Lebensdaten
1617 – 1675
Geburtsort
Burscheid (Rheinland)
Sterbeort
Mainz
Beruf/Funktion
Erb- und Kurfürst von Mainz
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 115649735 | OGND | VIAF: 27804731
Namensvarianten
  • Lothar Friedrich
  • Metternich, Lothar Friedrich Freiherr von
  • Lothar Friedrich von Metternich
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Zitierweise

Lothar Friedrich von Metternich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd115649735.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Gerhard (um 1579 - n. 1639), auf B. u. Esch, kurtrier. Rat, Statthalter u. Amtmann zu Wittlich, S d. Dietrich, kurtrier. Rat u. Amtmann zu Wittlich, u. d. Catharina v. Wachtendonck;
    M Anna Maria (tot 1671), T d. Georg v. d. Leyen ( 1611), auf Saffig, Eltz u. Leiningen, kurköln. Rat, kurtrier. Groß- u. Landhofmeister, u. d. Catharina v. Eltz;
    Ov Damian Heinrich ( 1653), Domdechant zu Trier;
    Om Joh. Conrad v. d. Leyen ( 1655), Domherr zu Eichstätt, Trier u. Worms;
    B Wolfgang Heinrich ( 1676), kurtrier. Hofmarschall, seit 1674 kurmainz. Großhofmeister;
    Vt Heinrich Ferdinand v. d. Leyen ( 1714), Domherr zu Eichstätt, Dompropst zu Mainz, Domherr u. Chorbischof zu Trier; Verwandte Lothar v. M. ( 1625), EB v. Trier (s. NDB 15), Carl Heinrich v. M. ( 1679), EB v. Mainz.

  • Biographie

    L.s geistliche Laufbahn zeigt die für den Stiftsadel der Zeit typische Pfründenkumulation. Sein Onkel, der als Gegenspieler EB Philipp Christophs v. Sötern hervorgetretene Damian Heinrich v. Metternich, nominierte ihn 1624 für ein Trierer Domkanonikat. Im folgenden Jahr wurde er hier Domizellar, 1640 Domkapitular, 1645 Domkustos, 1653 auch Capellanus, 1660 schließlich Inhaber des Domarchidiakonats. In Speyer wurde er 1631 als Domizellar, 1641 als Domkapitular zugelassen. 1650 besaß er auch ein Kanonikat in Mainz, wo er später als Domkustos, 1672 als Dompropst erscheint. Seit 1653 war L. auch „beim päpstlichen Stuhle postulierter Propst“ des Ritterstifts Odenheim zu Bruchsal (Remling), zusammen mit der Erhebung zum Bischof von Speyer 1652 hatte er bereits die Würde eines Propstes des seit 1545 dem Hochstift Speyer inkorporierten Stifts Weißenburg im Elsaß erhalten. Zuletzt vereinigte L. in seiner Hand die Erz- bzw. Hochstifte Mainz, Worms und Speyer, wobei ihm vom Papst auch die Beibehaltung der Mehrzahl seiner übrigen|Pfründen zugestanden worden war. – Seine Studien betrieb L. in Pont-à-Mousson (bis 1635, dann erneut seit 1641), Trier (1635/36) und Löwen (seit 1636). Die Subdiakonats- und Diakonatsweihe empfing er 1640, die Priesterweihe, nach seiner Wahl zum Fürstbischof von Speyer, Weihnachten 1652. Am 24.6.1656 wurde er in Bruchsal zum Bischof konsekriert, am 23.5.1673, nach der Regierungsübernahme in Mainz, erhielt er das Pallium.

    L. galt als „ein Mann, beseelt von Einsicht, Klugheit und Friedensliebe“ (Kloe). Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit als Reichs- und Kirchenfürst lag in Speyer, wo er am 11.4.1652 von der Mehrheit des Domkapitels gewählt worden war. Um der Verödung des Hochstifts zu begegnen, suchte er nicht allein Landesuntertanen zur Rückkehr in die Heimat zu bewegen, sondern auch Fremde, ohne Rücksicht auf deren Konfession, mit dem Versprechen zeitweiligen Erlasses von Steuern und Diensten zur Ansiedlung zu veranlassen; noch 1674 ist der Zuzug franz. Hugenotten belegt. Der auf dem Lande lastende finanzielle Druck (in Form von Kriegsentschädigungen, Kreis- und Reichslasten) veranlaßte schon im ersten Regierungsjahr die Auflage einer Kopfsteuer. – Seine geistlichen Pflichten nahm L. sehr ernst. Er entfaltete eine rege Visitationstätigkeit und kümmerte sich um den Priesternachwuchs sowie um eine Belebung von Volksfrömmigkeit und Kirchenzucht. Besonderer Förderung durften sich die Kapuziner erfreuen; in Speyer fand der 1654 aus der Ägidienvorstadt vertriebene Konvent mit kaiserl. Billigung 1661 eine neue Bleibe; in Bruchsal legte L. 1672 den Grundstein für die Klosterkirche und kam auch für deren Baukosten auf.

    Die Außenbeziehungen des kleinen, nur 38 Dörfer umfassenden Hochstifts gestalteten sich unter L. konfliktreich. Die Differenzen mit der (ev.) Reichsstadt Speyer erwuchsen zunächst daraus, daß der neugewählte Bischof, ohne den traditionellen Einritt und die damit verbundene Beschwörung der städt. Freiheiten vorzunehmen, in dem in der Stadt gelegenen Bischofshof Residenz nahm und im folgenden Jahr auch die bischöfliche Kanzlei nachzog; er hatte sich am 8.6.1654 durch die Markgrafen von Baden in die Stadt und die bischöfliche Pfalz einführen lassen. Weitere Streitpunkte mit dem Rat bildeten Immunität und Geleit. Mit den Markgrafen von Baden-Baden kam es zu einer langen Auseinandersetzung wegen Lehensstücken, die nach dem Tod des letzten Grafen v. Eberstein an das Hochstift heimgefallen waren; der Streit wurde erst ein Jahr nach L.s Tod mit der Aufrichtung eines bad.-speyer. Kondominats über die kleine Stadt Genisbach und sieben dazugehörige Dörfer beigelegt. Gravierender waren die Differenzen mit Kurpfalz wegen Schmälerung von Zollgerechtsamen, Ausdehnung pfälz. Geleitsrechte, finanziellem Druck auf geistliche Besitzungen auf kurpfälz. Territorium und Streitigkeiten um Pfarrsatz und Zehntrechte. Vor allem aber hatte das Hochstift unter dem 1664-66 von kurpfälz. und lothring. Militär mit Waffengewalt ausgetragenen „Wildfangstreit“ erheblich zu leiden. Der mit Vermittlung der Garantiemächte des Westfäl. Friedens im „Laudum Heilbronnense“ am 7./17.2.1667 getroffene Vergleich blieb für das Hochstift Speyer unbefriedigend. – Die geographische Lage des Hochstifts und der Umstand, daß Frankreich in Philippsburg (bis 1623 Udenheim, seit dem späten 14. Jh. Residenz der Speyrer Bischöfe) aufgrund der Bestimmungen des Westfäl. Friedens das Besatzungsrecht ausübte, ließen ein enges Verhältnis zu Frankreich geradezu als Existenzproblem erscheinen. Ein von dem Speyer. Kanzler Quirinus Mertz und dem franz. Bevollmächtigten Gravel am 3.3.1663 ausgehandelter Vertrag hatte so auch nur vordergründig die Abstellung von Mißständen in Philippsburg zum Gegenstand; in seiner Substanz bedeutete er vielmehr eine – durch franz. Pensionszahlungen an Bischof und Kanzler bekräftigte – Bindung an die Politik Frankreichs.

    In diesem Zusammenhang ist auch die Mainzer Koadjutorfrage zu sehen. 1663 war L. hierfür franz. Protektion zugesichert worden. 1670 wurde das Projekt vom Mainzer Erzbischof Johann Philipp v. Schönborn aufgegriffen und mit massiver franz. Wahlhilfe (210 000 Livres), verbunden mit Garantien gegen Kurpfalz und die Reichsstadt Speyer, zum Erfolg geführt: Am 15.12.1670 wurde L. vom Mainzer Domkapitel einstimmig zum Koadjutor gewählt. Elf Tage nach dem Ableben Johann Philipps v. Schönborn ergriff er vom Erzstift in aller Form Besitz (23.2.1673). In Speyer ließ er sich von einem Statthalter vertreten, häufig von Damian Hartard v. Rollingen, dem späteren Bischof von Speyer (1711–19). – Es lag nahe, die seit 1663 bestehende Anlehnung des kleinen, nicht mehr als 3 500 Einwohner in 19 Dörfern zählenden Wormser Hochstifts an das benachbarte Mainz auch über den Tod Johann Philipps v. Schönborn hinaus zu gewährleisten. Die vom Mainzer Kurfürsten|schon seit 1670 favorisierte Wahl L.s zum Koadjutor in Worms kam am 16.4.1672 zustande. Genau zwei Jahre später wurde L. von Rom als Bischof von Worms bestätigt.

    Die wenigen Regierungsjahre, die L. als Herrn über drei Stifte blieben, standen im Zeichen der Konfrontation von Kaiser und Reich mit Ludwig XIV. Für L., dem der Primat der „territorialen Staatsräson“ (K. Müller) und damit die Sorge um den Erhalt seiner Stifte vorrangig erschien, blieb nur ein Lavieren zwischen Versailles und Wien. 1674 stimmte er der Reichshilfe für Pfalz und Trier zu und erlaubte Anfang 1675 sogar kaiserl. Werbungen; der Stellung eines Reichskontingents wußte er sich jedoch zu entziehen. Der Wiener Hof, der angesichts des Unvermögens, den rhein. Stiften verläßlichen Schutz zu gewähren, L.s hinhaltendes Taktieren tolerierte, sollte in dessen Nachfolger, Damian Hartard v. der Leyen, einen verläßlicheren Partner gewinnen.

  • Literatur

    F. Werner, Der Mainzer Dom u. s. Denkmäler, 3 Bde., 1830;
    F. X. Remling, UB z. Gesch. d. Bischöfe zu Speyer, 1852;
    ders., Gesch. d. Bischöfe zu Speyer, 1854;
    K. Kloe, Die Wahlkapitulationen d. Bischöfe zu Speyer, 1928;
    A. B. Gottron, Mainzer KG, 1950;
    M. Braubach, Pol. Hintergründe d. Mainzer Koadjutorwahl v. 1670, in: Rhein. Vj.bll. 15/16, 1951, S. 313-38, wieder in: Diplomatie u. Geistiges Leben im 17. u. 18. Jh., Ges. Abhh., 1969, S. 54-80;
    L. Stamer, KG d. Pfalz III, 1: Das Za. d. Reform (1556–1685), 1955;
    G. Sofsky, Die vfg.rechtl. Lage d. Hochstifts Worms in d. letzten zwei Jhh. seines Bestehens unter bes. Berücksichtigung d. Wahl s. Bischöfe, in: Der Wormsgau, Beih. 16, 1957;
    S.-M. Gfn. zu Dohna, Die ständ. Verhältnisse am Domkapitel v. Trier v. 16. b. z. 18. Jh., 1960;
    K. Müller, Wien u. Kurmainz 1673–80, Ein Btr. z. Gesch. d. kaiserl. Diplomatie im Reich, in: Rhein. Vj.bll. 32, 1968, S. 332-401;
    G. Mentz, Joh. Philipp v. Schönborn, Kf. v. Mainz, Bischof v. Würzburg u. Worms, 2 Bde., 1896/99;
    F. Jürgensmeier, Joh. Philipp v. Schönborn (1605–73) u. d. röm. Kurie, 1977;
    G. Christ, L. F. v. M., EB v. Mainz, Bischof v. Speyer u. Worms, 1985.

  • Porträts

    Stich v. Ph. Kilian n. Gem. v. P. Weer (Heidelberg, Kurpfälz. Mus.), Abb. b. Stamer, s. L.

  • Autor/in

    Günter Christ
  • Zitierweise

    Christ, Günter, "Lothar Friedrich von Metternich" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 225-227 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd115649735.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA