Lebensdaten
nach 1460 – 1522
Geburtsort
Hueb bei Steyr (Oberösterreich)
Sterbeort
Graz
Beruf/Funktion
Humanist ; Kartograph ; Astronom ; Historiograph
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 121675777 | OGND | VIAF: 27933625
Namensvarianten
  • Stab, Johannes
  • Stöberer, Johann (eigentlich)
  • Stöbrer, Johann (eigentlich)
  • mehr

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Stabius, Johannes, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121675777.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V N. N. Stöberer, evtl. Forstmann;
    M N. N.

  • Biographie

    Außer von einem mutmaßlichen Schulbesuch bei Ludwig Dringenberg (um 1410–77) in Schlettstadt weiß man von S.s Familie, seiner Jugend und der unmittelbaren Zeit nach dem Studium nichts. In Ingolstadt immatrikulierte er sich am 1.8.1482 als Iohannes Stöbrer ex Augusta. Mit Michael Buttersaß (Putersaß, um 1450–1521), Andreas Stiborius (um 1470–1515), Johannes Werner (1468–1528), der 1484 nach Ingolstadt kam, und anderen bildete S. den Kreis der „antiqui“ (im Gegensatz zu den „moderni“), der sich dem „Erzhumanisten“ Konrad Celtis (1459–1508) nach dessen Immatrikulation im Febr. 1492 anschloß. Unter dem Einfluß von Celtis verlagerten sich S.s math. Studien von der Astrologie zur Instrumentenkunde und Kosmographie.

    Bei einem Studienaufenthalt in Nürnberg 1494 pflegte er Umgang mit Humanisten wie Sebald Schreyer (1446–1520) und Hieronymus Münzer (um 1440–1508). 1496/97 war S. in Wien, um die Berufung von Celtis dorthin vorzubereiten und für sich eine geistliche Pfründe zu finden. Da in eigener Sache erfolglos, blieb S. in Ingolstadt, wo ihn Hzg. Georg der Reiche 1498 als Mathematiklektor bestätigte. 1497 wurde er wegen Nichtausübung der Pfarrstelle in Karlstetten verklagt. Nach dem Weggang von Celtis, Stiborius und Johannes Aventinus Ende 1497 nach Wien, fühlte sich S. vereinsamt und übernahm 1502 eine Pfarrstelle in Wien, wo er Mitglied im „Collegium poetarum et mathematicorum“ wurde, der 1501 von Ks. Maximilian I. für den Celtiskreis gestifteten neuen „Fakultät“ an der Univ. Wien – mit vier Lehrkanzeln und dem Recht der Dichterkrönung. Nachdem S. für ein Semester die Lehrkanzel für Mathematik am Collegium bekleidet hatte, ernannte ihn der Kaiser auf Empfehlung von Johann Fuchsmagen (um 1450–1510) zum Historiographen am Wiener Hof, zur Zeit Maximilians Sammelpunkt der Wissenschaften und Künste. Seit 1503 begleitete S. den Kaiser auf Reisen, beriet ihn in wissenschaftlichen Fragen, erweiterte seine Bibliothek und unterstützte ihn bei genealogischen, historischen sowie literarisch-humanistischen Plänen. Insbesondere erarbeitete er die Genealogie von Maximilian und war mit weiteren Humanisten (u. a. Konrad Peutinger, Hans Burgkmair d. Ä., Albrecht Altdorfer, Willibald Pirckheimer, Albrecht Dürer) an der Schaffung der beiden gewaltigen, aufeinander bezogenen Holzschnitte „Ehrenpforte“ und „Triumphzug“ für Ks. Maximilian beteiligt. Der „Triumphzug“ mit ursprünglich fast 200 Druckstöcken wurde nie völlig fertiggestellt, S. war bis 1515 (vorwiegend mit redaktionellen Arbeiten) beteiligt, 1526 erschien eine provisorische Erstausgabe, die einen Fries von 55 m Länge ergäbe (Druckstöcke in d. Graph. Sammlung Albertina in Wien; Drucke ebd., u. a. auch im German. Nat.mus., Nürnberg, u. in d. Kupf.kabinetten in Berlin u. Braunschweig). Die „Ehrenpforte“ wurde 1515 vollendet (gedr. 1517/18) und stellt mit 3 m Breite und 3,5 m Höhe den größten vollständigen Holzschnitt der Kunstgeschichte dar (Druckstöcke u. Drucke ebenfalls in der Albertina). S. verfaßte den Erläuterungstext. 1515 erfolgte die Fertigstellung von Karten in Nürnberg. Für eine auch von seinem Schüler Georg Tannstetter (1482–1535) in dessen „Viri mathematici“ (1514) erwähnte, aber bisher nicht aufgefundene Topographie bereiste er in ksl. Auftrag die Herzogtümer Österreich und Kärnten. Nach dem Tod Maximilians 1519 trat S. noch für kurze Zeit in die Dienste Kg. Ferdinands, der ihn mit der Verwaltung des schriftlichen Nachlasses von Maximilian betraute und ihm 1521 das Domdekanat bei St. Stephan in Wien bewilligte. Mit der Herausgabe und Bearbeitung geschichtlicher und astronomischer Werke erwarb sich S. große Verdienste. Auf dem Gebiet der math. Geographie bemühte er sich um die Verbesserung der Landkarten und die Konstruktion von Zeit- und Vermessungsinstrumenten. 1502 entwarf er eine aufwendige Sonnenuhr für die St. Lorenz-Kirche in Nürnberg, die von Johannes Werner angeregt und von Sebastian Sperantius ( 1525) ausgeführt wurde. Sie zeigt die „Nürnberger Stunden“ in acht festgelegten Datumsabschnitten an. Die Konstruktion der Uhr wurde zusätzlich dadurch kompliziert, daß die Mauer nicht genau in Ost-West-Richtung verläuft. Zwei Himmels- und eine Weltkarte Dürers (Druckstöcke in der Albertina), deren Herstellung S. betreute und die 1515 erschienen, waren die ersten solchen Karten in perspektivischer Darstellung, die Sternenkarten (Druckstöcke im Kupf.kab. Berlin) mit Blick von außen auf die Himmelskugel zudem die ersten gedruckten. Zum Wegbereiter der modernen Kartographie wurde S. durch die Anfertigung einer Weltkarte in Herzform als polständiger pseudokonischer Gradnetzentwurf, später bekannt als Stabius-Werner-Projektion (vor 1510 von S. behandelt, 1514 v. Werner publ.). Diese erste flächentreue Abbildung (ein ähnlicher Druck v. Bernardus Sylvanus erschien 1511 in Venedig) wurde zur Grundlage späterer Projektionen u. a. von Peter Apian (der S.s Karte 1530 druckte), Gerhard Mercator oder Abraham Ortelius.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. 1497 v. Celtis begründeten Sodalitas litteraria Danubiana;
    poeta laureatus (1502/03);
    ksl. Ritter (1515);
    Straßennamen in Nürnberg, Ingolstadt u. Steyr. W u. a. div. Prognostiken u. Almanache in Ingolstadt;
    Figura Labyrinthi, 1497–1504;
    Messahalah, De scientia motus orbis, 1504 (Hg.);
    Walahfridus Strabo, Hortulus, hg. v. S., 1512 (Hg.);
    Horoscopion universale, 1512;
    Horoscopion omni generaliter congruens climati, 1512;
    Imagines coeli meridionales, 1515;
    Imagines coeli septentrionales cum duodecim imaginibus Zodiaci, 1515;
    Weltkarte, 1515;
    Astrolabium imperatorium, 1515;
    Paulus Diaconus Foroiuliensis, De gestis Langobardorum u. Iordanes, De rebus Gothorum, 1515 (Hg. mit K. Peutinger); G. v. Peuerbach, Quadratum geometricum, 1516 (Hg.);
    Scriptus super conclusionibus genealogiae Illustrissima Domus Austria (Ms., Wien, Österr. Nat.bibl., 3327).

  • Literatur

    ADB 35;
    J. D. Sotzmann, Über J. S. u. dessen Weltkarte v. 1515, in: Monatsberr. über d. Verhh. d. Ges. f. Erdkde. Berlin, NF 5, 1848, S. 232–56;
    J. Aschbach, Gesch. d. Wiener Univ. im ersten Jh. ihres Bestehens, 1865, S. 363–73;
    S. Laschitzer, Die Geneal. Ks. Maximilians I., in: Jb. d. kunsthist. Slgg. d. Allerhoechsten Kaiserhauses 7, 1888, S. 20 ff.;
    E. Bernleithner, 600 J. Geographie an d. Wiener Univ., in: Studien z. Gesch. d. Univ. Wien, Bd. III, 1965, S. 72 ff.;
    H. Grössing, J. S., Ein Oberösterreicher im Kreis d. Humanisten um Ks. Maximilian I., in: Mitt. d. oberösterr. Landesarchivs 9, 1968, S. 239–64;
    ders., Humanist. Naturwiss., Zur Gesch. d. Wiener math. Schulen d. 15. u. 16. Jh., 1983, S. 170–74;
    Ch. Schöner, Mathematik u. Astronomie an d. Univ. Ingolstadt im 15. u. 16. Jh., 1994;
    S. Lüken, Ks. Maximilian I. u. seine Ehrenpforte, in: Zs. f. Kunstgesch. 61, 1998, S. 449–90;
    K. Röttel, J. S., Humanist u. Kartograph, in: Schrr. d. Adam-Ries-Bundes Annaberg-Buchholz 14, 2002, S. 289–98;
    Biogr. Lex. LMU;
    Repert. Fontium;
    Killy;
    Hist. Lex. Wien;
    Stadtlex. Nürnberg;
    Nürnberger Künstlerlex.;
    Qu
    Österr. Nat.bibl.;
    Bayer. Staatsbibl.;
    Staats- u. Stadtbibl. Augsburg.

  • Porträts

    Holzschnitt v. H. Springinklee, 1513 (S. als hl. Koloman, Staatl. Graph. Slg. München;
    German. Nat.mus., Nürnberg;
    Kupf.kab. Berlin: Bayer. Staatsbibl.);
    als Standartenträger auf Bl. 109 d. Pergamentminiatur d. Triumphzuges, vor 1518 (Albertina, Wien);
    Gr. Wappen v. Dürer (um 1512/17, Kupf.kab. Berlin);
    Porträtbild v. Dürer, 1517 (Fürstl. Liechtenstein Slgg. Wien);
    Medaille auf S., vermutl. v. P. Vischer d. J., nach Dürer, um 1518 (German. Nat.mus., Nürnberg).

  • Autor/in

    Karl Röttel
  • Zitierweise

    Röttel, Karl, "Stabius, Johannes" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 777-778 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121675777.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Stabius: Johannes St. (Stab), Humanist der Epoche Kaiser Maximilian's I., geb. zu Steyr in Oberösterreich, Anfang Januars 1522. Zu Schlettstadt unter der Leitung Dringenberg's classisch geschult, übersiedelte St. nach Ingolstadt, wurde hier Professor der Mathematik, College Konrad Celtis', und erhielt noch vor dessen Abgange an die Wiener Hochschule eine Lehrkanzel der gleichen Wissenschaft an dieser Universität (1497). St. gehörte zum engsten Kreise der Freunde des Schöpfers der Sodalitas Rhenana und Danubiana und trat auch in die Leitung des sogenannten Collegium poëtarum als Vorstand der mathematischen Abtheilung ein. Obschon vorzugsweise mathematisch-astronomischen Studien, der Geographie und der genealogischen Geschichte zugethan, versuchte sich St. auch in lateinischer Poëterei, und wurde in Anerkennung dessen von seinem Freunde Celtis (s. A. D. B. IV, 82 f.) 1502 mit dem Lorbeer geschmückt. Als Celtis (1508) starb, war St., der Lehrthätigkeit an der Universität immer ferner gerückt, dem kunst- und wissensfreundlichen Kaiser Max I. bereits als Vertrauensmann und Beirath nahe getreten und erhielt alsbald den Titel eines kaiserlichen Historiographus. Als solcher verkehrte er viel mit Ladislaus Sunthem und Jakob Manlius (s. Art. „Mennel“ in d. A. D. B. XXI, 358 f.), die ihm bei der Ausarbeitung einer historia austriaca behülflich sein sollten. Zur Ausführung des Werkes kam es nicht, wohl aber ließ Maximilian I. ein großes Holzschnittwerk, größtentheils nach Zeichnungen Albrecht Dürer's (s. A. D. B. V, 475 f.) mit lateinischem Text aus der Feder des Stabius herstellen, das unter dem Namen „Triumphbogen“ oder „Ehrenpforte“ Maximilian's I. bekannt ist. — Auch an dem Stammbaume der Habsburger arbeitete St. im Geiste und Geschmack seiner Zeit und zeigte sich da keineswegs jenen kritiklosen „Alfanzereien“ (ineptiae), die er an einem Trithemius rügte, abgeneigt. Selbst Kaiser Max I. fand den Versuch seines Genealogen, die Wurzeln des Hauses an Cham und Noah zu knüpfen, so bedenklich, daß er diese Meinung der Wiener theologischen Facultät zur Begutachtung vorlegen ließ. Die eigentliche Bedeutung des Stabius ruhte aber nicht in solchen Arbeiten, sondern auf dem Felde der Mathematik, Geographie und Astronomie, in welchen Wissenschaften er ein Lehrer des Wiener Humanisten und Professors Collimitius (Georg Tanstätter, geb. 1482, 1535) genannt werden darf. Sein Zeitgenosse Cuspinian und der genannte Collimitius rühmen dies. St. habe Karten von Oesterreich und Kärnten hergestellt, einige Instrumente, z. B. Mond- und Sonnenuhren verfertigt, bezügliche Anleitungen gegeben und astronomische Beobachtungen angestellt. 1515 gab er mit Albrecht Dürer eine Weltkarte heraus. Auch mit der Astrologie gab sich Et. ab und verfertigte ein Horoscop. Er überlebte seinen kaiserlichen Gönner um 3 Jahre, im Genusse einer ergiebigen Kirchenpfründe als Domdechant der St. Stefanskirche. Mit weittragenden genealogischen Arbeiten beschäftigt, wurde St. auf einer Reise nach Görz vom Tode überrascht.

    • Literatur

      Khautz, Versuch einer Gesch. der österr. Gel. 1755. — Chmel, Hdschr. der k. k. Hofbibl. I. Bd. —
      Aschbach, Geschichte der Wiener Univ. II. Bd. 1877. —
      Glax, Ueber Maximilian's Ehrenpforte in den „Quellen und Forschungen für vaterländische Geschichte, Litt. u. Kunst“. Wien 1849. —
      Thausing, Dürer, Gesch. s. Lebens und seiner Kunst. 1876. —
      Sotzmann, Ueber Joh. Stabius u. s. Weltkarte (Monatsberichte über d. Verhandlungen der Gesellsch. f. Erdkunde. 1848, V. — Wegele, Gesch. d. deut. Historiogr. 1885.

  • Autor/in

    Krones.
  • Zitierweise

    Krones, Franz von, "Stabius, Johannes" in: Allgemeine Deutsche Biographie 35 (1893), S. 337 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121675777.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA