Lebensdaten
1591 – 1635
Geburtsort
Kaiserswerth bei Düsseldorf
Sterbeort
Trier
Beruf/Funktion
Dichter ; katholischer Theologe
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11861598X | OGND | VIAF: 71397976
Namensvarianten
  • Spee von Langenfeld, Friedrich
  • Spee, Friedrich
  • Incertus Theologus Orthodoxus
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Zitierweise

Spee, Friedrich von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861598X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Adelsfam. d. Ebm. Köln, d. zuerst mit d. Rr. Bruno v. Spede 1166/77 belegt ist;
    V Peter|(v. 1531–v. 1612), kurköln. Amtmann, Burgvogt in K., S d. Friedrich, kurköln. Amtmann;
    M Mechtel (Mechthild), T d. Adolf Dücker ( 1591), Landadliger aus Altenkriekenbeck;
    4 Geschw; Verwandter Maximilian Gf. v. S. (s. 2).

  • Biographie

    Aufgewachsen in Kaiserswerth, besuchte S. seit 1603 ein Kölner Gymnasium (Tricoronatum oder Montanum) und erhielt 1606 am Montanum die Zulassung für das Bakkalaureat. An der Univ. Köln schrieb er sich in die phil. Fakultät ein und erwarb 1609 den Grad eines Bakkalaureus. 1610–12 absolvierte er sein Noviziat bei den Jesuiten in Trier und begann 1612 ein Philosophiestudium in Würzburg, seit 1615 wurde S. im Schuldienst eingesetzt (Speyer 1615/16, Worms 1616–18, Mainz 1618/19). 1619–23 schloß sich ein Theologiestudium in Mainz an, wo S. 1622 zum Priester geweiht wurde. 1623–26 wirkte er als Hochschullehrer für Philosophie bzw. seit 1629 für Moraltheologie in Paderborn. 1630 wurde er nach Konflikten wegen seiner Position in der Hexenfrage und wegen Umgehung der internen Zensur beim Druck seiner Schrift gegen die Hexenprozesse seines Amtes enthoben. Nach weiteren Konflikten während seiner Zeit als Professor in Köln 1631/32 wurde ihm mit Ausschluß aus dem Jesuitenorden gedroht, was trotz einer Anordnung des Ordensgenerals jedoch unterblieb. Stattdessen erhielt S. 1632 in Trier eine Professur für Moraltheologie, seit 1634 für Bibelwissenschaft, was als ordenstypische Form der Rehabilitierung gelten kann. Zudem war er als Seelsorger in unterschiedlichen Einsatzfeldern tätig, u. a. 1627/28 in Köln als Seelsorger der Devotessengemeinschaft St. Ursula und 1628/29 als Mitarbeiter bei der Rekatholisierung des Amts Peine, wo er 1629 bei einem Überfall schwer verletzt wurde. Bei der Betreuung verwundeter Soldaten nach der Eroberung Triers durch ksl. und span. Truppen zog sich S. eine Infektion zu, der er bald darauf erlag.

    Eine zentrale Rolle in S.s Leben spielte seine schriftstellerische Tätigkeit. Die ersten seiner rund 130 Kirchenlieder erschienen 1621/22. Ob und in welchem Umfang S. auch Melodien dazu schrieb, ist unsicher. 1628 lag eine erste Fassung des „Güldenen Tugend-Buchs“ (gedr. 1649) vor, das zunächst als Lose-Blatt-Sammlung angelegt war. Es enthält Übungen zur Vervollkommnung in Glaube, Hoffnung und Liebe, die S. als Beichtvater für eine religiöse Frauengemeinschaft in Köln konzipiert hatte.

    1631 und 1632 erschienen unter rasch aufgedecktem Pseudonym zwei Auflagen seines heute bekanntesten Werks, der „Cautio Criminalis“, einer Anklageschrift gegen die in Deutschland grassierenden Hexenprozesse (dt. Überss. 1647, 1649, niederl. 1657, franz. 1660, poln. 1680). Bis kurz vor seinem Tod arbeitete S. an seinem dichterischen Hauptwerk, der „Trutz-Nachtigal“ (gedr. 1649, tschech. Überss. 1661, 1662), einer Sammlung von 51 geistlichen Gedichten. Sie umkreisen die Sehnsucht des Menschen nach Gott, den Weg von Umkehr und Buße, das Lob Gottes in der Schöpfung und die Heilszuwendung Gottes in Geburt, Tod und Auferstehung Jesu Christi. Von S. dürfte auch der weit verbreitete Beichtspiegel „Geistlicher Unterricht zur Generalbeicht“ (1631, lat. 1634 „Industria spiritualis“) stammen. Elemente seiner moraltheologischen Vorlesungen enthält die seinerzeit ungedruckte Schrift „Theologia moralis explicata“ (hg. v. H. Weber, 1996), die allerdings nicht von S. selbst stammt, sondern von Johannes Schücking (1596–1660).

    S. gilt als bedeutendster kath. Barockdichter, nicht zuletzt weil er in der „Trutz-Nachtigal“ in einer „Mini-Poetik“ und in seiner dichterischen Praxis für die muttersprachliche Dichtung unabhängig von Martin Opitz (1597–1639) zentrale Maßstäbe setzte (v. a. Zusammenfall v. Vers- u. Wortakzent). Vier seiner Kirchenlieder stehen im „Ev. Gesangbuch“, im kath. „Gotteslob“ haben sich 33 mutmaßliche S.-Lieder erhalten. Die methodisch geschickten und abwechslungsreichen Anregungen des „Güldenen Tugend-Buchs“ bieten noch immer Impulse für das spirituelle Leben. Leibniz pries es als wahrhaft göttliches Buch, das in die Hände aller Christen gehöre. S.s „Cautio criminalis“ ist ein Meisterwerk der Argumentationskunst. Der hier klar formulierte und für seine Zeit sehr ungewöhnliche Einsatz für die Unschuldsvermutung und gegen die Folter reiht S. unter die Wegbereiter einer humanen, den Menschenrechten verpflichteten Justiz ein, der in der dt. Strafrechtsgeschichte einen herausgehobenen Platz beanspruchen darf.

    Galt S. zur Zeit der Aufklärung vorwiegend als Kämpfer gegen den „Aberglauben“ des Hexenwahns (so schon b. Leibniz u. Thomasius), so entdeckte man in der Romantik gerade den „kindlich-frommen“ Dichter. In der kath. Bewegung des 19. Jh. nahm man S. als konfessionellen Helden und Repräsentanten einer eigenen Hochkultur wahr. Heute versteht man ihn als Vertreter des konfessionellen Zeitalters, der dessen zeittypische Begrenzungen vielfach sprengte und so konfessionsübergreifend rezipiert werden konnte. Die letzte S.-Renaissance wurde durch die|Wiederentdeckung seines Grabs 1980 ausgelöst.

  • Auszeichnungen

    F.-S.-Ges., Düsseldorf (seit 1985);
    F.-S.-Ges., Trier (seit 1987);
    F.-S.-Förderpreis f. herausragende Diss. u. ä. Arbb. (seit 1993);
    S.-Jb., hg. v. d. Arb.gemeinschaft d. S.-Gesellschaften (seit 1994).

  • Werke

    Sämtl. Schrr., Hist.-krit. Ausg., bearb. v. Th. G. M. van Oorschot, 4 Bde., 1985–2005 (jeweils mit Verzz. d. einzelnen Drr. u. Überss.);
    Bibliogr.:
    G. R. Dimler, in: Daphnis 13, 1984, S. 637–722, 15, 1986, S. 649–703;
    F. R. Reichert, in: A. Arens (Hg.), F. S. im Licht d. Wiss., 1984, S. 243–81;
    ders. u. M. Embach, Die S.-Dok. in d. Bibl. d. Trierer Priesterseminars, in: G. Franz (Hg.), F. S., Dichter, Seelsorger, Bekämpfer d. Hexenwahns, 1991, S. 271–97;
    M. Embach, in: G. Franz (Hg.), F. S. z. 400. Geb.tag, 1995, S. 377–85;
    B. Schmitt, in: S.-Jb. 6, 1999, S. 123–43, ebd. 8, 2001, S. 169–79;
    Dünnhaupt²;
    VD 17;
    Dok.:
    S.-Dok. (ca. 3000 Titel) in d. Bibl. d. Bfl. Priesterseminars Trier.

  • Literatur

    ADB 35;
    H. Zwetsloot, F. S. u. d. Hexenprozesse, 1954;
    Th. G. M. van Oorschot, F. v. S.s „Güldenes Tugend-Buch“, 1968;
    ders., F. S. v. L., Zwischen Zorn u. Zärtlichkeit, 1992;
    ders. (Hg.), F. S., Düsseldorfer Symposion z. 400. Geb.tag, 1993;
    G. R. Dimler, F. S.s Trutznachtigall, 1973;
    A. Arens (Hg.), F. S. im Licht d. Wiss., 1984;
    R. W. Keck, F. S. v. L., 1985;
    M. Sievernich (Hg.), F. v. S., Priester, Poet, Prophet, 1986;
    I. M. Battafarano (Hg.) F. S., Dichter, Theologe u. Bekämpfer d. Hexenprozesse, 1988;
    M. Eicheldinger, F. S., Seelsorger u. poeta doctus, 1991;
    G. Franz (Hg.), F. S., Dichter, Seelsorger, Bekämpfer d. Hexenwahns, 1991;
    ders., (Hg.), F. S. z. 400. Geb.tag, 1995;
    ders. u. H.-G. Wirtz (Hg.), F. S. als Theologe, 1997;
    E. Grunewald u. N. Gussone (Hg.), Von S. zu Eichendorff, 1991;
    N. Henrichs u. a. (Hg.), Kaiserswerther Vortrr. zu F. S., 1995;
    H. Weber u. G. Franz, F. S. (1591–1635), Leben u. Werk u. sein Andenken in Trier, 1996, ³2004;
    H.-G. Wirtz (Hg.), F. S., Was ist geblieben, was hat gewirkt?, 2002;
    H. Lohausen, P. F. S. SJ 1591–1635, 2004;
    Ch. Böhr, F. S. u. Christian Thomasius, 2005;
    Metzler Autorenlex. (P);
    Rhein. Lb. II, 1966, S. 125–41 (P);
    MGG;
    New Grove;
    HRG;
    Biogr. Lex. z. Pflegegesch., hg. v. H.-P. Wolff, 1997;
    Killy (W, L, P);
    Kosch, Lit.Lex.³ (W, L);
    LThK³;
    BBKL 14 (W, L);
    RGG⁴;
    TRE;
    Braunschweig. Biogr. Lex. II;
    Kölner Personenlex. (P).

  • Porträts

    P Ölgem., anonym, 17. Jh. (Köln, Dreikönigs-Gymn.) u. Kupf. v. Ch. Rösel, in J. Hartzheim, Bibliotheca Coloniensis, 1747, beide abgeb. in: Killy;
    – K. J. Miesen, Das S.-Bildnis im Lauf d. Jhh., in: S.-Post 1, 1990, H. 1, S. 3–22.

  • Autor/in

    Bernhard Schneider
  • Zitierweise

    Schneider, Bernhard, "Spee, Friedrich von" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 641-643 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861598X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Spee: Friedrich v. S. wurde geb. im J. 1591 zu Kaiserswert, dem damals kurkölnischen Städtchen unweit Düsseldorf, wo sein Vater. Peter Spee, Burgvogt und Amtmann des Kurfürsten Gebhard Truchseß von Waldburg war. (Das Wappen der Spee oder Spede, der rote Hahn (Speevogel) im silbernen Felde ist ein redendes. Vgl. Fahne, Chroniken und Urkundenbücher hervorragender Geschlechter, Stifter und Klöster. 3. Bd. Urkundenbuch des Geschlechtes Spede jetzt Spee. Köln 1876.) Seine Mutter war Mechtild Dücker von Altenkrickenbeck, die außer Friedrich, dem jüngsten, noch zwei Söhne, Johann Adolf und Arnold hatte. Frühzeitig sandten die Eltern unsern Friedrich studienhalber in das Jesuitencollegium „von den drei Kronen“ zu Köln, woselbst er den sogen. humanistischen Disciplinen oblag. Im Jahre 1610 erbat und erhielt er die Aufnahme in den Orden der Gesellschaft Jesu und begann noch im Herbst desselben Jahres zu Trier das Noviziat; 1613 ward er als Magister der Grammatik und der schönen Wissenschaften nach Köln gesandt, in welchem Amte er drei Jahre verblieb. Nach Beendigung seiner theologischen Studien und erhaltener Priesterweihe kehrte S. 1621 zum dritten Male nach Köln zurück, diesmal um einen Lehrstuhl der Philosophie einzunehmen. In den Jahren 1625 und 1626 wirkte er als Domprediger zu Paderborn. Das bedeutsamste Jahr im Leben Spee's ist aber das Jahr 1627. Damals erbat Philipp Adolf von Ehrenberg, Bischof von Würzburg, von dem Orden einen Beichtvater für die zum Flammentode verurtheilten s. g. Hexen. Die Vorsehung wollte, daß S. zu diesem traurigen Amte erkoren wurde. Nach einem alten gerichtlichen Verzeichnisse wurden in diesem und dem folgenden Jahre allein zu Würzburg 158 Hexenleute auf 29 Scheiterhaufen zum Tode befördert, darunter drei Domherrn, 14 Hülfspriester, mehrere Rathsherrn, die Wittwe eines Kanzlers, ein Doctor der Theologie, mehrere junge Edelleute und Edelknaben, ein blindes Mädchen, zwei Kinder von 9 Jahren und darunter u. s. w. An zweihundert dieser Schlachtopfer|eines blinden Wahnes geleitete S. zum Tode, darunter, wie er selbst sagt, nicht eines, von dem er nach allseitiger vernünftiger Erwägung hätte behaupten können, es sei schuldig. Was Wunder wenn die Haare des Priesters vor der Zeit grau wurden! „Es ist nicht gut sagen, was ich dort alles erfahren habe,“ schreibt er. „Ich erinnerte mich der Stelle im Prediger: Ich wendete mich zu Anderem und ich sah die Gewaltthaten, welche unter der Sonne geschehen, ich sah die Thränen derer, die Unrecht litten und hatten keinen Tröster; sie können der Gewalt nicht widerstehen und sind allseits der Hülfe beraubt. Da pries ich die Toten glücklicher als die Lebenden und hielt für glücklicher als beide den, der noch nicht geboren und die Uebelthaten nicht geschaut hat, welche unter der Sonne geschehen“ (Caut. crim. Dub. XIX rat. VII). Aber schon die Liebe, mit der S. den unschuldigen Opfern ihren letzten Gang zu erleichtern suchte, erregte den Argwohn und die Unzufriedenheit der Richter. „Alle Sorge wird getragen, daß ja keine billig denkenden und gelehrten Priester, die etwas mehr Grütze im Kopfe und das Herz auf dem rechten Flecke haben, sich der armen Opfer annehmen. Sie lassen auch keinen zu, der allenfalls die Fürsten aufklären könnte, denn sie fürchten, die Unschuld der armen Gefangenen möchte doch noch in der Folge ans Tageslicht kommen. Deßhalb gestatten die Inquisitoren den Priestern einer gewissen Gesellschaft nicht einmal das Beichthören der Unglücklichen, obgleich diese Priester die Jugend fast aller Länder unterrichten und erziehen und auch das Gewissen mancher Fürsten leiten. Vor nicht gar langer Zeit sprachen sich die Richter sogar dahin aus, man müsse diese Gesellschaft aus dem Vaterlande vertreiben, weil ihre Mitglieder Störenfriede der Rechtspflege seien“ (Caut. crim. Dub. LI n. 33.).

    Die Frucht dieser Seelenleiden war die Cautio criminalis, seu de Processibus contra Sagas Liber .... Auctore Incerto Theologo Orthodoxo. Rinthelii Typis exscripsit Petrus Lucius Typog. Acad. MDCXXXI — zwar nicht das erste Werk gegen Hexenwahn und Scheiterhaufen (denn Wier, Loos und Tanner waren hierin S. vorausgegangen), aber das erste, welches einen durchgreifenden Erfolg hatte, obschon es anonym erschien und erst im Drucke veröffentlicht ward, als S. bereits Würzburg hatte verlassen müssen. Philipp von Schönborn, der vertraute Freund Spee's, war, nachdem er Kurfürst von Mainz geworden, der erste, der alles Hexenspüren verbot.

    Von Würzburg ward S. auf Verlangen des Kurfürsten Ferdinand von Köln, des Bischofs von Hildesheim, im November 1628 nach Peina gesandt, um in der gleichnamigen Grafschaft durch seine Predigt für Durchführung der Gegenreformation zu wirken. Der Erfolg des Missionärs veranlaßte ein Attentat auf sein Leben und fast wäre er am 29. April 1629 bei Woltorp den Kugeln eines Meuchlers erlegen. Elf Wochen lag S. zu Hildesheim zwischen Leben und Tod. Wiederhergestellt blieb er bis September 1629 in Peina und führte alsdann das alte Weserstift Corvey zu besserer Zucht zurück. Zur Stärkung seiner schwankenden Gesundheit mußte S. einen längeren Landaufenthalt in dem unweit Corvey gelegenen Dörfchen Falkenbagen nehmen. In dieser stillen Waldeinsamkeit scheinen die meisten Lieder der Trutznachtigall zuerst gesungen worden zu sein. Manche freilich mögen schon in früheren Jahren entstanden sein. Wenigstens finden sich in dem „Geistlichen Psalter“ Köln 1638 und dem „Seraphisch Lustgart“ von 1635 Lieder, die erst 1648 in der ersten, freilich nach Spee's Tode besorgten Auflage der Trutznachtigall auftraten. (Trotz Nachtigal, Oder Geistlichs-Poetisch Lvst Waldlein, Deszgleichen noch nie zuvor in Teutscher sprach gesehen, Durch den Ehrw. P. Fridericvm Spee, Priester der Gesellschaft Jesv. Jetzo nach vieler wunsch und langem anhalten zum erstenmahl in Truck verfertiget ... Collen, In verlag Wilhelmi Fliessems Buchändlers,in der Franckgasz im Ertz-Engel Gabriel. Im Jahr 1649.) Auch das seit alter Zeit bis heute fast unverändert erhaltene Hildesheimische Gesangbuch soll alter Ueberlieferungen zufolge Lieder von S. enthalten. Und in der That erinnern einzelne, die in der Trutznachtigall fehlen, nicht wenig an die Weise unseres Dichters. Kirchenlieder im strengen Verstande des Wortes hat S. nicht viele geschrieben, aber geistliche Dichtungen, die an Tiefe der Empfindung, Reinheit der Sprache und Vollendung der Form, einer besseren Zeit deutscher Litteratur anzugehören verdienten. Welchen Antheil S. an den Melodien der Trutznachtigall hat, ist eine Frage, die noch auf Beantwortung wartet.

    Zu Anfang 1632 ward S. nach Köln berufen, um daselbst über Moraltheologie zu lesen. Spee's Collegienhefte wurden in der Folge das Hauptmaterial, aus dem Busenbaum seine bekannte medulla theologiae moralis herstellte, ein Werk, das die Ehre hatte, von einem Alphonsus de Liguorio commentirt zu werden, ähnlich wie die Sentenzen des Lombarden durch Thomas Aquinas. Ebenso entstand zu Köln das „Güldene Tugendbuch“, eine ascetische Anleitung zur Uebung der s. g. theologischen Tugenden, die mit mancherlei geistlichen Liedern durchflochten ist (Güldenes Tvgend-Bvch, das ist Werck vnnd übung der dreyen Göttlichen Tvgenden desz Glaubens, Hoffnung vnd Liebe. Allen Gottliebenden andächtigen, frommen Seelen: vnd sonderlich den Kloster vnd anderen Geistlichen personen sehr nützlich zu gebrauchen. durch den Ehrw. P. Fridericvm Spee, Priester der Gesellschaft Jesv ... Cöllen, In verlag Wilhelmi Friessems Buchhändlers in der Franckgasz im Ertz-Engel Gabriel. Im Jahr 1649). Ende 1633 befand sich S. in Trier. Hier besorgte er eine zweite Abschrift der Trutznachtigall. 1635 eroberten die Geistlichen unter Ritberg die von ihrem Landsherrn den Franzosen verrathene Moselstadt. Der Schrecken einer pestartigen Seuche folgte den Gräueln des Krieges. Unermüdet wartete S. an den Erkrankten der Werke leiblicher und geistlicher Barmherzigkeit, bis der Todesengel auch seinem Leben christlicher Liebe ein Ziel steckte. Er starb am 7. August 1635 im Alter von nur 44 Jahren und ward in der Gruft der Jesuitenkirche zu Trier beigesetzt.

    • Literatur

      Wir besitzen keine Lebensbeschreibung von S., die der Bedeutung des Mannes und unseren Ansprüchen an eine Monographie gerecht würde. Am eingehendsten ist noch Diel, Friedrich von Spee, Freiburg i. B. 1872, dem wir zumeist gefolgt sind. Aber auch seine Darstellung ist populärer Natur. Die über S. vorhandene Litteratur ist ausführlich zusammengestellt bei K. Goedeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Zweite Aufl. 3. Bd. S. 193—95, sie weiß fast nur Aufsätze aus Zeitschriften und Programmen zu bieten. Hinzuzufügen wären Cardauns, Friedrich von Spee, Frankfurt a. M. 1882. — Alegambe, Bibl. Soc. Jesu p. 551.v. Hartzheim, Bibl. Colon. p. 57.Cordara II l. XIV p. 283, sowie endlich einige neuere Schriften über Hexenwesen und Hexenprocesse, z. B. Diefenbach, der Hexenwahn, Mainz 1886 S. 287 ff.

  • Autor/in

    G. M. Dreves.
  • Zitierweise

    Dreves, Guido Maria, "Spee, Friedrich von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 35 (1893), S. 92-94 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861598X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA