Lebensdaten
1883 – 1946
Geburtsort
Bückeburg (Schaumburg-Lippe)
Sterbeort
Montreux (Schweiz)
Beruf/Funktion
Publizist ; Jesuit
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118737295 | OGND | VIAF: 27866529
Namensvarianten
  • Friedrich am Sunde (Pseudonym)
  • Frederic de Ruyter (Pseudonym)
  • Ruyter, Frederic de (Pseudonym)
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Zitierweise

Muckermann, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118737295.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    B Hermann (s. 1).

  • Biographie

    M. besuchte Gymnasien in Bückeburg und Paderborn und trat 1899 zu Blijenbeck (Holland) in die Gesellschaft Jesu ein. Nach dem Juniorat in Exaeten und einem Philosophiestudium in Valkenburg unterrichtete er seit 1907 an Ordensschulen in Feldkirch (Österreich) und Ordrupshoj (Dänemark). Daneben studierte er seit 1909 in Kopenhagen Germanistik und Pädagogik, erwarb dort 1912 seinen Magister Artium und kehrte anschließend für sein Theologiestudium nach Valkenburg zurück, wo er 1914 zum Priester geweiht wurde. Bei Ausbruch des 1. Weltkrieges einem Maltesertrupp an der Westfront zugeteilt, wurde er Ende 1914 als Feldgeistlicher an die Ostfront abkommandiert. Im Februar 1919 geriet M. in Wilna in bolschewistische Gefangenschaft, aus der er im Dezember 1919 im Rahmen eines Gefangenenaustausches freikam.

    Noch während er seine Ordensausbildung in Valkenburg zum Abschluß brachte (1920), engagierte er sich für die literarische Zeitschrift „Der Gral, Monatsschrift für Dichtung und Leben“, deren alleiniger Herausgeber er 1925 wurde. Unter M. wandelte sie sich von einer kath.-literarischen Revue des Wiener Kralik-Kreises (Integralisten) zu einer Zeitschrift, die die kath. Weltliteratur widerspiegeln und zugleich zu brennenden gesellschaftspolitischen Fragen Stellung nehmen sollte. In zahllosen Artikeln suchte er in diesem und anderen Organen nicht nur den Zeitgeist zu entlarven, sondern zugleich seinen Mitmenschen Wege für die Zukunft zu weisen. Dies geschah vor allem auch durch die Auseinandersetzung mit den Großen der Geistesgeschichte, allen voran Goethe und Wladimir Solowjew. Bedingt durch seine Gefangenschaft, galt M.s Interesse in den 20er Jahren dem Bolschewismus. Weit davon entfernt, in ihm eine singuläre russ. Erscheinung zu sehen, erkannte er in den drängenden sozialen Fragen ein Hauptsymptom der politischen und gesellschaftlichen Krise seiner Zeit. Besondere Aufmerksamkeit widmete er daher dem Problem, wie das Christentum den Herausforderungen der modernen Welt begegnen konnte. Daß der deutsche Katholizismus hier in Teilbereichen versagt hatte, war nach M.s Dafürhalten einer der Gründe für die gesellschaftspolitische Fehlentwicklung der Weimarer Republik. Als Herausgeber der „Katholischen Korrespondenz“ hatte M. 1933 eine wichtige Stellung. Kardinal Faulhaber trug sich im Herbst desselben Jahres mit dem Gedanken, nach dem Vorbild von M.s Korrespondenz eine zentrale kath. Pressestelle in Berlin aufzubauen, die gegen Verleumdungen seitens der Nationalsozialisten auftreten sollte. Ein auf der Herbsttagung der Bischöfe in Fulda eingebrachter Vorschlag fand aber keine Zustimmung, vermutlich weil M.s Einstellung zu bestimmten Sachverhalten mißbilligt wurde. Auch wenn sich M. vor 1933 kurzfristig über die wahren Absichten Hitlers täuschen ließ – so hielt er es noch Anfang 1932 für möglich, „diese große Reformbewegung, in der so viele ideal gesinnte Leute vorhanden sind … zu einer wahren Reformbewegung zu gestalten“ –, gehörte er doch zu denen, die den totalitären und pseudoreligiösen Charakter des Nationalsozialismus bald durchschauten und ihn kompromißlos bekämpften. Als Folge mußte er im Juli 1934 nach Holland emigrieren. Dort setzte er den Kampf gegen das NS-Regime mit Vorträgen und seinem neuen Blatt „Der Deutsche Weg“ fort, in dem er nicht nur die geistesgeschichtlichen Wurzeln des Nationalsozialismus offenlegte, sondern auch die Menschen im „Dritten Reich“ ermutigte, der nationalsozialistischen Vereinnahmung zu widerstehen. M.s offene Aktivitäten zwangen seinen Orden jedoch, ihn 1935 nach Rom abzuberufen, wo er seit 1936 Schriftleiter der „Lettres de Rome“ wurde, einer Zeitschrift, die über die Gefahren totalitärer und atheistischer Bewegungen aufklären sollte. 1937 übersiedelte er nach Wien, wo er mit Billigung der österr. Regierung auf Vortragsreisen vor dem Nationalsozialismus warnte. Den Anschluß Österreichs im März 1938 erlebte er in der Schweiz, von wo er nach Paris weiterreiste, um dort unterzutauchen. Im selben Jahr erkannten ihm die deutschen Behörden die Staatsbürgerschaft ab, ein Jahr später wurden seine Schriften verboten. Dennoch schrieb M. weiterhin Artikel für den „Deutschen Weg“ und andere Emigrantenblätter. Seit November 1939 richtete er seine Stimme auch über einen franz. Rundfunksender an die Menschen in Deutschland. Im Juni 1940 flüchtete er in das unbesetzte Frankreich, wo er, als holländ. Priester getarnt, anfangs eine abgelegene Pfarrei betreute. Dort schrieb er auch seine umfangreichen Lebenserinnerungen nieder. Einer drohenden Verhaftung durch die Gestapo entkam er im März 1943 durch die Flucht in die Schweiz, wo er bis zu seinem Tode als politischer Flüchtling lebte. Hier entstand auch sein letztes großes Werk über Solowjew.

    Mit einer visionären Schau der Dinge ebenso ausgestattet wie mit analytischer Schärfe in der Durchdringung komplexer Themenbereiche, beschäftigte er sich mit nahezu allen kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Strömungen seiner Zeit. Auch im eigenen Lager stieß er gleichwohl nicht immer auf ungeteilte Zustimmung wegen unterschiedlicher Standpunkte in der Arbeiter- und Gewerkschaftsfrage, beim Eigentumsrecht, in Fragen der „Kath. Aktion“ sowie aufgrund seiner Deutung von Goethe als Erzieher, seiner Teilnahme am Tänzerkongreß 1931 in München und seiner Haltung in der Emigration.|

  • Auszeichnungen

    Goethe-Medaille d. Stadt Frankfurt (1932).

  • Werke

    u. a. Wollt ihr das auch? Wie ich d. Bolschewismus in Rußland erlebte, 1920;
    Tragikomisches von d. Ruhr, 1923;
    Kath. Aktion, mit e. Geleitwort v. Nuntius Pacelli, 1928;
    Der Bolschewismus droht, 1931;
    Goethe, 1931;
    Das Los d. Arbeiters in Sowjet-Rußland, 1932;
    Das Los d. Bauern in Sowjet-Rußland, 1932;
    Der Mönch tritt üb. d. Schwelle, 1932;
    Vom Rätsel d. Zeit, 1933;
    Deutschland … wohin?, 1934;
    Hl. Frühling, 1935;
    Es spricht d. span. Seele, 1937;
    Rev. d. Herzen. 1937;
    Vorträge F. M.s in d. Domkirche zu Klagenfurt, 1937;
    Der Mensch im Za. d. Technik, 1945;
    Wladimir Solowjew, Zur Begegnung zw. Rußland u. d. Abendland, 1945;
    Der Dt. Weg, 1946;
    Frohe Botschaft in d. Zeit, hrsg. v. M. Th. Muckermann, 1948;
    Im Kampf zw. zwei Epochen, Lebenserinnerungen, bearb. u. eingel. v. N. Junk SJ, 1973, ³1985. – Zahlr. Btrr. u. a. in. Stimmen d. Zeit (1913–34), Der Gral (1920–37), Schönere Zukunft (1927–34), Essener Volks-Ztg. (1926–35), Der Deutsche Weg (1934–40).

  • Literatur

    Ch. Reinert, Erinnerungen an e. großen Kämpfer, in: Der Sonntag, Nr. 17 v. 28.4.1946;
    N. Herbermann, In Memoriam P. F. M. SJ, 1948;
    dies. (Hrsg.), F. M., 1953;
    H. Muckermann, F. M. SJ, in: Dt. Rdsch. 71, 1948, S. 112-17;
    P. Faure, Pater F. M.s Flucht in d. Schweiz, in: Mitt. aus d. Provinz 5, 1974, S. 92-96;
    F. Kroos, in: Zeitgesch. in Lb. II, 1975, S. 48-63 (P);
    D. Kaufmann, Ein Warner gegen d. Mächte d. Finsternis, Pater F. M.s Kampf gegen Bolschewismus u. Nat.sozialismus in Münster 1924-1934, in: H.-G. Thien (Hrsg.), Überwältigte Vergangenheit – Erinnerungsscherben, Faschismus u. Nachkriegszeit in Münster, 1985;
    H. Hürten, Der Dt. Weg, Kath. Exilpublizistik u. Auslandsdeutschtum, ein Hinweis auf F. M., in: Exilforschung, Ein internat. Jb., IV, 1986, S. 115-29;
    H. Gruber, F. M. SJ, Ein kath. Publizist in d. Auseinandersetzung mit d. Zeitgeist, 1993 (W-Verz., L);
    Rhdb;
    LThK²;
    BHdE I;
    Staatslex.;
    Kosch, Lit.-Lex.³

  • Autor/in

    Hubert Gruber
  • Zitierweise

    Gruber, Hubert, "Muckermann, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 258-260 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118737295.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA