Lebensdaten
1862 – 1927
Geburtsort
Kilchberg am Zürichsee
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Bildhauer ; Kunstgewerbler ; Kunsttheoretiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118735861 | OGND | VIAF: 79399558
Namensvarianten
  • Obrist, Hermann
  • Obrist, H.

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Zitierweise

Obrist, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118735861.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Kaspar (1828–1901), Dr. med., Arzt in K.;
    M Alice Jane Grant Duff (1834–91), aus Eden (Schottland);
    B Aloys (1867–1910), Dr. phil., Komp., Hofkapellmstr. in Stuttgart;
    1898 Marie Luise Lampe (1867–1952);
    2 T Leila (1900–49), Malerin, Amaranth (1901–44), Malerin.

  • Biographie

    Nach Aufenthalten in der Schweiz, San Remo und Paris übersiedelte die Mutter mit den beiden Söhnen 1876 nach Weimar. O. erhielt dort Privat- und Gymnasialunterricht, 1885-86 studierte er Medizin und Naturwissenschaften in Heidelberg und Berlin. Während dieser Zeit bestärkten ihn „Visionen“ in seinem Wunsch, Künstler zu werden. Bei einer Reise durch England und Schottland 1887 lernte er die Arts-and-Crafts-Bewegung kennen. Es folgte ein kurzer Studienaufenthalt an der Karlsruher Kunstgewerbeschule und 1888 eine nur wenige Monate dauernde Ausbildung in einer Töpferwerkstatt in Bürgel (Thüringen). 1890 studierte O. Bildhauerei an der Académie Julian in Paris, 1891 arbeitete er als Feuilletonist für den Börsenkurier in Berlin. Zusammen mit Berthe Ruchet gründete er 1892 ein Stickereiatelier in Florenz, das im Herbst 1894 nach München verlegt wurde.

    Im Frühjahr 1896 trat O. mit einer Ausstellung von Stickereien im Münchener Kunstsalon Littauer an die Öffentlichkeit. Die Kritik sprach von der „Geburt einer neuen angewandten Kunst“. Die dort gezeigten Werke wie der „Wandbehang mit Alpenveilchen“ (1895, München, Stadtmuseum) oder der „Große Blütenbaum“ (1896, München, Neue Sammlung) präsentieren erstmals die für die Jugendstilbewegung signifikante radikale Abkehr vom Formenkanon des Historismus und die gleichzeitige Hinwendung zum Naturvorbild, zu den Gesetzmäßigkeiten in der Natur. Als Sprachrohr der neuen Kunstgewerbebewegung war O. mit Kollegen wie Theodor Fischer und Richard Riemerschmid 1897 an der Gründung der „Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk“ mit 25 % der Geschäftsanteile maßgeblich beteiligt. In Anlehnung an den Werkstätten-Gedanken rief er 1902 mit dem Maler Wilhelm v. Debschitz (1871–1948) die private Kunstschule „Lehr- und Versuch-Ateliers für angewandte und freie Kunst“ ins Leben. 1907 zählte er zu den Gründungsmitgliedern des „Deutschen Werkbundes.“

    Als Bildhauer orientierte sich O. bei seinen frühen Arbeiten, wie der „Trauernden“ (um 1890, Zürich, Museum Bellerive), an den Werken Auguste Rodins. Seine in München entstandenen Zeichnungen, Stickereien, Brunnen, Grabmäler, Möbelentwürfe und Architekturmodelle zeichnen sich durch eine eigenwillige, meist organische Formensprache aus. In der Natur verborgene Kräfte und Gesetzmäßigkeiten, so z. B. die komplexe Struktur maritimer Kleinstlebewesen, das Knospen einer Pflanze oder die dynamische Kraft einer Spirale, wurden von O. als faszinierende Phänomene wahrgenommen, von den Vorbildern losgelöst und als Idee künstlerisch frei übersetzt. Dies erklärt den z. T. hohen Abstraktionsgrad von Werken, wie dem „Entwurf zu einem Denkmal“ (1898-1900, Zürich, Museum Bellerive). Um seine naturwissenschaftlich geprägte Kunstanschauung und -pädagogik zu erläutern, begann O. 1896 mit einer regen Vortrags- und Publikationstätigkeit. In Tageszeitungen und bedeutenden Fachzeitschriften nahm er Stellung zur aktuellen Kunstpolitik. Ein Teil seiner Essays wurde 1903 in dem Sammelband „Neue Möglichkeiten in der bildenden Kunst“ veröffentlicht. Krankheitsbedingt zog sich O. nach 1914 vom künstlerischen Schaffen weitgehend zurück.

  • Werke

    Weitere W u. a. Wurzelartiges Ornament, Zeichnung, um 1895 (München, Staatl. Graph. Slg.);
    Phantast. Muschel, Zeichnung, um 1896 (ebd.);
    Truhe, 1897 (München, Stadtmus.);
    Bettüberwurf, Stickerei, 1897 (ebd.);
    Feuerlilien, Stickerei, 1898 (ebd.);
    Serviertisch, um 1898 (ebd.);
    Modell zu e. Dreischalenbrunnen, 1898 (Zürich, Mus. Bellerive);
    Jardinière, um 1901 (ebd.);
    Bewegungsstudie, Gipsmodell, um 1910 (ebd.);
    Modell e. Bergkirche, 1925 (ebd.) |

  • Nachlass

    Nachlaß: München, Staatl. Graph. Slg.

  • Literatur

    S. Wichmann, H. O., Wegbereiter d. Moderne, Ausst.kat. München (Villa Stuck) 1968;
    S. Lampe v. Benningsen, H. O., Erinnerungen, o. J. (1970);
    E.|Gysling-Billeter, Objekte d. Jugendstils aus d. Slg. d. Kunstgewerbemus. im Mus. Bellerive, 1975;
    K. Bloom Hiesinger (Hg.), Die Meister d. Münchner Jugendstils, Ausst.kat. Stadtmus. München 1988;
    H. Ottomeyer, Jugendstilmöbel, Kat. Stadtmus. München, 1988;
    ders. (Hg.), Wege in die Moderne, Jugendstil in München 1896-1914, Ausst.kat. Kassel 1996;
    D. Rinker, Die Lehr- u. Versuch-Ateliers f. angewandte u. freie Kunst (Debschitz-Schule), München 1902-1914, 1993;
    ThB;
    Künstler-Lex. d. Schweiz XX. Jh.

  • Autor/in

    Dagmar Rinker
  • Zitierweise

    Rinker, Dagmar, "Obrist, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 406-407 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118735861.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA