Lebensdaten
1891 – 1971
Geburtsort
Potsdam
Sterbeort
Köln
Beruf/Funktion
Musikwissenschaftler
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116905026 | OGND | VIAF: 8151687
Namensvarianten
  • Mersmann, Hans
  • Mersmann, Hans Hermann Ferdinand Karl
  • Mirsmān, Hāns
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Mersmann, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116905026.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Otto (1855–1941), Apotheker, S d. August (1823–88), Eisenbahn-Angestellter in Braunschweig, u. d. Johanna Fischer (* 1823);
    M Anna (1867–1940), T d. Friedrich Krumbholtz (1823–1914), Apotheker in P., u. d. Auguste Hinneberg (1838–1920);
    Augsburg 1917 Leonore: (1885-1965), Dr. rer. pol., T d. Gottlieb Seutter (1851–1933), Fabrikdir. in Augsburg, u. d. Barbara Engelsmann (1854–1920);
    1 S (⚔), 2 T, Wiltrud Topic (* 1919), Prof. f. Kunstgesch. in Salzburg (s. Kürschner, Gel.-Kal. 1992), Lau Heinze (* 1921), Musikdoz. in Lindau.

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Schiller-Gymnasium in Berlin 1910 studierte M. in München Deutsch. Geschichte, Kunstgeschichte und Archäologie sowie Musikwissenschaft bei Adolf Sandberger und Theodor Kroyer. Er setzte sein Studium in Leipzig bei den Musikwissenschaftlern Hugo Riemann und Arnold Schering fort, zuletzt in Berlin bei Hermann Kretzschmar und Johannes Wolf, wo er 1914 mit einer musikwissenschaftlichen Arbeit promoviert wurde. In Berlin studierte er gleichzeitig Komposition und Dirigieren am Sternschen Konservatorium.

    Vom Kriegsdienst 1916 aus gesundheitlichen Gründen beurlaubt, gründete er in Berlin das „Musikarchiv der Deutschen Volkslieder“ und wurde Assistent am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität. Zugleich war er als freier Musikpädagoge und an Volkshochschulen tätig und erhielt einen Lehrauftrag am Sternschen Konservatorium. 1921 habilitierte sich M. an der TH Berlin, wohin er 1926 als Professor für Musikwissenschaft berufen wurde. Seit 1923 unterrichtete er auch am Musiklehrerseminar des Reichsverbandes Deutscher Tonkünstler in Berlin. 1924 übernahm er die Redaktion der Zeitschrift für Neue Musik „Melos“. Zugleich war er Mitarbeiter bei den Reformen der Musikerziehung, wie sie Leo Kestenberg als Referent des Preuß. Kultusministeriums durchzusetzen suchte, sowie beim Rundfunk. 1932 wurde er Leiter der Musikabteilung des Deutschlandsenders. Wegen seines Einsatzes für zeitgenössische Komponisten wie Schönberg, Hindemith und weitere „entartete“ Künstler wurde M. 1933/34 von den Nationalsozialisten aus allen Ämtern entlassen. Er bestritt von da an seinen Lebensunterhalt mit Privatunterricht und entwickelte seine grundlegenden Ideen zur Musik weiter. Ein mutiger Verleger ermöglichte noch 1938 die Drucklegung seines Hauptwerks „Musikhören“ (erweiterte Ausg. 1955). Durch den Krieg verlor M. Bibliothek, Diskothek sowie wichtige Manuskripte. Das Kriegsende erlebte er in Oberbayern.

    1946 wurde M. an die Musikhochschule München zum Professor für Musikgeschichte, Analyse, Volksliedkunde und Musik der Gegenwart berufen. Mit den Studenten und bald auch im öffentlichen Musikleben, so bei der Gründung des Studios für Neue Musik mit Wolfgang Jacobi und der Musica viva mit Karl Amadeus Hartmann, konnte er an frühere Erfahrungen anknüpfen und einem wachsenden Kreis wesentliche Impulse vermitteln. In Köln, wo er 1947 zum Direktor der Musikhochschule ernannt wurde, setzte er diese Aktivitäten auf breiter Basis fort. Gleichzeitig leitete er das Institut für Neue Musik und Musikerziehung in Bayreuth (später Darmstadt), wurde Direktor des Kuratoriums des Max-Reger-Instituts in Bonn und wirkte viele Jahre beim Musikreferat des Kultusministeriums von Nordrhein-Westfalen mit. Durch seine Initiative nahm die Studienstiftung des Deutschen Volkes seit 1950 auch Musik- und Kunststudenten auf. 1953 war M. Mitbegründer der Deutschen Sektion des Internationalen Musikrats (später Deutscher Musikrat), dem er bis 1964 präsidierte, wobei er für wichtige Maßnahmen zum Wiederaufbau des deutschen Musiklebens verantwortlich war. 1957 wurde er pensioniert, seine ehrenamtlichen Tätigkeiten setzte er jedoch noch viele Jahre fort. 1966 hielt er in Vertretung von Hans Heinz Stuckenschmidt Vorlesungen an der TU Berlin, seiner alten Wirkungsstätte.

    Als Musikforscher war M. eine singuläre Persönlichkeit. Sein Interesse galt primär dem Lebendigen in allen Erscheinungen der Musik und den Bedingungen ihrer Entstehung, bereits lange vor dem Vordringen der Soziologie in den historischen Wissenschaften, sowie der Wirkung der Musik auf den Menschen. Von hier aus versteht sich sein lebenslanges Bemühen, Musik aus sich selbst zu begreifen, behutsam ihre Schichten freizulegen und ihre Kräfte und Spannungen bewußt zu machen. In seiner „Angewandten Musikästhetik“ (1926) beschreibt er seine Methode: „Herauslösung des Typischen, analytische Erkenntnis des Individuellen und synthetische Zusammenfassung“. Seien es Volkslieder, kleine Präludien oder Inventionen von J. S. Bach, Kammermusikwerke von Haydn, Mozart und Brahms oder Schlüsselwerke des 20. Jh., überall gelang es ihm, sowohl in seinen Veröffentlichungen als in mündlichpraktischer Arbeit, eine neue Sicht zu vermitteln. So erreichte und beeinflußte er weite Kreise der Musikwelt. Erleichtert wurde ihm diese Pionierarbeit durch eine außergewöhnliche Gabe der freien Rede und durch umfassenden Einblick in die Nachbarkünste der Musik, insbesondere in Literatur und Bildende Kunst.

    Die wenigen erhaltenen und nur zum Teil gedruckten Kompositionen M.s verraten handwerkliche Meisterschaft und vornehme Gesinnung: ein reines Spiel der Kräfte in freier Diatonik. Die beiden Romane, erst im Ruhestand niedergeschrieben, sind Dokumente der Toleranz und eines erfüllten Lebens in schwieriger Zeit, künstlerischer Niederschlag persönlichster Erfahrungen und Zeugnisse einer reifen Menschlichkeit.|

  • Auszeichnungen

    Ehrenpräs. d. Dt. Musikrats;
    Gr. Bundesverdienstkreuz (1958).

  • Werke

    Grundlagen e. musikal. Volksliedforschung, 1921/30;
    Die moderne Musik seit d. Romantik, 1927;
    Musiklehre, 1929 (japan. 1930);
    Die Kammermusik, 4 Bde., 1930-33;
    Das Musikseminar, 1931;
    Dt. Musikgesch., 1934, 3. Aufl. u. d. T. Musikgesch. in d. abendländ. Kultur, 1967;
    Dt. Musik d. 20. Jh. im Spiegel d. Weltgeschehens, 1958;
    Freiheit u. Bindung im künstler. Schaffen, 1960;
    Lebensraum d. Musik, 1964 (P). – Kompositionen: Musik f. Streichinstrumente, 1950 ff.;
    Die Grenze, Drei Spiele mit Musik, 1943/54. – Dichtungen: Gedichtzyklen (ungedr.);
    Der Geist war lebendig, Berliner Passion 1943, 1966;
    Die beiden Leben, 1968. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Salzburg, H.-M.-Archiv.

  • Literatur

    W. Wiora (Hrsg.), Musikerkenntnis u. Musikerziehung, 1957 (W-Verz., P);
    O. Schreiber, H. M. z. Gedächtnis, in: Mitt. d. Max-Reger-Inst. Bonn, H. 18, 1971 (P);
    Kürschner, Gel.-Kal. 1970;
    MGG IX;
    Riemann.

  • Autor/in

    Fritz Schieri
  • Zitierweise

    Schieri, Fritz, "Mersmann, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 175-176 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116905026.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA