Lebensdaten
1890 – 1950
Geburtsort
Kassel
Sterbeort
Gütersloh
Beruf/Funktion
Gründer des Jungdeutschen Ordens ; politischer Schriftsteller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118781278 | OGND | VIAF: 69725502
Namensvarianten
  • Mahraun, Arthur
  • Meister, Heinrich (Pseudonym)
  • Kärrner, Dietrich (Pseudonym)
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Zitierweise

Mahraun, Artur, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118781278.html [28.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hans (1853–1944), Geh. Reg.rat b. d. landwirtsch. Verwaltung in K., S d. Robert (1802–54), Rechtsanwalt in Königsberg, u. d. Wilhelmine v. Jagemann;
    M Elisabeth (1858–1940), T d. Oberst Rudolph Wohlgemuth (1810–93) u. d. Charlotte Zeihe;
    Jena 1916 Charlotte (1893–1977), T d. Geh. Reg.rats Benno Ullrich in Merseburg u. d. Margarete Conti;
    3 T.

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Gymnasiums trat M. 1908 als Fahnenjunker in das Infanterie-Regiment Nr. 83 ein (1910 Leutnant). Aus dem Kriege 1914-18 als Träger hoher Auszeichnungen heimgekehrt, wurde er in die Reichswehr übernommen, aus der er 1920 als Hauptmann ausschied. Aus einem Anfang 1919 von ihm aufgestellten Freiwilligen-Verband, der „Offiziers-Kompagnie Cassel“, entstand im März 1920 der „Jungdeutsche Orden“. Als nationalistischer Wehrverband war dieser anfänglich der politischen Rechten zuzurechnen, von der sich M. indessen nach wenigen Jahren absetzte. So hat er schon 1925 die Verständigung mit Frankreich, dann ein franz.-deutsches Bündnis gefordert; der geheimen Zusammenarbeit der Reichswehrführung mit Sowjetrußlands Roler Armee hat er sich widersetzt. In der Innenpolitik auf Ausgleich, zumal Überwindung der Klassengegensätze bedacht, wandte er sich gegen den Flaggenstreit, der die Konfrontation eines schwarz-weiß-roten und eines schwarzrot-goldenen Lagers bedeutete. Entschiedener Kritiker des Parteienwesens, legte er 1927 im „Jungdeutschen Manifest“ den Entwurf eines „Volksstaates“ („Der Staat sind wir“) vor, in dem die Willensbildung in einen pyramidenförmigen Aufbau verlegt ist, der von der Basis der Nachbarschaft über Zwischenstufen zur somit indirekt gewählten Staatsspitze emporführt.

    Ohne dieses später modifizierte Fernziel aufzugeben, beteiligte sich M. angesichts der bedrohlich anwachsenden Radikalismen 1930 an der Gründung der Deutschen Staatspartei, die er als Instrument zur Durchsetzung dringend gebotener Reformen verstand. Als er sich in seinen diesbezüglichen Hoffnungen enttäuscht sah, widmete er sich wieder ganz dem Orden. In der schweren Wirtschaftskrise der frühen 30er Jahre forderte er bäuerliche Kleinsiedlungen in den Ostprovinzen und einen Freiwilligen Arbeitsdienst. Den Nationalsozialismus lehnte er entschieden ab. So verfiel der Jungdeutsche Orden 1933 der offiziellen Auflösung, die jedoch dem Zusammenhalt der Mitglieder kein Ende setzte. M., für einige Wochen inhaftiert, wurde schwerer Mißhandlung ausgesetzt, die zu gesundheitlichen Schäden führte. Die folgenden Jahre überdauerte er – stets beobachtet und gefährdet – mit wechselndem Wohnsitz. Nach 1945 beschränkte er sich, von wenigen Versammlungsreden abgesehen, auf die schriftstellerische Tätigkeit.

    Das schriftstellerische Werk ist umfangreich, aber, da es M. im Selbstverlag herausgab, über den Kreis der Anhänger hinaus kaum beachtet worden. Das vor 1933 Erschienene bezieht sich überwiegend auf das Zeitgeschehen; später hat M. auch Romane geschrieben und Sammlungen seiner Gedichte publiziert. Von teilweise autobiographischer Bedeutung sind „Gegen getarnte Gewalten“ (1928) und „Politische Reformation“ (1949). Seine Lehre von der Gemeinschaft hat M. ausgeführt in „Gemeinschaft als Erzieher“ (1934), „Ordina, Grundsätze für das Gemeinschaftsleben“ (1935), „Die redliche Gemeinde“ (Ps. Dietrich Kärrner, 1939) und „Wille und Schicksal“ (Ps. Dietrich Kärrner, 1940). Eine Modifizierung des in „Das Jungdeutsche Manifest“ (1927) skizzierten Staatsbildes findet man besonders in „Der Protest des Individuums“ (1949). Als ein Vermächtnis anzusehen ist die 1963 aus dem Nachlaß herausgegebene umfangreiche Dichtung „Der redliche Rebell“.

    Der Begriff der Gemeinschaft geht bei M. dem der Nachbarschaft vorauf. Die gedachte Gemeinschaft, als „Zusammenfassung von Menschen zur Lösung einer gemeinsamen Aufgabe“, ist unbedingt von mäßiger Kopfzahl, also überschaubar. Dem in sie eingefügten Einzelmenschen wird keine Selbstaufgabe zugemutet; für ihn sollen „Eigenleben“ und „Gemeinschaftsleben“, als zwei „Sphären oder Halbkreise“, einander ergänzen. Soziologismus wird erkennbar, wenn M., der das Zeitalter der Masse durch die Bildung von Gemeinschaften beenden will, in den Eigenschaften und Handlungen des Menschen den „Widerschein einer bestimmten Lebensordnung“ sieht. Von seinem Staatsbild, wie er es 1927 im „Manifest“ skizziert hatte, rückte M. nach 1945 insofern ab, als er nun|die Nachbarschaft und den auf solche Basis gegründeten Stufenbau nur als „zusätzliche Einrichtung“ vorsah und damit die frühere Forderung nach Beseitigung der durch die Parteien beschickten Parlamente aufgab. Nach seinem Tode kam es zur Gründung von Nachbarschaften, wie er sie angeregt hatte; diese Bewegung, die ihren Schwerpunkt in Niedersachsen hatte, verebbte jedoch bald. Inzwischen besteht Geistesverwandtschaft mit einer Reihe jüngerer Bestrebungen und Forderungen nach Gliederung der Gesellschaft in überschaubare Bereiche.

  • Literatur

    Hans Mahraun, Gesch. d. Fam. Mahraun, 1926;
    J. Hille, M., Der Pionier d. Arbeitsdienstes, 1933;
    A. M., d. redliche Rebell, 1950 (Gedenkschr.);
    E. Maste, Die Republik d. Nachbarn, Die Nachbarschaft u. d. Staatsgedanke A. M.s, 1957 (vollst. W-Verz., L);
    ders., Der Staatsdenker A. M. (1890-1950), in: Aus Pol. u. Zeitgesch., Nr. 31, 1977;
    K. Hornung, Der Jungdt. Orden, 1958;
    W. Lohmüller (Hrsg.), Ein neues Ordnungsbild, Überschaubare Willens-Bildung im modernen Staat, 1960;
    H. Wolf u. A. Keßler, Btrr. z. Gesch. d. Jungdt. Ordens, 5 Bde., 1970-76 (P);
    R. Werner, Der Jungdt. Orden im Widerstand, 1933–45, 1980;
    H. Kalkbrenner, Die Staatslehre A. M.s, Sicherung d. Friedens in Freiheit durch direkte Demokratie, 1986;
    Rhdb. (P).

  • Autor/in

    Ernst Maste
  • Zitierweise

    Maste, Ernst, "Mahraun, Artur" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 693-694 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118781278.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA