Lebensdaten
1911 – 2002
Geburtsort
Pitzling bei Landsberg/Lech
Sterbeort
Unterhaching bei München
Beruf/Funktion
Schriftstellerin
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118601172 | OGND | VIAF: 108790044
Namensvarianten
  • Schnell, Luise (in erster Ehe)
  • Orff, Luise (in zweiter Ehe)
  • Rinser, Luise
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Zitierweise

Rinser, Luise, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118601172.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joseph ( 1951), Lehrer, Organist;
    M Luise Sailer;
    1) Lochhausen 1939 Horst Günther Schnell (1943 in Rußland), Kapellmeister, 2) Salzburg 1943 oder 1944 (Scheinehe, 1948) Klaus Hermann, kommunist. Schriftst., 3) 1954 ( 1959) Carl Orff (1895–1982), Komp. (s. NDB 19);
    2 S aus 1) u. a. Stephan (1941–94), Fernsehregisseur.

  • Biographie

    Nach Abitur und Studium der Pädagogik und Psychologie am Lehrerinnenseminar in München arbeitete R. seit 1935 als Lehrerin in mehreren bayer. Dörfern. 1939 verweigerte sie den Beitritt in die NSDAP und gab den Schuldienst auf. Während des Kriegs wohnte sie zunächst in Braunschweig und Rostock, nach dem Tod ihres Mannes in Kirchanschöring b. Salzburg. 1944 wurde sie wegen Hochverrats und „Wehrkraftzersetzung“ verhaftet und bis April 1945 in Traunstein interniert. Nach dem Weltkrieg lebte R. in bescheidenen Verhältnissen als freie Schriftstellerin in Diessen/Ammersee und schrieb nebenher für Rundfunk, „Neue Zeitung“ und „Zürcher Weltwoche“. 1959 übersiedelte sie nach Rocca di Papa bei Rom, von wo aus sie zahlreiche Weltreisen unternahm und 1962-66 vom II. Vatikanischen Konzil berichtete. Kurz vor ihrem Tod kehrte sie nach Bayern zurück.

    R.s literarische Tätigkeit begann mit kleinen Erzählungen, auf die 1941 der Roman „Die gläsernen Ringe“ folgte, an dessen Ende sich die Heldin zum scharfen Gesetz des Geistes bekennt, das ihr Leben bestimmen soll. Eine vom S. Fischer Verlag geplante 2. Auflage dieser Abkehr von der üblichen Bauern- und Soldatenliteratur wurde von Goebbels verboten. R.s frühe Prosa, in der es nahezu nur weibliche Heldinnen gibt, ist deutlich unnaturalistisch hochstilisiert und melodramatisch. Unter dem Einfluß amerik. Literatur nach dem Krieg wurde R.s Stil realistischer, wovon die Novellen zeugen, die Höhepunkte ihrer Literatur darstellen: „Die kleine Frau Marbel“ (1947), „Ein alter Mann stirbt“, „Die rote Katze“ und die Flüchtlingsgeschichte, Jan Lobel aus Warschau“ (alle 1948).

    Im gleichzeitigen Romanschaffen ragt der weltweite Erfolg „Mitte des Lebens“ (1950) heraus, worin in Montagetechnik die Befreiung einer Frau von gesellschaftlichen Zwängen und ihre Selbstfindung geschildert wird. 1953 folgte der Roman über R.s Lehrerinnenzeit, „Daniela“. In der Folgezeit traten autobiographische Züge in ihrer Belletristik immer mehr zurück zugunsten allgemeinerer Themen, z. B. dem der Schuld, das R. zuerst in „Sündenbock“ (1955), dann in „Geh fort wenn du kannst“ (1959) verarbeitete.

    Mit dem Roman „Ich bin Tobias“ (1966), in dem zum ersten Mal ein Mann im Mittelpunkt stand, löste sich R. von ihrem Ruf als Frauenschriftstellerin. Die acht Folgejahre widmete sie ausschließlich der Sachliteratur. 1974 schilderte sie in dem Roman „Schwarzer Esel“ kein Einzelschicksal mehr, sondern das von vielen Bewohnern einer ungenannten Stadt. Das Thema des Angewiesenseins der Menschen auf sich selbst setzte R. später in der Realität und Irrealität mischenden Traumbildserie „Silberschuld“ (1987) fort.

    Einen Zyklus über christliche charismatische Helden eröffnete sie 1975 mit „Bruder Feuer, einem fiktiven Interview mit Franz von Assisi über das Hauptthema des menschlichen Besitzes. Nach abermaliger achtjähriger Pause, in der wieder nur Sachliteratur entstand, folgte 1983 „Mirjam“, ein Gedankenaustausch von Jesus, Maria Magdalena und Judas. Die Nachdichtung „Abaelards Liebe“ (1991) beschließt diese Reihe.

    R.s Sachliteratur begann mit dem frühen „Gefängnistagebuch“ (1946), heimlichen Aufzeichnungen aus ihrer Haftzeit. Eine ausführlichere Autobiographie, in der sie sich mit dem strengen Vater auseinandersetzt, erschien 1981 unter dem Titel „Den Wolf umarmen“. Mit ihren in rascher Folge publizierten Tagebüchern vollzog R. den Übergang von der Darstellung des Privaten zur Stellungnahme in öffentlichen Auseinandersetzungen. Keiner politischen Partei angehörig, stand sie mit rebellischem Gestus der SPD (Wahlreden) und den GRÜNEN nahe. Von diesen nominiert, kandidierte sie 1984 für das Amt der Bundespräsidentin. Anfangs streng gläubige Katholikin, später antiklerikale Christin, engagierte sie sich als Sozialistin für Frauen, Umwelt und Frieden. Höchst umstritten war ihr Lob für den Staatssozialismus in Nordkorea (Nordkorean. Reisetageb., 1981). Mit knapp 40 auflagenstarken Werken, die in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurden, ist R. eine der meistgelesenen Gegenwartsautorinnen.|

  • Auszeichnungen

    zahlr. internat. Lit.-Preise, u. a. Rene-Schickele-Preis (1952);
    Christophorus-Buchpreis (1975);
    Premio Mediterraneo (1979);
    Roswitha-Gedenkmedaille d. Stadt Gandershnim (1979);
    Premio Europa (1980);
    Johannes-Bobrowski-Medaille d. DDR (1984);
    Heinrich-Mann-Preis (1987);
    Elisabeth-Langgässer-Preis (1988);
    Mitgl. d. Ak. d. Künste, Berlin (West) (1956);
    Ehrengast d. Villa Massimo (1958);
    Gr. BVK (1977).

  • Werke

    Weitere W Anna, 1937;
    Die Lilie, 1938;
    Erste Liebe, 1946;
    Ein Bündel weißer Narzissen, 1956;
    Abenteuer d. Tugend, 1957;
    Septembertag, 1964;
    Wenn d. Wale kämpfen, 1976 (Essay);
    Mit wem reden, 1980;
    Geschichten aus d. Löwengrube, 1986;
    Ort meiner Kindheit: Wessobrunn, 1986;
    Saturn auf der Sonne, 1994;
    Gratwanderung, Briefe d. Freundschaft an Karl Rahner, 1994;
    Romane:
    Hochebene, 1948;
    Die Stärkeren, 1948;
    Die vollkommene Freude, 1962;
    Tagebücher:
    Baustelle, 1970;
    Grenzübergänge, 1972;
    Kriegsspielzeug, 1978;
    Winterftühling, 1982;
    Im Dunkeln singen, 1985;
    Wachsender Mond, 1988;
    An d. Frieden glauben, 1990;
    Wir Heimatlosen, 1992.

  • Literatur

    A. L. Schadt, L. R., Studien über e. moderne Erzählerin, 1965;
    A. A. Scholz, L. R.s Leben u. Werk, 1968;
    H.-R. Schwab (Hg.), L. R., Materialien zu Leben u. Werk, 1986 (W);
    H. Falkenstein, L. R., 1988;
    G. Gill, Die Utopie Hoffnung b. L. R., Eine soziopsycholog. Stud., 1991;
    Th. Lother, Die Schulproblematik in L. R.s lit. Werk, 1991;
    G. Scholdt, Autoren über Hitler, 1993;
    E. P. Frederiksen, in: dies. (Hg.), Women writers in German-speaking countries, 1998, S. 398-406;
    St. Grollmann, Das Bild des „Anderen“ in d. Tagebüchern u. Reiseberr. L. R.s, 2000;
    S. Polat, L. R.s Weg z. myst. Religiosität, Glaube erwachsen aus Erfahrung, 2001;
    Lex. d. Frau (P);
    R. Wall, Verbrannt, verboten, vergessen, Kl. Lex. d. dt.sprach. Schriftstellerinnen, 1988;
    Metzler Autorenlex., ²1997 (P);
    Metzler Autorinnenlex., 1998 (P);
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Killy;
    Munzinger.

  • Porträts

    Zahlr. Porträts in: Den Wolf umarmen, 1981.

  • Autor/in

    Henning Falkenstein
  • Zitierweise

    Falkenstein, Henning, "Rinser, Luise" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 639-640 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118601172.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA