Lebensdaten
1894 – 1989
Geburtsort
Hermannstadt (Siebenbürgen)
Sterbeort
Nürnberg
Beruf/Funktion
Raumfahrtpionier ; Raketenpionier ; Erfinder
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118589229 | OGND | VIAF: 112197465
Namensvarianten
  • Oberth, Hermann
  • Oberth, Hermann Julius
  • Oberth, Herrmann

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Zitierweise

Oberth, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118589229.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Julius (1862–1946), Chirurg in Schäßburg (s. Siebenbürger Sachsen) S d. Johann Petrus (1823–1902), Stadtpfarrer in Mediasch, u. d. Adele Regina Lupini (* 1859);
    M Valerie (1869–1941), T d. Dichters u. Freidenkers Friedrich Krasser (1818–93, s. Kosch, Lit.-Lex.³, Killy), u. d. Frederike Regina Chrestels (* 1832);
    Schäßburg 1918 Mathilde Hummel (1895–1981);
    2 S (1 ⚔) Adolf Eduard (* 1928), Dr., Chemiker, Ang. d. Aerojet Strategic Propulsion Co. in Sacramento (Kalifornien, USA), 2 T, u. a. Erna (* 1922), Dr. iur.

  • Biographie

    O. verbrachte seine Kindheit in Schäßburg (Siebenbürgen). Angeregt durch die Bücher|. „Von der Erde zum Mond“ und „Die Reise um den Mond“ von Jules Verne, begann er sich bereits als Zwölfjähriger mit Problemen der Raumschiffahrt auseinanderzusetzen. 1912 legte er am Schäßburger Gymnasium seine Reifeprüfung ab und erarbeitete, nachdem er zuvor die notwendige Raketengrundgleichung abgeleitet hatte, seinen ersten Raketenentwurf. Sein anschließend begonnenes Medizinstudium in München wurde durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges unterbrochen und nach seiner Verwundung in der Karpatenschlacht im Februar 1916 nicht mehr fortgesetzt. Stattdessen beschäftigte sich O. zunehmend mit Problemen des bemannten Raumfluges und entwarf 1917 eine 25 m hohe ballistische Alkohol-Sauerstoff-Rakete, die nicht gebaut wurde und deren Pläne nicht mehr existieren. Im Frühjahr 1919 wandte sich O. dem Studium der Mathematik, Physik und Chemie zu, zunächst in Klausenburg, seit Winter 1919 in München, 1920/21 in Göttingen und abschließend für drei Semester in Heidelberg. 1923 bestand er die Eingangsprüfung für das Höhere Lehramt. Seine bei der Univ. Heidelberg eingereichte Dissertation „Die Rakete zu den Planetenräumen“ im Studienfach Astronomie wurde von Max Wolf zwar als wissenschaftlich einwandfrei bestätigt, jedoch abgelehnt, weil sie eine technische und keine astronomische Schrift sei. O. publizierte die Arbeit schließlich 1923 auf eigene Kosten in München (³1929 erweitert u. d. T. „Wege zur Raumschiffahrt“). In vier Grundthesen stellte er darin die wesentlichen Entwicklungsschritte in der Raumfahrt dar.

    1924-38 unterrichtete O. als Gymnasialprofessor in Mediasch (Siebenbürgen) Mathematik, Physik und Chemie. In dieser Zeit fand die große Auseinandersetzung um die Raumfahrt statt. Zu den Kritikern bzw. Gegnern zählten namhafte Wissenschaftler, wie Johannes Riem, R. v. Dallwitz-Wegener und Hans Lorenz, die O.s Ideen mit irrigen Vorstellungen von der Raketenphysik zu widerlegen suchten. Erst nach der Gründung des Organs „Die Rakete“ durch den 1927 ins Leben gerufenen „Verein für Raumschiffahrt“ erhielt O. die Möglichkeit, seine Ideen zu verteidigen, nachdem ihm zuvor der Weg zu den Redaktionen wissenschaftlicher Zeitschriften durch seine Widersacher versperrt gewesen war. O. reiste mehrmals nach Deutschland, hielt Vorträge und war hervorragendster Vertreter des am 5.7.1927 von Johannes Winkler (1897–1947) gegründeten „Vereins für Raumschiffahrt“. Er wirkte als wissenschaftlicher Berater bei dem 1929 in Berlin uraufgeführten Ufa-Film „Frau im Mond“ (Regie: Fritz Lang) mit, der auch die breite Öffentlichkeit mit dem Thema Raumfahrt bekanntmachte. O. begann nun mit der Entwicklung einer Höhenrakete, wobei er Rudolf Nebel (1894–1978) als Assistenten gewann. Im Zusammenwirken von O., Nebel, Klaus Riedel und Wernher v. Braun (1912–77, damals noch Student) fand am 23. Juli 1930 an der Chemisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin-Plötzensee ein erfolgreicher Brennversuch der Oberthschen Kegeldüse statt. In einem von Karl Ritter erstellten Gutachten wurde die Funktionsfähigkeit der mit Benzin und flüssigem Sauerstoff gespeisten Raketenbrennkammer bestätigt. Nebel arbeitete von nun an selbständig weiter und gründete den ersten Raketenflugplatz der Welt in Berlin-Reinickendorf-West, während O. seine Lehrtätigkeit am Mediascher Gymnasium wieder aufnahm. O.s Forschungsarbeiten wurden nun auch in Deutschland zunehmend anerkannt.

    Als die in den militärischen Bereich übernommene Raketenentwicklung von Walter R. Dornberger auf eine große Flüssigkeitsrakete ausgerichtet und 1936 die Heeresversuchsanstalt Peenemünde gegründet wurde, wurde O. auch an der Entwicklung der „Aggregat 4“ (A4) genannten Rakete beteiligt. Ende Juni 1938 erhielt er von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) in Berlin-Adlershof ein Forschungsstipendium und arbeitete an der TH Wien u. a. über die Verbrennung von Alkohol mit flüssigem Sauerstoff in Brennkammern. 1940 wurde er an die TH Dresden berufen, um an der Entwicklung einer Treibstoffpumpe mitzuwirken, und im Juli 1941 zog er unter dem Tarnnamen Felix Hann nach Peenemünde. Er prüfte dort Patente auf ihre Brauchbarkeit für die Raketentechnik, entwarf bis 1941 eine dreistufige Interkontinental-Rakete und war am ersten erfolgreichen A4-Start beteiligt. In dieser Zeit wurde eine mit Ammoniumnitrat betriebene Flakrakete zu seinem wichtigsten Vorhaben. Seit Dezember 1943 arbeitete er deshalb bei der Westfälisch-Anhaltischen Sprengstoff AG. Bei Kriegsende geriet O. kurzzeitig in amerik. Gefangenschaft. In seine Wahlheimat Feucht bei Nürnberg zurückgekehrt, gründete er zusammen mit anderen beschäftigungslosen Physikern und Ingenieuren einen Gelehrtenkreis und war als wissenschaftlicher Berater tätig. Nach der Währungsreform hatte er eine sorgenvolle Zeit zu überwinden. 1948 ging er als Gutachter nach Bern und experimentierte nebenher an Kleinraketen. Im Oktober 1950 nahm er ein Angebot der ital.|Kriegsmarine an und konnte in La Spezia die Ammoniumnitrat-Flakrakete weiterentwickeln, bis er im Februar 1953 nach Feucht zurückkehrte.

    Ein Jahr darauf erschien sein Buch „Menschen im Weltraum“, in dem er den sog. Weltraumspiegel, ein „elektrisches“ Raumschiff für den Verkehr zwischen Weltraumstationen, entwarf. Bei diesem „Stromkraftwerk“ sollten elektrisch geladene Nebeltröpfchen als Antriebsmedium dienen. Dieses Konzept, das ihn schon seit 1928 beschäftigte und die Idee, für den Mond ein spezifisches Bodentransportmittel, ein Mondauto, zu entwerfen, zeigten seine Begabung für neue, durchgreifende, nicht konventionelle Lösungen. 1955 ging O. zu Wernher v. Braun nach Huntsville (Alabama), kehrte aber 1958 wieder nach Deutschland zurück. Er wollte hier seine wissenschaftlichen Arbeiten in Ruhe fortsetzen und hätte zudem bei einem Verbleib in den USA seine in Deutschland erworbenen Pensionsansprüche verloren. In Feucht, wo er als Rentner seinen Lebensabend verbrachte, entstand noch eine Vielzahl von Veröffentlichungen, welche sich u. a. auch mit gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzten. Wernher v. Braun würdigte die Leistungen seines Lehrers in einem Grußwort zum 70. Geburtstag O.s: „Mit prophetischer Klarheit und Vorstellungskraft und gegründet auf exaktem Wissen der Astronomie, Physik und Mathematik bewies er […] die technische Durchführbarkeit der Raumfahrt und beschrieb alle wesentlichen Elemente unserer heutigen Großraketen, die fälschlicherweise oft für Erfindungen der letzten Jahre gehalten werden“ (In: Mitt. d. Hermann-Oberth-Ges., Mai/Juni 1964, S. 9).|

  • Auszeichnungen

    REP-Hirsch-Preis d. Soc. Astronomique de France (1929);
    Gr. BVK (1961);
    Bayer. Verdienstorden (1984);
    Dr. h. c. (Wesleyan College, Mount Pleasant, Iowa, 1961);
    Gagarin-Medaille (1961);
    Prix Galabert (1962);
    Dr.-Ing. E. h. (TU Berlin, 1963, mit W. v. Braun);
    Ehrenmitgl. zahlr. Raketen- u. Raumfahrtges.;
    Stiftung d. Hermann-Oberth-Ehrenringes in Gold u. d. Hermann-Oberth-Medaille in Gold durch d. Hermann-Oberth-Ges. (seit 1969 bzw. 1970);
    Stiftung d. Hermann-Oberth-Medaille d. Ges. f. Weltraumforschung, Stuttgart (1950–68);
    Hermann-Oberth-Award d. American Rocket Soc, Sektion Huntsville, Alabama (seit 1958).

  • Werke

    Weitere W u. a. Das Mondauto, 1959;
    Stoff u. Leben, 1959;
    Katechismus d. Uraniden, 1966;
    Kakokratie, 1976;
    Parapsychologie, 1976;
    Das Drachenkraftwerk, 1977;
    Der Weltraumspiegel, 1978;
    Wählerfibel für e. Weltparlament, 1983;
    Patente:
    DRP 429462 v. 1925 (Brennkraftturbine mit Hilfsflüssigkeit);
    DRP 570511 v. 1929 (Vorrichtung z. Antrieb v. Fahrzeugen durch d. Rückstoß ausströmender Verbrennungsgase);
    DRP 558012 v. 1929 (Verfahren u. Vorrichtung z. Verbrennen v. Brennstoffen, z. B. f. Raketen);
    DRP 549222 v. 1929 (Verfahren z. schnellen Verbrennung v. Brennstoffen);
    Nr. 19516 v. 1931 (Procedeu şi dispozitiv de combustie rapidă;
    Oficiul Român de Invenţii Bucureşti, d. h. Verfahren u. Vorrichtung z. raschen Verbrennen;
    Patentamt Bukarest);
    DRP 850 v. 1942 (Rakete od. sonstiges durch Rückstoß angetriebenes Gerät. Es handelt sich um e. in Peenemünde intern vergebene Patentnummer, die offizielle DRP-Nummer war nicht zu ermitteln). |

  • Nachlass

    Nachlaß: Hermann-Oberth-Raumfahrt-Mus. in Feucht b. Nürnberg.

  • Literatur

    W. Brügel, Männer d. Rakete, 1933;
    H. Gartmann, Träumer, Forscher, Konstrukteure, Die Abenteuer d. Weltraumfahrt, 1955;
    H. Hartl, H. O., Vorkämpfer d. Weltraumfahrt, 1958;
    H. B. Walters, H. O., Father of Space Travel, 1962;
    A. Fritz, Der Weltraumprof., Ein Leben f. d. Astronautik u. d. Abenteuer d. Raumfahrt, 1969;
    H. Barth, H. O., Titan d. Weltraumfahrt, 1974;
    ders. (Hg.), H. O., Briefwechsel, 2 Bde., 1979/84;
    ders., H. O., Leben, Werk u. Auswirkung auf d. spätere Raumfahrtentwicklung, 1985;
    ders., H. O., „Vater d. Raumfahrt“, 1991;
    H. Bergel, H. O. od. Der myth. Traum v. Fliegen, 1984, ²1985;
    B. Rauschenbach, H. O. 1894-1989, Über d. Erde hinaus, 1995.

  • Porträts

    Ölgem. v. C. Caplinger, 1964 (Feucht, Hermann-Oberth-Raumfahrt-Mus.), v. F. v. Bömches, 1982, u. v. M. Stucki, 1987 (beide Feucht, Privatbes.);
    Büsten in Bronze v. Nastase, 1981, u. in Stein v. Theil, 1987 (beide Feucht, Hermann-Oberth-Raumfahrt-Mus.);
    Hermann-Oberth-Medaille, 1950, u. Hermann-Oberth-Medaille in Gold, 1970.

  • Autor/in

    Karl-Heinz Ingenhaag
  • Zitierweise

    Ingenhaag, Karl-Heinz, "Oberth, Hermann" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 400-402 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118589229.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA