Lebensdaten
1842 – 1912
Geburtsort
Karlsruhe
Sterbeort
Badenweiler
Beruf/Funktion
Diplomat
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118782096 | OGND | VIAF: 3266893
Namensvarianten
  • Marschall von Bieberstein, Adolf
  • Biberstein, Adolf M. von
  • Bieberstein, Adolf M. von
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Marschall von Bieberstein, Adolf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118782096.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V August (1804–88), auf Neuershausen, bad. WGR u. Oberhofrichter in Mannheim, S d. Carl Wilhelm (1764–1817), bad. Staatsmin., Gesandter, Bevollmächtigter auf d. Wiener Kongreß, u. d. Wilhelmine v. Reck;
    M Ida (1810–57, kath.), T d. bad. GR Franz Frhr. v. Falkenstein (1777–1852) u. d. Balbina Freiin v. Roggenbach (1785–1862);
    Groß-Ov Ernst (s. 1);
    - Karlsruhe 1887 Marie (1862–1949), T d. Wilhelm Frhr. v. Gemmingen, Oberstkammerherr, u. d. Marie Gfn. v. Graevenitz;
    S Wilhelm (1890-1935), Freikorps- u. SA-Führer (s. L).

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Gymnasiums in Frankfurt/Main und der Reifeprüfung in Karlsruhe (1861) studierte M. Jura in Heidelberg und Freiburg. 1871 wurde er Amtsrichter in Schwetzingen und noch im selben Jahr Staatsanwalt in Mosbach, 1879 Landgerichtsrat und 1882 Erster Staatsanwalt in Mannheim. 1875-83 war er Mitglied der I. Bad. Kammer, 1878-81 (mit Unterstützung des Zentrums) deutsch-konservativer Reichstagsabgeordneter. Als bad. Gesandter und Bundesratsbevollmächtigter 1883-90 in Berlin unterstützte M. nachdrücklich die sozialpolitischen Gesetze in den Kommissionsverhandlungen und im Reichstag. 1884 wurde er als Delegierter des Bundesrats dem neugegründeten Reichsversicherungsamt zugeteilt; den ihm angetragenen Posten eines Reichsschatzsekretärs lehnte er ab.

    Von Bismarck zunächst sehr geschätzt und gefördert, stand M. bei der Entlassungskrise doch in enger Verbindung mit dessen Gegnern (Boetticher, Ghzg. Friedrich I. u. a.). Nach der Entlassung des Kanzlers im März 1890 und dem gleichzeitigen Abgang Herbert v. Bismarcks wurde M., der keine Erfahrung in der auswärtigen Politik hatte (man nannte ihn „ministre étranger aux affaires“), zur allgemeinen Überraschung dessen Nachfolger als Staatssekretär des Auswärtigen Amts. Unter dem außenpolitisch ebenfalls unerfahrenen Caprivi bestimmten Diplomaten wie Holstein, Raschdau u. Kiderlen maßgeblich den „Neuen Kurs“ (Nichterneuerung des Rückversicherungsvertrags), der von Bismarck heftig bekämpft wurde. M., nach Abschluß des Helgoland-Sansibar-Vertrags Wirkl. Geh. Rat, unterstützte die Caprivischen Handelsverträge (mit Österreich-Ungarn, Italien und Belgien, mit Spanien, Serbien und Rumänien und schließlich mit Rußland). Dabei geriet er in zunehmenden Gegensatz zu den Konservativen, besonders zum „Bund der Landwirte“. Versteckte Presseangriffe parierte er mit einer „Flucht in die Öffentlichkeit“, doch konnte der Ausgang der aufsehenerregenden Prozesse (Leckert-Lützow und Tausch) die gewünschte Klärung nicht bringen. Die Teilnahme Deutschlands an der Intervention von Schimonoseki (23.4.1895), zusammen mit Rußland und Frankreich gegen Japan, fiel in seine Amtszeit, ebenfalls das Krüger-Telegramm. M. resignierte und wurde im Juli 1897 von Bülow abgelöst; noch im selben Jahr übernahm er den Botschafterposten an der Pforte.

    Hier entfaltete er eine Aktivität, die ihm bald in der Türkei eine führende Rolle sicherte. Im Gegensatz zu Bismarcks Konzeption, sich jeder aktiven Orientpolitik zu enthalten, trat M. für eine wirtschaftliche Stärkung dieses unterentwickelten Landes ein. Den Ausbau der anatolischen Bahnen zur Bagdadbahn förderte er tatkräftig (in Verbindung mit Georg von Siemens, dem Direktor der Deutschen Bank). Politische Schwierigkeiten mit Frankreich, England und Rußland verhinderten jahrelang den Weiterbau, und mit der jungtürk. Revolution 1908/09 schien M.s Werk gescheitert. Trotz seiner engen Beziehungen zum gestürzten Sultan Abdul Hamid gelangte er überraschend schnell auch bei der neuen Regierung zu maßgeblichem Einfluß, so daß der Bahnbau unter Mitwirkung von Karl Helfferich (Deutsche Bank) fortgesetzt werden konnte. Während der 2. Friedenskonferenz im Haag (15.7.-18.10.1907) fungierte M. als deutscher Bevollmächtigter und fand dabei allgemeine Anerkennung. Seine Ernennung zum Botschafter in London im Mai 1912 erregte international große Aufmerksamkeit. Tirpitz und der Marineattaché Widenmann setzten große Hoffnungen auf ihn, nachdem sein Amtsvorgänger Graf Metternich in Gegnerschaft zur deutschen Marinepolitik geraten und deshalb abgetreten war. Umsichtig und konzentriert stellte M. sich der neuen Aufgabe, verstarb jedoch bald darauf. Ob ihm eine entscheidende Wende in den deutsch-brit. Beziehungen gelungen wäre, mag, zumal nach der kurz zuvor gescheiterten Haldane-Mission, zweifelhaft erscheinen.

  • Werke

    Nachlaß: Schloß Neuershausen.

  • Literatur

    A. v. Brauer, in: BJ 17, 1915, S. 206-24;
    ders., Im Dienste Bismarcks, 1936;
    E. Lindow, Frhr. M. v. B. als Botschafter in Konstantinopel 1897-1912, 1934;
    E. Schütte, Frhr. v. M., e. Btr. z. Charakterisierung s. Pol., 1936;
    R. v. Kühlmann, Die Diplomaten, 1939;
    ders., Erinnerungen, 1948;
    L. Raschdau, Unter Bismarck u. Caprivi, 1939;
    Gf. C. v. Wedel, Zw. Kaiser u. Kanzler, Aufzeichnungen aus d. J. 1890–94, hrsg. v. Gf. E. v. Wedel, 1943;
    W. Widenmann, Mil.attaché an d. kaiserl.-dt. Botschaft in London 1907–12, 1952;
    Das Tagebuch d. Baronin Spitzemberg, hrsg. v. R. Vierhaus, 1960;
    D. Fricke, Die Affaire Leckert-Lützow-Tausch u. d. Regierungskrise v. 1897 in Dtld., Zs. f. Gesch.wiss. 8, 1960, S. 1579-1603;
    D. B. King, M. v. B. and the New Course, 1890–97, 1962;
    H. K. Reichert, Baden am Bundesrat 1871 bis 1890, 1966;
    J. C. G. Röhl, Germany without Bismarck, 1967;
    Ghzg. Friedrich I. v. Baden u. d. Reichspol. 1871-1907, hrsg. v. W. P. Fuchs, Bde. 2-4, 1975/80;
    Botschafter Paul Gf. v. Hatzfeld, Nachgelassene Papiere 1838-1901, hrsg. v. G. Ebel, 2. T., 1976. – Zu Wilhelm:
    G. v. Pölnitz, Emir, Das tapfere Leben d. Frhr. M. v. B., 1938 (P).

  • Porträts

    Gem. v. F. Mackensen, 1904 (Schloß Neuershausen).

  • Autor/in

    Ekkhard Verchau
  • Zitierweise

    Verchau, Ekkhard, "Marschall von Bieberstein, Adolf" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 256-257 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118782096.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA