Lebensdaten
1521 – 1581
Geburtsort
Lindau
Sterbeort
Straßburg
Beruf/Funktion
lutherischer Theologe ; Professor der Theologie und Präsident des Kirchenkonvents in Straßburg
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 100375235 | OGND | VIAF: 47107351
Namensvarianten
  • Marbach, Johannes
  • Marbach, Johann
  • Marbach, Johannes
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Zitierweise

Marbach, Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd100375235.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Walther, Bäcker in L.;
    M Anna Salzmann;
    1544 Ursula Weißland (1514–84) aus Isny;
    8 K, u. a. Erasmus (1548–93), Prof. d. Theol. in St., Philipp (1550–1611), Prof. d. Theol. in Heidelberg(s. ADB 20), Anna ( 1575/76, Hubertus Giphanius, 1604, Jurist, s. NDB VI), Barbara ( Georg Obrecht, 1612, Jurist, s. ADB 24).

  • Biographie

    M. kam 1536 zur Schulausbildung nach Straßburg, das als Vorort der oberdeutschen reichsstädtischen Reformation mit Lindau durch die Confessio Tetrapolitana von 1530 verbunden war. 1539 ging er zum Studium nach Wittenberg, wohnte dort im Hause Luthers und wurde 1543 zum Dr. theol. promoviert. Nach einer kurzen Tätigkeit in Isny kehrte er 1545 nach Straßburg zurück und übernahm die Pfarrstelle an St. Nikolaus. Von 1546 bis zu seinem Tod hielt M. theologische Vorlesungen an der städtischen Schule, die Gymnasialklassen und wissenschaftliches Vorlesungsangebot zusammenfaßte, und gestaltete ihren Weg vom Gymnasium zur Akademie maßgeblich mit.

    Im Kampf gegen das Interim nach 1548 entwickelte sich M. zum führenden Kopf der ev. Kirche Straßburgs. 1552 trat er die Nachfolge des verstorbenen Kaspar Hedio als Präsident des reichsstädtischen Kirchenkonvents an – weitere Kirchen- und Schulämter kamen hinzu. Sein entschiedenes und kompromißloses Vorgehen gegen das Interim verband M. mit dem Vorsatz, die unveränderte Augsburgische Konfession in Straßburg als alleinige Bekenntnisnorm durchzusetzen. Dies schloß die Abkehr von den eigenständigen Traditionen der oberdeutschen reichsstädtischen Reformation ein und führte zu häufigeren Konflikten zwischen den Straßburger Pfarrern und Predigern und den Professoren der Schule. Waren jene seit Ausbruch des Kampfes in der Mehrzahl ebenfalls lutherisch gesinnt, so gehörten diese zu den verbleibenden Anhängern der bucerischen Reformationstradition und des schweizer.-ref. Bekenntnisses. Während es M. gelang, die beiden ital. Theologieprofessoren Petrus Martyr Vermigli und Girolamo Zanchi 1556 und 1563 aus Straßburg zu verdrängen, wurde der berühmte Rektor der Anstalt, der Humanist Johann Sturm, zu seinem lebenslangen Hauptkontrahenten. Immer wieder kam es zu Konflikten um die bekenntnismäßige Ausrichtung der Kirche, um Fragen der Lehrplangestaltung und um die Leistungsanforderungen in der Schule. Im Gegensatz zu dem idealistisch denkenden Gelehrten Sturm war M. der geschicktere Organisator und lebensnähere Praktiker. Die konkrete Gestalt des kaiserl. Akademieprivilegs von 1566, das die Schule in den Rang einer „Semi-Universität“ erhob, geht wahrscheinlich auf ihn zurück. Insgesamt gesehen, war die Situation in der Schule jedoch eher durch ein Patt zwischen den beiden dominierenden Persönlichkeiten gekennzeichnet, während M., der immer auch ein guter Seelsorger war, in kirchenpolitischer Hinsicht seine Linie durchsetzen konnte. Die Ausrichtung der Reichsstadt Straßburg auf ein striktes Luthertum, die nach M.s Tod ihren Abschluß mit der neuen Kirchenordnung von 1598 fand, war in hohem Maße seine persönliche Leistung. Durch die geschickte Förderung jüngerer Theologen – etwa seines Mitbürgers aus Lindau und späteren Nachfolgers als Kirchenkonventspräsident Johann Pappus sowie seiner eigenen Söhne Erasmus und Philipp – konnte M. sein Lebenswerk befestigen.

    Über Straßburg hinaus erstreckte sich M.s Bedeutung für den Protestantismus auf den gesamten Südwesten des Reiches. Zu den württ. Lutheranern bestanden enge Kontakte. In der Kurpfalz wurde M. zweimal als Theologe und Kirchenvisitator tätig: bei der Reformation unter Ottheinrich 1556-59 und nach 1576 bei dem Versuch einer Re-Lutheranisierung unter Ludwig VI. Ebenso wirkte er in Pfalz-Zweibrücken 1558 als Kirchenvisitator und gab hier den Anstoß zur Gründung der Landesschule in Hornbach durch Pfalzgraf Wolfgang. Die Bedeutung von Schule und Bildung für die Durchsetzung der Reformation und des luth. Bekenntnisses hat M. stets hoch veranschlagt. Seine einseitige Charakterisierung als luth. Streittheologe durch die liberale ev. Kirchengeschichtsschreibung des 19. Jh. wird seiner geschichtlichen Leistung nicht gerecht.

  • Werke

    Christl. u. warhafter underricht v. d. Worten d. einsatzung d. hl. Abendmals, 1565;
    Christi, underricht u. warhaftige erweisung, das Jesus Christus in alle göttl. Herrlichkeyt u. maiestet erhaben u. gesetzt seye, 1567;
    Themata de imagine Dei cum aeterna tum creata, 1568;
    Von Mirackeln u. Wunderzeichen, wie man sie f. war od. falsch erkennen soll, 1571;
    Antwort u. grundliche Widerlegung d. vermeinten Trostschr. M. Danielis Tossani, 1579;
    Gravissima epistola, qua Matthiae Flacio Illyrico datur testimonium, 1601.

  • Literatur

    ADB 20;
    J. Fecht, Historiae ecclesiasticae seculi XVI, supplementum plurimorum et celeberrimorum ex illo aevo theologorum epistolis ad Joannem, Erasmum et Philippum Marbachios, 1684;
    Charles Schmidt, Der Anteil d. Straßburger an d. Ref. in Churpfalz, Drei Schrr. J. M.s, 1856;
    W. Horning, Dr. J. M., Pfarrer zu St. Nikolai, Münsterprediger, Prof. u. Präs. d. luth. Kirchenkonvents in Straßburg 1545–81, 1887;
    J. Adam, Ev. KG d. Stadt Straßburg bis z. franz. Rev., 1922;
    V. Press, Calvinismus u. Territorialstaat, Regierung u. Zentralbehörden d. Kurpfalz 1559-1619, 1970;
    A. Schindling, Humanist. Hochschule u. Freie Reichsstadt, Gymnasium u. Ak. in Straßburg 1538-1621, 1977;
    ders., Humanist. Reform u. fürstl. Schulpol. in Hornbach u. Lauingen, Die Landesgymnasien d. Pfalzgf. Wolfgang v. Zweibrücken u. Neuburg, in: Neuburger Kollektaneenbl. 133, 1980, S. 141-86;
    E. Weyrauch, Konfessionelle Krise u. soz. Stabilität, Das Interim in Straßburg 1548–62, 1978;
    M. Lienhard, La Réforme à Strasbourg, in: G. Livet u. F. Rapp (Hrsg.), Hist. de Strasbourg des origines à nos jours II, 1981, S. 363-540;
    P. Schang u. G. Livet (Hrsg.), Hist. du Gymnase Jean Sturm, Berceau de l'Univ. de Strasbourg 1538-1988, 1988. -
    Eigene Archivstud.

  • Porträts

    Stich d. 17. Jh., wohl nach e. Vorlage d. 16. Jh., in: Fecht, S. 34, Abb. b. Schindling, Humanist. Reform, S. 149, u. b. Lienhard, S. 420 (s. L).

  • Autor/in

    Anton Schindling
  • Zitierweise

    Schindling, Anton, "Marbach, Johann" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 102-103 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd100375235.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Marbach: Johann M., Führer der Straßburger Lutheraner, geb. am 24. August 1521 zu Lindau, am 17. März 1581 zu Straßburg, besuchte 1536—1539 das Straßburger Gymnasium, studirte seit 1539 in Wittenberg, als einer der Haus- und Tischgenossen Luther's, Theologie, promovirte 1543 unter Luther's Vorsitz, ging über Isny, wo er 1543—1545 Pfarrer war,|aber mit dem Magistrat zerfiel, nach Straßburg als Diaconus an der Nicolaikirche; 1551 war er einer der Abgesandten Straßburgs zum Tridentiner Concil und wurde nach Hedio's Tod 1552 Professor der Theologie und Präsident des Straßburger Kirchenconvents. Der eifrige, aber nach Melanchthon's Urtheil nicht hinreichend unterrichtete (mediocriter doctus) Mann setzte sich Beseitigung der Tetrapolitana und aller zum schweizerischen Typus neigenden Lehrweise und Liturgie zur Lebensaufgabe Sein bisher noch nicht veröffentlichtes Diarium zeichnet ihn als einen aufrichtigen Christen, aber auch als einen streitsüchtigen Theologen. Sein Versuch, das Controversbuch des lutherischen Zeloten Tileman Heßhus über die leibliche Gegenwart Christi im Abendmahl mit Umgehung der Censur und unter Angabe eines falschen Druckortes einzuschwärzen (1561), trug ihm einen Streit mit dem reformirten Professor Zanchi über die Prädestination ein; derselbe endigte mit dem Abgang des letzteren 1563. Den französischen Prediger Garnier hatte er schon 1555, den Petrus Martyr Vermigli 1556 aus Straßburg verdrängt. Beinahe wäre über ihn selbst das Urtheil der Heterodoxie ergangen, als er 1568 für die Lehre des Flacius von der Erbsünde eintrat. Für die Annahme der Concordienformel suchte er Predigerschaft und Rath der Stadt zu gewinnen, was ihm 1577 wenigstens bei ersterer gelang; im gleichen Jahre wurde auf sein Betreiben der reformirte Gottesdienst in Straßburg ganz untersagt. Auch betheiligte sich M. in der Kurpfalz 1556 an der Einführung der Reformation und 1576 an der Zurückführung der Landeskirche zum Lutherthum. „Bei der Norm und Regel ist er steif geblieben und weder zur Rechten noch zur Linken davon abgewichen" — heißt es in der Leichenrede. Beweis hierfür liefern seine Schriften: „Christlicher und wahrhafter Unterricht von den Worten der Einsetzung des heil. Abendmahls“ (1565) und im Anschlusse hieran: „Christlicher Unterricht und wahrhaftige Erweisung etc.“ (1567). Sein lebensgroßes Bildniß hängt noch heute in der Capitelstube von St. Thomas.

    • Literatur

      Vgl. Röhrich, Geschichte der Reformation im Elsaß (3. Theil 1832); E. Schmidt, Der Antheil der Straßburger an der Reformation in der Kurpfalz (1856); Trenß, Situation intérieure de l'église luthérienne de Strasbourg sous la direction de M. (1857); auch in der Zeitschrift für lutherische Theologie und Kirche 1872, S. 64—94, 286—310, 441—461; R. Reuß, Notes pour servil à l'histoire de l'église française de Strassbourg 1538—1744 (1880).

  • Autor/in

    Holtzmann.
  • Zitierweise

    Holtzmann, Heinrich, "Marbach, Johann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 20 (1884), S. 289-290 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd100375235.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA