Lebensdaten
1768 – 1835
Geburtsort
Lichtenfels (Oberfranken)
Sterbeort
Oberdischingen bei Ehingen (Württemberg)
Beruf/Funktion
Arzt
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118602004 | OGND | VIAF: 27864039
Namensvarianten
  • Roeschlaub, Andreas
  • Röschlaub, Andreas
  • Roeschlaub, Andreas
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Röschlaub, Andreas, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118602004.html [16.04.2024].

CC0

  • Biographie

    R. nahm 1786 in Bamberg das Theologiestudium auf, das er ein Jahr später zugunsten eines Medizinstudiums ebendort und später in Würzburg aufgab. 1795 in Bamberg mit der Dissertation „De febri fragmentum“ promoviert, erhielt er dort 1796 eine ao. Professur für Medizin (1798 o. Prof. f. Pathol. u. Med. Klinik) und 1799 die Funktion eines Zweiten Arztes (neben Adalbert Friedrich Marcus, 1753–1816) am Allgemeinen Krankenhaus. Durch das erfolgreiche Zusammenwirken von R. und Marcus wurde Bamberg zu einem bedeutenden medizinischen Zentrum. 1802 folgte R. einem Ruf als Professor für Pathologie und Medizinische Klinik an die Univ. Landshut. 1824 wurde er wegen eines Streits mit dem Landshuter Magistrat um die Vergrößerung und Reformierung seiner Klinik des Dienstes enthoben. Nach der Verlegung der Universität nach München 1826 konnte er dort als o. Professor für Allgemeine Pathologie und Therapie bis zu seinem Tod weiterarbeiten.

    R. ist der Begründer der „Erregungstheorie“, einer auf dem System des schott. Arztes John Brown (1735/36-88), dessen Werke R. auch übersetzte, basierenden Krankheitslehre. Nach dem „Brownianismus“ wird das Leben durch Reize aufrechterhalten, auf die der Organismus aufgrund seiner „Erregbarkeit“ reagiert. Zu starke und zu schwache Erregbarkeit des Körpers sowie unangemessen starke oder schwache Reize bedingen Krankheit, während normale Erregbarkeit und normaler Reiz die Voraussetzung für einen gesunden Organismus sind. Asthenie, d. h. Körperschwäche aufgrund zu geringer Erregbarkeit, und Sthenie, zu hohe Körperkraft durch Übererregbarkeit, sind die beiden grundlegenden Formen von Krankheit. Asthenische Krankheiten werden nach Brown mit reizfördernden Medikamenten und Methoden behandelt, sthenische mit reizabschwächenden Heilmitteln wie z. B. dem Aderlaß oder dem Purgieren. R. modifizierte das starre, eindimensionale, auf bloße Aktion und Reaktion ausgelegte Modell Browns durch ein prozeßhaftes, dynamisches und betrachtete die Lebensprozesse als Ausdruck komplexer Wechselbeziehungen zwischen Umwelt und Organismus. In dieser Form stieß die Brownsche Lehre der Polarität von Erregbarkeit und Reiz besonders bei den romantischen Medizinern in Deutschland auf großes Interesse. Da R. die Heilkunde als ein Ganzes betrachtete, strebte er das Zusammenwirken von Krankheitslehre und Therapie sowie die Verschmelzung von Pathologie und Physiologie an und wurde darin von Medizinern wie Ignaz Döllinger (1770–1841) und Johann Christian Reil (1759–1813) begeistert unterstützt, von den konservativen Ärzten (Christoph Wilhelm Hufeland) jedoch abgelehnt. Das von R. 1799 ins Leben gerufene und herausgegebene „Magazin zur Vervollkommnung der theoretischen und praktischen Heilkunde“ (10 Bde., 1799–1809) diente als Forum für diese neue Auffassung der Heilkunde, die auch bei F. W. J. Schelling (1775–1854) auf große Zustimmung stieß, so daß sich Erregungstheorie und Naturphilosophie gegenseitig befruchteten. Seit etwa 1815 betrachtete R. sowohl den Brownianismus als auch die romantische Naturphilosophie kritischer. In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte er sich vermehrt mit dem klinischen Unterricht und der praktischen Medizin. R. war als Repräsentant der romantischen Heilkunde einer der wichtigsten und zugleich umstrittensten Mediziner seiner Epoche.

  • Werke

    u. a. Unterss. über Pathogenie oder Einl. in d. med. Theorie, 3 Bde., 1738-1800;
    Von d. Einflusse d. Brown’schen Theorie in d. pract. Heilkunde, 1798;
    Lehrb. d. Nosol., 1801;
    Erster Entwurf e. Lehrb. d. allg. Jaterie u. ihrer Propädeutik, 1804;
    Lehrb. d. bes. Nosol., Jatreusiol. u. Jaterie, 3 Bde., 1807-10;
    An Dr. A. Fr. Marcus über d. Typhus, 1814;
    Über d. Würde u. d. Wachstum d. Wiss. u. Künste u. ihre Einf. in d. Leben, 1827.

  • Literatur

    ADB 29;
    H. Kalweit, A. R. u. seine Bed. f. d. Romant. Med., Diss. Berlin 1943;
    K. Humbach, Die naturphil. Schaffensperiode R.s, Diss. München 1951;
    N. Tsouyopoulos, Der Streit zw. F. W. J. Schelling u. A. R. über d. Grundlagen d. Med., in: Med.hist. Journal 13, 1978, S. 229-46;
    dies., A. R. u. d. Romant. Medizin, 1982;
    U. Wiesing, A. R., Heilkunst durch Jatrotechnik, in: ders. (Hg.), Kunst oder Wiss., Konzeptionen d. Med. in d. dt. Romantik, 1995, S. 158-86;
    BLÄ.

  • Autor/in

    Werner E. Gerabek
  • Zitierweise

    Gerabek, Werner E., "Röschlaub, Andreas" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 738 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118602004.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Roeschlaub: Andreas R., Arzt, ist am 21. October 1768 zu Lichtenfels im Bambergischen geboren. Er erhielt seit 1779 seine Gymnasialbildung in Bamberg und widmete sich nach Beendigung derselben (Herbst 1786) dem Studium der Theologie ebendaselbst, ging aber 1787 zur Medicin über, deren Studium er auf der Würzburger Universität fortsetzte. 1795 promovirte er in Bamberg mit einer Abhandlung: „De febri fragmentum“ und wurde hier bereits im folgenden Jahre zum außerordentlichen Professor der Medicin und 1797 zum Beisitzer der med. Facultät ernannt. 1798 erlangte er die ordentliche Professur der speciellen Pathologie und Klinik, sowie eine Stellung als zweiter Hospitalarzt am allgemeinen Krankenhause. Diese Aemter vertauschte er 1802 mit der ordentlichen Professur der med. Klinik zu Landshut, wo er gleichfalls Hospitalarzt und Director der med. Schule, sowie Beisitzer der Facultät und 1804 Medicinalrath wurde. 1824 mußte er aus äußeren Gründen in den Ruhestand treten, wurde jedoch 1826 bei der Aufhebung der Landshuter Universität und Versetzung derselben nach München am letztgenannten Orte wieder als ordentlicher Professor der Medicin mit dem Titel eines Hofraths angestellt. Dieses Amt verwaltete er seit 1830 auch als Beisitzer des Obermedicinalausschusses, bis zu seinem Lebensende, das am 7. Juli 1835 auf einer Erholungsreise nach Ulm im Schlosse des Grafen Schenk-Castell zu Oberdischingen eintrat. — In der Geschichte der Medicin hat sich R. als Begründer eines besonderen Systems bekannt gemacht, das auf den Grundsätzen der berüchtigten Brown’schen Lehre beruhte, zu deren geistvollsten wie fanatischsten Anhängern R. anfangs gehörte. Diese Modification des Brown’schen Systems, das in der großen Masse der Aerzte tiefe Wurzeln geschlagen hatte und 10 Jahre lang wol die beliebteste Kurmethode in Deutschland gewesen war, publicirte er als „Erregungstheorie" zuerst in Weickard's Magazin der Arzneikunst (Band 1, Heft 2), später aber hauptsächlich in einem eigenen Werke: „Untersuchungen über die Pathogenie" (2 Bde., 1798—1800; 2. Aufl. 1800—1803) und in dem von ihm redigirten „Magazin zur Vervollkommnung der Heilkunde“ (10 Bde. und 1 Heft 1799 bis 1809). Die darin niedergelegten Lehren unterscheiden sich von der originalen Brown's durch den Fundamentalsatz, daß das Bestehen des Lebens nicht bloß von dem inneren Lebensprincip, von der sog. Irritabilität, abhängig sei, sondern daß es auch abhänge von den äußeren Verhältnissen, der äußeren Organisation. Ferner wird nachzuweisen gesucht, daß der lebendige Organismus auch die Eigenschaft habe, dem empfangenen Eindrucke eine Wirkung gegenüber zu setzen, eine Eigenschaft, die er „Incitabilität“ nennt. Das System fand anfangs ungeheuren Anklang. Sprengel, Horn, Hecker, Marcus u. A. waren eifrige Anhänger desselben. Seine Gegner griff er heftig an, doch artete diese ganze Lehre schließlich in hohle Abstractionen, in ein bloßes Formelwesen aus und R. ging sogar so weit, daß er 30 Axiome aufstellte und erklärte, wenn der Arzt diese festhalte, so sei er im Stande, jede Krankheit zu heilen, wenn sie noch heilbar sei. Später gelangte R. bei nüchternerer Auffassung der Dinge zu einem vollständigen Umschwunge, erklärte selbst einen Theil seiner bisherigen Ansichten für Irrthümer und wandte sich mehr der damals gerade in Deutschland zur Geltung gelangenden „Naturphilosophie“ zu, wovon der im J. 1804 erschienene „Entwurf eines Lehrbuches|der allgemeinen Jaterie und ihrer Propädeutik“, noch mehr aber das „Lehrbuch der besonderen Nosologie, Jatreusiologie und Jaterie“ (Frankfurt a. M. 1807 bis 1810) Zeugniß ablegen. In seinen letzten Lebensjahren machte sich R. aber auch von dieser Richtung los und wurde Anhänger der neueren, jeder Mystik abholden, rationell-empirischen Medicin und gestand mit großer Offenheit in dem von ihm publicirten „Neuen Magazin für klinische Medicin“ (4 Stücke 1816—17) ein, daß der ganze Brownianismus eine Schwindellehre, eine Pseudo-Medicin sein.

    • Literatur

      Vgl. A. Hirsch in Biogr. Lexicon hervorragender Aerzte etc. Bd. V, S. 58.

  • Autor/in

    Pagel.
  • Zitierweise

    Pagel, Julius Leopold, "Röschlaub, Andreas" in: Allgemeine Deutsche Biographie 29 (1889), S. 166-167 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118602004.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA