Lebensdaten
1873 – 1948
Geburtsort
Sigmaringen
Sterbeort
Beuron
Beruf/Funktion
Benediktinerabt ; Musikwissenschaftler ; Kirchenrechtler
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 127210202 | OGND | VIAF: 64528983
Namensvarianten
  • Molitor, Fidelis Engelbert
  • Molitor, Raphael
  • Molitor, Fidelis Engelbert
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Zitierweise

Molitor, Raphael, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd127210202.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Baptist (1834–1900), Volksschullehrer u. Chordir. in S., Organist in B., seit 1882 Chordir. am Münster in Konstanz, später Domkapellmeister in Leitmeritz, S d. Engelbert u. d. Barbara Rattenmann aus Weil der Stadt;
    M Maria (1836–84), T d. Bauern Mainrad Glas in Hedingen bei S. u. d. Rosalia Schröck;
    B Gregor (1867–1926), Benediktiner, Kirchenmusiker, Komp. u. Organist in B. (s. LThK; MGG: Riemann);
    Schw Rosa (1869–1953, Ernst v. Werra, 1854–1913, Chordir. am Münster in Konstanz).

  • Biographie

    Neben dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums in Sigmaringen widmete sich M. unter Anleitung seines Vaters und anderer Lehrer der Musik und erwarb sich großes Können auf der Orgel und umfangreiche Kenntnisse in Musiktheorie. 1890 erhielt der 17jährige die Ernennung zum kgl. Stiftsorgnisten in der Abtei Emaus zu Prag, wo auch sein Bruder als Organist tätig war. Auf dem Weg dorthin entschloß er sich jedoch, in der Erzabtei Beuron, in die bereits zwei seiner Brüder eingetreten waren, um Aufnahme als|Mönch zu bitten, und am 27.12.1891 legte er die einfachen Gelübde ab. Sein philosophisches und theologisches Studium absolvierte er in Beuron. Nach der Profeß 1895 wurde er im folgenden Jahr zum Weiterstudium in Dogmatik und Kirchenrecht an die Benediktiner-Univ. San Anselmo in Rom gesandt; dort und in Florenz betrieb er auch Archivstudien über die nachtridentinische Choralreform. 1897 empfing M. die Priesterweihe, 1898-1904 hatte er in Beuron das Amt des Lektors für Dogmatik, Kirchenrecht und Moraltheologie inne; zusammen mit seinem Bruder P. Gregor übte er auch das Amt des Organisten aus.

    Als erstes Ergebnis seiner musikwissenschaftlichen Forschungen legte er 1901 in einem zweibändigen Werk „Die Nachtridentinische Choralreform zu Rom“ (Nachdr. 1967) vor. Darin konnte er nachweisen, daß die seit 1614 gültige „Editio Medicaea“ eine willkürlich entstellte Fassung des Gregorianischen Chorals ist, die sich nicht auf die Verfasserschaft des Kirchenmusikreformators Palestrina berufen konnte, wie behauptet wurde. Die alten Melodien des Gregorianischen Chorals waren vielmehr nach den Kunstanschauungen der Zeit sowohl in der Tonalität wie in der Textbehandlung verändert worden, auch die melismatischen Gesänge hatten willkürliche Kürzungen erfahren. Durch diese Forschungen wurde der Weg frei für die um die Jahrhundertwende von der Abtei Solesmes in Frankreich erarbeitete und von Dom Joseph Pothier redigierte neue Ausgabe des Gregorianischen Chorals, die lebhafte Diskussionen hervorrief, da noch 1879 die Medicaea-Version als offizielle Ausgabe der Römischen Kirche neu ediert worden war. Mit den Schriften „Reformchoral“ (1901) und „Unsere Lage“ (1904, auch engl.) griff M. in die Debatte ein. 1904 konnte er Papst Pius X. in einer Privataudienz sein zweites Werk „Deutsche Choralwiegendrucke“ (1904) überreichen. Im selben Jahr wurde er zum Konsultor der Päpstl. Kommission für die Kirchenmusik ernannt, die sich mit der Herausgabe der neuen Bücher des Gregorianischen Chorals beschäftigte. So konnte M. maßgeblich an der Herausgabe der „Editio typica“ des Graduale Romanum, der „Editio Vaticana“ (1908), mitwirken. Zur 1000-Jahr-Feier des Todes von Papst Gregor d. Gr. 1904 sang im Päpstlichen Hochamt eine Schola von 200 Benediktinern und ein Chor von über 1000 Sängern erstmalig in St. Peter den Gregorianischen Choral aus den Büchern von Solesmes.

    Im Februar 1905 wurde M. zum Prior und zukünftigen Abt des neugegründeten Benediktinerklosters St. Joseph zu Gerleve in Westfalen ernannt (Abtsweihe Dezember 1906). Dort setzte er sich energisch dafür ein, daß die Solesmes-Version in liturgisch und künstlerisch einwandfreier Weise ausgewertet und gesungen wurde. M.s Studien über das Ordensrecht der Benediktiner führten 1907 zur Berufung als Konsultor der Päpstl. Kommission zur Neuordnung des Kirchenrechts, die sich die Herausgabe des „Codex Iuris Canonici“ (1917) zum Ziel gesetzt hatte. Durch zahlreiche Publikationen und Ansprachen machte sich M. als geistlicher Schriftsteller um die Förderung des klösterlichen Lebens verdient, insbesondere durch das dreibändige Werk „Aus der Rechtsgeschichte benediktinischer Verbände“ (1928-33). 1917-22 und 1936-48 war M. Abtpräses der Beuroner Kongregation, nachdem diese vom sog. Erzabts-System zum Präses-System übergegangen war. Zahlreiche Mönche der Abtei Gerleve engagierten sich unter seiner Leitung seit 1930 in den ostkirchlichen Unionsbestrebungen. M. konnte noch die Rückkehr seiner 1941-45 vertriebenen Kommunität erleben. Seine künstlerisch-musikalische Begabung offenbarte sich noch einmal beim 1400. Gedenktag des hl. Benedikt 1947 in der Komposition einer Festkantate für gemischten Chor und Orgel auf den Text der Antiphon „O coelestis norma vitae“. – Dr. theol. h. c. (Münster 1931).

  • Werke

    Weitere W Zur Vorgesch. d. Medicaea, in: Röm. Quartalschr. 13, 1899, S. 365-74;
    Eine werte Gesch., Erinnerungsvolle Gedanken üb. Gesch. u. Wert d. offiziellen Chorbücher, 1903;
    Der Gregorian. Choral als Liturgie u. Kunst, in: Frankfurter zeitgemäße Broschüren NF 23, 1904, H. 6;
    Über d. Restauration d. Gregorian. Chorals im 19. Jh., in: Mist.-pol. Bll. 135, 1905, S. 653-64, 727-36, 825-34;
    Religiosi Iuris capita selecta, 1909;
    Die Lieder d. Münster. Fragmentes, in: Sammelnde, d. Internat. Musikges. 12, 1911, H. 3, S. 475-500;
    Von d. Mönchsprofeß d. lat. Kirche, in: Theol. u. Glaube 16, 1924, S. 584-612;
    Die Musik d. Reichenau, in: Die Kultur d. Reichenau II, 1925, S. 802-20;
    Über d. Observanz kassines. u. süddt. Benediktinerklöster gegen Ende d. 16. Jh., in: StMBO 47, 1929, S. 91-102;
    Über d. benediktin. Vfg., in: St. Benedikt u. sein Werk, 1929, S. 19-25;
    Orden u. Kloster als kirchl. Persona moralis, 1939;
    Das Sakrament d. Weihe, 2 Bde., 1937/38 (niederländ. 1950).

  • Literatur

    Bibliogr. d. dt.sprachigen Benediktiner 1880-1980, II, 1987, S. 614 f. (W-Verz.);
    G. Oesterle, in: Commentarium pro Religiosis et Missionariis 29, 1948, S. 224-36;
    L. Kunz, in: Zs. f. Kirchenmusik 69, 1949, S. 84 f.;
    B. Steidle, in: Benediktin. Mschr. 24, 1948, S. 463-65;
    Sterbechronik Abt R. M., 1948 (P);
    Kosch, Kath. Dtld.;
    MGG;
    Riemann.

  • Porträts

    Mehrere Phot. (Bildarchiv d. Abtei Gerleve).

  • Autor/in

    Martin Uhlenbrock OSB
  • Zitierweise

    Uhlenbrock OSB, Martin, "Molitor, Raphael" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 727-728 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd127210202.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA