Lebensdaten
1878 – 1944
Geburtsort
Karlstadt/Main
Sterbeort
Klosters-Serneus (Graubünden)
Beruf/Funktion
Diplomat ; Publizist ; Unternehmer
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11891622X | OGND | VIAF: 89265605
Namensvarianten
  • Muehlon, Johann Wilhelm
  • Muehlon, Wilhelm
  • Muehlon, Guillermo
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Zitierweise

Muehlon, Johann Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11891622X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann, Gastwirt;
    M Margarethe Roman (Rohmann);
    B Karl (* 1877), Brauer in Karlstadt, seit 1920 in Amerika;
    – ⚭ Hildegard (* 1885), wahrsch. T d. Emil Ehrensberger (1858–1940) aus Babenhausen (Schwaben), Dr.-Ing. E. h., Dr. phil. h. c., Chemiker, Dir. u. Vorstandsmitgl. d. Fa. Krupp in Essen (s. L), u. d. Pauline Freiin Bachofen v. Echt (1862–1942);
    2 S, 1 T.

  • Biographie

    Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in München, Berlin und Würzburg (Promotion 1904) und kurzer Tätigkeit als Anwalt kam M. 1907 als Anwärter für den konsularischen Dienst ins Auswärtige Amt. 1908 wurde er als Direktionsassistent zur Firma Krupp beurlaubt, knapp 35jährig stieg er 1913 zum Direktor der Abteilung für Kriegsmaterial auf; Ende 1914 schied er auf eigenen Wunsch aus der Firma aus. 1915 wurde er vom Auswärtigen Amt beauftragt, als „Besonderer Kommissar der Reichsverwaltung für die Balkanstaaten“ in Bukarest, Sofia, Wien und Budapest über Getreide- und Erdöllieferungen zu verhandeln. Um unabhängig zu bleiben, hatte M. den Posten des Gesandten in Rumänien abgelehnt, ebenso weigerte er sich, im Oktober 1916 die deutschen Friedensvorschläge offiziell in Bukarest zu vertreten. Liberal und demokratisch gesinnt, aber parteipolitisch unabhängig, stand M. der Politik des Deutschen Reiches kritisch gegenüber. Trotz seiner Ablehnung der annexionistischen Kriegsziele war er aber bereit, seine Kräfte in den Dienst des Vaterlands zu stellen, so lange er an die Chancen von Wilsons Vermittlungsbemühungen glaubte. Im Herbst 1916 war er in die Schweiz übersiedelt, wo er bei der deutschen Gesandtschaft in Bern informell mitarbeitete. Nach der Ankündigung des uneingeschränkten U-Bootkrieges brach er dann jeden Verkehr mit amtlichen deutschen Stellen ab. Im August 1917 verfaßte M. ein Memorandum über die Julikrise 1914; obwohl nur für deutsche Parlamentarier bestimmt, kam es ebenso wie ein Brief an Reichskanzler Bethmann Hollweg vom Mai 1917 in die Öffentlichkeit und wurde zur Sensation. M. berichtete darin über Gespräche mit Karl Helfferich und Gustav Krupp v. Bohlen und Halbach im Juli 1914, aus denen hervorging, daß sich Kaiser und Reichsregierung gegenüber Österreich-Ungarn schon vor dem Ultimatum an Serbien kriegswillig gezeigt hatten. Das Dokument wurde im Ausland als Beweis deutscher Kriegsschuld publiziert. Weil M. im Reichstag und in der deutschen Presse als pathologisch diffamiert wurde, publizierte er im Frühjahr 1918 in Zürich sein Tagebuch aus den ersten Kriegsmonaten unter dem Titel|„Die Verheerung Europas“. Die Wirkung in Deutschland war gering, im Ausland dagegen galt der Autor als „der erste Europäer in Deutschland“. In der Schweiz war M. Mittelpunkt eines Kreises deutscher Pazifisten, Republikaner und Demokraten wie Alfred Fried, Friedrich Wilhelm Foerster, Prinz Alexander v. Hohenlohe, Maximilian Gf. v. Montgelas und Hermann Staudinger; Verbindungen gab es auch zu Eduard Bernstein und Ludwig Quidde, zum Kreis der von Hugo Ball und Ernst Bloch angeführten Radikaldemokraten um die „Freie Zeitung“ in Bern und zu Schriftstellern wie Leonhard Frank, Annette Kolb, Rilke, Hesse und Schickele. Zweimal, Ende 1917 und Anfang 1918, war M. an Friedenskontakten beteiligt, die prominente Österreicher wie Julius Meinl und Heinrich Lammasch in der Schweiz über den Amerikaner George D. Herron einleiteten. Erst nach dem Krieg fand M.s „Wahrheitsoffensive“ auch Resonanz bei einer Minderheit in Deutschland. Nach der Ermordung Kurt Eisners im Februar 1919 wurde u. a. M. als neuer bayer. Ministerpräsident in Erwägung gezogen; er verweigerte jedoch die aktive Teilnahme an der Politik und blieb als Privatmann in der Schweiz. Sein finanzielles Engagement bei der kath.-pazifistischen Rhein-Main. Volkszeitung brachte ihn 1933 anläßlich der vom NS-Staat gegen sie geführten Kampagne noch einmal als „Landesverräter“ in die Schlagzeilen.

  • Werke

    Die Verheerung Europas, Aufzeichnungen aus d. ersten Kriegsmonaten, 1918 (engl. u. franz. 1918);
    Ein Fremder im eigenen Land, Erinnerungen u. Aufzeichnungen e. Krupp-Dir. 1908-1914, hrsg. u. eingel. v. W. Benz, 1989;
    Tagebuch d. Kriegsjahre 1940–44, hrsg. u. eingel. v. J. Heisterkamp, 1992. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Inst. f. Zeitgesch., München.

  • Literatur

    W. Benz, Der „Fall M.“, Bürgerl. Opposition im Obrigkeitsstaat während d. Ersten Weltkrieges, in: VfZ 18, 1970, S. 343-65. – Zu Emil Ehrensberger: Stahl u. Eisen 60, 1940, S. 608;
    F. Pudor, Nekr. aus d. rhein.-westfäl. Industriegebiet 1939-1951, 1955, S. 27 f.;
    Pogg. VI.

  • Autor/in

    Wolfgang Benz
  • Zitierweise

    Benz, Wolfgang, "Muehlon, Johann Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 293-294 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11891622X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA