Lebensdaten
erwähnt 1392, gestorben nach 1418
Beruf/Funktion
Oberst-Kammergraf der Stephanskrone
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 137320728 | OGND | VIAF: 81527559
Namensvarianten
  • Marcus
  • Marcus von Nürnberg
  • Marcus
  • mehr

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Marcus von Nürnberg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137320728.html [28.04.2024].

CC0

  • Biographie

    M. entstammte der wirtschaftlichen und politischen Führungsschicht Nürnbergs; seine Familienzugehörigkeit ließ sich jedoch noch nicht ermitteln. 1392 wird er in Krakau erstmals urkundlich erwähnt. Seither stand er in engster Verbindung mit großen Nürnberger Handelshäusern (Stromeir, Flextorfer & Zenner, Kamerer & Seiler), die im Montanwesen, Fernhandel und Geldgeschäft marktbeherrschende Stellungen in Ostmitteleuropa anstrebten. Beim Kampf um die ungar. Königskrone erscheint M. 1395 als Comes Camerae in Diensten des Luxemburgers Sigmund, womit er den Florentiner Jacobus Venturi von der älteren Medici-Firma ablöste, der dieses Amt unter der Kgn. Maria innegehabt hatte. Als Kammergraf leitete M. fortan die ungar. Berg- und Münzkammern, d. h. die Prägestätten in den Gold- und Silberbergbaustädten Kremnitz, Schemnitz, Kaschau, Frauenseifen und Offenburg-Hermannstadt. 1399-1405 unterstanden ihm sogar als Oberst-Kammergraf sämtliche Münzprägestätten der Stephanskrone. Die unter ihm geprägten Goldgulden sind mit seiner Initiale „M“ gezeichnet.

    Als Berater Sigmunds war M. 1402 entscheidend an der Ersetzung des Binnenzollsystems durch einen Grenzzoll mit einheitlichem Tarif, den „Dreißigst“, beteiligt, und 1409 übernahm er als Führer eines deutschungar. Konsortiums selbst die Generalpacht der Zolleinkünfte. Zugleich mit der Vereinheitlichung aller Maße, Gewichte und Münzen 1405 verschaffte M. der von ihm geleiteten Kammerverwaltung eine Monopolstellung beim Geldwechsel und beim Ex- und Import von Bunt- und Edelmetallen. 1405/06 erreichte er durch einen Wirtschaftskrieg Ungarns gegen Polen mit Boykott- und Embargomaßnahmen freien Export des Ungarnkupfers über die Weichsel durch Polen und erlangte zugleich die Kontrolle über die poln. Bleivorkommen, die vorher deutsche Kaufleute in Krakau ausgeübt hatten. 1409 gehörte er zu den Vermittlern des Bündnisses zwischen Ungarn und dem Deutschen Orden gegen Polen.

    Gemeinsam mit einem anderen Nürnberger, Ulrich Kamerer (gen. 1385-1438), der ebenfalls als Kammergraf in Sigmunds Diensten stand, führte M. 1407-11 in Ungarn die Produktion von Baumwoll-Barchent ein und baute Kaschau als ihr Zentrum auf. Die benötigte Baumwolle wurde unter Umgehung des venezian. Handels von den mit M. liierten oberdeutschen Firmen über die Donau und das Schwarze Meer importiert. Der Wirtschaftskrieg, den Sigmund, inzwischen auch deutscher (römischer) König, 1412-14 und wieder seit 1418 mit einer „Kontinentalsperre“, d. h. Sperrung aller wichtigeren Häfen, Meerengen und Grenzpässe der großen Handelsrouten, gegen Venedig führte, scheint weitgehend von M. inspiriert gewesen zu sein. 1414 begleitete dieser Sigmund zur Krönung nach Aachen. Durch Erhöhung des Goldeinlösungspreises steigerte er 1415 den Anreiz für die bergbauliche Gewinnung und die Ablieferung des Goldes bei der Kremnitzer Berg- und Münzkammer. Letztmals tritt M. 1418 auf dem Konstanzer Reichstag in Erscheinung, wo Pläne einer Reichsreform beraten wurden. Vermutlich hatte er auf diese Einfluß, wofür Übereinstimmungen im wesentlichen Konzept mit der Reform der ungar. Verfassung von 1405 sprechen, als deren „Inventor“ ihn der Kron-Würdenträger Simon von Rozgon benannte. Dort kam es – wenn auch nur vorübergehend – zu einer Zentralisierung der Wirtschaftsverwaltung, und hier wie dort wollte Kg. Sigmund seine Macht gegen die Opposition der Magnaten bzw. Territorialfürsten auf eine Stärkung des kleinen Adels und der Königs- und Reichsstädte und auf ein Bündnis mit ihnen stützen.

  • Literatur

    E. Malyusz, Die Zentralisationsbestrebungen Kg. Sigismunds in Ungarn, in: Studia Historica Academiae Scientiarum Hungaricae 50, 1960;
    W. v. Stromer, Oberdt. Hochfinanz 1350-1450, 1970 (auch zu U. Kamerer);
    ders., Die ausländ. Kammergrafen d. Stephanskrone, Exponenten d. Großkapitals, in: Hamburger Btrr. z. Numismatik 27, 1975;
    ders., in: Ch. v. Imhof (Hrsg.), Berühmte Nürnberger, 1984;
    ders., Kaiser Sigismunds Kontinentalsperre gegen Venedig 1412–33, in: Trasporti e sviluppo economico nei secoli XIII-XVIII, hrsg. v. A. Vannini-Marx, 1986 (erweiterte Fassung in: F. Seibt, Hrsg., Btrr. z. Herrschaft Kaiser Sigismunds u. d. europ. Gesch. um 1400, 1990).

  • Autor/in

    Wolfgang von Stromer
  • Zitierweise

    Stromer, Wolfgang von, "Marcus von Nürnberg" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 132-133 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137320728.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA