Lebensdaten
1847 – 1934
Geburtsort
Posen
Sterbeort
Neudeck (Regierungsbezirk Marienwerder)
Beruf/Funktion
Reichspräsident ; Generalfeldmarschall
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118551264 | OGND | VIAF: 95188926
Namensvarianten
  • Beneckendorff und von Hindenburg, Paul von (eigentlich)
  • Hindenburg, Paul von
  • Beneckendorff und von Hindenburg, Paul von (eigentlich)
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Zitierweise

Hindenburg, Paul von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118551264.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Robert (1816–1902), preuß. Major, S d. Otto Ludw. (1778–1855), auf Neudeck usw., 1816-32 preuß. Landschaftsdir., u. d. Eleonore v. Brederlow;
    M Luise (1825–93), T d. Karl Ludw. Schwickart (1780-1849), Dr. med., preuß. Gen.-Arzt (S e. Kanzleidieners in Potsdam), u. d. Gen.-Chirurgen-T Julie Mönnich;
    B Bernhard (1859–1932), Schriftsteller, Dramatiker (s. Kosch, Lit.-Lex.);
    - Stettin 1879 Gertrud (1860–1921), T d. Oskar v. Sperling (1814–72), preuß. Gen.-Major (s. Priesdorff VIII, S. 33-36, P), u. d. Pauline v. Klaß; Schwager Kurt v. Sperling (1850–1914), preuß. Gen. d. Inf.;
    1 S, 2 T, u. a. Oskar (1883–1960), Gen.-Lt. Seine Stellung als militär. Adjutant bei H. benutzte er weniger, um e. eigene Machtposition zu schaffen, als vielmehr, um v. hier aus um d. Stellung H.s u. s. Fam. „im Kreise der Standesgenossen“ (Dorpalen) besorgt sein zu können. Diese Sorge nahm in d. Ära Brüning zunehmend pol. Charakter an u. machte ihn damit prakt. zu e. „unverantwortl.“ Ratgeber H.s, wobei er e. Zeitlang sogar mit d. takt. Absichten d. Gen. v. Schleicher übereinstimmte. Mit d. Tode H.s endete auch d. Karriere des Sohnes;
    N Herbert (1872–1956), Gesandter, Schriftsteller, Helene v. Nostitz geb. v. Hindenburg (1878–1944), Schriftstellerin (s. Kosch, Lit.-Lex.); N d. Ehefrau GFM Erich v. Manstein (* 1887).

  • Biographie

    Nach kurzem Besuch des Gymnasiums in Glogau besuchte H. 1859-66 die Kadettenanstalten in Wahlstatt (Kreis Liegnitz) und Berlin. Die Teilnahme am Feldzug in Böhmen 1866, besonders an der Schlacht von Königgrätz, als Seconde-Leutnant im 3. Garde-Regiment zu Fuß blieb für H. zeitlebens das große Erlebnis eigener Bewährung und preußischen Waffenruhms. Den Krieg 1870/71 machte er als Regiments-Adjutant mit. Anschließend begann eine erfolgreiche Karriere im Wechsel von Truppen- und Generalstabsdienst: 1873-76 Kriegsakademie mit vorzüglichem Abgangszeugnis, 1877 Großer Generalstab mit (1878) Versetzung zum II. Armeekorps in Stettin, 1881 1. Generalstabsoffizier der 1. Division in Königsberg, 1884/85 Kompaniechef im Infanterie-Regiment 58 in Fraustadt (Posen), 1885 Großer Generalstab und Ia des III. Armeekorps in Berlin, dort auch Lehrer an der Kriegsakademie, Beginn enger Anlehnung an Schlieffen und dessen Lehre, 1889 Kriegsministerium, 1893 Kommandeur (Oberst) des Infanterie-Regiment 91 in Oldenburg, 1896 Chef des Stabes des VIII. Armeekorps in Koblenz, 1900 Kommandeur der 28. Division in Karlsruhe, 1903 Kommandierender General des IV. Armeekorps in Magdeburg. Als solcher erhielt er 64jährig 1911 den Abschied. Theoretisch und praktisch hatte er sich als militärischer Führer bewährt. Der Dienst hatte ihn geprägt. Ohne politischen Ehrgeiz und besonderes politisches Interesse, hatte er sich in einer sehr erfolgreichen, wenn auch nicht ungewöhnlichen militärischen Laufbahn bewährt, geradlinig und unkompliziert, in betont königstreu konservativer Tradition sich begreifend.

    Bei Kriegsausbruch war für den in Hannover im Ruhestand lebenden H. zunächst keine Verwendung vorgesehen. Als am 21.8.1914 Ludendorff zum Chef des Stabes der 8. Armee in Ostpreußen ernannt wurde, um dort die gefährliche Lage zu meistern, wurde H. Oberbefehlshaber der 8. Armee, weil ihm im Gegensatz zu seinem Vorgänger die überlegene Ruhe des Gewährenlassens gegenüber dem eigenwilligen, energisch kraftvollen neuen Chef zugetraut wurde. Diese Erwartung erwies sich als zutreffend. Ludendorff blieb im Kriege stets der erste Mitarbeiter H.s, überragte ihn aber in der Führungskunst an Entschlußkraft und Arbeitsleistung. Er prägte H. seinen Willen sowohl militärisch wie politisch auf, ohne daß H. dies als Fremdbestimmung empfunden hätte; denn militärisch kamen beide erfahrenen Generalstäbler aus Schlieffens Schule und fanden sich auch politisch in gleicher Gesinnung zusammen. Die beiderseitige Entfremdung und die von Ludendorff betriebene Herabsetzung H.s begannen erst nach dem Kriege. In der Schlacht von Tannenberg, deren Namensgebung in Anknüpfung an 1410 auf H.s Vorschlag beim Kaiser zurückgeht, bewährte sich die gemeinsame Führung von Chef und Oberbefehlshaber zum ersten Mal. Schlieffens „Cannae“ war verwirklicht worden. H. wurde nicht nur zum „Retter Ostpreußens“, sondern zum populären Symbol des deutschen Siegeswillens. Der H.-Mythos begann sogleich nach Tannenberg, steigerte sich während des Krieges und überdauerte die Niederlage in den „vaterländisch“ gesinnten Massen.

    Mitte September 1914 übernahmen H. und Ludendorff als Oberbefehlshaber und Chef die in Kongreßpolen operierende 9. Armee, am 1.11.1914 den Oberbefehl über alle deutschen Truppen der Ostfront („Oberbefehlshaber Ost“). Von dieser Stellung aus versuchten sie vergeblich, Wilhelm II. und den Chef des Generalstabs von Falkenhayn dazu zu bewegen, die Ostfront so zu verstärken, daß die schnelle Kriegsentscheidung im Osten erzwungen werden konnte. Der Konflikt zwischen der Obersten Heeresleitung (OHL) und „Ober-Ost“ hielt an, bis nach dem Scheitern der Verdun-Offensive sowie dem Kriegseintritt Rumäniens Falkenhayn entlassen wurde und H. am 29.8.1916 sein Nachfolger – mit Ludendorff als voll mitverantwortlichem „Erstem Generalquartiermeister“ – wurde. Die neue OHL geriet, je stärker der Krieg nicht nur militärisch geführt werden mußte, sondern schwere kriegswirtschaftliche, außen- und innenpolitische Entscheidungsfragen aufwarf, zunehmend in die politischen Auseinandersetzungen hinein und gewann angesichts der Führungsschwäche des Kaisers und seiner Reichskanzler 1917/18 eine Schlüsselstellung. H. handelte auch dabei stets im Einvernehmen mit dem die Entscheidungen maßgeblich bestimmenden Ludendorff, so besonders in der Polenfrage, im Durchsetzen des unbeschränkten U-Bootkrieges und im Drängen auf die Entlassung des Reichskanzlers von Bethmann Hollweg. Die dem „Vaterländischen Hilfsdienstgesetz“ von 1916 zugrundeliegenden Vorbereitungen deckte H. mit seinem Namen („H.-Programm“).

    In den letzten Kriegsmonaten sah sich H. der bisher ungewohnten Belastung ausgesetzt, selbst und unabhängig von Ludendorff Entscheidungen fällen zu müssen. So suchte er im Juli 1918 vorübergehend eine von Ludendorff scharf abweichende Strategie durchzusetzen (Gegenoffensive statt hinhaltender Verteidigung), die freilich durch die Ereignisse schnell überholt wurde. Nach Aussöhnung mit Ludendorff kam es Ende Oktober zur Entfremdung zwischen beiden, als Ludendorff entlassen wurde und H. sein Entlassungsgesuch auf Drängen des Kaisers und des Kriegskabinetts zurückzog. H. begab sich durch sein Bleiben de facto, wenn auch gegen seine eigentliche Absicht und Überzeugung auf den durch die 3. Wilson-Note vom 23. Oktober vorgezeichneten Weg, der zur Abdankung des Kaisers und zur bedingungslosen Annahme des Waffenstillstandsvertrags führte. Am 9.11.1918 riet H. zum Übertritt Wilhelms II. nach Holland, woraus unerquickliche Kontroversen, eine Vertrauenskrise zwischen dem ehemaligen Kaiser und H. sowie ein lebenslanges Trauma H.s folgten.

    Im November 1918 hat H., nunmehr beraten und bestimmt durch Ludendorffs Nachfolger General Groener, nolens volens entscheidend dazu beigetragen, daß der Übergang von der Monarchie zur Republik unter den Bedingungen der Niederlage, materieller Not und Revolutionsgefahr verhältnismäßig reibungslos gelang. Denn H. blieb in seinem Amt, geachtet vom größten Teil des Volkes und der Front, und wurde von Ebert und der SPD-Mehrheit für unentbehrlich gehalten. H. drängte am 10. November auf schnelle Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrags, stellte sich der neuen Regierung zur Verfügung, um das Frontheer geordnet zurückzuführen und, mit Hilfe der Arbeiter- und Soldatenräte, Ruhe und Ordnung aufrechterhalten zu helfen.

    H. betrachtete sich als zum Ausharren in der Verantwortung verpflichtet und ging, bei geschickter Vermittlung des demokratisch gesinnten Generals Groener, bewußt ein Bündnis mit der provisorischen Regierung des Rats der Volksbeauftragten ein, da ihn mit Ebert und Noske die Überzeugung verband, daß Ruhe und Ordnung gegen die weitertreibende Revolution von links unter allen Umständen bewahrt werden sollten. Auf Grund der Schlüsselstellung, die H. und Groener besaßen, gelang es ihnen schnell, die Kommandogewalt im Heer wieder zu festigen und Freiwilligenverbände aufzustellen, die – zuerst im Januar 1919 in Berlin – mit Erfolg gegen linksrevolutionäre Aufständische eingesetzt wurden. Nach Annahme des Friedensvertrags von Versailles durch den Reichstag und die (umgebildete) Reichsregierung nahm H. den Abschied, nachdem Groener vorher mit seinem Einverständnis Ebert gegenüber die Annahme des Friedensvertrags als unausweichlich bezeichnet hatte.

    H. zog sich in Hannover in den Ruhestand zurück, ohne die Absicht zu haben, sich öffentlich politisch zu betätigen. Aufsehen erregte sein Auftreten vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß der Nationalversammlung am 18.11.1919 (gemeinsam mit Ludendorff), wo er eine Erklärung im Sinne der damals aufkommenden Dolchstoß-Legende abgab.

    Im April 1925 stellte er sich – selbst parteilos – nach einigem Widerstreben zum 2. Wahlgang der Reichspräsidentenwahl als überparteilicher Kandidat der Rechtsparteien einschließlich der Bayerischen Volkspartei zur Verfügung. Er wurde mit der relativen Mehrheit von gut 48% vor Marx (Zentrum) mit 45% und Thälmann (KPD) mit 6% gewählt. Die Wahl wurde entweder als Anzeichen angesehen, daß die restaurativen Kräfte einen für die Zukunft verhängnisvollen Sieg über die Republik errungen hätten, oder sie wurde mit der Hoffnung verbunden, daß die Tradition des Kaiserreichs Aussicht habe, hinfort sich der Republik im Geiste einer „konservativen Demokratie“ anzuverwandeln. In der Tat lagen beide Möglichkeiten in diesem Ereignis beschlossen. Bis 1929 schien die Entwicklung in der zweiten Richtung zu gehen. H. bemühte sich, seiner „Osterbotschaft“ vor der Wahl gemäß, über den Parteien zu stehen sowie trotz seiner inneren Bindung an die Monarchie, getreu seinem Eide, ein loyaler und gerechter Präsident der Republik zu sein. Er befremdete daher viele seiner alten Freunde oder Kameraden von rechts und zerstreute manche Befürchtungen von links. Doch wirkten H.s Enttäuschung über die Labilität der kurzlebigen Kabinette seit 1925 und sein traditionelles Mißtrauen gegen politische Parteien und Parlamentarismus darauf hin, schon in der Regierungskrise um die Jahreswende 1926/27 dem Gedanken eines parlamentarisch unabhängigen Beamtenkabinetts näherzutreten oder Oberst von Schleichers Vorschlag eines Minderheitskampfkabinetts mit dem Notstandsartikel 48 im Hintergrund zu erwägen. Wurden derartige Absichten damals noch zurückgestellt, so traten sie im Frühjahr 1930 in ihr akutes Stadium.

    Als gegen Ende des Jahres 1929 die vielberufene „Krise des Parlamentarismus“ und die Entscheidungsschwäche der Regierung gegenüber den drängenden wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen angesichts der beginnenden Wirtschaftskrise und zunehmender rechtsradikaler Aktivität noch stärker als zuvor ins öffentliche Bewußtsein traten, hielt H., bestärkt durch Schleicher und andere Ratgeber, den Zeitpunkt für gekommen, seine Präsidialgewalt für einen richtungweisenden Kurswechsel einzusetzen. Ein „H.-Kabinett“ sollte gebildet und notfalls auch unabhängig von der Parteienmehrheit gehalten werden. Auf jeden Fall sollte von nun an ohne die SPD regiert werden. H. wünschte eine Abkehr vom fragwürdig gewordenen reinen Parlamentarismus, das heißt eine dauerhafte Schwenkung nach rechts, wobei er außer dem allgemeinen „vaterländischen“ Wohl speziell auch eine verstärkte Hilfe für die in der Krise besonders gefährdete ostdeutsche (Groß)-Landwirtschaft im Auge hatte. Wenn auch offensichtlich die Initiative zum „H.-Kabinett“ stärker von Schleicher als von dem auch hier nicht selbst treibenden H. ausgegangen ist, so hat der Reichspräsident doch die Berufung Brünings zum Reichskanzler (30.3.1930) als Beginn für den erwünschten Kurswechsel angesehen. Daraus folgte, daß H. „seinen“ Kanzler im Juli 1930 mit Hilfe des Artikel 48 der Verfassung und der Reichstagsauflösung gegen die widerstrebende Reichstagsmehrheit deckte, daß er aber zwischen dem Herbst 1930 und dem Frühjahr 1932 in dem Maße sich Brüning entfremdete, als dieser de facto trotz seiner unpopulären Wirtschaftspolitik immer mehr ein Kanzler der Mitte und der Linken und immer weniger der sich von ihm zunehmend abwendenden Rechten wurde. Auch hier war Schleicher neben andern Einflüssen von rechts politisch entscheidend, schon in der zweiten Hälfte des Jahres 1931, besonders aber im Frühjahr 1932,|als es um die Frage der Amtsverlängerung oder der Wiederwahl H.s ging. Der Reichspräsident lehnte damals Brünings Plan ab, daß er als Reichsverweser bis zur Einsetzung eines Monarchen weiter im Amt bleiben sollte, da für ihn eine monarchische Restauration nur mit Wilhelm II. als Kaiser in Betracht kommen konnte. Die Wiederwahl wurde unvermeidlich, weil eine verfassungsändernde Mehrheit im Reichstag für eine Amtsverlängerung ohne Wahl nicht erreichbar war. Widerwillig fügte sich H. der Tatsache, daß nur er noch für populär genug gehalten werden konnte, gegen Hitler den Wahlsieg davonzutragen. Daß er, verglichen mit 1925, gleichsam mit verkehrter Front, das heißt von links und der Mitte gegen rechts gewählt wurde, hat H. kaum verwinden können. Nachdem er im 2. Wahlgang mit der absoluten Mehrheit von 53% vor Hitler mit 37% und Thälmann mit 10% gewählt worden war, ließ er seinem Unmut über Brüning freien Lauf. Den letzten Anstoß gab der Entwurf eines Siedlungsgesetzes, in dem die Aufsiedlung nicht entschuldungsfähiger Güter vorgesehen war. H. gab dem daraufhin einsetzenden Druck des Reichslandbundes und der Deutschnationalen Volkspartei bereitwillig nach und entließ Brüning, den er ohnehin fallen lassen wollte, am 30.5.1932.

    Zu dem von Schleicher vorgeschlagenen Nachfolger Franz von Papen und dessen konservativem Kabinett gewann H. alsbald Sympathie und Vertrauen. Die Grenze dieser engen Beziehung war jedoch durch H.s Treue zur Verfassung gesetzt. Der Reichspräsident lehnte Ende November 1932 eine befristete Diktatur Papens als Ausweg aus der staatspolitischen Krise ab, da die Verfassung einer Suspension des Reichstags widersprach, mochte diese auch nur für ein halbes Jahr vorgesehen sein. H. trennte sich ungern von Papen, hielt es aber für seine Pflicht, Schleicher als Kanzler einen verfassungsgerechten Ausweg aus der Krise finden zu lassen. Als Schleicher damit im Januar 1933 gescheitert oder vorerst stecken geblieben war und nun seinerseits die Diktatur mit suspendiertem Reichstag für ein halbes Jahr forderte, lehnte H. wiederum ab und ließ sich unter dem Druck persönlicher Einflüsse widerstrebend dazu bringen, Hitler als Reichskanzler eines konservativ-nationalsozialistischen Koalitionskabinetts verfassungsgemäß zu berufen (30.1.1933).

    In den folgenden 1½ Jahren war H. dem Vorgehen Hitlers aus Mangel an Urteilskraft und Information mehr oder weniger hilflos ausgeliefert. Seine Zustimmung zur nationalen „Erneuerung“ Deutschlands in der Anknüpfung an eine alte geliebte Tradition (Tag von Potsdam, 21.3.1933) wurde durch schwere Sorgen über die nationalsozialistische „Revolution“ überdeckt. Mit Hilfe des Vizekanzlers von Papen suchte H., die von Hitler zunehmend zurückgedrängten konservativen Kräfte wirksam zu erhalten. So lehnte er Anfang 1934 die Ernennung des „zu jugendlichen“ Generals von Reichenau zum Chef der Heeresleitung ab und setzte gegen Hitler und Blomberg die Ernennung des Generals Freiherr von Fritsch durch. In den letzten Lebensmonaten ist H. teils infolge Nachlassens seiner Kraft, teils infolge der von Hitler bewerkstelligten Isolierung schon mehr und mehr ausgeschaltet gewesen. Mit seinem Tode erlosch das Amt des Reichspräsidenten, das auf Grund eines schon vorher verabschiedeten Gesetzes mit dem des Reichskanzlers vereinigt wurde. Der längst erhoffte Tod H.s gab Hitler den Weg noch unbehinderter als zuvor frei.

    H.s Bedeutung ist in und nach dem 1. Weltkrieg von einem großen Teil der deutschen Nation überschätzt worden. In der Staats- und Wirtschaftskrise 1930-33 verlor sein Mythos im Kreuzfeuer zwischen „Republik“ und „nationaler Revolution“ an Ausstrahlungskraft. H. war 1916-18 sowie 1925-33 überfordert, als er aus dem militärischen Bereich herauszutreten und eine politische Führungsrolle zu spielen genötigt war. Sein Ausharren im Dienst, inmitten einer weithin fremden, ja zum Teil von ihm mißachteten Umwelt, hat zum Scheitern der demokratischen Republik beigetragen; H.s bei aller Verfassungsloyalität gleichwohl stets lebendiges Wunschziel einer monarchischen Restauration wurde dabei nie aktualisiert. So ist der vor 1914 glänzend aufgestiegene Generalstabsoffizier und der im Kriege gefeierte Feldherr als Greis in eine für ihn ausweglose Tragik verstrickt gewesen.

  • Werke

    Aus m. Leben, 1920 (P);
    Briefe, Reden, Berr., hrsg. u. eingel. v. F. Endres, 1934;
    W. Hubatsch, H. u. d. Staat, Aus d. Papieren d. GFM u. Reichspräs. v. 1878-1934, 1966.

  • Literatur

    H.-Bibliogr., Verz. d. Bücher u. Zss.aufsätze v. u. üb. d. Reichspräs. GFM v. H., bearb. v. d. Dt. Bücherei, 1938;
    W. Elze, Tannenberg, Das dt. Heer v. 1914, 1928;
    E. Marcks u. E. Eisenhart-Rothe, P. v. H. als Mensch, Staatsmann, Feldherr, 1932;
    W. Foerster, H. als Feldherr, 1934;
    W. Görlitz, H., Ein Lb., 1953 (P);
    F. J. Lucas, H. als Reichspräs., 1959;
    Th. Eschenburg, Die Rolle d. Persönlichkeit in d. Krise d. Weimarer Republik, H., Brüning, Groener, Schleicher, in: Vj.hh. f. Zeitgesch. 9, 1961, S. 1-29;
    E. Ludwig, H., Legende u. Wirklichkeit, 1962;
    E. Marcks, H., FM u. Reichspräs., hrsg. v. W. Hubatsch,|1963;
    A. Dorpalen, H. and the Weimar Republic, 1964 (P);
    - Ahnentafeln berühmter Deutscher, NF, 1935.

  • Porträts

    Gem. v. H. Vogel, 1916, Abb. in: Die Gr. Deutschen im Bild, 1937;
    Bronzerelief v. H. J. Pagels, Abb. ebd.;
    Bronzebüste, 1926, Abb. ebd.

  • Autor/in

    Werner Conze
  • Zitierweise

    Conze, Werner, "Hindenburg, Paul von" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 178-182 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118551264.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA