Lebensdaten
1634 – 1712
Geburtsort
Cochem/Mosel
Sterbeort
Waghäusel Kreis Bruchsal
Beruf/Funktion
Kapuziner ; religiöser Volksschriftsteller
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118731319 | OGND | VIAF: 15564599
Namensvarianten
  • Martin
  • Martin Cochemius
  • Martin Cochemensis
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Zitierweise

Martin von Cochem, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118731319.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus angesehener Bürgerfam.; Eltern unbek.;
    Schw Anna Maria ( Joh. Franz Gerhardi, Apotheker in C. u. Ehrenbreitstein);
    N (od. B ?) Joh. Jakob Linius ( 1745), Feldapotheker in österr. Diensten, Stadtwachtmeister in C.

  • Biographie

    Seit März 1653 Kapuziner in der Rhein. Provinz, begann M. 1656 Philosophie und Theologie zu studieren. 1659 wurde er Priester und bald nach Abschluß der Studien Lektor der Philosophie im Ordenstudium zu Mainz (1664). Im Pestjahr 1666 erschien sein später in der Mainzer Diözese vorgeschriebenes „Kinderlehr-Büchlein oder Auslegung deß cath. Catechismi“. M.s volkstümliche Darstellungsweise ließ den Verleger auf weitere Schriften drängen. 1668 wurde M. daraufhin des Lektorats entbunden. Neben der Seelsorgsarbeit in verschiedenen Klöstern seiner Provinz widmete er sich nun vor allem der religiös-aszetischen Schriftstellerei, aus der neben latein. Schriften für den Seelsorgsklerus eine Fülle von unmittelbar an das Volk gerichteten, z. T. sehr umfangreichen Belehrungs- und Erbauungsschriften, Gebets-, Gesang- und Andachtsbüchern hervorging. Sein erstes größeres Werk ist das 1677 erstmals erschienene „Leben Christi“, das bald in verschiedenen Fassungen und zahllosen Auflagen starke Verbreitung fand. Es beeinflußte nachhaltig die kath., indirekt auch die prot. Volksfrömmigkeit über viele aus ihm schöpfende Schriften und religiöse Volksschauspiele. 1682-85 wirkte er im Auftrage des Mainzer Kurfürsten Anselm Franz v. Ingelheim im Aschaffenburger Kommissariat, 1698-1700 im Auftrage des Trierer Kurfürsten Joh. Hugo v. Orsbeck im Erzbistum Trier als strenger, bisweilen übereifriger Visitator. Nachdem seine Heimatprovinz im Pfälz. Erbfolgekrieg durch die brandschatzenden franz. Truppen viele Klöster verloren hatte, hielt er sich 1689-96 in Klöstern anderer Ordensprovinzen (Günzburg, Passau, Linz, Prag) auf. In dieser Zeit entstanden die großen Historien-, Legenden- und Exempelwerke. In die rhein. Provinz zurückgekehrt, wandte er sich in ausgedehnten Studien dem Stoffkreis der hl. Messe zu, über|die er u. a. seine in zahllosen Auflagen bis heute immer wieder gedruckte und oft übersetzte Meßerklärung herausgab (Medulla Missae, 1700; Medulla Missae Germanica, das ist Teutsch Meßbuch über Honig süß, 1702). Die letzten Lebensjahre verbrachte er in den Klöstern zu Bernkastel, Aschaffenburg, Mainz und Waghäusel, unermüdlich in der Neubearbeitung früherer und der Abfassung neuer Schriften, vor allem des letzten größeren Werkes „Unerschätzliches Büchlein von Gott und von den göttlichen Fürtrefflichkeiten“ (1708).

    M.s Schriften wurden zu seinen Lebzeiten bewundert, aber auch wegen seiner „einfältigen“ Darstellungsweise abgelehnt, zur Zeit der Aufklärung scharf kritisiert, ja staatlicherseits unterdrückt; seit der Romantik erfuhren sie wachsende Schätzung und vor allem pastoraltheologische Würdigung. M. war kein typischer Exponent der rhein. Kapuzinerpredigt, aber ein bis in die Gegenwart wirksamer Lehrer kath. Volksfrömmigkeit. Aus zahllosen Vorlagen hat er unter Beseitigung der von ihm als ablenkend und unecht empfundenen barocken rhetorischen Ausdrucksformen das religiöse Gut früherer Zeiten anschaulich, übersichtlich, lebendig und zugleich theologisch korrekt dargestellt.

  • Werke

    Das vollständigste gedr. Verz. v. M.s Werken u. derer Aufll. u. Ausgg. b. J. Ch. Schulte (s. L), vollständigere, aber ungedr. Verzz. im Archiv d. Rhein.-Westfäl. Kapuzinerprov. zu Koblenz-Ehrenbreitstein (hier auch d. umfangreichste Slg. M.scher Werke), sowie in d. Bibliogr. Sektion d. Hist. Inst. d. Kapuzinerordens in Rom.

  • Literatur

    ADB 20;
    H. Stahl, P. M. v. C. u. d. „Leben Christi“, 1909 (L);
    J. Ch. Schulte. P. M. v. C., 1634–1712, s. Leben u. s. Schrr., 1910 (L);
    ders., P. M. v. C., e. Förderer d. Eucharist. Kultes, in: Franziskan. Stud. 1, 1914, S. 36-52 (L);
    ders., Die literar. Eigenart d. P. M. v. C., in: Collectanea Franciscana 1, 1931 S. 84-97;
    W. Kosch, P. M. v. C., d. Apostel Dtld.s im Za. d.gr. Kriege, 1915, ²1921;
    Anselm Schmitt, Die dt. Heiligenlegende v. M. v. C. bis Alban Stolz, 1932;
    K. Humpert, P. M. v. C. u. d. Kirchenlied, in: Musica Sacra, 1934, S. 255-57;
    Günther Müller, Gesch. d. dt. Seele, 1939, S. 174-76;
    B. v. Mehr, Das Predigtwesen in d. Köln. u. Rhein. Kapuzinerprov. im 17. u. 18. Jh., 1945;
    C. Richstaetter, Christusfrömmigkeit in ihrer hist. Entfaltung, 1949, S. 458-69;
    L. Singer, M. v. C., e. gr. Gestalt d. rhein. Barock, 1963;
    Dict. de théol. catholique X, S. 207-10;
    Lex. Capuccinum, 1951, Sp. 1063-65;
    RGG³;
    LThK².

  • Porträts

    Vgl. J. Ch. Schulte, 1910, s. L, S. 167 f.

  • Autor/in

    Bonaventura von Mehr , Cap OFM
  • Zitierweise

    Mehr OFM Cap, Bonaventura von, "Martin von Cochem" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 278-279 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118731319.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Martin: Pater M. von Cochem (Familienname Linius ?), berühmter geistlicher Volksschriftsteller. Wann und wo er geboren ist, scheint nicht festzustellen zu sein; nach Cochem nannte er sich vielleicht nur, weil er in diesem Moselstädtchen den größeren Theil seines Lebens zubrachte; doch spricht für Cochem als Geburtsort der Umstand, daß bei Hierotheus (s. u.) alle Patres nach ihrem Geburtsort genannt werden. Pauly nennt ohne Quelle Cochem als Geburtsort und 1630 als Geburtsjahr. Er war Lector im Kapuzinerorden, als die 1666 am Rhein und der Mosel grassirende Pest die Schließung der Schulen und damit eine Unterbrechung seiner Lehrthätigkeit herbeiführte. Die ihm aufgedrungene Vacanz benutzte M. zur Ausarbeitung eines „Katechismus“ (Köln 1666), der so gut, so klar und volksthümlich ausfiel, daß ihn der Buchdrucker Frisem zu Köln aufforderte, mit Verzicht auf sein Lehramt sich ganz der Schriftstellern hinzugeben. M. folgte dieser Aufforderung, insoferne er durch seinen ersten Erfolg ermuthigt, jetzt zur Abfassung einer großen Reihe von Gebet- und|Erbauungsbüchern schritt, deren Verzeichniß man bei Hierotheus, Provincia Rhenana Fratrum minorum Capucinorum (ed. alt. Heidelb. 1750), p. 120 ss. findet. Den höheren Klassen widmete er seine deutsche „Kirchenhistorie nach Baronius und Rainaldus“ (Dillingen 1693, 2 Foliobände); doch ging sein Hauptaugenmerk auf die Belehrung und Erbauung der Armen und Leidenden. Den Kranken widmete er sein Buch „Für Kranke“, den Soldaten sein „Gebetbuch für Soldaten“ (Augsburg 1698). Die „Meßerklärung, über Honig süß" (ebd. 1698) ist jetzt noch eine der besten und jedenfalls die populärste Behandlung des Gegenstandes, in welcher neben der Volksthümlichkeit der Schreibweise auch ein solides theologisches Wissen hervortritt. „Der „Liliengarten" (1699), der „Kern der heiligen Messe" (1699), das „Gebetbuch für die heiligen Zeiten" (1704), der „geistliche Baumgarten" (1709), das „Exempelbuch“ (1712) wurden alle mehrfach aufgelegt und sehr verbreitet. Am berühmtesten machte ihn aber sein „Leben Christi“ (zuerst 1689 Frankfurt und Augsburg 1708, 1710 und öfter), von dem W. Scherer (D. L.-G. 337) mit Recht sagen kann: „Hegte M. die Absicht den Stoff so zu gestalten, daß auch das stumpfste Herz des niedrigsten Sterblichen zu Gefühlen mitleidiger Frömmigkeit erregt wurde, so hat er diese Absicht vielleicht auf die denkbar vollkommenste Weise erreicht.“ Ein wahres Volksbuch wurde weiter sein „Auserlesenes History-Buch“ (Dillingen 1693), eine Sammlung biblischer und weltlicher Geschichten, welche hier mit großer Geschicklichkeit vorgetragen werden und von denen in besonderen Abdrücken drei, „Griseldis", „Genovefa" und „Hirlanda“, beide letztere aus der Erzählung eines französischen Jesuiten geschöpft, höchst populär wurden (Scherer a. a. O. S. 380). Als drittes Hauptwerk sind die „Legenden der Heiligen“ zu nennen (Augsb. 1705, 1715 u. ö.). M. ist aber nicht blos als religiöser Volksschriftsteller, als welcher er erst in unserer Zeit durch Alban Stolz wieder erreicht worden ist, hervorragend, sondern auch auf dem Gebiete des praktischen kirchlichen Lebens. Nach dieser Richtung hat er nicht nur als Prediger und Beichtvater, sondern namentlich als Visitator höchst erfolgreich gewirkt. Erzbischof Anselm Franz von Mainz und Erzbischof Johann Hugo von Trier verwandten ihn lange Jahre hindurch als solchen. In dieser Stellung eines erzbischöflichen Visitators hat M. einen großen, ja den größten Theil der beiden ausgedehnten Erzdiöcesen zu Fuß durchwandert und sowol durch Lehre als durch Beispiel segensreich für die Herstellung der Kirchenzucht und die Erhaltung echter Frömmigkeit gewirkt; die noch in der Stadtbibliothek zu Trier erhaltenen Visitationsprotokolle legen Zeugniß ab darüber, wie dieser einfache apostolische Mann seines Amtes waltete. Eine kräftige, auch den schwersten Strapazen und einer rücksichtslosen Aufopferung nicht erliegende Körperconstitution kam ihm dabei zu Gute. Ein Sturz, den er zu Waghäusel bei Bruchsal machte, scheint seine Kraft gebrochen zu haben; 80jährig verschied er daselbst am 10. September 1712: eine edle, große Seele, in der kein irdischer Gedanke gelebt, deren Reinheit durch nichts Weltliches getrübt war, an dem Alles echt und wahr gewesen — jene Unterschrift seines Namens ausgenommen, in der er sich in seiner Demuth gefiel: P. Martinus „unnützer Kapuziner“.

    • Literatur

      Vgl. Hierotheus a. a. O. — Trierische Kronik VII, 162 (1822). —
      Marx, Gesch. d. Erzstifts Trier IV, 393. —
      J. v. Görres in der Vorrede zu der Legende der h. Jungfrau und Märtyrin S. Katharina, 1837, S. 25 bis 36. — W. Scherer a. a. O. — Nik. Pauly, Stadt und Burg Cochem. Cochem 1883, S. 67 f.

  • Autor/in

    F. X. Kraus.
  • Zitierweise

    Kraus, Franz Xaver, "Martin von Cochem" in: Allgemeine Deutsche Biographie 20 (1884), S. 480-481 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118731319.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA