Lebensdaten
1867 – 1956
Geburtsort
Nolde bei Tondern
Sterbeort
Seebüll
Beruf/Funktion
Maler
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118588494 | OGND | VIAF: 37040576
Namensvarianten
  • Hansen, Hans Emil (eigentlich)
  • Nolde, Emil
  • Hansen, Hans Emil (eigentlich)
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Zitierweise

Nolde, Emil, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118588494.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus alter Bauernfam. im dt.-dän. Grenzland;
    V Niels Hansen (1831–91), Landwirt in N., S d. Hans Hansen (1800–49) u. d. Petrea Warming (1798–1871) in Merlingfeld;
    M Hanna Christine (1830–1902), T d. Hans Hansen (1795–1860), Landwirt in N., u. d. Helena Cathrina Christians (1796–1865);
    1) Kopenhagen-Federiksberg 1902 Adamine (Ada) Frederikke (1879–1946), T d. Pastors Christian Johan Lodberg Vilstrup (1817–91) u. d. Caroline Tørsleff, 2) Seebüll 1948 Jolanthe (* 1921), T d. Eduard Erdmann (1896–1958), Pianist u. Komp. (s. NDB IV*; MGG; Riemann u. Erg.bd.; Dt.balt. Biogr. Lex.), u. d. Irene v. Willisch; kinderlos.

  • Biographie

    Nach einer Lehre als Holzbildhauer in einer Flensburger Möbelfabrik arbeitete N. als Schnitzer und Zeichner in München, Karlsruhe und Berlin, seit 1892 sechs Jahre lang als Fachlehrer für farbiges und ornamentales Zeichnen und Modellieren am Industrie- und Gewerbemuseum in St. Gallen. In dieser Zeit entstanden Vorlageblätter für das Handwerk, Studien von Bergbauern und mit Typen, Landschaftsaquarelle mit topographisch genauen Ansichten und sein erstes, frei erfundenes Ölbild „Bergriesen“ (1895/96), darüber hinaus die Reihe der Bergpostkarten mit balladenhaften Personifizierungen der Alpengipfel. In ihnen zeigte sich bereits seine Neigung zum Grotesk-Phantastischen; sie wurden in hoher Auflage gedruckt. Der finanzielle Erfolg ermöglichte es N., den Lehrberuf aufzugeben. In München besuchte er die Malschule von Friedrich Fehr, in Dachau die von Adolf Hölzel (1899), dessen stimmungsvolle, brauntonige Malerei seine damalige Gestaltungsweise beeinflußte. Zur Jahrhundertwende lebte N. in Paris, widmete sich in der Académie Julian Aktstudien, im Louvre den alten Meistern und kopierte Tizians „Allegorie des D'Avalos“. Während des folgenden Kopenhagen-Aufenthalts suchte er Kontakt zu dän. Künstlern. Im Sommer 1901 zog er sich nach Nordjütland in das Fischerdorf Lildstrand zurück, malte lichte Meeresstimmungen und Dünenlandschaften und zeichnete in den Nächten eine Folge phantastischer Skizzen mit Strandläufern, Räuberstuben und seltsamen, naturhaften Wesen.

    Nach der Heirat ließ sich N. 1903 auf der Insel Alsen nieder und errichtete sich am Strand ein Atelier. Eine Erkrankung seiner Frau erforderte 1904/05 einen Aufenthalt in Italien, der für den Maler wenig fruchtbar war. Nach der Rückkehr entstand unvermittelt die Radierfolge der „Phantasien“, die N.s druckgraphisches Werk eröffnet; es umfaßt 527 Arbeiten. Die impressionistischen Einflüsse in seiner Malerei – wie noch im Bildnis „Frühling im Zimmer“ (1904) – traten zunehmend zurück. Mit den Blumen- und Gartenbildern von Alsen erfolgte die endgültige Hinwendung zur Farbe; sie wurde sein eigentliches Ausdrucksmittel, das er emotional erlebte und mit dem er Erfahrenes, Geschautes und seine inneren Visionen unmittelbar umzusetzen wußte. Die Künstlergemeinschaft „Brücke“ trug ihm 1906 in Huldigung an seine „Farbenstürme“ die Mitgliedschaft an, die bis Ende des folgenden Jahres dauerte.

    Im Sommer 1909 entstanden an der Westküste neben Darstellungen der Landschaft Nordfriesland erste Bilder mit biblischer Thematik wie „Abendmahl“, „Pfingsten“, „Verspottung“. Nach einer Auseinandersetzung mit dem Vorstand wurde N. 1910 aus der Berliner Secession, in die er zwei Jahre zuvor aufgenommen worden war, ausgeschlossen. Im folgenden Winter malte er Bilder vom Nachtleben der Großstadt sowie Aquarelle nach Theateraufführungen von Max Reinhardt und zeichnete im Völkerkundemuseum Studien, die ihm als Vorlage für|Stilleben und Maskenbilder dienten. Außerdem begann er die Arbeit am neunteiligen Werk „Das Leben Christi“, das er 1912 in Berlin abschloß. Mit seiner Frau nahm er 1913/14 an einer „Deutsch-Neuguinea-Expedition“ teil und reiste über Sibirien, Japan und China in die Südsee auf der Suche nach Urzuständen menschlichen Seins; die Begegnungen hielt er in zahlreichen, unmittelbar gemalten Aquarellen fest. Im Jahr nach der Rückkehr entstanden 88 Gemälde, darunter religiöse Bilder wie „Der jüngste Tag“ und die „Grablegung“. 1916 zog er von Alsen an die Westküste nach „Utenwarf“, einem Bauernhaus an der Wiedau, das 1920 mit der Verlegung der Grenze an Dänemark fiel; N. wurde dän. Staatsbürger. Die Winter verbrachte er weiterhin in Berlin; er wurde Mitglied im.„Arbeitsrat für Kunst“. In diesen Jahren gewann die Aquarellmalerei, die seiner künstlerischen Auffassung und unmittelbaren Gestaltungsweise entgegenkam, zunehmend an Bedeutung. Es folgten Reisen nach Spanien und Italien.

    Veränderungen der Landschaft bewogen ihn, Utenwarf aufzugeben. Nur wenig südlich der Grenze ließ N. sich 1927-37 nach eigenen Entwürfen sein Wohn- und Atelierhaus Seebüll errichten. 1931 wurde er als Mitglied in die Preuß. Akademie der Künste aufgenommen; es erschien der erste Band seiner Selbstbiographie, dem drei Jahre später der zweite folgte. Mit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurde N.s Werk als „entartet“ gebrandmarkt; Vorschläge, zu emigrieren, lehnte er ab. Im Herbst 1934 wurde der 67jährige als dän. Staatsbürger Mitglied der Nationalsozialistischen Arbeitsgemeinschaft Nordschleswig (NSAN), einer Organisation der deutschen Volksgruppe im Grenzland, die 1935 mit Gründung der NSDAP-N (Nordschleswig) „gleichgeschaltet“ wurde. Sein Beitritt ist als vergeblicher Versuch zu werten, eine Verbesserung seiner Lebensumstände zu erreichen. In der Aktion gegen die „entartete Kunst“ wurden 1937 über tausend seiner Werke in deutschen Museen beschlagnahmt, 1941 erhielt er mit dem Ausschluß aus der „Reichskunstkammer“ Malverbot. Unter starker äußerer Bedrängnis entstand in Seebüll heimlich das immense Alterswerk der „Ungemalten Bilder“: phantastische Aquarelle und Gouachen kleinen Formats, allein aus der Farbe geboren. Nach 1945 schuf N. noch über hundert Gemälde, das letzte 1951, und bis Ende 1955 eine Vielzahl von Aquarellen. Bereits 1946 hatte er in seinem Testament die Errichtung der „Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde“ festgelegt, die ein Jahr nach seinem Tod als Museum eröffnet wurde.|

  • Auszeichnungen

    Prof.titel (1946);
    Lochner-Medaille d. Stadt Köln (1949);
    Graphik-Preis d. [XXV] Biennale v. Venedig (1950);
    Orden Pour le mérite(1952).

  • Werke

    Weitere W (in d. Slg. d. Nolde-Stiftung, wenn nicht anders angegeben): Vor Sonnenaufgang, 1901;
    Maler Schmidt-Rottluff, 1906;
    Freigeist, 1906;
    Trollhois Garten, 1907;
    Marktleute, 1908;
    Wildtanzende Kinder, 1909 (Kiel, Kunsthalle);
    Tanz um d. goldene Kalb, 1910 (München, Staatsgal. mod. Kunst);
    Christus u. d. Kinder, 1910 (New York, Mus. of Modern Art);
    Slowenen, 1911;
    Am Weintisch, 1911;
    Maskenstilleben III, 1911 (Kansas City, Atkins-Mus.);
    Feriengäste, 1911 (Berlin, Brücke-Mus.);
    Gesellschaft, 1911;
    Leute im Dorfkrug, 1912;
    Kerzentänzerinnen, 1912;
    Legende: Hl. Maria v. Ägypten (Triptychon), 1912 (Hamburg, Kunsthalle);
    Kind u. gr. Vogel, 1912 (Kopenhagen, Statens Mus. for Kunst);
    Das Meer III, 1913;
    Erregte Menschen, 1913;
    Tropensonne, 1914;
    Papuajünglinge, 1914 (Berlin, Nat.gal.);
    Der Herrscher, 1914;
    Frauen u. Pierrot, 1917 (Düsseldorf, Kunstslg. Nordrhein-Westfalen);
    Bruder u. Schwester, 1918;
    Masken III, 1920;
    Begegnung am Strand, 1920;
    Landschaft Nordfriesland 1920;
    Josephs Versuchung, 1921;
    Schwüler Abend, 1930;
    Meer B, 1930 (London, Tate Gallery);
    Eremit im Baum, 1931;
    Im Zitronengarten, 1933 (Stuttgart, Staatsgal.);
    Friesengehöft am Kanal, 1935;
    Der gr. Gärtner, 1940 (Hannover, Sprengel-Mus.);
    Mohn u. rote Abendwolken, 1943;
    Hohe Sturzwelle, 1948. – Werkkataloge: G. Schiefler, Das graph. Werk N.s bis 1910, 1911;
    ders., Das graph. Werk v. E. N. 1910-1925, 1927;
    E. N., Das graph. Werk, bearb. u. mit Abb. v. Ch. Mosel, I: Die Radierungen, 1966, II: Holzschn. u. Lithogrr., 1967;
    E. N., Das graph. Werk, mit Ergg. u. e. Einf. v. M. Ur-ban, 2 Bde., 1995 f.;
    M. Urban. E. N., W-Verz. d. Gem., I: 1895-1914, 1987, II: 1915-1951, 1990 (mit tabellar. Lehenslauf u. e. ausführt. Bibliogr. bis 1989, P). – Schrr.: Das eigene Leben (1867–1902), 1931 ⁷1994;
    Jahre d. Kämpfe (1902–1914), 1934, ²1958, ⁶1991;
    Welt u. Heimat (1913–1918), 1965, ³1990;
    Reisen – Ächtung – Befreiung (1919–1946), 1967, ⁵1994;
    Mein Leben (in e. Bd. zusammengefaßte Ausg. d. vierbändigen Selbstbiogr.), 1976, 101996;
    Briefe aus d. J. 1894-1926, hg. v. M. Sauerlandt, 1927, ²1967. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Nolde-Stiftung, Seebüll.

  • Literatur

    M. Sauerlandt, E. N., 1921;
    FS f. E. N. anläßl. seines 60. Geb.tages, 1927;
    H. Fehr, E. N., Ein Buch d. Freundschaft, 1957;
    E. N., Ausst.kat. Hamburg 1957;
    W. Haftmann, E. N., 1958 (engl. 1959, schwed. 1960, japan. 1970);
    P. Selz, E. N., Ausst.kat. New York 1962;
    W. Jens, E. N., Der Hundertjährige, Festvortrag z. Feier d. 100. Geb.tages v. E. N., 1967;
    E. N., Gem., Aquarelle, Zeichnungen u. Druckgraphik, Ausst.kat. Köln 1973;
    E. N., Reise in d. Südsee 1913-1914. Ausst.kat. Berlin (Ost) 1984;
    M. Reuther, Das Frühwerk E. N.s, Vom Kunstgewerbler z. Künstler, 1985;
    ders., in: Tanz in d. Moderne, Von Matisse bis Schlemmer, hg. v. K. Adelsbach u. A. Firmenich, 1996, S. 98-105;
    ders., E. N.s Reise in d. Südsee, in: Paul Gauguin, E. N. u. d. Kunst d. Südsee, hg. v. P. Rochard, 1997, S. 160-79,|184-92;
    E. N., Gem., Aquarelle, Graphik, Skulpturen, Ausst.kat. Stuttgart 1987;
    E. N. in Berlin 1910/11, Slg. d. Nolde-Stiftung Seebüll, Ausst.kat. Berlin 1988;
    J. Loyd, E. N. and the Paradox of Primitivism, E. N.s Critique of Colonialism, in: dies., German Expressionism, Primitivism and Modernity, 1991, S. 161-88 u. 213-34;
    E. N., Aquarelle u. figürl. Radierungen, Ausst.kat. Münster 1991;
    E. N., Gem., Aquarelle, Zeichnungen, Graphik, Ausst.kat. Lugano 1994;
    E. N., Ausst.kat. Wien 1994;
    M. Hecker, Ein Leben an d. Grenze, E. N. u. d. NSDAP, in: Nordfriesland, Zs. f. Kultur, Pol., Wirtsch., 1995, Nr. 110, S. 9-15;
    M. Urban, in: Die gr. Deutschen, hg. u. mit e. Nachwort v. L. Gall, 1995, S. 12-21;
    E. N., Ausst.kat. London 1995;
    I. Woesthoff, Der glückliche Mensch, G. Schiefler (1857–1935), 1996, S. 235-55. – Zu d. Aquarellen u. Zeichnungen: G. Busch, E. N., Aquarelle, 1957, ⁵1993;
    M. Gosebruch, N., Aquarelle u. Zeichnungen, 1957, ⁸1992;
    M. Urban, E. N. – Blumen u. Tiere, Aquarelle u. Zeichnungen, 1965, ³1994;
    ders., E. N., Aquarelle u. Handzeichnungen, 1967, ⁵1982;
    ders., E. N. – Landschaften, Aquarelle u. Zeichnungen, 1969, ²1993;
    ders., E. N. – Ungemalte Bilder (1938–1945), 1971, ⁴1985 (engl. 1987, ²1996);
    W. Haftmann, E. N., Ungemalte Bilder, Aquarelle u. „Worte am Rande“, 1963, ⁵1991. – Zur Graphik: E. N.(Graphik, Aus d. Slg. d. Stiftung Seebüll, 1975, ³1983;
    N., The Painter's Prints, Ausst.kat. Boston 1995. – ThB;
    Vollmer;
    Dict. of Art.

  • Porträts

    Selbstbildnis, 1899, Ada u. E. N., 1916, zwei Selbstbildnisse, 1917, E. N., 1947, Abb. b. M. Urban, W-Verz. d. Gem. (s. W);
    Ölgem. v. L. v. König, 1937;
    Bronzebüste v. E. Scharff, 1945 (alle Seebüll, Nolde-Stiftung).

  • Autor/in

    Manfred Reuther
  • Zitierweise

    Reuther, Manfred, "Nolde, Emil" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 328-330 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118588494.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA