisse seiner Reise, bis ihn ein frühzeitiger Tod abrief. Seine Kinder ließ das Verlagshaus der Elzeviers, das aus C.s Büchern nicht geringen Gewinn zog, im Elend verkommen. - An Gerhard Mercator, Abraham Ortelius und Giacomo Gastaldi anknüpfend, verband C. das humanistische, freilich recht unabhängige und kritische Studium der antiken geographischen Quellen (Ablehnung des Ptolemäus!) mit der empirischen Kenntnis der gegenwärtigen geographischen Verhältnisse, die er sich, neben den alten eine ganze Reihe moderner Sprachen sprechend, auf seinen Reisen aneignete, und wurde so zum Begründer der historischen Geographie als selbständiger Wissenschaft. Sein postum erschienenes geographisches Elementarbuch hat, obwohl das schwächste seiner Werke, in zahlreichen Auflagen und Bearbeitungen (durch Johann Buno, Joh.Friedrich Hekel, Johann Reiske, William Reading, zuletzt - Amsterdam 1729 - Augustin Bruzen de la Martinière) ein Jahrhundert lang als Grundlage des Geographieunterrichts gedient.

  • Werke

    Philaretis Amyntae Codomani [Ps.] Apologia pro G. P. Barone de Lobkovitz …, Dicaeopoli [Leiden?] 1606;
    De tribus Rheni alveis et ostiis, item de quinque populis quondam accolis …, Leiden 1611 (worüber es zu einer langen Kontroverse mit Johs. Isacius Pontanus kam, in die auch Hugo Grotius eingriff), holländ. Übers. v. J. F. A. Ghilde, 2 Bde., Den Haag 1709, ²1719;
    Germaniae antiquae libri tres …, Adiectae sunt Vindelicia et Noricum, Leiden 1616, ²1631 (P), hrsg. v. J. Buno, Wolfenbüttel 1663;
    Sicilia antiqua cum minoribus insulis adiacentibus, item Sardinia et Corsica, Leiden 1619, ²1624, hrsg. v. J. Buno, Wolfenbüttel 1659;
    Animadversiones in Apuleii Platonici librum de mundo, in: Apuleii opera omnia, hrsg. v. G. Elmenhorst, Frankfurt a. M. 1621;
    Italia antiqua, hrsg. v. D. Heinsius, 2 Bde., Leiden 1624 (P), hrsg. v. J. Buno, Wolfenbüttel 1659, ²1664 (Hauptwerk, vgl. dazu L. Holstenius, In Italiam antiquam Ph. Cluverii annotationes, hrsg. v. Kard. F. Barberini, Rom 1666);
    Introductionis in universam geographiam tam veterem quam novam libri VI, hrsg. v. J. Vorstius, Leiden 1624 u. ö., franz. Übers., Paris 1639 u. ö., dt. Übers., Nürnberg 1678 u. ö.;
    Notae in Strabonem, in: Strabonis Rerum geographicarum libri XVII, hrsg. v. Th. Jansson van Almeloveen, 2 Bde., Amsterdam 1707.

  • Literatur

    ADB IV;
    D. Heinsius, Gedächtnisrede, Leiden 1623;
    J. Meursius, Athenae Batavae, ebenda 1625, S. 290 ff. (P);
    Th. Pope Blount, Censura celebrium authorum, London 1690, S. 653 f.;
    A. Charitius, Commentatio historico-litteraria de viris eruditis Gedani ortis, Wittenberg 1715, S. 25-30;
    Ch. F. Charitius, Spicilegium ad A. Charitii … commentationem …, Danzig 1729, S. 6 f.;
    L. Holstenii epistolae ad diversos, hrsg. v. J. F. Boissonade, Paris 1817;
    H. Nissen, Italische Landeskde. I, 1883, S. 51 f.;
    J. Partsch, Ph. C., der Begründer d. hist. Länderkde., Wien-Olmütz 1891, = Geogr. Abhh., hrsg. v. A. Penck, V/2 (L);
    Jöcher I;
    Ersch-Gruber XVIII (L);
    Nouv. Biogr. X;
    Wurzbach XV, S. 320-23;
    Enc. Italiana X, Rom 1931, S. 637 f.;
    NNBW X, Sp. 180 ff. (L);
    F. Schwarz, in: Altpreuß. Biogr. I, 1941. - Zu Groß-Ov Simon: G. A. Will, Nürnberg. Gelehrten-Lex. I, Nürnberg-Altdorf 1755, S. 198 (L);
    J. Partsch, Ph. C., a. a. O., S. 4;
    F. Schwarz, in: Altpreuß. Biogr. I, 1941 (L).

  • Porträts

    Kupf. v. W. J. Delff (?, nach M. van Miereveld?), 1620, v. W. Hartmann, 1640, v. Jaques Picart, 1661, u. a. (Staatl. Kupf.-Kab. Dresden, Stadtbibl. Danzig u. bes. Département des Estampes d. Nat.-Bibl. Paris).

  • Autor/in

    Peter Fuchs
  • Zitierweise

    Fuchs, Peter, "Clüver, Philipp" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 295-296 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119150867.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Cluverius: Philipp C. (Klüwer), der Begründer der wissenschaftlichen historischen Geographie, geb. in Danzig 1580, in Leyden 1623. Nachdem er von seinem Vater, der die Stelle eines Münzmeisters bekleidete, in verschiedenen Wissenszweigen unterrichtet worden war und einige Zeit am Hofe des Königs von Polen zugebracht hatte, begab er sich nach Leyden, um Jura zu studiren, wandte sich aber durch den Einfluß Scaliger's (der ohne Vorlesungen zu halten das anerkannte Haupt der Universität und der Führer und Berather der strebsamsten jungen Männer, die damals in Leyden zusammen strömten, war) bewogen bald ganz den historisch-antiquarischen und geographischen Studien zu, für welche er von Jugend auf besondere Neigung gehabt hatte. Da sein Vater, mit dieser Veränderung seiner Studien nicht einverstanden, ihm in Folge dessen seine Unterstützung entzog, wanderte er durch Deutschland nach Ungarn und Böhmen, wo er einige Jahre hindurch Kriegsdienste that; in Prag wurde er mit dem von der österreichischen Regierung gefangen gehaltenen Baron Georg Popel v. Lobkowitz bekannt und übersetzte eine von demselben verfaßte Vertheidigungsschrift ins Lateinische. Dies zog ihm nach seiner Rückkehr nach Leyden Verfolgungen von Seiten der österreichischen Regierung zu, denen er aber mit Hülfe seiner Leydener Freunde entging. Von seiner Mutter heimlich unterstützt, unternahm er nun längere Reisen nach England und Schottland, nach Frankreich, nach Italien und Sicilien, welche Länder er großentheils zu Fuß durchwanderte. Dann kehrte er nach seinem geliebten Leyden zurück, um daselbst in gelehrter Muße die auf seinen Reisen gemachten Beobachtungen in Verbindung mit den Ueberlieferungen der alten Geographen und Historiker zu seiner Darstellung der historischen Geographie der von ihm durchwanderten Länder zu verarbeiten. Die erste Probe dieser seiner Studien gab er in seinem „Commentarius de tribus Rheni alveis et ostiis item de quinque populis quondam accolis scilicet de Taxandris, Batavis, Caninefatibus, Frisiis ac Marsacis“ (1611); darauf folgte ein umfassenderes Werk über die alte Geographie Deutschlands ("Germaniae antiquae libri III. Adjectae sunt Vindelicia et Noricum,“ Leyden 1616). Im Jahre 1616 wurde ihm der Titel eines „Geographus academicus“ mit einer Besoldung von 500 Fl. verliehen, wodurch er in eine der Stellung eines Honorarprofessors analoge freie Verbindung mit der Universität trat, die ihm jedoch keine Verpflichtung auferlegte, Vorlesungen zu halten. Seine werthvollsten Arbeiten, in welchen die Verbindung scharfer und sorgfältiger Beobachtung mit ausgebreiteter Belesenheit in den Schriften der Alten am deutlichsten hervortritt, sind die Darstellungen der alten Geographie Siciliens und Italiens in zwei Werken, von denen das erste ("Sicilia antiqua item Sardinia et Corsica“, Leyden 1619) die Inseln Sicilien, Sardinien und Corsica, das zweite, das erst nach seinem Tode erschien ("Italia antiqua“, Leyden 1624), die italienische Halbinsel behandelt. Später ist noch aus seinem Nachlaß die Einleitung in die gesammte alte und neue Geographie veröffentlicht worden ("Introductionis in universam geographiam tam veterem quam novam libri VI. quibus adiecta est D. Heinsii oratio in obitum Phil. Cluverii“, 1624), welche wiederholt in Deutschland mit Berichtigungen und Zusätzen von dem Gymnasialprofessor in Lüneburg, Joh. Buno (Wolfenbüttel 1661 und 1666) und von dem Rector in Wolfenbüttel, M. Joh. Reiske (ebd. 1694) in Holland zuletzt von Bruzen de la Martinière (Amsterdam 1729) neu herausgegeben, auch ins Französische (Paris 1667) und ins Deutsche (Nürnberg 1679) übersetzt worden ist.

    • Literatur

      Vgl. Van der Aa, Biographisch Woordenboek der Nederlanden III, p. 505 s.

  • Autor/in

    Bursian.
  • Zitierweise

    Bursian, Conrad, "Clüver, Philipp" in: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 353-354 unter Cluverius [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119150867.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA