Lebensdaten
1863 – 1957
Geburtsort
Burghaslach (Mittelfranken)
Sterbeort
Los Angeles (USA)
Beruf/Funktion
Zweiradfabrikant ; Inhaber der Hercules-Werke in Nürnberg
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 137375212 | OGND | VIAF: 81574467
Namensvarianten
  • Marschütz, Carl
  • Marschütz, Carl
  • Marschütz, Karl
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Zitierweise

Marschütz, Carl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137375212.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Lehrer in B.;
    B Heinrich (* 1865), Kaufm., Ernst, Dipl.-Ing., beide Mitinhaber u. Direktoren d. Hercules-Werke in Nürnberg;
    Nürnberg 1898 Adele N. N. (1876–1931);
    2 S.

  • Biographie

    M. besuchte die Realschule in Fürth und ging dann in eine Eisenhandelslehre nach Neumarkt (Oberpfalz). Mit 19 Jahren erwarb er ein engl. Hochrad, das erste Fahrrad in Neumarkt. Nach eifriger Betätigung im Radsport gründeten 1884 sein Lehrherr Josef Goldschmidt, dessen Bruder Adolf und der Ansbacher Mechaniker Eduard Pirzer eine der ersten deutschen Fahrradfabriken, die späteren Express-Werke in Neumarkt, die im ersten Jahr ihres Bestehens 120 Hochräder bauten. M. leitete die Reparaturwerkstätte des Unternehmens in Nürnberg, wo er anschließend die Werksfiliale einer engl. Fahrradfabrik führte. 1886 gründete er in Nürnberg mit seinen Brüdern Heinrich und Ernst als Gesellschaftern die Firma Carl Marschütz & Co., baute 1888 eine Fabrik und fertigte dort Hoch- und Dreiräder, Tandems und auch schon Niederräder. 1894 bezog M. einen größeren Fabrikneubau; dazu baute er 1898 ein Velodrom, das bis zum 2. Weltkrieg Nürnbergs größter Saalbau war. 1896 wandelte er seine Firma in die „AG Nürnberger Velocipedfabrik Hercules vormals Carl Marschütz & Co.“ um.

    Als 1897 der Fahrradbau in eine Absatzkrise geriet, nahm M. die Herstellung von Isolierrohren und Verteilerdosen auf. In Zusammenarbeit mit der neuen Elektrobranche begann er 1898 den Bau von elektrischen Lastautomobilen und „Elektro-Chaisen“ für vier Personen mit 40 km/h Höchstgeschwindigkeit, die er zu 8500 Mark anbot. 1906 führte er bei seinen Lastwagen von 1½ bis 4 t Nutzlast Zweizylinder-Fafnir-Benzinmotoren zu 14 PS ein. Seit 1904 fertigte er auch Motorräder mit zugelieferten Motoren und Getrieben. M. begründete die bayer. Zweiradindustrie und war der erste Nutzfahrzeughersteller in Nürnberg.

    Nach dem 1. Weltkrieg nahm die Zahl der Motorradfabriken stark zu; 1923 zählte man 70 Firmen in Deutschland, davon besonders viele in Nordbayern. M. führte den Fahrradbau weiter, und als er 1926, von MAN und Faun überflügelt, den Nutzfahrzeugbau einstellte, baute er trotz der großen Konkurrenz sein Motorradprogramm zwischen 73 und 500 ccm Hubraum aus. Er leistete gute Konfektionsarbeit, wobei er Motoren und Getriebe aus England und der Schweiz, aber auch von deutschen Herstellern wie Sachs, Ilo, Kleemann (Horex), Bark und Hurth bezog. 1932-34 bot er auch einen Dreirad-Lieferwagen an. M., der 1931 in den Aufsichtsrat seines Unternehmens überwechselte, steuerte das Produktionsprogramm in Richtung Motorfahrräder (98 ccm) und Leichtmotorräder (124 ccm) mit Sachs-Motoren. Dieses Programm erwies sich 30 Jahre lang als tragfähig. Die Rassengesetze des NS-Staates zwangen M. 1938, mit seinen Brüdern in die USA auszuwandern. Die Hercules-Werke wurden 1941 von der Fürther Firma Carl Soldan übernommen und 1944 in eine GmbH umgewandelt. 1945 war das Nürnberger Werk zu 75% zerstört; was blieb, wurde teilweise demontiert. Doch schon in der Zeit der Währungsreform lag die 1948 von der Triumph-Werke AG übernommene Firma Hercules in der Fahrradproduktion der US-Zone wieder an vierter und im Motorradbau der Bizone an zweiter Stelle und arbeitete in den folgenden Jahren zunehmend für den Export. 1963 erwarb die Fichtel & Sachs AG das Unternehmen.

  • Werke

    DRP 107034 v. 1889 (Fahrrad).

  • Literatur

    H. Müller. Die Fahrradindustrie, in: Hdb. d. Wirtsch.kde Dtld.s III, 1904, S. 447 ff.;
    R. v. Paller, Die bayer. Fahrradindustrie, 1908;
    Braunbecks Sportlex., 1910 (P);
    O. E. Seyfert, Die dt. Fahrradindustrie, 1912;
    50 J. Nürnberger Herculeswerke AG 1886-1936, 1936;
    A. Groß, Nordbayerns Motorfahrzeugindustrie, in: ADAC-Nachrichtenbl. für Nordbayern 1, 1949, Nr. 1-5;
    Der Mechaniker, 1950, Nr. 1, S. 24 (P);
    Das Rad, 1953, Nr. 17, S. 13;
    Radmarkt, 1957, H. 10, S. 20 (P);
    ebd. 1966, H. 5, S. 24 f. (P);
    H. H. Würth, Das Leben d. C. M., 1980 (Ms. im Archiv d. Hercules GmbH);
    H. Glaser u. a., Industriekultur in Nürnberg, 1980, S. 180 ff.;
    100 J. Hercules, 1987 (P);
    Mitt. v. R. Handke u. R.-H. Baum, Nürnberg.

  • Autor/in

    Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß
  • Zitierweise

    Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, "Marschütz, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 258-259 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137375212.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA