Lebensdaten
1764 – 1832
Geburtsort
Allmenhausen bei Schlotheim (Thüringen)
Sterbeort
Gotha
Beruf/Funktion
Paläobotaniker ; Geologe ; Oberhofmarschall
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 117330485 | OGND | VIAF: 57389346
Namensvarianten
  • Schlotheim, Ernst Friedrich Freiherr von
  • Schlotheim, Ernst Friedrich von
  • B. d. S.
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Zitierweise

Schlotheim, Ernst Friedrich Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117330485.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus seit 1359 in Thür. nachweisbarer Fam.;
    V Ernst Ludwig (1736–97), hzgl. gotha. Beamter, 1776 Amtshptm. d. Herrschaft Tonna (Gräfentonna, Thür.);
    M Friederike ( 1772), T d. Wilhelm v. Stangen;
    1798 Christiane v. Helmolt (1766–1825);
    3 K.

  • Biographie

    Nach Unterricht durch Hauslehrer besuchte S. 1779-82 das Gymnasium Ernestinum in Gotha. Anschließend studierte er Jura in Göttingen, hörte zudem Naturgeschichte bei Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840) und sammelte Versteinerungen. Seit 1791 in gotha. Staatsdienst, studierte er 1791/92 an der Bergakademie Freiberg. S. besuchte Bergwerke und Gewerbebetriebe, u. a. 1792 im Harz, 1793 im mitteldt. Kupferschiefergebiet. Neben dem Bergwesen war er auch für die Museen, die hzgl. Bibliothek und das Münzkabinett zuständig. Seit 1805 dirigierender Rat, seit 1817 Präsident des Kammerkollegiums in Gotha, wurde S. 1828 u. a. zum Oberhofmarschall ernannt, erlitt aber im selben Jahr einen Schlaganfall und mußte sich zunehmend zurückziehen.

    S. gilt als ein Begründer der Paläobotanik. Thüringens reiche Fossilfundstätten bildeten die Basis für seine privaten Forschungen. Er befaßte sich zuerst mit den fossilen Pflanzen aus den Rotliegend-Schichten, die mit dem Steinkohlenabbau bei Manebach im Thüringer Wald zugänglich wurden, sammelte bald aber auch ausgiebig tierische Fossilien, vorwiegend aus dem Muschelkalk. Aus den Fossilien seiner immer umfassenderen Sammlung (mit zuletzt 1741 Arten, 1832 v. preuß. Staat für Berlin erworben) leitete er etliche vorsichtig formulierte Schlußfolgerungen ab, da er sich des lückenhaften Kenntnisstandes seiner Zeit durchaus bewußt war. S. benannte (durchgängig seit 1820) Fossilien ausgestorbener Tier- und Pflanzenarten in Übereinstimmung mit der Linnéschen Nomenklatur durch binominale Artnamen. Seine bedeutendste Leistung war die Erkenntnis der Schichtgebundenheit zahlreicher fossiler Arten, die unabhängig von ihm auch William Smith (1769–1839) beobachtete, der um 1816 die Leitfossilmethode entwickelte. Mit der Erkenntnis, daß zeitgleiche Schichten teils fossilreich, teils fossilleer sind, nahm S. den Faziesbegriff vorweg. Aus den Merkmalen der Pflanzenfossilien schloß er auf ein zu deren Lebenszeit wärmeres Klima und zog aus ihrer Einbettung, den Nachbargesteinen etc., weitere Schlüsse bezüglich deren Lebensumständen. S. stand der seinerzeit dominierenden Katastrophentheorie Georges Cuviers (1769–1832) teilweise kritisch gegenüber und deutete auch die Möglichkeit einer Umbildung der einstigen Arten in die heutigen an. 1804 bezeichnete er manche heutige gegenüber fossilen Arten als „ausgeartet“ und nahm 1820 an, daß gewisse Arten in den seither verflossenen langen Zeiträumen durch klimatische und sonstige Ursachen so „modifizirt“ worden seien, daß man in den gegenwärtigen Arten ihre „begrabenen und versteinerten Stammväter nicht wieder zu erkennen vermöge“. Hier deutet sich die Vorstellung von Evolution, von Formenbildung an, und S. wird heute als Vorläufer der Evolutionstheorie gewürdigt. Allerdings waren Umbildungen innerhalb einer Art oder Gattung auch vor 1860 weithin anerkannt bzw. wurden für möglich gehalten, was aber noch nicht mit der für die gesamte Organismenwelt geltende Evolutionstheorie gleichzusetzen war.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Leopoldina (1823);
    Wirkl. Geh. Rat;
    Ehrenmitgl. d. Ak. d. Wiss. zu Berlin (1827).

  • Werke

    Beschreibung merkwürdiger Kräuter-Abdrücke u. Pflanzen-Versteinerungen, Ein Btr. z. Flora d. Vorwelt, 1804;
    Btrr. z. Naturgesch. d. Versteinerungen in geognost. Hinsicht, in: Tb. f. d. ges. Mineralogie 7, 1813;
    Die Petrefactenkunde auf d. jetzigen Standpunkte, 1820.

  • Literatur

    ADB 31;
    W. Langer, in: Niederrhein. Jb. 10, 1967, S. 19-40;
    T. Martens, in: Gothaer Museumsh. 11, 1982, S. 5-22;
    D. Storch, ebd., S. 23-30;
    M. Oschmann, E. F. v. S., Das Lb. e. gr. Paläontologen, in: Bergak. 16, 1964, S. 444-48;
    Thüringer Biogr. Lex. (P);
    DSB XII;
    Pogg. VII a, Suppl.

  • Porträts

    Gothaer Museumsh. 1986, Nr. 13, Frontispice.

  • Autor/in

    Gottfried Zirnstein
  • Zitierweise

    Zirnstein, Gottfried, "Schlotheim, Ernst Friedrich Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 109-110 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117330485.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Schlotheim: Ernst Friedrich Freiherr v. S., Oberhofmarschall und Wirkl. Geheimer Rath in Gotha, bekannt durch seine vortrefflichen paläontologischen Schriften, ist am 2. April 1764 auf dem Schlotheimischen Schloßgute Almenhausen in Thüringen geboren und am 28. März 1832 in Gotha gestorben. Derselbe besuchte zuerst auf der Universität Göttingen juridische Collegien und hörte dann in Freiberg naturwissenschaftliche und montanistische Vorlesungen. Nach Beendigung der Studien trat S. in die juridische Laufbahn ein, wurde 1793 erst Beisitzer, dann 1805 dirigirender Rath und endlich 1817 Präsident des Kammercollegiums in Gotha, welche Stellung er bis 1828 inne hatte. Neben seinem amtlichen Dienste beschäftigte sich S. schon frühzeitig mit dem Aufsammeln von Versteinerungen, legte sich eine Sammlung an und suchte nach dem Vorgange von Walch und Schulze die Lücke in den wissenschaftlichen Publicationen auszufüllen, welche damals noch in der Kenntniß der Pflanzenversteinerung bestand. Dazu benutzte er hauptsächlich das reiche Material, welches in den Steinkohlenbergwerken Thüringens, namentlich bei Manebach gefunden und aufgesammelt worden war. Schon in Hoff's Magazin für gesammte Mineralogie hatte S. eine Beschreibung von diesem Vorkommen gegeben und publicirte 1804 ein mit gut ausgeführten Abbildungen reichlich geschmücktes phytopaläontologisches Werk: „Beschreibung merkwürdiger Kräuterabdrücke“. Er führt darin unter Anderem aus, daß die meisten dieser Pflanzenreste als Abkömmlinge baumartiger Farne zu betrachten seien und zog aus ihnen die Folgerung, daß sie einem wärmeren Klima der Vorzeit angehören müßten. 1813 publicirte S. eine chronologische Uebersicht der ihm damals bekannten Versteinerungen, nach den verschiedenen Formationen geordnet, in welchen sie sich vorfinden (Mineral. Taschenbuch von Leonhard VIII, 3) und wies dabei auf die Wichtigkeit der Versteinerungen für die Bestimmung des relativen Alters der verschiedenen Gesteinschichten hin. Später verlegte sich S. hauptsächlich auf das Auffinden und Studium von Thierüberresten. Ein größeres vortreffliches Werk ließ er 1820 unter dem Titel: „Die Petrefactenkunde auf ihrem jetzigen Standpunkte“ mit zahlreichen Tafeln erscheinen, dem 1822 und 1823 zwei Nachträge folgten. Dasselbe kann als grundlegend, namentlich für die Versteinerungskunde des Muschelkalks bezeichnet werden. In der Einleitung gibt er eine gute Uebersicht über den damaligen Stand der Paläontologie und macht die sehr richtige Bemerkung, daß die Formen und Klassen der Versteinerungen des Thier- und Pflanzenreichs immer fremdartiger und unbekannter werden, je höher das relative Alter der Gebirgsformation ansteige. Er gibt zwar zu, daß Erdrevolutionen mehrfach eingetreten seien, bestreitet aber auf das bestimmteste, daß die in den verschiedenen Gesteinsschichten vorkommenden verschiedenartigen organischen Ueberreste als die Erzeugnisse stets sich wiederholender Erdrevolutionen und neuer Schöpfungen angesehen werden dürften. Die Schöpfung sei nicht gleichsam ein abgethanes Geschäft in einem kurzen Zeitraum; sie wirke vielmehr ins Unendliche fort und alles Mögliche und Nothwendige verändere und bilde sich nach unveränderlichen Gesetzen in den günstigen Augenblicken um. In diesen Aeußerungen sehen wir die Ansicht einer allmählichen fortschreitenden Umformung der organischen Wesen bereits deutlich ausgesprochen. Man kann S. in der That als den Begründer einer neuen wissenschaftlichen Behandlung der Versteinerungen in Deutschland bezeichnen. Auch später war S. noch vielfach auf paläontologischem Gebiete thätig und lieferte mehrere Abhandlungen im Bergmännischen Journal, in v. Hoff's Magazin für Mineralogie und Leonhard's mineralogischem Taschenbuche. Seine Sammlung, welche lange Zeit hindurch als die beste ihrer Art galt, ging später in den Besitz der Berliner Universität über. Als seine letzte Arbeit auf diesem Gebiete erschien die Schrift: „Merkwürdige Versteinerungen“ 1832. Inzwischen war S. auch zu hohen Ehren und Würden emporgestiegen, wurde zum Oberhofmarschall und wirklichen geheimen Hofrath in Gotha ernannt und war außerdem Mitglied vieler gelehrten Gesellschaften.

    • Literatur

      Poggendorff, biogr.-litt. Handwb. II, 810. — Zittel, Beitr. z. Gesch. d. Paläontologie, S. 170.

  • Autor/in

    v. Gümbel.
  • Zitierweise

    Gümbel, Wilhelm von, "Schlotheim, Ernst Friedrich Freiherr von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 31 (1890), S. 550-551 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117330485.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA