Lebensdaten
1811 – 1875
Geburtsort
Czernahora bei Brünn (Mähren)
Sterbeort
Szegedin (Ungarn)
Beruf/Funktion
Rabbiner
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 137219504 | OGND | VIAF: 27441675
Namensvarianten
  • Löw, Leopold
  • Löw, Leopold
  • Lőw, Lipót

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Löw, Leopold, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137219504.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V N. N.;
    M N. N.; Vorfahre Jehuda (s. 1);
    Ur-Gvm Meier Löb (1743–93), Rabbiner in Hořic; Verwandter Nachman Krochmal (1785–1840), Rabbiner, Philosoph u. Historiker (s. Enc. Jud. X);
    - N. N., T d. Löw Schwab (1794–1857), seit 1836 Oberrabbiner v. Pest;
    K, u. a. Immanuel (s. 2), Tobias (1844–80), Jurist (s. ÖBL), Moses, Architekt in Wien, Samuel (* 1846), med. Schriftsteller in Budapest, Wilhelm (1847–1922), Jurist u. Übersetzer, emigrierte in d. USA, Tivador (* 1848), Jurist.

  • Biographie

    L. besuchte seit 1823 die Talmudschulen zu Trebitsch, Leipnik und Eisenstadt und lebte 1831-35 als Hebräischlehrer in Proßnitz. 1835-39 studierte er in Pest Altphilologie und am ev. Lyzeum in Preßburg Philosophie und Theologie. In Wien, wo er seine erste Stelle als Hauptschullehrer erhielt, setzte er an der Universität seine Studien fort. 1840 wurde er von der jüd. Gemeinde in Groß-Kanizsa zum Rabbiner gewählt. L. kümmerte sich in erster Linie um die Schule und um den von ihm ins Leben gerufenen Verein zur Förderung der jüd. Jugend in Handwerk und Kunst. 1846 ging er nach Pápa, wo er eine Schule gründete, sich aber mit den orthodoxen Mitgliedern seiner Gemeinde bald in einen Streit verwickelte, der von der ungar. Hofkanzlei zu seinen Ungunsten entschieden wurde. 1850 übernahm L. das Rabbinat in Szegedin. Auch hier gründete er eine (Mädchen-) Schule und entwickelte eine ungemein fruchtbare publizistische Tätigkeit. Er machte Szegedin zum Zentrum des Reformjudentums in Ungarn, vor allem durch die theologische Zeitschrift „Ben Chananja“, die er 1858-67 herausgab und in der er eine immense Fülle von Aufsätzen veröffentlichte. Seit 1866 waren der Zeitschrift homiletische und didaktische Beilagen beigefügt sowie die „Forschungen des wissenschaftlich-talmudischen Vereins“, der von L. gegründet worden war. „Hamafteach, Praktische Einleitung in die Hl. Schrift und Geschichte der Schriftauslegung“ (1855) sollte als Lehr- und Handbuch die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung in verständlicher Weise vermitteln. L.s bedeutendste wissenschaftliche Leistung stellen die beiden Bände seiner „Beiträge zur jüd. Altertumskunde“ dar: „Die graphischen Requisiten und Erzeugnisse der Juden“ (1870 f.) und „Die Lebensalter in der jüd. Literatur“ (1875). Einen dritten Band über den synagogalen Ritus sowie über Arbeitsleistung und Transportmittel im jüd. Altertum konnte er nicht mehr fertigstellen.

    L. vertrat die Auffassung, daß „Die Reform des rabbinischen Ritus auf rabbinischem Standpunkte“ (1839) – so der Titel seiner Einleitung zu „Kind des hohen Alters“, einer Schrift des von ihm verehrten Rabbiners Aaron Chorin (1766–1844) – möglich sei. Er wollte „durch zeitgemäßes Hinzutun und|Hinwegnehmen ritueller Einrichtungen Theorie und Praxis, Lehre und Leben in Einklang“ bringen. Damit setzte er sich in krassen Widerspruch zu den orthodoxen Juden. Auf Veranlassung der Regierung arbeitete L. 1851 einen Organisationsentwurf für die jüd. Gemeinden des Landes aus. Als es schließlich im Dez. 1868 zur Einberufung eines jüd. Landeskongresses kam, der über die künftige Gemeindeorganisation entscheiden sollte, blieb L. diesem fern, nachdem er ihn bereits im Vorfeld kritisiert hatte (Die jüd. Wirren in Ungarn, 1868). Tatsächlich kam es auf dem Kongreß zur befürchteten Spaltung: Die Liberalen und die Orthodoxen schufen 1871 jeweils eine eigene „Landeskanzlei“.

    Auf Grund seiner Überzeugung, daß „nur durch die Vermählung mit der ungar. Nationalität … der ungar. Jude wahrhaft emanzipiert werden“ könne (in: Allg. Ztg. d. Judentums 4, 1840, S. 262), stellte L. eine direkte Verbindung zwischen religiöser und politisch-sozialer Reformbereitschaft, Assimilation, Magyarisierung und Emanzipation her. So bestand für ihn – wie für die meisten ungar. Juden – kein Zweifel, auf welcher Seite er 1848/49 zu stehen hatte. Als jüd. Seelsorger bei der Nationalgarde des Veszprimer Komitats richtete er habsburgfeindliche Reden an die Freiheitskämpfer und wurde daher sieben Wochen arretiert. Schon seit 1845 hatte er sich zugunsten der Emanzipation publizistisch engagiert, so in Kossuths „Pesti Hirlap“. Gleichzeitig bemühte er sich, das Ungarische, das 1844 als Amtssprache bestätigt worden war, bei den überwiegend jiddisch und deutsch sprechenden Juden einzuführen. Er selbst erlernte diese Sprache so vollkommen, daß er sich ihrer als einer der ersten Rabbiner in der Predigt und einer Reihe von Publikationen bedienen konnte. 1847 gründete L. die erste wissenschaftlich-theologische Zeitschrift der ungar. Juden (A magyar zsinagóga). 1864 übersetzte er die „Biblische Geschichte, zum Gebrauche der israelit. Schulen im Kaiserstaate Österreich“ (1858) und schuf damit die erste ungar. Bibelübersetzung für Juden. Auch in der Erforschung der Geschichte der Juden in Ungarn leistete L. Pionierarbeit. – Sein Bemühen, die Juden in rechtlicher, sprachlicher und kultureller Hinsicht in Ungarn einzugliedern, war erfolgreich, konnte jedoch den bestehenden Antisemitismus letztlich nicht überwinden.

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Schicksale u. Bestrebungen d. Juden in Ungarn, in: Jb. f. Israeliten, 1845 f.;
    Gesch. d. mähr. Landesrabbinates seit 100 J., in: Wiener Bll., 1851;
    Zur neueren Gesch. d. Juden in Ungarn, ²1874;
    Gesammelte Schrr., hrsg. v. Immanuel Löw (S), 5 Bde., 1889-1900.

  • Literatur

    A. Hochmuth, L. L. als Theologe, Historiker u. Publizist, 1871;
    M. Feltel, Reminiszenzen aus meinem Umgang mit L. L., 1885;
    W. Bacher, Die wiss. u. lit. Tätigkeit L. L.s, in: Magyar Izrael 4, 1911, S. 90-97;
    S. Stern, Die pol. u. kulturellen Kämpfe d. Juden in Ungarn vom J. 1848–71, Diss. Wien 1932 (ungedr.);
    K. Schickert, Die Judenfrage in Ungarn, ²1943;
    R. A. Kann, Hungarian Jewry during Austria-Hungary's Constitutional Period (1867–1918), in: Jewish Social Studies 7, 1945, S. 357-86;
    N. Katzburg, The Jewish Congress of Hungary, 1868–69, in: Hungarian Jewish Studies 2, 1969, S. 1-33 (hrsg. v. R. L. Braham);
    W. Häusler, Die Rev. v. 1848 u. d. österr. Juden, in: Studia Judaica Austriaca 1, 1974, S. 46 ff,;
    ders., Assimilation u. Emanzipation d. ungar. Judentums um d. Mitte d. 19. Jh., ebd. 3, 1976, S. 33-79;
    W. Bihl, Das Judentum Ungarns 1780-1914, ebd. 3, 1976, S. 17-31;
    Wurzbach 15;
    Enc. Jud. X, 1934;
    Enc. Jud. XI, 1971 (P).

  • Autor/in

    Franz Menges
  • Zitierweise

    Menges, Franz, "Löw, Leopold" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 70-71 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137219504.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA