Lebensdaten
um 1460 – nach 1514
Geburtsort
Eger (Böhmen)
Sterbeort
Bautzen (?)
Beruf/Funktion
Humanist ; Pädagoge ; neulateinischer Schriftsteller
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118886363 | OGND | VIAF: 213350551
Namensvarianten
  • Schneevogel, Paul (eigentlich)
  • Niavis, Paul
  • Schneevogel, Paul (eigentlich)
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Niavis, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118886363.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    N. erhielt seinen ersten Unterricht in Plauen; früh waren seine Studien humanistisch orientiert. Am 19.4.1475 immatrikulierte er sich in Ingolstadt, seit 1479 studierte er in Leipzig, wo er 1482 den Magistergrad erwarb. Es folgte eine Anstellung als Schulrektor in Halle und 1485 oder 1486 die Leitung der Chemnitzer Stadtschule, die von ihm umfassend reformiert wurde. Wegen städtischer Intrigen bewarb sich N. 1487 nicht erneut um|das Amt. 1488 kehrte er an die Univ. Leipzig zurück, doch gelang es ihm nicht, sich als akademischer Lehrer finanziell ausreichend abzusichern. 1490 übernahm er das Stadtschreiberamt in Zittau (bis 1497). Seine nächste nachweisbare Tätigkeit ist die des Oberstadtschreibers in Bautzen, wo er letztmals 1514 in den Ratsakten erwähnt wird.

    N.s ausnahmslos lat. Werk ist umfangreich. Als Humanist und Pädagoge widmete er sich vor allem der Darstellung und Vermittlung rhetorischen Wissens und korrekten Lateins. Er veröffentlichte drei Sammlungen mit eigenen Briefen, vier Schülergesprächsbücher, die sich durch ihre lebenspraktischen Inhalte auszeichnen (mit ca. 35 nicht datierbaren Drucken am erfolgreichsten: „Dialogus parvulis scholaribus ad latinum idioma perutilissimus“), sowie drei kleinere Werke, die sich mit Fragen der Schreibpraxis beschäftigen (Elegantiae latinitatis; Modus epistolandi; Colores rhetoricae disciplinae pro incipientium utilitate conscriptae). N.s Interesse für Literatur zeigt sich außer in seiner Tätigkeit als Herausgeber (Cicero, Lukian, Platon) auch in eigenen literarischen Werken. Mit seiner „Historia occisorum in Culm“, in der es um die Verbrechen und den Untergang einer Räuberbande geht, übte er sich in der Novellistik nach dem Vorbild Petrarcas und Brunis. Seine Erzählung „Iudicium Iovis in valle amoenitatis habitum“ ist ein Beitrag zur zeitgenössischen Diskussion um die Ausweitung des Montanwesens im 15. Jh.: In der Vision eines Eremiten bezichtigt die Erde den Menschen des Raubbaus; nachdem Jupiter als Richter in dem Streitfall zu keinem Urteil kommt, gibt Fortuna dem Menschen recht, obwohl sie die Klage der Erde für richtig hält. N. ist ein Vertreter des frühen Schulhumanismus, der das humanistische Programm vollkommen verinnerlicht hat, selbst aber kein erstrangiges Werk hinterließ. Trotzdem sind sein Leben und Werk humanismushistorisch von großer Bedeutung, weil sich diese Bildungsbewegung ohne Persönlichkeiten wie ihn nicht hätte entfalten können.

  • Werke

    Weitere W u. a. (undatiert): Epistolae breves, Epistolae mediocres, Epistolae longiores;
    Latina idiomata (Ausg. d. ersten Dialogzyklus: G. Streckenbach, P. N., „Latinum ydeoma pro novellis studentibus“ – e. Gesprächsbüchlein aus d. letzten Viertel d. 15. Jh., in: Mittellat. Jb. 7, 1972, S. 187-251);
    Latinum idioma pro novitiis in religionibus constitutis;
    Declamatio de conceptione intemeratae virginis Mariae. – Ausg. d. Iudicium Iovis: H. Rupprich, Humanismus u. Renaissance in d. dt. Städten u. an d. Universitäten, 1935, S. 239-67 (Übers.: P. Krenkel, P. N., Iudicium Iovis od. d. Gericht d. Götter üb. d. Bergbau, 1953). – Verz. d. Drucke: A. Bömer, 1898, s. L, S. 85-94;
    VD 16, Bd. 18, S. 3205-17;
    Hain 3459, 10270, 10273, 11698-744, 13067, 15929;
    W. A. Copinger, Suppl. to Hains Repert. Bibliographicum, II, 1898-1902, 4402, 4403;
    GW, VI, 6782, 6791;
    F. R. Goff, Incunabula in American Libraries, 1964, N-17-41, 36a (Suppl.);
    G. Streckenbach, 1970 (s. L), S. 177 f.

  • Literatur

    ADB 23;
    A. Bömer, Die lat. Schülergespräche d. Humanisten I, 1897, S. 19-55;
    ders., P. N., Ein Vorkämpfer d. dt. Humanismus, in: Neues Archiv f. Sächs. Gesch. u. Altertumskde. 19, 1898, S. 51-94;
    ders., Ein vergessener Vorläufer d. Dunkelmännerbriefe, in: Neue Jbb. f. Päd. 8, 1905, S. 280-87;
    G. Ritter, Über d. Qu.wert u. Vf. d. sog. „Heidelberger Gesprächsbüchleins f. Studenten“, in: ZGORh 38, 1923, S. 4-32;
    G. Streckenbach, P. N., „Latinum ydeoma pro novellis studentibus“ – e. Gesprächsbüchlein aus d. letzten Viertel d. 15. Jh., in: Mittellat. Jb. 6, 1970, S. 152-91;
    ders., Das „Manuale scolarium“ u. das „Latinum ydeoma pro novellis studentibus“ v. P. N., ebd. 10, 1975, S. 232-69;
    ders., Stiltheorie u. Rhetorik d. Römer im Spiegel d. humanist. Schülergespräche, 1979;
    H. Bredekamp, Der Mensch als Mörder d. Natur, d. „Iudicium Iovis“ v. P. N. u. d. Leibmetaphorik, in: Vestigia Bibliae 6, 1984, S. 261-63;
    Kosch, Lit.-Lex³;
    Killy;
    Vf.-Lex. d. MA² (W-Vern.).

  • Autor/in

    Joachim Knape, Ursula Kocher
  • Zitierweise

    Knape, Joachim; Kocher, Ursula, "Niavis, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 195-196 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118886363.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Niavis: Paul N. (Schneevogel) nimmt in der Zahl der deutschen Humanisten des ausgehenden 15. Jahrhunderts eine nicht unwichtige Stellung ein. Die besten Nachrichten über sein Leben und seine Schriften sind in dem unten anzuführenden Auszuge aus dem Inhalte eines mündlichen Vortrags von Wilhelm Loose zu finden. Danach wurde N. nicht in Plauen, sondern in Eger geboren: in welchem Jahre, ist unbekannt, doch dient zu annähernder Bestimmung der Zeit seiner Geburt die Thatsache, daß er am 19. April 1475 als Student in Ingolstadt inscribirt wurde. 1479 findet man ihn in Leipzig als baccalaureus studii Ingelstamensis immatriculirt, ebenda wurde er 1482 unter dem Decanate des Johannes von Allerstein zum Magister promovirt. Später war er kurze Zeit in Halle a. d. S. Rector einer Schule. Im J. 1485, wenn nicht erst 1486, wurde er Magister an der Schule zu Chemnitz i. S., aber auch hier war sein Aufenthalt nicht von langer Dauer, da ihn der Rath nach Ablauf seiner Amtszeit nicht wieder wählte. Schon 1488 hatte er seinen Wohnsitz wieder in Leipzig und noch am 28. April 1490 wird er dort als Vertreter der bairischen Nation erwähnt. Er beabsichtigte sich der akademischen Laufbahn zu widmen, diese Absicht kam jedoch nicht zur Ausführung, sondern er beschloß sein Leben als städtischer Verwaltungsbeamter, indem er 1490—1497 das Amt eines Stadtschreibers in Zittau versah, dann Oberstadtschreiber in Bautzen wurde. In Beziehung auf die Zeit seines Todes läßt sich nur angeben, daß sein Name in den Bautzener Rathsverzeichnissen zum letzten Male 1514 erscheint.— Die Zahl der Schriften, welche N. mit Sicherheit beigelegt werden können, beträgt 22. Es sind großentheils Uebungsbücher für den mündlichen und schriftlichen Gebrauch der lateinischen Sprache, aber gerade diese besitzen für uns deshalb hohen Werth, weil sie ihren Stoff mit Witz und Laune der Wirklichkeit entnehmen und die Umgebung der Personen und Zustände in welcher sich ihr Verfasser befand, in ebenso anziehender als mannigfach lehrreicher Weise abspiegeln. Seine drei lateinischen Briefsteller z. B. bestehen ausschließlich aus Briefen, welche wirklich zwischen ihm und seinen Freunden gewechselt worden sind, und überdies erhöht sich für uns der historische Werth seiner Schriften auch dadurch, daß man von manchen derselben weiß, daß sie eine ungewöhnlich starke Verbreitung gefunden haben, wie sich beispielsweise von dem Dialogus pro parvulis nachweisen läßt, daß er an 20 verschiedenen Orten im Druck erschien.

    • Literatur

      Joh. Trithemius, Catalogus illustrium virorum Germaniam exornantium; Derselbe, De scriptoribus ecclesiasticis: Dan. Traug. Müller, De P. Niave Progr. I (und II?), Schneebergae 1756 (und?); Adam Dan. Richter, Programmata (de P. Niave) I—III, Zittav. 1760, 1761; (Joh. Gottfr. Weller), Altes aus allen Theilen der Geschichte, Stück 5, Chemnitz 1761, S. 684—688;|(J. F. Klotzsch und G. J. Grundig), Sammlung vermischter Nachrichten zur sächsischen Geschichte. Bd. I, Chemnitz 1767, S. 31—96; G. F. Otto, Lexikon der Oberlausizischen Schriftsteller, II, 2 S. 715 ff., Supplem. S. 304 f.; Hutten edid. Böcking Supplem. Tom. II, S. 429 f.; Auszug aus einem Vortrage von Loose in den Mittheilungen des Vereins für Chemnitzer Geschichte I, Chemnitz 1876, S. 9—11.

  • Autor/in

    — d.
  • Zitierweise

    -d., "Niavis, Paul" in: Allgemeine Deutsche Biographie 23 (1886), S. 567-568 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118886363.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA